Ökonomen streiten über Verteilungsfrage
Seite 630 von 7959 Neuester Beitrag: 19.08.25 18:30 | ||||
Eröffnet am: | 04.11.12 14:16 | von: permanent | Anzahl Beiträge: | 199.968 |
Neuester Beitrag: | 19.08.25 18:30 | von: fws | Leser gesamt: | 42.066.664 |
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Dahinter befindet sich jedoch oftmals doch auch eine gewisse Substanz - auf beiden Seiten! Der auf einer eher hintergründigen Ebene liegende wahre Kern, in ihren Auseinandersetzungen ist jedoch ein eigenwilliger Mix aus intelligenter Dekonstruktion und einer eigenen und dabei teilweise sogar mutwilligen Projektionsleistung.
Das Richtige, das dort gesehen wird, sind aber vielmehr allgemeine Erscheinungen, als dass sie in diesem Maße tatsächlich unbedingt in der Person des Anderen zu finden wären. Nicht dass sie dort überhaupt nicht zu finden wären, mit den gegenseitigen Mutmaßungen schießen sie jedoch regelmäßig über das Ziel hinaus.
Sie können immerhin nicht nur gut austeilen, sondern auch gut einstecken. Ein sympatischer Zug. Also nehmen wir es als das was es ist, eine interessante Diskussion, dessen intelligente Projektionen sich immer wieder berühren und doch aneinander vorbeigehen.
Wenn ich die Kommentare bei SPON und ZEIT gelesen habe brauch ich malko nicht mehr zu lesen. Und fill könnte auch mal weniger schwurbeln. Dem kann ich zwar folgen, aber man muss es zweimal lesen.
Also Leute, geht mal verbal vom Gas. Narbonne sagt es richtig: Im Prinzip ist doch alles gesagt.
Etwas vereinfacht dargestellt ist es für die Westukraine unwichtig ob das Land mehr zum Westen oder zum Osten sich hinneigt. Im wesentlichen ein Agrargebiet das am Boden liegt und nicht mal die Heizkosten für den Winter erwirtschaftet. Die russisch geprägte Ost- und Südukraine ist stark industrialisiert, könnte aber z.B. den Konkurrenzdruck aus der EU nicht überleben. Zusätzlich sind die Beziehungen wirtschaftlich und finanztechnisch sehr stark mit Russland. Manche ukrainische Produkte gelten dort als bezahlbare Hochtechnologie.
Bekanntlich haben sich der Osten und der Westen der heutigen Ukraine während dem II Weltkrieg stark unterschiedlich verhalten. Auch aus dieser Zeit gibt es starke Ressentiments gegeneinander. Und sind einem diese Fakten bekannt, kann man auch verstehen, dass der Osten nicht in einer Regierung mitmachen will, in der auf wichtigen Posten Faschisten sitzen.
Jeder der will, dass die Ukraine beieinander bleibt, kann die Strategie der jetzigen Regierung und den Vorlauf durch die EU nicht gut finden. Denn das läuft alles geradlinig auf eine Teilung der Ukraine hinaus, welche auch nicht so einfach zu bewerkstelligen ist. Es ist ja nicht so, dass es so etwas wie eine Trennlinie gäbe. Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind regional unterschiedlich dicht vertreten. Das Beste für alle wäre es sie würden lernen zusammen zu leben. Ist bei dem aktuellen Gezerre praktisch ausgeschlossen. Und je dichter die Krise wird, um so stärker werden die verschiedenen Gruppen auseinanderdriften. Einer der Elend vom ukrainischen Volk fernhalten will, kann sich nicht auf Seiten der Putschisten in Kiew stellen, er fordert eine Regierung der nationalen Einheit. Und die wird nur möglich ohne Faschisten. Eine Eskalation der Sanktionen wird auf jeden Fall die Trennung, wenn nicht Schlimmeres, beschleunigen. Eventuell wollen das einige auch.
