Ich lese gerade ...
In beiden Romanen geht es um Quantensprünge in der Zeit. Wobei die Zeh das aufdringlicher und Krimi-kurzatmiger tut als Powers. - Überhaupt spielt Richard Powers in einer ganz anderen literarischen Liga.
Zeh's Roman gefiel mir nicht sonderlich. Darum will ich darüber nicht viel Worte verlieren.
Der Klang der Zeit war für mich hingegen ein wunderbarer Roman.
Im Kern ist das Buch eine episch erzählte Familiensage aus den Zeiten des afroamerikanischen Rassismus in den USA zwischen 1930 und 1980.
Das Buch ist wunderbar auf Deutsch zu lesen, das Übersetzer-Ehepaar Allie habe ich im Kopf gespeichert, von denen würde ich gerne noch einen "übersetzten Roman" lesen.
Powers nimmt sich wie bei Echo der Erinnerung sehr viel Zeit für seine Figuren. Aber Der Klang der Zeit ist mehr Epos als Psychogramm. Eine breit angelegte Familiensaga. Powers zeigt sehr viel Empathie für seine Figuren. Das erstaunt umso mehr, da die Protagonisten Afroamerikaner sind (Powers ist es nicht), die allerdings weißes, deutsch-jüdisches Blut in sich tragen. Diese Stigmatisierung des deutsch-jüdischen Mulatten, der sich seine Nation erst selber suchen muss, weil seine auf keiner Weltkarte eingezeichnet ist, ist das eigentliche Thema des Buches. Wie ist ein gemeinschaftliches Zusammenleben unter den Bedingungen der Rassen-Hass-Unruhen in Zeiten Martin Luther Kings und Malcolm X möglich?
Erst mit der Multi-Kulti-Musik des aggressiven Hip Hops scheint eine Anerkennung des Schwarzseins bei den Weißen angekommen zu sein (zumindest scheint das die Sicht vieler Schwarzer zu sein).
Das Denken von Zeit in der Relativitätstheorie bleibt als narratives Stilmittel (von der Gegenwart überlagerte Parallelzeiten) und thematischer Nebenschauplatz vorhanden; ist aber nie allgegenwärtig im Buch.
Powers ist immer am reflexiven Gewahrwerden interessiert: Jede Szene wird kommentiert, nie steht eine Szene als Handlungserlebnis allein da, immer passiert etwas, was man nicht sehen kann. Man muss also etwas Geduld aufbringen und auch manchmal Wiederholungen, die wichtig für das Erleben von Zeit sind, hinnehmen können. Diesen Roman in Intervallen von 10 Seiten am Tag zu lesen, kann ich mir schlecht vorstellen, weil manche Szenen sich dreißig Seiten lang oder länger hinziehen. Aber dafür vergisst man sie nach dem Zuklappen nicht wieder,
Noch eine Anmerkung zum Titel: Eine wortwörtlichere Übersetzung wie z.B. "Als wir gemeinsam sangen" hätte ich besser besser und zutreffender gefunden als das spröde hauptwortlastige "Der Klang der Zeit". Denn im Roman wird viel gemeinsam gesungen. Und wenn von Musik die Rede ist, dann fast immer nur von Musik als Gesang, als gemeinschaftlicher sinnstiftender und eine Identität verleihender Gesang.
"Als ich mich das erste Mal verliebte, war ich in England, und da ist die Rinderseuche ausgebrochen. Als ich mich das zweite Mal verliebte, war ich in China, und da ist die Vogelgrippe ausgebrochen. Und drei Jahre später war ich das erste registrierte Opfer der Schweinegrippe. Sollte ich je wieder Symptome von Verliebtheit zeigen, musst du sofort die Gesundheitspolizei verständigen, versprich mir das."
Gegen das Verlieben kämpft Benjamin Lee Baumgartner einen aussichtslosen Kampf. Diese Seuche bringt ihn um den Verstand. Mit Kopfverdrehen fängt es an. Mit Gehirnerweichung geht es weiter. Und das Schlimmste daran: Der Patient infiziert auch noch seinen Autor. Vorsicht, höchste Ansteckungsgefahr!
Umberto Eco: Der Friedhof in Prag
entliehen und fange eben damit an.
Eine Art historischer Krimi, beginnend in Paris im März 1897
Der ERzähler entdeckt einen Trödel-Laden, geht von Raum zu Raum und schaut einem
Tagebuchschreiber über die Schulter.
Er erlebt Gedanken, Verwicklungen....
schon die ersten Seiten sind faszinierend....
