wien (mar/APA). Beim Blick auf die derzeitige Situation von Infineon Österreich gibt es für heimische Unternehmen Grund zur Hoffnung, und zwar über die Elektronikbranche hinaus. Halbleiterhersteller wie Infineon gehören nämlich traditionell zu den sogenannten „Frühzyklikern“: Sie reagieren deutlich früher als andere auf Schwankungen des Marktes, und sie sind entsprechend auch unter den Ersten, die eine Aufhellung spüren.
Zusammen mit seinem deutschen börsenotierten Mutterkonzern hat Infineon Technologies Austria ein äußerst turbulentes Jahr hinter sich: eine umfassende Branchenkrise, Auftragseinbrüche, Kurzarbeit und Übernahmespekulationen. Inzwischen ist die Kurzarbeit in Deutschland sowie bei Infineon Österreich in den Standorten Villach, Klagenfurt, Graz, Linz und Wien beendet. Nach dem Abbau von rund 300 auf derzeit rund 2550 Mitarbeiter sind keine weiteren Stellenstreichungen geplant.
Grund dafür ist die seit einigen Monaten stark anziehende Nachfrage. So spricht Infineon-Chef Peter Bauer bereits von einer „Aufholjagd“. Einige Bauteile seien so begehrt, dass sie per Expressfracht befördert werden müssten. Der Halbleiterbranche stünden drei bis vier positive Jahre bevor, so der Chef des zweitgrößten Halbleiterherstellers Europas gegenüber dem „Handelsblatt“. Auch Monika Kircher-Kohl, Vorstandsvorsitzende von Infineon Österreich, berichtet von einer rasch steigenden Nachfrage und einer vollen Auslastung am Hauptsitz in Villach.
Geringe Auslastung
„Die Halbleiterbranche hat die Krise über weiteste Strecken hinter sich und gibt wieder Wachstumsprognosen heraus“, sagte Kircher-Kohl am Mittwoch in Wien. Der Aufschwung in diesem Sektor sei nach zwei positiven Quartalen in Folge nachhaltig. Für den gesamten Konzern erwartet sie im laufenden Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum von zehn Prozent, davon mehr als eine Mrd. Euro bei Infineon Österreich.
Weniger positiv fällt der Rückblick auf das abgelaufene Geschäftsjahr aus. So war insbesondere der Villacher Standort, der vor allem Halbleiterchips für die Automobilbranche und für Industrieelektronik fertigt, massiv von den Einbrüchen bei den Autoherstellern betroffen: Die Auslastung lag hier teilweise bei nur 35 Prozent, im Geschäftsjahr betrug das durchschnittliche Fertigungsvolumen rund 55 Prozent im Verhältnis zum Vorjahr. Ab April führte Infineon Österreich für sechs Monate Kurzarbeit ein, konnte sie jedoch ab August schrittweise wieder zurücknehmen.
Das spiegelt sich auch in den Kennzahlen wider. Der Umsatz der österreichischen Tochter sank um 25 Prozent auf 903,2 Millionen Euro. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit hat sich mit 36 Mio. Euro fast halbiert. Die Investitionen gingen von 57,1 auf 50,7 Mio. Euro zurück.
Trotz der aktuell steigenden Nachfrage will Infineon vorerst keine Neueinstellungen: „Wir werden vorsichtig bleiben“, erklärte Kircher-Kohl. Stattdessen setzt das Unternehmen auf rund 980 ständige externe Mitarbeiter, rund 340 davon Zeitarbeiter.
Angesichts der wachsenden Konkurrenz aus Asien will das Unternehmen an den heimischen Standorten weitere Forschungskompetenzen bündeln und Hochqualifizierte nach Villach locken. Die Akademikerquote beträgt heute nach Unternehmensangaben 40 Prozent, etwa 960 von insgesamt 2550 Mitarbeitern sind in der Forschung und Entwicklung tätig. Neben Technologien für die Erzeugung erneuerbarer Energie sind künftige Schwerpunkte Energieeffizienz (Industrie und Automotive), Sensorik (etwa Automobilhersteller) und Sicherheit (Biometrische Pässe).
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2009)