Wieso gibt es die Gründung der Nationalgarde, weitgehend unter faschistischer Leitung. Nun, die heutige ukrainische Armee spiegelt im wesentlichen die heutige Bevölkerung. Käme es zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen würde diese Armee auseinanderfliegen. Und deshalb gibt es die Gründung der Nationalgarde, in welche russischstämmige Ukrainer nicht aufgenommen werden. Es ist die Vorbereitung auf einen blutigen Bürgerkrieg. Und Russland und Putin können einem derartigen Konflikt nicht zuschauen, es wäre sein Ende. Man könnte dann meinen, gut dass er weg ist. Ich fürchte nur, dass sein Nachkomme noch schlimmer sein würde. Und weil es nicht weg will, würde er auch nicht zuschauen. Es wäre ein großes Elend für die Ukraine, welche viele "Menschenfreunde" hier herbeisehnen.
Frieden in der Ukraine und mit Russland angelegt. Ganz sicher nicht darauf, eine faschistische Regierung, einen weitere Polarisation des Landes und einen Konflikt mit Moskau. Es ist alles ganz anders gekommen, denn Moskau hat eine völlig andere Strategie gefahren, als sie mit der EU auch zur Ukraine vereinbart war.
Moskau wollte die Ukraine weiter spalten, die Krim nehmen, den Konflikt mit dem Westen haben, die Schuld dort ansiedeln, und die Kosten auch. Dafür wurde die Ukraine von Moskau hemmungslos ausgeschlachtet, eine äußerst destruktive Politik. Frieden und Entwicklung in der Ukraine sind jetzt noch sehr viel schwieriger geworden, und die Frage ist völlig offen, ob Moskau das überhaupt will. Eine Regierung der nationalen Einheit muss her, sie können aber nur zusammen kommen, wenn auch Moskau mit der EU sehr ernsthaft und zielsicher kooperiert. Wieso sollte es jetzt plötzlich?
Die Staatschulden der Ukraine sind unter Jakunowitsch noch im Dezember um viele Milliarden gestiegen, Moskau hat das über äußerst interessante Staatsanleihen ("Kremel trickst Ukraine aus") finanziert, Moskau hat sicher noch viele andere offene Forderungen, außerdem hat man Chinas Pachterträge unterschlagen usw. Das Land ist nicht nur systematisch ausgeplündert, von Arbeitskräften verlassen mit einer Schrumpfbevölkerung, es ist auch überschuldet, und die ganz tollen Aktionen Moskaus haben das jetzt schwer verschlimmert.
Im Grunde müsste man die großen Privatvermögen allesamt verstaatlichen und eine neue Privatisierungsstruktur aufbauen, mit Moskau und dem Westen Haircuts aushandeln, und genau die Reformen in Richtung Rechtsentwicklung und Rechtssicherheit anschieben, die die EU geplant hatte. Dazu wären erhebliche Anstrengungen auf allen Seiten erforderlich - von Moskaus Seite her sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlich geht dann Siechtum und Blockade weiter, dem Westen allein ist die Sache zu teuer und instabil, vielleicht artet das auch noch in ein Gemetzel aus - Moskau und seine Linke würden ganz stolz Recht gehabt haben: der Westen samt seinem Faschismus hat dieses Land ruiniert.
Oder der Westen ist doch noch in der Lage, Russland in die konstruktive Verantwortung zu bringen, und selbst damit voranzugehen durch die Projektion einer erneuerten Ukraine, die wohl mit einem Runden Tisch der nationalen Versöhnung und der großen Reform beginnen müsste. Statt dem üblichen kleinen Tisch im Hinterzimmer und dem Gezerre der Einflussreichen um Privilegien aller Art.
Der Handelsteil des Abkommens soll später unterschrieben werden. Die EU hatte Russland im Februar zugesichert, vor der Schaffung einer Freihandelszone mit Moskau zu sprechen.
Der EU-Gipfel billigte zudem die Vorschläge der EU-Kommission, die Zölle auf die Einfuhr ukrainischer Waren drastisch zu reduzieren. Dies soll die Ukraine um knapp 500 Millionen pro Jahr entlasten. ntv
Wieso wartet man nicht bis zu den Neuwahlen? Oder will man nie mehr wählen?
