Der Aufstand wird zum Flächenbrand !
Werden sie angebetet?Die Füsse geküsst?
Gibt es keinen Preis für das meiste Diktatorengeld?
Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat keine Orden zu vergeben!
Das ist so.
Die Schweizer Banker arbeiten aber auch ohne diese
äusserst erfolgreich.
Siehe DB-Boss Josef Ackermann.
Das wäre dann aber eine Belastung an
Board, wenn wir in jedem Posting von
satyr, diesen Orden angefügt bekämen.
Schöne Grüsse aus Zürich
quantas
(Daß man sowas überhaupt als "Schnalle" bezeichnet....)
MfG
kiiwii
?Nun bekommen wir die Quittung?
Der französische Kommunalpolitiker Xavier Lemoine über die Ausschreitungen in Clichy und die Krawalle im ganzen Land
Jean-Marie Dumont
Herr Lemoine, waren Sie überrascht, als am 27. Oktober in Clichy die gewalttätigen Unruhen ausbrachen?
Lemoine: Nein. Seit einigen Monaten schon schwelten Spannungen in diesen Vierteln. Der Tod zweier Jugendlicher war genau der Funke, um das Pulverfaß zum Explodieren zu bringen.
Es bestanden schon Spannungen zwischen Jugendbanden und den Ordnungskräften?
Lemoine: Es gab ständige Spannungen, sei es innerhalb der Gemeinschaften oder gegenüber den staatlichen Institutionen und gewissen Bevölkerungsteilen.
Mittlerweile haben die Krawalle in Clichy Unruhen im ganzen Land ausgelöst.
Lemoine: Wir haben hier im Raum Paris drei Wellen der Gewalt beobachtet. An den ersten Abenden sind die 14- bis 20jährigen auf die Straße gezogen. Danach folgten die 20- bis 30jährigen. Diese Täter sind nicht nur älter, sondern auch weniger zahlreich, dafür mobiler. Sie bewegen sich in kleineren Gruppen ? was nicht heißen soll, daß die Zerstörungen weniger schwerwiegend waren. Bei der dritten Wellen haben wir es nun mit überaus mobilen Gruppen zu tun, die sich im Auto fortbewegen und in der Lage sind, Autos sehr schnell in Brand zu stecken ? mit Hilfe von Waffen, die sie offenbar selbst hergestellt haben. Da wäre zum Beispiel eine Art Kugel, die nicht explodiert, wenn man sie aber unter ein Auto plaziert, fängt es sofort Feuer.
Wie kommunizieren diese Personen untereinander? Handelt es sich um ein organisiertes Netzwerk?
Lemoine: Es wäre illusorisch zu glauben, daß ein einziger Kopf das Ganze dirigiert. Doch diese Formlosigkeit hat eine Form, die durch das Ereignis entsteht. Zum Beispiel: Eine Tränengasgranate wurde in der Nähe einer Moschee abgeschossen, daraufhin verbreiteten alle Jugendlichen, die sich im Viertel aufhielten, etwa in den Restaurants und Kneipen, die Nachricht über ihre Mobiltelefone. So wird ein Lauffeuer in Gang gesetzt, das von sehr schnellen Mobilisierungs- und Verbreitungsmöglichkeiten zeugt.
Wer sind diese Jugendlichen?
Lemoine: Es sind ganz unterschiedliche Menschen. Von der sozialen Lage einmal abgesehen herrscht bei ihnen aber ein allgemeines Ressentiment gegenüber den französischen Institutionen vor. In einigen Fällen sind es Personen, die die französische Sprache auf hoher semantischer und dialektischer Ebene beherrschen.
?Da entsteht die Vorstufe ethnischer Milizen?
Was motiviert sie zu diesen Gewalttaten?
