Klimawandel: Noch mehr Fluten drohen


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Neuester Beitrag: 30.09.05 00:24
Eröffnet am:25.08.05 07:18von: EinsamerSam.Anzahl Beiträge:199
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25551 Postings, 8582 Tage Depothalbiererreab,ich war nicht der, der gesagt hat, daß co2

 
  
    #76
26.08.05 10:13
daß so überall anfällt, im meerwasser gebunden wird.

ich hab damals in chemie ganz gut aufgepaßt, kannste glauben.

auch hast du schon wieder vergessen, daß die us industrie unterstützung von bush bekommen hat, daß die also keine maßnahmen ergreifen brauchen.

in einer hinsicht hast du aber recht:

solange die führende wirtschftsmacht der welt wenig böcke auf umweltschutz hat, brauchen wir uns hier nicht zu sehr die platte machen.


ps:

nun fehlt noch die antwort auf #71, 72 war eher ironisch gemeint, nur zur info.  

8001 Postings, 7028 Tage KTM 950Das kannst du den Baden-Württemberger

 
  
    #77
26.08.05 10:14
nicht antun, 10 % vom Trinkwasser stammen aus dem Bodensee. Das kannst du ja nur noch für die Klospülung hernehmen.

KTM 950  

1720 Postings, 7413 Tage Hartz5Die Evolution

 
  
    #78
26.08.05 11:34
Es ist noch garnicht solange her, da hausten unsere Vorfahren in Höhlen, übten den aufrechten Gang und verständigten sich mit Grunzlauten. Aber eins, das wußten sie schon damals, nämlich das Feuer Wärme spendet und man darüber einen Hirsebrei kochen oder ein Stück Fleisch braten kann.

Seitdem hat sich ja einiges getan. Obwohl wir im direkten Vergleich zum Tierreich körperlich nirgendwo die Höchstleistungen bringen, hat uns das selbsständige Denken doch weit gebracht. So haben wir mit Hilfe der Technik immerhin gewaltig aufgeholt, die Tierwelt praktisch in allen Bereich mit Hilfe von Maschinen überflügelt und sind sogar in Bereiche vorgestoßen, die Mutter Natur garnicht für uns (weil lebensfeindlich) vorgesehen hatte.

Wir können doch wirklich stolz auf uns sein. War es dem Urmenschen lediglich vergönnt, gesammeltes Holz in seine zentrale Feuerstelle nachzuwerfen, um in den Genuß aller Vorteile der Energieumwandlung zu gelangen, so sind wir heute schon um einiges weiter. Wir können dieses Holz industriell bearbeiten, indem wir es erst zerhäckseln und dann in formvollendete Pellets pressen, um dann über den Umweg der Wassererwärmung in den Genuß wohliger Wärme zu gelangen. Für die Zubereitung von Speisen haben wir da noch ganz andere Energieumwandlungsprozesse auf Lager.

Also wenn das nicht echter Fortschritt ist.  

589 Postings, 7304 Tage joejoeDieser Thread ist einfach zu viel für mich.

 
  
    #79
26.08.05 11:40
Bisher hatte ich nie mit dem Gedanken gespielt, Die Grünen zu wählen. Inzwischen weiss ich, wie ich fast jeden dazu überreden könnte: Er sollte einfach mal diesen Thread nachlesen - die Ignoranz gegenüber möglichen Problemen ist einfach erschreckend. Mir hat's jedenfalls zu denken gegeben.

Ich kann in vielen Punkten Talisker nur zustimmen. Wer kann mir bessere Quellen geben, als die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts?

@reab45:
Meines Wissens sind die Klimamodelle zur Wettervorhersage inzwischen so gut, dass sie das Wetter der nächsten paar Tagen mit grosser Sicherheit vorhersagen können. Vor 10-20 Jahren konnte man das noch nicht sagen. Daher würde ich die Klimamodelle nicht als Schwachsinn abtun. Auch über grössere Zeiträume wird man inzwischen viel genauere Modelle haben. Wie gut die sind, kann ich wohl nicht abschätzen, ohne mich in die Materie einzulesen.
Ach ja, Modellbildung ist genau das, was Wissenschaft ausmacht! Natürlich weiss man (wir Wissenschaftler) nie, was die genauen Zusammenhänge sind. Deswegen entwickeln wir die Modelle, welche die Vorgänge in der Natur abbilden oder vorhersagen sollen.
Also: besser ein Modell haben, als keins zu haben und sich total dem GLAUBEN hinzugeben. Das tust Du nämlich, indem Du annimmst, dass es sowieso egal ist, was Du tust.


@johanna (#55)
"Den Durchblich haben weder die hochgescheiten Experten geschweige denn die "mittelgescheiten Normalbürger"."
Anscheinend beanspruchst Du jedoch genau diesen für Dich - zumindest lässt Du keine andere Meinung gelten. Das ist schon sehr anmassend.
Zu Deinem Posting #66:
Als jemand, der sich mit Evolution beschäftigt hat, muss ich Dich leider korrigieren:
Die Natur hat keine Intelligenz, deswegen hat _sie_ die Artenvielfalt nicht um 90% irgendwann mal reduziert. Unfälle (Vulkanausbrüche, Gewitter, Giftfreisetzungen, Virenepedemien) passieren in der Natur. Die Diversität ist eine NOTWENDIGKEIT, dass einige Individuen des Genpools trotzdem überleben. Hätte die Natur eben nicht diese Diversität geschaffen, hätte niemand überlebt. Z.B. gibt es aufgrund unserer Bevölkerungsgrösse (und damit genetischen Diversität) Menschen, die gegen HIV resistent sind. Wegen mangelnder Diversität musste z.B. die Bananensorte vor einigen Jahrzehnten durch eine andere ersetzt werden...


@Hartz5 (#67, #54)
"Ich denke mal, die Milliarden für den Klimaschutz sind in etwa so sinnvoll angelegt wie die für die Landesverteidung. Auch wenn faktisch keine Bedrohung besteht, könnte man jederzeit eine heraufbeschwören. Und dann gilt es vorbereitet zu sein."

1. Landesverteidigung ist sehr wichtig. Sowohl zur Abschreckung möglicher Angreifer (stell Dir vor, die westliche Welt hätte gar keine Armeen), als auch zur Verteidigung im Ernstfall. Und zum Katastrophenschutz. Über die höhe der Mittel kann man natürlich streiten, über das Prinzip nicht.
2. Gegeben des Falles, das Du dies jedoch ironisch gemeint hast, gestatte mir eine Gegenfrage: Volkswirtschaftlich gesehen, was würdest Du denn lieber mit den freiwerdenden Millarden (d.h. Arbeitsplätzen) machen? Man hätte sich ja auch die Forschung und den Schutz vor Formaldehyd, Asbest, Dioxin(-filter), etc. sparen können, oder?
3. Es gibt meines Erachtens noch viel mehr Einsparungspotential. Z.B. wenn die ganzen Leute, die ihre Zeit damit vergeuden, hier sinnlos zu posten, etwas arbeiten würden.

Das ist auch der Grund, warum ich jetzt nicht mehr posten werde. Hier zu posten ist reine Zeitvergeudung.

joejoe  

1259 Postings, 8420 Tage HeckteSchwarze Sonne!

 
  
    #80
26.08.05 12:08
Habt ihr eigentlich gestern auf VOX die BBC Reportage "Schwarze Sonne - Die Folgen der globalen Verdunkelung" ("Global Dimming") gesehen? Ich denke mal, das passt ganz gut in diesen Thread.

Schwarze Sonne - Die Folgen der Globalen Verdunkelung (VOX)