Dank diverser Buchempfehlungen hier hab ich den Bücherhalle am Samstag leicht ins Staunen versetzt mit meiner Nachfragen nach diversen Titeln, die derzeit entweder nicht im Bestand sind, oder entliehen oder nur über Fernausleihe zu kriegen sind....
Daher bin ich dann erstma auf Umberto Eco "ausgewichen" und amüsiere mich mit seinen Charakteristiken diverser Nationalitäten (Engländer, Deutsche, Italiener) in oben aufgefürtem Buch....
Meine Konzentration wird gefordert, - macht Spaß
werd' ich mir bestimmt nochmal antiquarisch zulegen ...
(immer wieder nehm' ich's mir vor;-)
seit locker 20 J. vergriffen,
& meine Taschenbuchausgabe - (von wem auch immer damals:-)
nicht mehr zurückbekommen ...
Mir gefällt sein bedächtiger & genauer Blick,
viele seiner restlichen Bände stehen im Bücherregal,
aber der vergriffene Tintenfisch gefiel mir am besten :-))
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Der olle Umberto hat damals aber auch was losgetreten,
mit seinen "alten Handschriften",
hab' sein 'Rosennamenbuch' damals im Erscheinungsjahr zum Burzltag bekommen :-)))
Die guten Bücher kann man ja auch öfter lesen ...
Die gebundene Ausgabe von Stanislaw Lem, "Der Schnupfen"
aus dem Verlag 'Volk und Welt', Berlin ...
Mitbringsel von einem unserer vielen, regelmäßigen Besuche 'drüben', als es die große Mauer noch gab.
Klappentext:
"Unter dem Decknamen Decknamen George L. Simpson fliegt John, Anfang Fünfzig, ehemaliger Astronaut, im Auftrag einer New Yorker Detektiv-Agentur nach Europa, um an der Aufklärung von elf mysteriösen Todesfällen mitzzuwirken.
Er ist allerdings nicht als Detektiv engagiert - eher als eine Art Testperson :
er soll die letzten Tage eines der Opfer nachleben, dem er in Alter und Aussehen ähnelt (und nicht nur darin: wie das Opfer leidet er an Heuschnupfen).
Sein Astronautentraining, das ihn befähigt, Gefahren blitzschnell zu erkennen und darauf zu reagieren, läßt John für diese Aufgabe besonders geeignet erscheinen.
...
... macht Lems moralisches Anliegen deutlich: die Warnung vor unbekannten Auswirkungen modernster Techniken auf den Menschen und seine Umwelt.
"Der Schnupfen", dessen Idee Lem viele Jahre mit sich herumtrug, bis er das Buch schrieb, belegt wieder einmal die Vielseitigkeit des polnischen Autos, dessen skala vom wissenschaftlichen Essay über das Fernsehspiel bis zum Roman reicht und der nicht zuletzt deshalb im Juli 1976 für sein literarisches Schaffen den Staatspreis erster Klasse erhielt."
Klappentext Ende.
Ein schmales Buch, mit seinen 202 Seiten,
aber lesenswerte Literatur :-))
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... liegenlassen
... manche noch länger liegenlassen
... und WIEDER lesen
... und übersehene/überlesene Qualitäten kommen neu zum Vorschein....
... hier komme ich auf verborgene Schätze, daß mir meine Zeit zum Lesen gar nicht ausreicht....
Danke in die Runde für die tollen Anregungen !
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" (immer wieder nehm' ich's mir vor;-) " , Zitat aus 556
Sich ein Buch zum ENT-schleunigen zuzulegen,
scheitert eben manchesmal in BE-schleunigten Zeiten ...
... zumindest, wenn man (ich) dem Buch gerecht werden will !!
lg,
gaertnerin
Aber noch einmal würde ich sie nicht lesen wollen - heute bin ich in vielem bedächtiger als damals und brauche daher eine bedächtige Literatur zum Ausgleich meines unsteten Lebens nicht mehr...
Aber schön, dass er noch gelesen wird ...
Ja, die "Eugen Rapp" - Bände hab' ich auch.
War damals aber vielleicht sogar zuu unstet ;-)
Bin irgendwann mal stecken geblieben:
Geht gar ned, hab' da also -irgendwann- nochmal was vor (
-wenn ich dann mal alt bin ;-)).
Was mich faszinierte, neben der Erzählweise,
ist die unglaublich klare & präzise Sicht auf die Dinge.
z.B. die Begegnung im Dürrmenzer Vaterhaus
mit dem alten & verschrobenen Warmbronner Bauern-Dichter Christian Wagner
(wird wahrscheinlich im ersten Band gewesen sein, erlebte er noch als Kind)
so, bin dann mal draußen,
bei dem schönen Wetter.