Auf die Frage wieso der Handelsteil des Abkommen ausgesetzt werde meinte Merkel vor einigen Wochen sinngemäß: "Es sollte auch der Ostukraine ermöglichst werden wirtschaftlich zu überleben. Man wollte dessen Handelsbeziehungen zu Russland nicht zerstören." Der Handelsteil hätte zu einer Abschottung Russlands geführt. Also konnten die ursprüngliche Motive nicht so friedlich gewesen sein. Und es ist auch kein Wunder, dass sich die damalige Regierung dann verweigerte. Dazu brauchte es keinen Putin.
Man sollte sich mit Märchen etwas zurück halten.
Dass man nicht bis zu Neuwahlen wartet mit dem politischen Teil, erscheint auch mir symbolisch falsch, gute Gründe seh ich bisher nicht.
Tatsächlich stellt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier inzwischen Forderungen an Kiew. "Eine Politik für alle Landesteile" müsse her, mahnte er im Hinblick darauf, dass die ostukrainischen Regionen in der Regierung unterrepräsentiert sind. Es müsse eine Verfassung ausgearbeitet und die Todesfälle auf dem Maidan aufgeklärt werden. Außerdem forderte Steinmeier eine klare Distanz von extremistischen Gruppierungen - damit war wohl auch Swoboda gemeint.
Jean-Claude Juncker, Spitzenkandidat der konservativen Parteien für die Europawahl, nannte die Zusammensetzung der ukrainischen Regierung im Interview mit dem Deutschlandfunk am Freitagmorgen "nicht sehr angenehm". Die demokratischen Kräfte in Kiew wüssten, "dass sie in Zukunft nicht mehr mit den Rechtsextremen zusammenarbeiten können".
http://www.sueddeutsche.de/politik/...s-haessliches-gesicht-1.1918734
Die Mörder-Videos wurden von der russischen Propaganda ja bereits verwendet, sehr effektiv sogar, es werden also Spuren zu den Mördern da sein.
Hoffentlich sind sie eindeutig und propagandafest. Das gilt selbstverständlich auch für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass in diesem Punkt die russische Propaganda Recht gehabt hätte.
Opfer des Kreml FAZ
Putin-Versteher sind in Wahrheit keine Freunde Russlands. Sie gehen der Gleichsetzung von Führung und Volk der Propaganda Moskaus auf den Leim: Der russische Präsident schadet seinem Land.
Wirtschaftsvertreter, Politiker aus Union, FDP und SPD zusammen mit der Linkspartei: Es ist eine ungewöhnliche Allianz, die Sanktionen gegen Russland wegen des Vorgehens in der Ukraine ablehnt. Die einen leitet Antiamerikanismus, andere haben Wirtschaftsinteressen im Blick. Was die Putin-Versteher eint, ist der Umstand, dass sie der Gleichsetzung von Führung und Volk der russischen Propaganda auf den Leim gehen. Doch Russland ist nicht Putin, selbst wenn er nach dem Anschluss der Krim große Zustimmung erhält. Er führt sich wie ein Triumphator auf, aber seine Politik wird Russland schaden: Der Präsident macht auch die Russen zu seinen Opfern.
Das gilt nicht nur für die Gruppen, die der Kreml schon länger als Gegner unterdrückt: Liberale, sexuelle Minderheiten, nicht im Parlament vertretene Oppositionsparteien, die urbane Mittelschicht, die mit Schauprozessen eingeschüchtert wird. Gerade werden die letzten freien Medien zur Strecke gebracht. Dennoch demonstrierten Zehntausende am vergangenen Samstag in Moskau für Frieden und gegen die Staatspropaganda, die „Bedrohungen“ und „Terror“ gegen Russen in der Ukraine erfindet und den Westen hinter einer „Machtergreifung“ von angeblichen Nationalsozialisten in Kiew sehen will. In Moskau demonstrierten russische Patrioten, die doch dem Westen zugewandt sind. Putin und andere Mächtige beschimpfen diese Leute als fünfte Kolonne des Westens und als Verräter. Mit dem Konstrukt des „Volksfeinds“ hatte Stalin seinen Terror gerechtfertigt.