Es klingt wie eine Idee aus Hollywood - eine wissenschaftliche Entdeckung, wie aus einem Katastrophenfilm: Das Sonnenlicht auf der Erde wird immer schwächer. Klimaforscher vermuten, dass diesem Phänomen bereits Millionen von Menschen zum Opfer fielen. Die gute Nachricht: Man kann etwas dagegen tun. Die schlechte Nachricht: Möglicherweise haben die Gegenmaßnahmen noch verheerendere Folgen.
Dieser Film enthüllt, warum sich die gängigen Vorhersagen über die Entwicklung des Klimas als fataler Irrtum erweisen könnten. Denn sie haben einen wichtigen Faktor nicht berücksichtigt: „Global Dimming“ – die Globale Verdunkelung der Erde.
Erst kürzlich haben Klimaforscher festgestellt, dass die Sonnenhitze auf der Erde seit Jahrzehnten dramatisch abnimmt. In den USA hat sie zum Beispiel um bis zu zehn Prozent, in Teilen Großbritanniens sogar um 16 Prozent abgenommen. Das Phänomen wird inzwischen „Global Dimming“ - globale Verdunkelung - genannt. Diese Entwicklung ist nicht aufgefallen, weil die globale Erwärmung den Verlust an Sonnenhitze kompensiert hat. Dennoch hatte sie wahrscheinlich bereits katastrophale Folgen. Denn die Intensität der Sonneneinstrahlung beeinflusst den Wechsel von Regen- und Trockenzeit in vielen Regionen der Erde. Neue Forschungen belegen, dass zum Beispiel Dürrekatastrophen der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, die Tausenden Menschen in Äthiopien das Leben kosteten, in direktem Zusammenhang mit diesem Phänomen stehen. Es gibt bereits weitere Alarmzeichen: In Indien setzt der Monsunregen von Jahr zu Jahr später ein. Was passiert, wenn er irgendwann ganz ausbleibt?
Die globale Verdunkelung hat letztlich die gleiche Ursache wie der Treibhauseffekt. Es ist ein Nebenprodukt der Verbrennung fossiler Energien: Winzige Partikel aus Ruß, Asche und Schwefeldioxid in der Atmosphäre führen zu vermehrter Tröpfchenbildung in den Wolken. Deshalb wird die Sonnenwärme stärker reflektiert. Die Reduzierung der Luftverschmutzung durch Abgas- und Rußfilter könnte das Problem also beseitigen.
Doch die Sache hat einen Haken: Ohne „Global Dimming“ würde das ganze Ausmaß des Treibhauseffekts erst voll wirksam werden. Ein Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius innerhalb von 20 Jahren brächte Grönlands Gletscher zum Schmelzen. Viele Inseln und manche Städte würden überflutet. Wenn nichts unternommen wird, könnte am Ende des Jahrhunderts in Europa ein Klima wie in Nordafrika herrschen.
Dieser Film behauptet nicht, dass es so kommen wird. Aber er warnt vor den Folgen eines Phänomens, das erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde und noch heute von vielen Wissenschaftlern und Politikern ignoriert wird. Die deutsche Erstausstrahlung der BBC Exklusiv-Dokumentation „Schwarze Sonne - Die Folgen der Globalen Verdunkelung“ zeigt auf, wie wir einer Klimakatastrophe entgehen können, sofern auch der politische Wille zum Handeln da ist.  
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Die globale Verdunkelung (auch "global dimming") ist eine allmähliche Verringerung der Intensität des Tageslichtes das die Erdoberfläche erreicht. Dieser Effekt begann wohl in den 1950ern. Das Ausmaß des Phänomens schwankt je nach Position auf dem Globus. Über die letzten 40 Jahre hat sich so die Sonnenlichtintensität durchschnittlich um etwa 10% verringert. Dieser Effekt wirkt dem Treibhauseffekt entgegen, was zu einer gefährlichen Unterschätzung desselbigen führt. Bisherige Prognosen von 5°C Erwärmung über 100 Jahre müssen womöglich auf 8°C bis 10°C über 100 Jahre korrigiert werden.

Gründe und Auswirkungen
Derzeit geht man davon aus, dass dieser Effekt auf die erhöhte Konzentration von Aerosolen in der Atmosphäre zurückzuführen ist. Diese entstehen bei der Verbrennung organischer Materie (Holz, Kohle, Öl, Gas). Dementsprechend sind die größten Hotspots die Industrienationen. Angeführt von den boomenden Länder Asiens, sowie Nordamerika und Europa. Aber auch brennende Ölquellen in Kuwait oder Brandrodung des Regenwaldes in Brasilien sind zu nennen.
Die ausgestoßenen Kleinstpartikel absorbieren zum einen das Sonnenlicht, zum anderen kondensiert an ihnen Wasser. Es bilden sich Wolken. Aerosole sind nun besonders klein, sodass sich mehrere kleine Tröpfchen bilden. So besteht die Wolke länger und ist eher von heller Gestalt, was das Sonnenlicht stärker ins All reflektiert.
Weniger Sonnenlicht bedeutet zum einen die Abkühlung der Atmoshäre, zum anderen aber auch weniger Verdunstung am Boden und somit weniger Niederschlag. Der Boden ist feuchter, es gibt mehr Wolken, aber es regnet weniger.

Dieser abkühlende Klimaeffekt schwächt sich jedoch mit zunehmender Erderwärmung ab. Der bisher gedämpfte Treibhauseffekt schlägt nach und nach voll durch. Dass diese Dämpfung abnimmt, wurde in bisherigen Klimaprognoseberechnungen nicht berücksichtigt. D.h. in Zukunft ist mit einem noch zunehmenden Treibhauseffekt zu rechnen.


Die Sendung wird am Sonntag um 9:50 Uhr (falls jemand am Sonntag um diese Zeit schon wach sein sollte) wiederholt.


gruß
heckte



 

36845 Postings, 7728 Tage Talisker54reab,

 
  
    #81
26.08.05 12:15
anstatt zu genießen solltest du mal lieber
- versuchen, die Gedankengänge des anderen nachzuvollziehen
- versuchen, darauf einzugehen,
anstatt dir eine Stelle rauszupicken, diese aus dem Zusammenhang zu reißen und dich darüber lustig zu machen. Habe dann nämlich das Gefühl, dass du an einer ernsthaften Diskussion kein Interesse mehr hast, aus welchen Gründen auch immer.
Joejoe deutet es bereits an, es gibt ein paar einfache Fragen, welche die den durch Menschen verursachten/nachhaltig beeinflussten Klimawandel Negierenden partout nicht beantworten (Reila hats versucht, aber nur mit halbseidenen Quellen, zumindest scheinen sie mir nicht geeignet, z.B. Erkenntnisse diverser Forschergemeinden, so auch die MPIs, zu widerlegen).
Ich zumindest höre lieber auf die als auf Erklärungen des CO2-Kreislaufes oder des Treibhauseffektes auf Kindergartenniveau.
Und bei einem derart ins Leben einschneidenden Thema (und erste Anzeichen sind wohl nur ein äußerst schwacher Abklatsch von dem, was noch folgen wird), beim Wissen um die zeitverzögerte Dauer der Wirkung eines Gegensteuerns, haben wir wohl keine Zeit mehr, noch lange von Ökospinnereien, klarerem Verständnis der Wirkungsweisen usw. zu reden. Denn wenn Fakt ist, dass wir das Klima nachhaltig verändern, müssen wir uns nur fragen, wodurch wir das tun. Und soviel sinnvolle Erklärungsmuster gibt es da nicht, der Kreis der wohl verantwortlichen Verursacher läßt sich ganz gut eingrenzen...
Gruß
Talisker
 

7336 Postings, 7982 Tage 54reab@joejoe: klimamodell zur wettervorhersage?

 
  
    #82
26.08.05 12:20
noch nie gehört. meteologie ist ganz was anderes als klimaprognose. die heutigen wettervorhersagen haben sich wesentlich gebessert. die ursache liegt in der beobachtung der erde mittels satelliten, der massiviven zunahme der messstellen und der kommunikationstechnik . man sieht z.b. die hochs und tiefs anmarschieren. dadurch sind die modelle zur wettervorhersage einfacher geworden und die aussagen treffender.

der unsinn bezüglich der klimakatastrophe, der in vielen köpfen rumhüpft, ist vergleichbar mit dem unsinn der demografischen problemen. heute haben wir große probleme in den sozialsystemen. die mehrheit der bevölkerung glaubt, das hätte was mit demografischen problemen zu tun. dabei sind die bevölkerungsreichen jahrgängen noch im arbeitsfähigen alter und es liegt aktuell eine ideale demografische situation vor. man braucht der bevölkerung nur täglich irgendeinen unsinn vorzubeten, irgendwann wird er von der mehrheit geglaubt.


 baer45: DAX



 

7336 Postings, 7982 Tage 54reab@talisker: du wiederholst dich

 
  
    #83
26.08.05 12:30
u.a. mit unterstellungen. es gibt mindestens so viele wissentschaftler, bis zu nobelpreisträger, die eine unterschiedliche position zu der vom menschen angeblich verursachten klimaänderung einnehmen:

- die eine gruppe sieht eine massive erderwärmung
- die nächste sieht uns schnurstraks in die eiszeit marschieren
- die größte gruppe ist der überzeugung, dass wir noch nicht durchblicken

wir können fleißig gegenseitig irgendwelche ergüsse von diesen gruppen hier reinkopieren. das wird trotzdem nichts daran ändern, dass wir uns hier noch in einem sehr nebeligen gebiet befinden, das sich noch nicht zu wissenschaft entwickelt hat.

ich habe keine lust, mich mit den angesprochenen drei gruppen auseinanderzusetzen. ich habe allerding große geduld und beobachte den affenzirkus schon seit ende der 60-ziger. prognosen hebe ich mir auf und und kontrolliere sie, wenn der jeweilige zeitpunkt gekommen ist. kann nur sagen, lachhafter kinderkram!