Als kleinen Ausschnitt ... über die Deutschen:
"... Der Deutsche lebt in einem Zustand permanenter Verdauungsbeschwerden wegen seines exzessiven Bierkonsums und jener Schwseinswürste , mit denen er sich vollstopft.Ich habe sie gesehen, eines Abends, während meiner einzigen Reise nach München, in einer von jenen Schenken, die an profanierte Kathedralen erinnern, verraucht wie ein englischer Hafen, nach Speck und schweinefett riechend, wie sie da dicht an dicht nebeneinandersitzen, sogar je zwei und zwei, sie und er, die Hände fest um jene Bierhumpen geklammert, die jeder allein den Durst einer Herde Dickhäuter stillen würden, Nase an Nase in einem tierischen Liebesdialog, wie zwei Hunde, die sich beschnuppern, mit ihrem brüllenden Gelächter, ihrer trüben gutturalen Heiterkeit, Gesichter und Leiber glänzend von einem immerwährenden Fett, das sie salbt wie das Öl die Haut der antikenn Gladiatoren....."
Es geht noch ein gutes Stück weiter....
Satire pur.
Mal schaun, wieweit ich komme ....
Teilweise sehr erfrischend, teilweise etwas zäh - andererseits hats bei mir eine historische Lücke (19.Jhdt) geschlossen, weshalb allein deshalb sich das Lesen schon gelohnt hat.
näheres weiter hinten bei #416
Meine Ungeduld muß ich wohl noch ein bißchen bearbeiten, beim Bücherlesen und hier im thread...
:--)))
hier eine Leseprobe:
http://bilder.buecher.de/zusatz/23/23802/23802161_lese_1.pdf
Das Bonus-Geheimni und andere Geschichten aus der Business Class
kurze Glossen zur Entspannung
schon2009 im Diogenes Verlag erschienen
von Bettina Wild
Ich zitiere daraus eine kurze Passage
" Ibrahim Fedel (der Vater von Rafik Schami) erkennt und fördert die poetische Begabung seines Sohnes, indem er einen Vers rezitiert und Suheil (der Sohn Rafik) darauf einen Vers aus dem Gedächtnis vorträgt, dabei aber beachten muß, daß das erste Wort mit dem gleichen Buchstaben beginnt, mit dem der Vers des Vaters endet."
Da spotte noch jemand über die Wortketten und -spielereien hier im Forum!
Der Roman spielt während des ersten Weltkrieges in Italien und in der Schweiz. Ein amerikanischer Samitäter will bei den Italienern erfahren, was Krieg ist.
Faustpfand des Buches ist natürlich das Alter Ego Hemingways. Ein jovialer, menschenfreundlicher Typ, der fast alles, was in seinem Leben gerade passiert, mit Adjektiven wie großartig, herrlich, fabelhaft, hervorragend beschreibt. In seiner zupackend, geduldigen Art schert er viele Menschen um sich, die ihn einfach nur gern haben. Selbst die Menschen, die ihn hassen - alte Jungfern vornehmlich - begegnet er nach außen hin diplomatisch, von innen her aber taub: Ihr könnt mir alle den Buckel runterrutschen, ich mache ja doch was ich will; aber dafür brauche ich euch manchmal, also bin ich weiterhin nett zu euch.
Zurück zu diesen Adjektiven großartig herrlich etc. (meistens ist es das Wort großartig): Vor allem schmücken diese Worte natürlich der Geschmack von Alkohol und seine Geliebte Catherine. - Ein großartiger Wermut ist das - Schatz, du bist großartig. -
War Hemingway da unbeholfen, oder war dies ein literarischer Trick? - Ich vermute letzteres. denn am Ende des Buches, als das, was er am meisten neben dem Alkohol liebt, seine Geleibte Catherine, im Sterben liegt, steigern sich diese Lobpreisungen noch exponentiell - sie werden zu dem einzigen Strohalm, der ihm im Leben noch bleibt. Aber diesmal kommen diese Worte nicht mehr als manischer Charmeur-Tick eines Religionslosen und coolen Machos rüber, sondern es spricht die pure Verzweiflung aus ihnen. Diese Transformation, die das Aussprechen solcher Lobpreisungen im Augenblick der Katastrophe in dem Buch erfährt, ist das, was mich am Ende doch ziemlich aufgerüttelt hat.
Warum er als Amerikaner im europäischen Krieg für die Italiener mitmischt: kein Wort fällt darüber. Der Protagonist weiss es nicht. Später soll Hemingway mal von sich gesagt haben: "Ich war ein Tölpel".