...Die Furcht vor einem unberechenbaren Putin, der noch vor zwei Wochen gesagt hatte, einen Anschluss der Krim erwäge man nicht, hat auch Weißrussland und Kasachstan erfasst ....
Es fehlen, zum Beispiel, Leitungen, um Gas nach China zu exportieren. Kurz: Putin führt Russland in eine Sackgasse.....
dass die Führung in Moskau versucht sein könnte, mit weiteren territorialen Eroberungen ihre Macht zu festigen und zu legitimieren.....
Auch das verkennen die vielen Putin-Freunde, die schon bei milden Sanktionen aufheulen. Freunde Russlands sind sie nicht.
diese rechte Obama-Alternative will Russland so wie den Iran einst an die Wand quetschen. Und er will wohl richtig Krieg in der Ukraine. Für diese rechten Spinner-Ideologen sind Iran und Russland wahrscheinlich so etwa das gleiche. Jedenfalls in der Inneramerikanischen Glaubenswelt.
"Nicht an Deutschland orientieren"
Die Europäer bestimmten in der Krise „den kleinsten gemeinsamen Nenner“, kritisieren führende amerikanische Senatoren. McCain... FAZ
Auf der Krim geschah dies allerdings im Einvernehmen mit der überwiegend russischsprachlichen Bevölkerung. In Kiew sind die Russen überhaupt nicht an der Regierung beteiligt. Die neuen Machthaber sind Faschisten, Kriminelle und Oligarchen, die schon zuvor das ukrainische Volk ausgeplündert hatten und dies künftig - mit nunmehr westlichem Segen - auch weiterhin tun werden.
Das Ganze ist einfach ungeheuerlich. Der Westen akzeptiert eine hergelaufene Faschistenbande, die sich an die Macht geschossen hat, einzig und allein deshalb, weil diese den geostrategisch bedeutsamen West-Anschluss absegnet. Gleichzeitig verurteilt der Westen das Vorgehen Putins, dem immerhin noch eine Volksabstimmung voran ging, und bestraft es scharf mit Wirtschaftssanktionen.
Wäre es ein Roman, so würde man ihn als an den Haaren herbeigezogene Kolportage in den Müll werfen. Leider ist es die Wirklichkeit, und die Charaktere agieren unverschämt real.
Nein?
Sicher nicht, weil Putin das Rennen verlieren wird.
Frage: Warum tut Putin dann alles dafür dass es so passiert, AL? Ist Putin ein Agent der Neokonservativen?
Moral der Geschichte: Man sollte Ursache und Wirkung nicht verwechseln.
Erinnerung an die Entstehung des italienischen Faschismus
Das größere Problem ist: Der Faschismus sitzt dort, wo er propagandistisch bekämpft wird. Er hat einen neuen Platz im Kreml gefunden. In Russland kann er sich mit politischer Stärke nach innen und außen verbinden. Das macht ihn zur Bedrohung. Um das zu erkennen, darf man nicht Faschismus mit den Nationalsozialisten gleichsetzen, sondern muss seinen Ursprung in Italien betrachten.
Selbstverständlich ist der russische Präsident kein „Adolf Putin“, wie manche in der Ukraine ihn sehen wollen. Wohl aber mahnen die Entwicklungen in Russland an die Zeit der Entstehung des italienischen Faschismus. Die Lage ist nicht gleich, aber der italienische Faschismus hilft die russischen Ereignisse besser zu verstehen.
Der Kreml „argumentiert“, die russische Bevölkerung der Ukraine sei in Gefahr. Er sucht aber keine Verhandlungswege, diese Frage zu lösen. Stattdessen lässt er Soldaten als schlecht getarnte Freischärler die „russische“ Krim besetzen. Und ein selbsternannter Anführer der Russen auf der Krim formuliert ein nationalistisches Programm für den Anschluss an Russland.
Wie Italien nach dem „verstümmelten Sieg“ von 1918, einem der Ausgangspunkte des Faschismus, kompensiert Putin-Russland seinen imperialen Minderwertigkeitskomplex nach 1991 mit Abenteuern. Da wirkt die Besetzung Fiumes 1919 durch Schwarzhemden wie ein Vorspiel zur Krim heute.