 

36845 Postings, 7728 Tage TaliskerWas du da benennst,

 
  
    #84
26.08.05 12:40
sind die verschiedenen Auffassungen über die genaueren Auswirkungen des menschverursachten Klimawandels. Negierst du den letzteren Fakt denn auch?
Gruß
Talisker  

2590 Postings, 7230 Tage brokeboyvgl. waldsterben

 
  
    #85
1
26.08.05 12:42
@joejoe... was die möglichkeit angeht, dass die manmade-skeptiker falschliegen - da stimme ich dir voll zu. emissionen zu begrenzen hat mit masshalten zu tun, und das war noch nie ein fehler. allerdings möchte ich hier auf die blamable geschichte des deutschen waldsterben-mythos verweisen (nach meinem kommentar). ein schönes beispiel dafür, dass wir zu panikmache neigen und ob der imaginären bedrohung stets zu übertreibungen neigen. vergleichbarerweise ist es auch ein sehr deutsches phänomen, dass deutsche gewerkschaften stets 6% fordern müssen, um 2,73% zu erhalten. wo bitte bleibt da der klare verstand, ich meine, das trieft doch vor ideologie.
gruss bb


zeit 51/2004

Chronik einer Panik
Ein Vierteljahrhundert Waldsterben – oder wie ein deutscher Mythos entstand, sich verfestigte und allmählich zerbröckelt. Beobachtungen aus dem Bundesforschungsministerium

Von Günter Keil

Geht das Waldsterben weiter, wie es jetzt wieder heißt? Oder wächst so viel Holz heran wie nie zuvor, was kürzlich die Bundeswaldinventur ergab? Unser Autor Günter Keil betreute von 1990 bis zu seiner Pensionierung 2002 im Bundesforschungsministerium die Waldschadens- und Waldökosystemforschung. Als intimer Beobachter deutscher Waldpolitik und Waldforschung zieht er Bilanz, mit einem kritischen Blick auch auf die Rolle der Medien. Außerdem befragten wir Matthias Berninger, den zuständigen Staatssekretär der Bundesregierung, nach der Wahrheit im Walde. DZ

Am Anfang war der Frost. Wiederholt hatte harter Witterungsstress die deutschen Wälder gegen Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre getroffen. Zur Jahreswende 1978/79 sackte in Süddeutschland das Thermometer innerhalb weniger Stunden um fast 30 Grad. Forstleute wussten, Frostschäden im Wald waren unausweichlich. Zur gleichen Zeit zeigten verschiedene Baumarten andere Schadsymptome, die auf Nährstoffmangel hindeuteten. Zunehmend wurde darüber berichtet, und manche begannen, an eine gemeinsame, böse Ursache zu glauben.

Eine passende Erklärung lieferte 1979 der Göttinger Bodenforscher Bernhard Ulrich. Er diagnostizierte Luftverunreinigungen, insbesondere Schwefeldioxid und den sauren Regen, als wahrscheinliche Ursache von Waldschäden und stellte 1981 die extreme Prognose, dass »die ersten Wälder schon in fünf Jahren sterben« würden. Sie seien nicht mehr zu retten. Seither galten die Luftschadstoffe als Hauptverdächtige.

Das Panikwort »Waldsterben« setzten Forstleute selbst in die Welt

Ulrichs wichtigster Mitstreiter war der Münchner Forstbotaniker Peter Schütt. Er entdeckte 1981 im Forstamt Sauerlach für ihn unerklärliche Baumschäden, die er als »neuartige Waldschäden« bezeichnete. Dass ein Professorenkollege diese Schäden als altbekannte Pilzerkrankung diagnostizierte, konnte den Siegeszug der neuartigen Waldschäden nicht mehr aufhalten. Sie wurden zur Bezeichnung für alle möglichen realen und vermeintlichen Baumschäden, für die man die Industriegesellschaft verantwortlich machte.

Die Ironie der Geschichte wollte es, dass die Forstleute selbst – in ihrem Fachjargon hieß jede Baumkrankheit »Sterben« – den Paniknamen »Waldsterben« in die Welt setzten. Eine PR-Bombe von ungeheurer Wirkung. Für Laien war jetzt klar: Der ganze Wald stirbt.

Die Politik geriet ins Trommelfeuer der aufgeregten Presse und der Umweltverbände, sie musste handeln. Die Bundesregierung ließ vom Landwirtschaftsministerium (BML) ein Sofortprogramm »Rettet den Wald« verkünden, das Bundesforschungsministerium (BMFT) startete ein großes Programm »Waldschadensforschung«. Und die Franzosen, die deutsche Ängste seit je nicht ganz ernst nehmen, fügten ihrem Vokabular le waldsterben hinzu.

Nun mussten erst einmal die Waldschäden bilanziert werden. Aber was war eigentlich ein Waldschaden? Es wurde ein Expertenkreis gebildet und ein provisorischer Vorschlag diskutiert: Man könnte die Verluste der Bäume an Nadeln oder Blättern zum Maßstab von Schädigungen machen und dies für alle Baumarten in allen Regionen in so genannten Schadstufen zusammenfassen – zunächst versuchsweise für ein Jahr. Vielen Fachleuten erschien diese Methodik oberflächlich, ungenau, mehrdeutig und daher unbrauchbar. Auch bot sie keine Chance zur Feststellung der Ursachen. Aber die Politik brauchte sofort eine Generaldiagnose der Wälder, sei sie auch noch so grob. Also wurde das Verfahren angewendet.

Die erste bundesweite Erhebung von 1984 zeigte jedoch unerwartete Wirkung. Ihr böse aussehender Befund wirkte in der Öffentlichkeit wie ein Paukenschlag. Zu spät bemerkte die Regierung, dass dieses Verfahren nicht nur ungenau war. Viel schlimmer: Es lieferte systematisch viel zu hohe Zahlen über angebliche Schäden. Die Kritik der Wissenschaftler erwies sich als nur zu berechtigt. Aber der Versuch, nun – wie geplant – ein besseres Verfahren einzuführen, stieß auf vehemente Proteste der Umweltverbände und Medien, die darin den Versuch der Politik witterten, »den sterbenden Wald gesundzulügen«. Die Regierung kapitulierte, erhob die provisorische Blatt-Nadel-Verlust-Methode zum Regelverfahren – und entließ unliebsame kritische Forstwissenschaftler aus dem BML-Expertenkreis. Seither liefert das Ministerium Jahr für Jahr einen Bericht ab, der das stets traurige Ergebnis aller Blatt- und Nadel-Verlust-Zahlen zusammenfasste.

Im Forschungsministerium türmten sich alsbald Förderanträge aus den Universitäten. Ein schwedischer Forscher zählte mehr als 170 Arbeitshypothesen um die neuartigen Waldschäden zu erklären. Aber das würde dauern.

Die verzweifelte Regierung Kohl hatte jedoch einen Trumpf, denn ihre Vorgänger hatten vorgearbeitet. Schon in den siebziger Jahren gab es eine internationale Debatte über den sauren Regen und seine Folgen. Vor allem schwefelhaltige Abgase der Kohlekraftwerke gingen zum Teil weit entfernt als Säureregen nieder. Er zerfraß Gebäude, ließ vitale Seen absterben, schädigte Pflanzen und bedrohte auch die Gesundheit der Menschen. Bereits im 1.Umweltprogramm der Regierung Brandt von 1971 wurde dieses Problem detailliert samt entsprechenden Aktionen vorgestellt. Die Stockholmer UN-Umweltkonferenz von 1972 und das Genfer Übereinkommen 1979 führten zu internationalen Verträgen mit weitreichenden Maßnahmen. Bereits im März 1974 konnte Bundesinnenminister Werner Maihofer beachtliche Erfolge vorzeigen. Zur Reinhaltung der Luft war das Bundesimmissionsschutzgesetz mit seinen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften wie der TA Luft erlassen worden. Die Wirkung trat ein: Die Schwefeldioxid-Emissionen hatten 1973 ihr Maximum mit 3,85 Millionen Tonnen erreicht und sanken dann von 1979 an drastisch. Die Regierung Kohl, seit 1982 im Amt, setzte diese Umweltpolitik fort mit noch notwendigen Ergänzungen der Gesetze und Verordnungen zur Luftreinhaltung. So hatte der deutsche Wald unbemerkt schon das Schlimmste hinter sich und war vor dem sauren Regen gerettet, bevor die Waldsterbepanik begonnen hatte.

Der Geldregen aus Bonn für die Wissenschaft hatte seltsame Wirkungen. Einem Forscher gelang zum Beispiel 1984 das Kunststück, zwei der beliebtesten Presse-Horrorthemen zu verknüpfen: Waldsterben und Atomkraftwerke. Dieser Professor Reichelt verortete das KKW Würgassen als Quelle der Waldvernichtung – das Medienecho war enorm. Als ihm der Forschungsbeirat Waldschäden bereits ein Jahr darauf Fehler über Fehler nachwies und seine These verwarf, nahm die Presse dies nicht zur Kenntnis. Die Grünen starteten 1990 eine Kleine Anfrage im Parlament: »Zu den Problemen von Waldsterben … durch Einwirkung von Richtfunk und Radarwellen«. Es erwies sich ebenfalls als Unsinn.

Das Waldsterben bot auch die Möglichkeit, endlich dem Hauptfeind der Umweltschützer, dem Auto, die Schuld anzuhängen. So verkündete im Oktober 1988 die SPD: »Waldsterben: Kfz-Abgase sind die Hauptsünder«. Auch das entpuppte sich später als falsch.

Es fehlte Magnesium im Boden – durch Düngen einfach zu beheben

Sieben Jahre nach der Entdeckung angeblich neuartiger Waldschäden bei Sauerlach durch Peter Schütt wurde festgestellt, dass sich die vom Förster gekennzeichneten Bäume wieder erholt hatten und lebten. Die weitaus meisten angeblich »neuen Baumschäden« erwiesen sich so bei genauerer Betrachtung als wohlbekannt. Andere Schadtypen beruhten auf natürlichen Ernährungsstörungen. So fand Reinhard Hüttl heraus, dass im Boden des Schwarzwalds Magnesiummangel herrschte, was vorübergehend zu Nadelschäden führte – und durch Düngen behebbar war. Auch das zunächst rätselhafte gleichzeitige Auftreten verschiedener Erkrankungstypen zwischen 1980 und 1985 fand eine normale Erklärung: großräumiger Witterungsstress durch Trockenheit oder Frost.

Einen letzten Schlag versetzte 1995 der Göttinger Ökologe Heinz Ellenberg der Hypothese neuartiger Waldschäden. Er schloss seine Analyse mit dem Urteil, dass man »mit naturwissenschaftlichen Mitteln nicht kausal erklären kann, was als solches überhaupt nicht stattfindet und was nur als Folge ungeeigneter Methoden vermutet worden war«.

Doch 1981 hatten die Kritiker noch keine vernehmbare Stimme. Der stern titelte im September 1981: Über allen Wipfeln ist Gift, gefolgt vom Spiegel im November mit der dreiteiligen Serie Saurer Regen über Deutschland. Der Wald stirbt. Es folgte eine Negativberichterstattung, in der fast zehn Jahre lang kaum ein kritischer Wissenschaftler direkt oder durch einen Bericht zu Wort kam. Sie mussten sich auf Fachzeitschriften beschränken. Lediglich die Neue Zürcher Zeitung ließ in dieser dunklen Periode kritische Stimmen zu Wort kommen.

Wie man mit Kritikern umging, zeigte ein Vorfall im August 1996. Das Europäische Forstinstitut EFI präsentierte in Freiburg im Breisgau eine Studie über Wachstumstrends der Wälder Europas. Damals war zufällig Professor Spiecker von der dortigen Universität Vorsitzender des EFI. Deshalb stellte er die Ergebnisse der Studie vor, mit der er selbst nichts zu tun hatte. Ein Ergebnis lautete nun, dass sich das Wachstum der Wälder in Europa überall beschleunigt hatte. Das wussten die Fachleute schon länger; es lag überwiegend an den gestiegenen Stickstoffeinträgen. Bei den Journalisten klingelten aber sofort die Alarmglocken: Wenn die Wälder rascher wachsen, so ihre Logik, dann sterben sie offenbar nicht. Eine Verleugnung des Waldsterbens also. Süddeutsche Zeitung und Stuttgarter Zeitung starteten am 2. September den Angriff: Es handle sich um eine Auftragsarbeit für die Industrie des »in Finnland beheimateten« EFI. Ein für Alarmnachrichten bekannter Forscher aus dem Ulrich-Institut in Göttingen erklärte im Bonner Generalanzeiger, die rasch wachsenden Bäume seien sterbenskrank. Dieser bereits drei Jahre zuvor von einem seiner Göttinger Kollegen verbreitete Schwachsinn wurde mehrfach gedruckt, und Hubert Weinzierl vom BUND prägte dafür den Begriff »krankhaftes Wachstum«, den der Spiegel gern verbreitete.

Die Entwarnung interessierte nur noch 4 von 54 Tageszeitungen

In einer Sendung des Fernsehens wurden dem EFI und dem Leiter der Studie korruptes Handeln vorgeworfen. Spiecker wurde beschimpft und verdächtigt. Seine Hoffnung, die Universität Freiburg stelle sich schützend vor ihn, erwies sich als trügerisch. Der Rektor und alle sonstigen Würdenträger duckten sich weg und warteten passiv und geduldig das Ende der Steinigung ab.

Massive Kritik kam jedoch von außen. In der Zeitschrift Nature erschien im November 1988 ein umfangreicher Artikel, der gründlich mit der in Deutschland gängigen Vorstellung vom Waldsterben aufräumte. Die Benutzung dieses Begriffs sei zu beenden. Es habe sich gezeigt, dass die festgestellten Schäden stets von selbst heilten, wenn die Bäume nicht sehr stark geschädigt seien. Damit falle der Löwenanteil der im deutschen Waldzustandsbericht als geschädigt gezählten Bäume weg – der Bericht sei schlicht falsch und irreführend. In den USA und England könne man nun die Lehren aus Deutschland ziehen und diese falschen Konzepte vermeiden.

Dieser Donnerschlag reichte aber noch nicht. Es dauerte weitere Jahre, in denen kaum kritische Beiträge in deutschen Zeitungen erschienen. Eine der Ausnahmen war Der krank geschriebene Wald (ZEIT Nr. 49/91). Der Artikel beschrieb gravierende Schwächen im Waldzustandsbericht und gab der massiven Kritik Raum, die von Forschern wie Professor Rehfuess und Professor Führ geübt wurde. 1992 veröffentlichte die ZEIT einen weiteren kritischen Text über die fragwürdige Baumkronenbegutachtung als Maß für Gesundheit. Aber der Spiegel hielt mit der Dokumentation Der Wald stirbt weiter dagegen.

Beträchtliches Rauschen im Blätterwald erzeugte kurz danach am 2. Februar 1993 das Bundesforschungsministerium (BMFT), als es eine Zwischenbilanz mit einer Stellungnahme seines Expertenkreises veröffentlichte. Dieses Gremium, dem auch Professor Ulrich angehörte, kam zu der klaren Aussage, »dass ein Absterben ganzer Wälder in Zukunft nicht mehr zu befürchten« sei. Ulrich räumte damit in respektabler Manier ein, dass er damals mit seiner Prognose zu weit gegangen war. Nur 4 von 54 Tageszeitungen brachten diese Nachricht, 50 berichteten stattdessen über die Probleme, die zu viel Stickstoff im Wald hervorruft. Der Spiegel erfand dafür den neuen Begriff »das zweite Waldsterben« – eine recht drastische Verfälschung der BMFT-Aussagen.

Bis zum Sommer 1996 herrschte relative Ruhe an der Medienfront. Dann brachte plötzlich am 7.September die Süddeutsche Zeitung einen ganzseitigen Artikel: Holzwege und andere Irrtümer – stirbt der Wald wirklich? Es war die erste umfassende Zusammenstellung der Kritik in einer Tageszeitung. Eine Woche darauf verteidigte Christian Schütze an gleicher Stelle (Wunderheiler und andere Grünschnäbel) empört das Waldsterben. Als Kernbeweis führte er »die amtlichen Berichte an, von denen niemand behaupten wird, dass sie der Waldsterbepanik Vorschub leisten wollen«. Dies offenbarte die ganze Tragik der Untergangsgläubigen: Sie konnten sich nicht vorstellen, dass ausgerechnet Berichte der Regierung Kohl wissentlich ein viel zu pessimistisches Bild wiedergaben. Unmöglich; die Lage konnte nur noch schlimmer sein.

Die Regierung saß hilflos in der selbst gestellten Falle. Um die Umweltverbände zu beschwichtigen, hatte sie leichtsinnig die dauerhafte Waldschadenserhebung beschlossen – und zum Dank wurde sie nun alljährlich für neue und stets falsche Schreckenszahlen geprügelt. Zu dieser Zeit hatte sich ein handfester Streit zwischen Landwirtschafts- und Forschungsministerium entwickelt. Ein von 18 führenden Experten für das BMFT im Herbst 1996 erstelltes Gutachten kam einhellig zu dem vernichtenden Ergebnis: Abschaffung des Verfahrens der Waldzustandserfassung wegen Unbrauchbarkeit. Das Gutachten wurde dem BML vorgelegt. Keine Reaktion. Dann reichte das BMFT einen Kompromissvorschlag zur Neufestsetzung der grob falschen Schadstufen nach. Das war zwar ehrenwert, aber taktisch ein großer Fehler. Nun gab es eine Reaktion: Das vertrauliche Papier landete sofort bei den Umweltverbänden und einigen Zeitschriften, die laut protestierten. Die taz titelte: Waldsterben verboten!, der Spiegel: Forschungsminister Rüttgers will den Wald per Dekret für gesund erklären, der BUND erklärte Rüttgers zum größten Wunderheiler, und der Nabu forderte seinen Rücktritt.