Imperiales Gehabe
Dass auf der Krim auch nicht Russisch sprechende Menschen wohnen, interessiert Freischärler und Kreml nur aus taktischen Gründen. Die Tataren und Ukrainer auf der Krim, Muslime die einen, mehr oder weniger orthodoxe Slawen die anderen, werden als irrelevant für die „Heimholung“ der Krim ins Russische Reich angesehen. Die bewaffneten Russen auf der Krim inszenieren Russland und treten als Herrenmenschen auf, die sich weder um Rechte, Gesetze noch Institutionen scheren.
Man muss auch sehen, dass der Kreml die imperiale Tradition der Sowjetunion mit anderer Begründung fortsetzt. Er behauptet nicht, die Lage der Arbeiter in der Ukraine verbessern und sie vor Ausbeutung schützen zu wollen. Dabei hätte er ein prima Argument zur Hand, denn gerade „Europa“ bedeutet für viele in der Ostukraine Deindustrialisierung, Arbeitslosigkeit und Armut.
......Wandel vom Kommunismus zum radikalen Nationalismus
.......Europa ist keine Alternative
Er versucht, selbst die Gesellschaft auf faschistisch-korporatistische Weise freizuhalten von Konflikten. Die Partei „Einiges Russland“ belegt das. Die demokratischen Institutionen sind ausgehöhlt, bestehen aber weiter; eine Opposition gibt es praktisch nicht; die freie Presse ist bis auf wenige Relikte erledigt; der Westen mit Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten wird abgelehnt und eine unscharfe „russische“ Zivilisation dagegengestellt. Das ist kein Zufall, sondern ein antiwestliches Modell, das auch von zahlreichen Intellektuellen in Russland getragen wird.
Der Führer ist das System
Auch die wirtschaftlichen Strukturen weisen in Richtung Faschismus. In Russland herrscht eine eigentümliche Art des Kapitalismus, wo der Staat die Zügel in der Hand hält und die Unternehmer an sich gebunden hat. Die Oligarchen sind auf den Staat angewiesen, das „Putin-System“ auf seine „Steigbügelhalter“. Der italienische Faschismus kannte dafür das Wort „fiancheggiatori“.
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Putin inszeniert sich wie Mussolini. Der Führer ist das System. Man muss nur die Bilder nebeneinanderhalten, um die Parallele zu bemerken. Führerschaft und Virilität gehen zusammen: Mussolini halbnackt bei der Ernte, Putin halb nackt beim Angeln, das ganze Bildprogramm des Faschismus con variazione, mit Amphoren, sibirischen Tigern, beim Reiten und beim Skifahren. Dieser öffentliche Putin ist ebenso wie der Duce eine Kunstfigur, deren beherrschende Stellung aber nicht übersehen werden darf. Wie Mussolini aber ist er nicht der Alleinherrscher, als der er hierzulande präsentiert wird, sondern die moderierende Verkörperung eines komplizierten Systems. Clans und Seilschaften hält er in der Waage.
Propaganda zeigt ihre Wirkung
Schließlich setzt Moskau auf eine Internationale der Rechten. Während man OSZE-Beobachter von der Krim jagt, werden Vertreter der rechten Parteien Westeuropas, etwa des Front National in Frankreich, eingeladen, den „Wahlen“ beizuwohnen. Wenn das mehr ist als eine Provokation, dann öffnet sich hier eine europäische Perspektive, die Russland zum Zentrum einer rechten Bewegung macht. Was Mussolini nicht gelang, will der Kreml offenbar versuchen.
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Das alles ist, wie jeder Faschismus, Ausdruck einer tiefen Krise, nicht der Stärke. Daraus entstehen Handlungen, die der Rationalität der satten und konsolidierten Staaten und Gesellschaften des Westens widersprechen. Daher die Verwunderung westlicher Politiker über das Handeln des Kremls, den die „kleine“ Kriegsgefahr nicht schreckt. Das war beim italienischen Faschismus genauso. Die erste Schlacht hat der Kreml schon gewonnen: die Propagandaschlacht. Zu viele Russen glauben den Parolen und verstehen nicht, welchem Modell sie wirklich folgen.