Trotz der Niederlage des BMFT hatte dieser Streit einen unerwartet positiven Effekt auf die Presse. Plötzlich erschienen kritische Artikel. Die VDI-nachrichten meldeten: Der kranke Wald – nur ein Simulant?, die FAZ: Der Wald stirbt – und wächst in den Himmel. Auch die jährlichen Waldzustandsberichte wurden zunehmend bissig kommentiert. Ein sicheres Zeichen für den Abstieg des Themas in der Öffentlichkeit war auch das Nachreichen von Rechtfertigungslegenden. Es hieß nun mehrfach, die ganze Aufregung habe doch ihr Gutes gehabt, denn ohne sie wäre die Politik nicht zur konsequenten Luftreinhaltung gezwungen worden – und zur Rettung des Waldes.

Um jedoch an diese Legende zu glauben, muss man mehr als zehn Jahre deutscher Luftreinhaltungspolitik unter den Regierungen von Willy Brandt und Helmut Schmidt vollständig ausblenden. Es war nur ein letzter schwacher Versuch, dem Ganzen nachträglich etwas Gutes abzugewinnen.

Die politischen Parteien jedoch hielten unverdrossen am Waldsterben fest. Noch im Mai 2000 stellten die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD gleichlautend fest, »dass es keinen Grund zur Entwarnung gibt«. Dieser Satz dient seit Jahren der umweltpolitischen Geisterbeschwörung – vor allem für die Umweltverbände, die auf Entwarnungen allergisch reagierten. Im März 2001 erklärte Landwirtschafts-Staatssekretär Berninger im Parlament, »dass wir zusätzliche Strategien gegen das Waldsterben entwickeln«. Und im Januar 2002 forderten die Fraktionen der SPD und der Grünen, die Anstrengungen zur Reduktion und Beseitigung der »neuartigen Waldschäden« zu verstärken.

Dann kam die Überraschung: Im Sommer 2003 erklärte Ministerin Renate Künast das Waldsterben für beendet. Immerhin zehneinhalb Jahre nach dem Bundesforschungsministerium. Und inzwischen schallt es wieder aus ihrem Haus, dem Wald gehe es so schlecht wie lange nicht mehr (siehe nebenstehendes Interview). Die weitgehend in den Köpfen ablaufende Katastrophe ist also noch nicht zu Ende. Dabei ist die Bilanz der Geschichte bereits traurig genug.

Der Schaden für die Wissenschaftler ist enorm. Nun glaubt ihnen keiner mehr

Da ist zum einen das Geld. Bund und Länder haben von 1982 bis 1998 für die Waldschadensforschung 367 Millionen Mark ausgegeben. Hinzu kommen die Waldökosystemforschung mit weiteren 180 Millionen Mark und die seit 1984 bis heute von den Ländern durchgeführte und finanzierte Waldzustandserhebung. Dass die Medien so lange einseitig berichtet haben, ist ebenfalls ein tristes Kapitel.

Auch die Wissenschaft hat Blessuren davongetragen. Leider sind einzelne Wissenschaftler der Versuchung erlegen, sich medienwirksam mit dramatisch negativen Aussagen nach vorn zu spielen. Sie wurden mit größter öffentlicher Aufmerksamkeit belohnt, und einige von ihnen übernahmen bald eine Rolle als ständig wachsame Sofortkritiker anders denkender Kollegen. Der Schaden für die Wissenschaft ist erheblich. Denn wer als Bürger die insbesondere von Wissenschaftlern angefachte und jahrelang geschürte Panik erlebt hat und den allmählichen Zusammenbruch der Potemkinschen Kulissen verfolgt, der glaubt Forschern nichts mehr. Die Glaubwürdigkeitsprobleme der Klimaforscher heute haben hier ihre Wurzeln. Auch ein absolut integrer Wissenschaftler kann die Bürger nicht mehr überzeugend warnen, wenn andere den Kredit der ganzen Zunft vorher verspielt haben.

Die Umweltverbände können ebenfalls nicht erfreut sein. Sie haben viele Jahre ihre Macht gegenüber der Politik ausgespielt, sie haben maßlos übertrieben und werden letztlich mit Vertrauensverlust bezahlen. Bleibt die Politik. Auch für sie sollte es ein Lehrstück sein. Ihr stand Sachverstand zur Verfügung, aber man hat ihn beiseite geschoben, um Pressure-Groups zu gefallen. Es ist jedoch müßig, Politikern Ratschläge für mehr Zivilcourage zu geben; sie haben es von allen angesprochenen Gruppen gewiss am schwersten.

Was ist nun mit unserem Wald? Ist er gesund? Natürlich nicht. Der Forstschutz-Professor Michael Müller aus Tharandt hat eine für idealistische Laien enttäuschende Antwort: Der gesunde Wald ist eine idyllische Vorstellung, eine Projektion. Es hat ihn nie gegeben. Wo der Wald lebt, kränkelt er auch.

Aber er muss deshalb nicht gleich sterben.  

2590 Postings, 7230 Tage brokeboy... zudem

 
  
    #86
26.08.05 12:49
... sind mir aus dem süddeutschen einige sehr interessante fälle bekannt, in denen spekulanten bei grundverkäufen die umwelttrommel gerührt haben, um die preise zu pushen - letztendlich wurden dann so einige krötenbrutstätten doch zu gewerbegebieten, der auf grün getunte verkäufer ging dann allerdings mit dem 4fachen gewinn vom feld. ins grosspolitische extrapoliert werde ich den verdacht nicht los, dass dieser co2-diskurs einigen deutschen ziemlich grossen nutzen bringt - vs. usa, sowie emerging markets. und eine relion zu etablieren um mit ihrer hilfe seine recht materiellen vorteile durchzusetzen war schon immer ein klasse geschäft. der kleine mann alleine glaubts und zahlt brav seinen ablass in form der ökosteuer.

gruss bb  

589 Postings, 7304 Tage joejoe@54reab

 
  
    #87
26.08.05 12:50
Zum demographisches Problem:
Ich vermute, Deine Lebensphilosophie ist, "ignorieren, bis es evident ist". Ich mache mir darüber schon Gedanken - denn ich bin dummerweise jemand, der jetzt im Arbeitsalter ist. Und in 30 Jahren, wenn ich dann mal in Rente gehen möchte, ist das Problem da. Garantiert. Aber Du scheinst ja schon älter zu sein, da betrifft Dich das nicht.
Das die heutigen Probleme nicht dadurch kommen, sondern durch Wiedervereinigung, Arbeitslosigkeit etc., ist vielleicht mehr Leuten klar, als Du glaubst...


"- die größte gruppe ist der überzeugung, dass wir noch nicht durchblicken"

Davon ausgehend, dass Du dieser Überzeugung bist: wenn Du neutral an der Börse bist, bist Du dann zu 100% investiert??? Wenn man also davon ausgeht, dass wir nicht durchblicken (aber dass es begründeten Verdacht gibt), dann sollte man doch Vorsicht walten lassen und nicht einfach mit Vollgas weiter machen, oder?
Gleiches gilt meiner Meinung nach übrigens für Gentechnik in der Agrarwirtschaft (dort habe ich mehr Wissen, da können wir diskutieren) und vielen anderen Bereichen. Würdest Du z.B. sofort alle Autos auf (den gehypten) Wasserstoff umstellen, ohne vorher auch die Nachteile in Erwägung gezogen zu haben?

Grüsse,
joejoe


PS: Bessere Meteorologie hat auch was mit massiver Rechenkapazität zu tun...  

7336 Postings, 7982 Tage 54reabtalisker: erkenne nicht was du

 
  
    #88
26.08.05 12:51
mit dem letzten fakt meinst.


 baer45: DAX

 

24466 Postings, 7349 Tage EinsamerSamariterWie kommt es zu sintflutartigen Regenfällen?

 
  
    #89
26.08.05 12:53


...be invested
 
Der Einsame Samariter

 

36845 Postings, 7728 Tage Talisker54reab

 
  
    #90
26.08.05 12:56
Dass der Mensch im zunehmenden Maße den Klimawandel mitverantwortet.  

7336 Postings, 7982 Tage 54reab@joejoe: bitte etwas genauer

 
  
    #91
26.08.05 13:00
lesen. ich habe mit keinem satz von eventuell zukünftigen demografischen problemen gesprochen. ich habe von den heutigen problemen gesprochen, die demografisch verkleidet werden. glaube mir, wenn wir heute keine arbeitslosen hätten, würden die sozialversicherungssystemen bestens funktionieren und kaum einer würde von demografischen problemen reden. wichtiger wie die demografie ist und bleibt eben die wirtschaftliche entwicklung. läuft die wirtschaft gut, kann man probleme der bevölkerungsstruktur sehr einfach mit einer etwas längeren lebensarbeitszeit und mehr frauen in arbeit relativ einfach abfedern. wenn allerdings die arbeit nicht da ist ...

dass du dir jetzt schon den kopf zerbricht, wie die welt in 30 jahren aussehen wird, kann ich nicht verstehen. die frage wird dir eh keiner beantworten können. schaue selbst alle möglichen prognosen für heute, die 30 jahre zurückliegen, an. du wirst dich schütteln vor lachen oder eventuell auch nur bitterlich weinen, dabei war das, geschichtlich gesehen, eine sehr ruhige zeit.


 baer45: DAX

 

129861 Postings, 7667 Tage kiiwiiWenn (falls) der Satz

 
  
    #92
26.08.05 13:11
"Dass der Mensch im zunehmenden Maße den Klimawandel mitverantwortet"
stimmen sollte, ist es jetzt vor allem der chinesische Mensch, der seinen Anteil am Weltrohölverbrauch in den letzten 5 Jahren von 9 auf 14 % gesteigert hat.


Allerdings: Vor ca. 10.000 Jahren soll die Sahara grün gewesen sein.



MfG
kiiwii
Was hört man Neues von der SPD ?  

7336 Postings, 7982 Tage 54reab@talisker: ich bin der überzeugung, dass

 
  
    #93
1
26.08.05 13:12
alles was bei uns passiert, unsere welt beeinflusst. dazu gehören geologische vorgänge, erreignisse auf der sonne und natürlich auch die tätigkeiten der menschen. es wurde von mir auch nie bestritten, dass wir, im gegensatz zur mitte des letzten jahrhundert, eine leichte erwärmungsphase haben. damals hatten wir eine leichte abkühlphase.

jeder der sich etwas für die erdgeschichte interessiert, weiss, das es aus "natürlichen" gründen phasen gab, die dem menschen nicht wohlgesonnen waren. wir hatten änderungen im klima in den letzen 1200 jahren (besiedlung grönlands mit großer weidewirtschaft), die bei der heutigen siedlungsdichte eine katastrophe darstellen würden und bis heute nicht erklärt werden konnten.

unsere diskussion bezieht sich nicht darauf ob sondern wie der menschliche einfluss wirkt. solange das "wie" nicht geklärt ist, kann man keine sinnvollen verhaltungsmaßnahmen vorschlagen. die größte wirkung hat sicherlich die bevölkerungsexplosion. wieviele sollen wir jetzt umbringen um deine "klimakatastrophe" aufzuhalten. die menschliche co2-produktion hängt im wesentlichen von seiner anzahl ab. damit zusammen hängt die agrar- und viehwirtschaft, die wesentlich mehr co2 produziert wie die industrie und der verkehr. deshalb auch meine aussage: co2 gehört zum leben!


 baer45: DAX



 

25551 Postings, 8582 Tage Depothalbiererjetzt sind es wieder die chinesen, natürlich.

 
  
    #94
26.08.05 13:53
in welcher traumwelt lebt ihr eigentlich??

jetzt wird es wirklich langsam lächerlich.

die größten steigerungsraten zu haben , heißt noch lange nicht, auf das niveau der größten energieverschwender der welt zu kommen, geschweige denn, dort angekommen zu sein.

außerdem:
wie will man boomende ex-entwicklungsländer dazu bringen, sich sinnvoller zu verhalten?
indem man mit gutem oder schlechtem beispiel vorangeht??
naa??

dasselbe gilt übrigens für die letzten aktuellen kriege.
selber reihenweise ölförderungsländer überfallen und dann aber nen terz machen, wenn die chinesen taiwan heim ins reich holen wollen.

so läuft das nicht.


gute nacht.  

36845 Postings, 7728 Tage Talisker54reab

 
  
    #95
26.08.05 14:57
da unterscheiden wir uns dann wohl. Da eigentlich bereits alles gesagt ist, nur nochmal im Kurztext für schnellen Leserprofit:
Ich denke, wenn führende dt. (und weltweit andere) dafür zuständige Wissenschaftler warnen, menschlicher Einfluss nix gut, dann sollten wir diesen Einfluss zu reduzieren suchen. Als Hauptursache (ich muss wohl nicht auf schwachsinnige rethorische Fragen eingehen) ist wohl CO2 ausgemacht (heißt ja nicht, dass man nix gegen Überbevölkerung macht). Da, wo es sinnvoll und möglich erscheint. Und da es nicht per Überzeugung oder gar "freiwillige Selbstverpflichtung" geht, muss es gesetzlich gemacht werden.
Gruß
Talisker  

36845 Postings, 7728 Tage TaliskerNoch wat für 54reab

 
  
    #96
29.08.05 09:43
Weltklima
Vergeßt Kyoto!

28. August 2005 Für die Medien, und auch für etliche Wissenschaftler, ist die Klimadebatte gelaufen. Zu klar zeigen die vom International Panel on Climate Change (IPCC) angehäuften Befunde, daß die Welt sich mit alarmierender Geschwindigkeit aufheizt und daß der Hauptgrund dafür in den Treibhausgasen zu suchen ist - vor allem im Kohlendioxyd CO2.

Also müssen wir handeln, heißt es. Das Kyoto-Protokoll müsse umgesetzt werden, und wenn es 2012 ausläuft, haben noch drastischere Einschnitte in den CO2-Emissionen zu folgen. Im Jahr 2050 muß der Ausstoß um 60 Prozent unter den Wert von 1990 gedrückt sein.

Prioritätenliste: „Kopenhagener Konsens”

Diese Forderungen stützen sich auf Befunde, von denen behauptet wird, sie seien so wasserdicht wie die Erkenntnis, daß Rauchen Krebs verursacht oder daß HIV der Erreger von Aids ist. Wer den vom Menschen hervorgerufenen Treibhauseffekt anzweifelt, muß ein Lobbyist der Ölindustrie sein. Wer das Kyoto-Protokoll nicht unterschreiben will, hat offenbar ähnlich gelagerte Interessen.

Doch der Kyoto-Prozeß wird nicht nur von der Regierung Bush und der Öl-Lobby kritisch gesehen. Im vergangenen Jahr veröffentlichte eine Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern, darunter mehrere Nobelpreisträger, den „Kopenhagener Konsens”. Er besteht aus einer Prioritätenliste dessen, was es auf der Welt am vordringlichsten zu bekämpfen gelte; die globale Klimaerwärmung rangiert dabei auf einem der hintersten Plätze - weit hinter Aids, Unterernährung, Handelshindernissen, Malaria, mangelnder Versorgung mit sauberem Trinkwasser und anderen Problemen in den am wenigsten entwickelten Ländern.

Zuverlässigere Klimamodelle

Vor kurzem hat nun der Wirtschaftsausschuß des britischen Oberhauses, beraten durch den angesehenen Umweltökonomen David Pearce, einen Bericht mit dem Titel „The Economics of Climate Change” veröffentlicht. Auch dieses Dokument setzt sich kritisch mit dem Kyoto-Protokoll auseinander und wirft dem IPCC zudem vor, sich bei einigen seiner Befunde von politischen Erwägungen leiten zu lassen.

Der Vorwurf bezieht sich nicht auf die technische Analyse des Klimawandels. Hier hat das IPCC mit großer Sorgfalt nicht nur Unsicherheiten und Wissenslücken berücksichtig,t sondern auch Entwicklungen, die nicht in den Trend einer allgemeinen Erwärmung zu passen scheinen. Das stärkt das Vertrauen in die Objektivität der Wissenschaftler und ihre Schlußfolgerung. Diese lautet: Trotz aller Unsicherheiten seien die Klimamodelle insgesamt zuverlässiger geworden. Die globale Erwärmung sei eine Tatsache, und sie habe sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt. Außerdem sei „eine signifikante anthropogene Komponente nötig, um die Entwicklung zumindest der letzten 30 Jahre zu erklären”.

Pessimistische Vorhersagen

Der Mechanismus des Treibhauseffektes scheint heute allgemein anerkannt: Neben anderen Faktoren verursacht CO2 die Erwärmung. Und der Hauptgrund für den steigenden Gehalt dieses Gases in der Erdatmosphäre ist unsere zunehmende Nutzung fossiler Brennstoffe. Neuere, nach dem jüngsten IPCC-Bericht veröffentlichte Befunde haben diesen Schluß weiter untermauert. So hat etwa das Scripps Institute of Oceanography kürzlich herausgefunden, daß die deutliche Erwärmung der Ozeane nur durch menschengemachte Treibhausgase verursacht worden sein kann.

Trotzdem bleiben zwei wichtige Fragen unbeantwortet: Wieviel weitere Erwärmung haben wir für die Zukunft zu erwarten? Und was können wir dagegen tun? Der „Third Assessment”-Report des IPCC enthält eine Liste möglicher Temperaturverläufe für die kommenden hundert Jahre. Günstigstenfalls steht uns eine Erwärmung der Atmosphäre um 1,4 Grad ins Haus - das wäre das Zweieinhalbfache des Anstiegs während des 20. Jahrhunderts und ein Wert, bei dem nicht ganz klar ist, ob nicht der Nutzen am Ende die Nachteile überwiegt. Schlimmstenfalls steht uns aber ein Anstieg von 5,8 Grad bevor, und das zöge in der Tat schwere Schäden für die allermeisten Weltgegenden nach sich. Wir wissen zwar nicht, welches Szenario am wahrscheinlichsten ist. Doch es ist kaum verwunderlich, daß die pessimistischsten Vorhersagen die meiste Aufmerksamkeit erhalten.

Tatsächliche Kosten überschätzt?

Die Mitglieder des britischen Oberhauses vermissen vor allem Anhaltspunkte über die Wahrscheinlichkeiten, mit denen die verschiedenen Klimaentwicklungen zu erwarten sind. Außerdem kritisieren sie Annahmen und Methoden, die automatisch zu den schwärzesten Szenarien führen.

Da wäre etwa der Umstand, daß die möglichen Vorteile einer globalen Erwärmung mit keinem Wort erwähnt werden. Dazu gehören beispielsweise die positiven Auswirkungen höherer CO2-Werte auf manche Agrarpflanzen oder die Vorzüge, die mildere Winter für Nordeuropa bedeuten würden. In diesem Punkt weicht das von den politischen Vertretern genehmigte „IPCC summary”, eine Zusammenfassung der wissenschaftlichen Befunde für Entscheidungsträger, entscheidend von dem Bericht der Experten ab.

Darin wird nämlich ausdrücklich festgehalten, daß die gegenwärtigen Schätzungen die tatsächlichen Kosten des Klimawandels unterschätzen könnten, weil sie extreme Wetterereignisse tendenziell ausblenden, daß sie aber andererseits „positive Folgen des Klimawandels übersehen haben könnten”. Genau dieser Halbsatz fehlt im „summary”. Dort heißt es lediglich, daß die „wirtschaftlichen Schäden wahrscheinlich unterschätzt und die wirtschaftlichen Gewinne überschätzt” würden.

Alarmistische Verzerrung der Klimaprognosen

Des weiteren macht das IPCC zweifelhafte Angaben darüber, wieviel CO2-Emissionen wir denn in Zukunft zu erwarten haben. Deren Zunahme hängt ja einerseits vom künftigen Wirtschaftswachstum ab, andererseits aber auch von der Bevölkerungsentwicklung und nicht zuletzt davon, mit welchen Technologien wieviel Energie mit welcher Effizienz gewonnen werden kann. Überschätzt man das Wirtschaftswachstum, überschätzt man auch den Anstieg der globalen Erwärmung. Doch der IPCC „spezial report on emission scenarios” (SRES) arbeitet bei seinen verschiedenen Szenarien mit fehlerhaften Methoden.

So geht er davon aus, daß sich die Kluft zwischen armen und reichen Ländern rasch schließen wird. Dabei wird schon die Größe der aktuellen Kluft überschätzt, und zwar dadurch, daß man beim Vergleich von armen und reichen Ländern einfach die nominellen Wechselkurse heranzieht und sie nicht, wie unter Ökonomen heute eher üblich, auf Kaufkraft korrigiert. Das führt dann dazu, daß mit enormen Wachstumsraten gerechnet wird, die alle historischen Erfahrungen übertreffen. Tatsächlich beruht aber die Annahme einer schnellen Angleichung der Volkswirtschaften nicht auf empirischen Daten, sondern vielmehr auf Vorstellungen darüber, was denn wohl fair wäre. Das Ergebnis ist eine alarmistische Verzerrung der Klimaprognosen nach oben.

Relativ bescheidene Ziele

Die wichtigsten Schlußfolgerungen in dem Bericht des britischen Oberhauses betreffen aber das Kyoto-Protokoll selbst. Die Ziele der ersten Kyoto-Stufe, die 2012 endet, werden - und das ist unstrittig - die globale Erwärmung kaum beeinflussen. Selbst wenn die Vereinigten Staaten dem Protokoll beiträten, was sie nicht tun werden, würde Stufe 1 den Grad der Erwärmung, die ohne jede Gegenmaßnahme im Jahr 2100 einträte, lediglich um sieben Jahre verzögern. Anders ausgedrückt: In hundert Jahren würde die Erwärmung gerade mal um 0,1oC verringert.

Denn die Ziele bis 2012 sind relativ bescheiden formuliert: Die 15 alten EU-Staaten müssen ihre durchschnittlichen CO2-Emissionen um mindestens acht Prozent unter das Niveau von 1990 senken. Doch schon das könnte ziemlich teuer werden. Für 2050 hat sich die britische Regierung (unter der Bedingung, daß die anderen Länder Ähnliches anstreben) eine Reduktion um 60 Prozent gegenüber 1990 vorgenommen. Überraschenderweise hat aber in der Behörde des Schatzkanzlers noch niemand ausgerechnet, welche volkswirtschaftlichen Kosten dadurch entstehen.

Kein meßbarer Effekt der Stufe 1

Die Verteidiger des Kyoto-Protokolls wenden ein, daß es auf das gesamte System ankomme und daß die Stufe 1 ja nur der erste Schritt auf einem Weg weiterer Verträge sei. Doch es ist unwahrscheinlich, daß selbst die bescheidenen Ziele für 2012 von allen Unterzeichnerstaaten erreicht werden. Werden sie das nicht, so sieht das Kyoto-Protokoll Sanktionen vor: Die betreffenden Länder müssen ihren Fehlbetrag bei Stufe 2 (die erst noch ausgehandelt werden muß) ausgleichen und - als Strafe - eine Reduktion um weitere 30 Prozent erreichen. Da fragt man sich natürlich, ob sich diese Länder dann an einer zweiten Stufe wirklich noch beteiligen werden.

Der Kyoto-Prozeß ist eine bemerkenswerte Übung darin, sich und der Welt etwas vorzumachen. Stufe 1 wird keinen meßbaren Effekt auf die Klimaerwärmung haben. Weder Amerika noch Indien oder China - alles Länder, die zahlreiche neue Kohlekraftwerke bauen und die meisten Treibhausgase produzieren - haben vor, sich an den Stufen 1 oder 2 zu beteiligen. Man muß kein Wirtschafts-Nobelpreisträger sein, um einzusehen, warum das Kyoto-Protokoll in der Liste der realistischen Programme zur Lösung globaler Krisen ganz nach unten rutschen sollte.

Gefährliche Boliden auf andere Bahn lenken

Die Ökonomen haben sich in Kopenhagen nicht näher mit der wissenschaftlichen Analyse des IPCC befaßt. Sie bezweifeln auch nicht den entscheidenden Befund, daß die Klimaerwärmung eine Tatsache und der Mensch dabei ein wichtiger Faktor ist. Ihre Ansichten beruhen vielmehr auf einer Kosten-Nutzen-Analyse. Allerdings haben einige Mitautoren noch zusätzliche Bemerkungen formuliert. Eine davon lautet, daß künftige Generationen wahrscheinlich schlauer und reicher sein werden als wir und daß es sinnlos ist, wenn die heutige Generation für die Lösung der Probleme von morgen bezahlt.

Was aber wäre die bessere, konstruktivere Antwort auf die Herausforderung der globalen Erwärmung? Niemand fordert ja, das Problem zu ignorieren. Auf den ersten Blick scheinen sich Vorsichtsmaßnahmen zu empfehlen, um mögliche Katastrophen zu verhindern, und sei die Wahrscheinlichkeit dafür auch noch so klein. Aber auch hier ist eine Abwägung zwischen Aufwand und Wahrscheinlichkeit am Platze. Wenn ein großer Asteroid die Erde trifft, wird der Schaden mit Sicherheit immens sein; doch die Wahrscheinlichkeit dafür ist so gering und der Aufwand, jeden möglicherweise gefährlichen Boliden vorsichtshalber auf eine andere Bahn zu lenken, so hoch, daß eine solche Vorsichtsmaßnahme irrational wäre. Andererseits: Sind die Kosten nicht unerschwinglich, ist es durchaus sinnvoll, Strategien zur Reduktion der CO2-Emissionen zu verfolgen.

Der nuklearen Option nicht verschließen

Was der Oberhaus-Ausschuß nun vorschlägt, ist ein ausgewogenes Programm aus Verringerung der Emissionen und Anpassung an das Unvermeidliche. Letzteres wurde in der bisherigen Debatte meist vernachlässigt. Denn wenn die Meeresspiegel tatsächlich steigen, flache Küstenregionen bedroht sind und sich das nicht innerhalb einiger Jahrzehnte rückgängig machen läßt, ist es durchaus sinnvoll, Staaten wie Bangladesch in die Lage zu versetzen, Deiche zu bauen, wie die Holländer sie bereits haben. Und Bangladesch wird sich um so besser selber helfen können, je wohlhabender es ist. Tatsächlich ist das ja die Überlegung hinter dem Kopenhagener Konsens: Falls die reichen Staaten es schaffen, mit den Problemen fertig zu werden, dann helfen Maßnahmen zur Verringerung der Armut den armen Ländern, es ihnen gleichzutun.

Da zumindest die wissenschaftlichen Befunde des IPCC ernst zu nehmen sind, muß die Verringerung der Treibhausgase in der Tat hohe Priorität behalten. Das britische Oberhaus setzt allerdings nicht auf das Rezept der Regierung, welche das größte Gewicht auf erneuerbare Energiequellen, insbesondere auf die Windenergie, legt. Statt dessen wird eine Kohlenstoff-Steuer vorgeschlagen, um Marktanreize dafür zu schaffen, Technologien zu entwickeln, die kein CO2 emittieren. Des weiteren sollte man sich auch der nuklearen Option nicht verschließen und zumindest die bestehenden Kernkraftwerkskapazitäten erhalten.

Möglichst rasche technische Entwicklung

Die wichtigste Empfehlung der Lords zielt darauf ab, sich auf die Forschung zu konzentrieren. Kritiker werden einwenden, das sei genau die Strategie der Vereinigten Staaten, die viele als das Haupthindernis für eine umfassende internationale Zusammenarbeit in Fragen des Klimawandels ansehen. Glaubt man den Umweltaktivisten, dann war der G-8-Gipfel ein Triumph für Bush. Aber vielleicht sollte man den Gipfel eher als Triumph des Realismus über die Illusion ansehen. Selbst wenn wirklich etwas damit gewonnen wäre, daß die Entwicklungsländer ihr eigenes Wirtschaftswachstum im Interesse der Zukunft des Planeten drosseln - sie werden es niemals tun. Nichts wird China und Indien abhalten, neue Kohlekraftwerke zu bauen.

Die Lösung kann daher nur in einer möglichst raschen technischen Entwicklung liegen. Doch es sind gerade die Vereinigten Staaten und nicht etwa Großbritannien oder Europa, die intensiv in neue Technologien wie die Versenkung von Kohlenstoffdioxyd oder Transportsysteme auf Wasserstoffbasis investieren. Eine internationale Vereinbarung über neue Technologien und ihre Verbreitung wäre eine effektivere Antwort auf den Treibhauseffekt als der Kyoto-Prozeß mit seinen Sanktionen.
Aus dem Englischen von Ulf von Rauchhaupt.

Lord Dick Taverne veröffentlichte im März dieses Jahres „The March of Unreason - Science, Democracy and the New Fundamentalism” (Oxford University Press 2005). Sein hier abgedruckter Text ist die gekürzte Fassung eines Essays, der in der Augustausgabe des Magazins „Prospect” erschien.

Nächste Woche: Klaus Töpfer antwortet auf Dick Taverne.

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 28.08.2005, Nr. 34 / Seite 57
Bildmaterial: picture-alliance / dpa/dpaweb  

129861 Postings, 7667 Tage kiiwiiHeilige Katharina

 
  
    #97
29.08.05 10:03




MfG
kiiwii
Was hört man Neues von der SPD ?  

13393 Postings, 7654 Tage danjelshakesieht echt geil aus so'n sturm

 
  
    #98
1
29.08.05 10:43
naja wenigstens trifft es die, die es am meisten verdient haben.
genug zeit zum evakuieren war ja gegeben.

mfg ds  

36845 Postings, 7728 Tage TaliskerEin Letztes für 54reab,

 
  
    #99
30.08.05 16:41
dann is Schluss, versprochen. Sonst hängt hier am Thread noch das Schild "Wegen Überfüllung geschlossen".


"Immer häufiger heftigere Hurrikane"
Risikoexperte Anselm Smolka über den Zusammenhang von Treibhauseffekt und Wirbelstürmen

taz: Vor 15 Jahren prophezeite ein Teil der Wissenschaft eine Zunahme von Häufigkeit und Heftigkeit der Hurrikane. Grund dafür: der Klimawandel. Geglaubt haben das damals die wenigsten. Haben die Forscher Recht?

Dr. Anselm Smolka: Tatsächlich haben sich in den letzten Jahren sowohl Häufigkeit als auch Heftigkeit der Hurrikane deutlich erhöht. Das Jahr 2004 war wegen einer ungewöhnlichen Häufung von Wirbelstürmen das teuerste Jahr in der Geschichte der Versicherungswirtschaft. Und die diesjährige Hurrikansaison begann mit "Dennis" im Juli sehr früh und sehr kräftig.

Andere Wissenschaftler behaupten: reine Klima-Panikmache. Häufigkeit und Heftigkeit gehorchen gewissen Zyklen. Und jetzt ist eben die heftige Zeit in diesem Zyklus dran. Was halten Sie davon?

Da ist etwas dran. Tatsächlich gibt es diese Aktivitätszyklen. Die sind etwa 30 Jahre lang. Die letzten drei Zyklen sind auch mit so vielen Daten belegt, dass man damit wissenschaftlich arbeiten kann. Und da merkt man eben, dass ein anderer Effekt den Zyklus überlagert: der Klimawandel.

Kann man den beziffern?

Das ist natürlich nicht ganz leicht. Wenn man aber die aktuelle Hochphase des Zyklus mit der Hochphase des letzten Zyklus vergleicht, ergibt sich eine Zunahme um dreißig Prozent. Diese Zunahme muss der ungehemmten Treibhausgasemission zugeschrieben werden.

Womit wollen Sie denn das belegen?

Ganz einfach: mit Statistik. Die belegt die Zunahme von Häufigkeit und Heftigkeit. Und das spiegelt sich in der so genannten Nordatlantische Oszillation wider: Sie steht im Zusammenhang mit der Oberflächentemperatur des Atlantiks, die in den letzten Jahren immer weiter gestiegen ist. Höhere Oberflächentemperaturen führen häufiger zu heftigeren Hurrikanen.

Müssten dann die USA nicht dringend Klimaschutz betreiben?

Die jüngste Flut hier, die Hurrikane dort - wissenschaftlicher Konsens ist, dass der menschengemachte Einfluss schon heute spürbar ist. Insofern müssen alle dringend mehr Klimaschutz betreiben.

Das sagt ausgerechnet ein deutscher Konzern. Ihr Bundesverband, der BDI, meint dagegen: Klimaschutz kostet Wirtschaftswachstum und Standortvorteile. Wer hat Recht?

Dass die Reduzierung der Treibhausgasemission der wirtschaftlichen Entwicklung schadet, ist ein Kurzschluss. Das Gegenteil ist der Fall: Erst die Entwicklung neuer, klimafreundlicher Technologien wird der deutschen Wirtschaft einen Schub versetzen. Deren Wachstum liegt primär doch nicht in einer quantitativen Expansion, sondern im Erschließen neuer Geschäftsfelder. Und dieses Geschäftsfeld ist ein unglaublich zukunftsträchtiges: Irgendwann werden die Ereignisse allen begreiflich machen, dass sie in Klimaschutz investieren müssen.

Wenn das so klar ist: Wieso gibt sich der BDI dann so borniert?

Ich möchte das nicht kommentieren. Aber die deutsche Wirtschaft ist ja auch bei uns Kunde. Und sie können sicher sein: Wir beraten unsere Kunden gern.

Logisch: Sie als Schadensversicherer leiden ja unter dem Klimawandel.

Oh, wir als Konzern können mit dem Klimawandel ganz gut leben: Natürlich sind wir mit einem steigenden Schadenstrend konfrontiert. Andererseits bringt der aber auch neue Geschäftsfelder, neue Versicherungsprodukte mit sich. Für uns bringt tätiger Klimaschutz genauso viele wirtschaftliche Chancen mit sich wie unterlassener Klimaschutz.

INTERVIEW: NICK REIMER

taz Nr. 7755 vom 30.8.2005, Seite 3, 98 Zeilen (Interview), NICK REIMER



ANSELM SMOLKA, 55, ist stellvertetender Leiter der GeoRisikoForschung des weltgrößten Rückversicherers Münchener Rück

taz Nr. 7755 vom 30.8.2005, Seite 3, 5 Zeilen (Portrait)  

8051 Postings, 7916 Tage RigomaxDie größten Hurrikane des letzten Jahrhunderts

 
  
    #100
31.08.05 00:50
in den USA.
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,372090,00.html
Die Zahl der Toten bezieht sich auf die USA. Zusätzlich gab es Tote in den Ländern der Karibik.

1900: Galveston. 8000 bis 12000 Tote.
1915: Galveston. 275 Tote,
1919: Florida Keys. Kategorie 4. 600 bis 900 Tote.
1926: Miami. Kategorie 4. 243 Tote.
1928: Okeechobee-See (bei Palm Beach, FL): 1836 Tote.
1935: "Labor Day Hurricane", Florida Keys. 408 Tote.

1957: "Aufrey", Südwesten Lousianas und Nordtexas. 350 Tote.
1965: "Betsy", Kategorie 3, Louisiana und Florida, 75 Tote,
1969: Camille, Kategorie 5, Mississipi, Virginia, Louisiana. 256 Tote.

1992: "Andrew", Kategorie 5, 26 Tote.
1999: "Floyd", Kategorie 2, North Carolina, 56 Tote.
2004: "Ivan", Südosten der USA, 22 Tote.

Die Liste zeigt deutlich, daß es schwere Hurricanes auch schon früher gegeben hat. Eine signifikante Steigerung in den letzten Jahren kann ich nicht erkennen.  

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