Lemoine: Seit Jahren lassen wir eine Kluft immer größer werden, und zwar mit Hilfe des Wortes ?Integration? ? das alles und nichts heißt. Man meint, bei den Bürgern Verantwortungsbewußtsein zu wecken, indem man ihnen immer mehr Rechte gibt. 25 Jahre lang hat man das Recht auf Differenz propagiert. Dem setzt die französische Gesellschaft jetzt das Recht auf Indifferenz, auf Gleichgültigkeit entgegen. Indem wir die Idee vermittelten, daß alles gleichermaßen gilt, daß allem derselbe Wert beizumessen ist, haben wir diese Jugendlichen in ihren vielfältigen und unterschiedlichen Partikularismen bestärkt. Wir haben vergleichsweise niedrige Anforderungen an sie gestellt. Seit langem bildet sich infolge dessen ein ausgeprägtes Opferbewußtsein heraus: Der Kolonialismus ist schuld, die Armut, der Liberalismus, der Westen, der Kapitalismus, der Große Satan. Dies ist die Kultur, mit der wir diese Jugendlichen umgeben haben. Gleichzeitig haben wir zu erkennen gegeben, daß die Gesellschaft mit ihnen eigentlich nichts anfangen kann. ? Nun bekommen wir die Quittung dafür, daß wir dreißig Jahre lang bestimmte Fragen nicht stellen wollten oder sie, wenn sie doch gestellt wurden, nicht beantworten wollten.
Manipulieren die Rädelsführer mittels dieser Ressentiments?
Lemoine: Eine solche Manipulation existiert durchaus. Vor allem aber glaube ich, daß die Jugendlichen sich selber manipulieren. Sie sind Opfer. Ein Opfer manipuliert sich ganz alleine. Es hat niemals schuld. Schuld hat immer der andere. Dem Opfer mangelt es stets an irgend etwas. Niemals wird die Frage gestellt: ?Und ich, worin liegt mein Teil der Verantwortung an dem, was mir zustößt??
Welcher Zusammenhang besteht zwischen den derzeitigen Ausschreitungen und dem Islam als Religion?
Lemoine: Zweifellos haben muslimische Kulturverbände auf die eine oder andere Weise eine bedeutende, um nicht zu sagen herausragende Rolle gespielt. Sie haben sich einerseits um eine Beruhigung der Situation bemüht, zum anderen die Gewalt zu rechtfertigen versucht ? der Diskurs des Opferbewußtseins. Eine große Mehrheit derer, die zur Mäßigung aufgerufen haben, handelte aus ehrlicher Überzeugung. Doch bei einigen bin ich nicht sicher, ob es sich nicht um eine taktische Haltung handelt. Mit anderen Worten, sie halten die Stunde für noch nicht gekommen, in der sie sicher sein können, die Festung einzunehmen. In Montfermeil gibt es mehrere muslimische Glaubensstätten und Verbände. Diese Gemeinden haben Ordnungsdienste, die eingeschritten sind, um die Ruhe wiederherzustellen, wie ?große Brüder?. Die Bürgermeister sind sich der Gefahr bewußt, die sich aus dieser Lösung ergibt, und über dieses Thema wird eine Debatte geführt. Denn manche sind der Meinung, es müsse nicht nur eine Rückkehr zur Ordnung stattfinden, sondern sie müsse zudem mit den Mitteln der Republik herbeigeführt werden ? und nicht mit Hilfe der muslimischen Verbände. Die anderen sehen keine andere Möglichkeit, als die ?großen Brüder? zu mobilisieren. Angesichts der allgemeinen Erregung ist diese Reaktion verständlich, angemessen ist sie nicht. Ich persönlich meine, daß es Aufgabe der Polizei ist, den Erhalt der Ordnung sicherzustellen. Ich bin kein Befürworter des ?große Brüder?-Systems, das eine Vorstufe ethnischer Milizen darstellt.
Wie funktioniert dieses System?
Lemoine: Es besteht darin, daß man die ältesten Söhne von Familien aus den betroffenen Orten damit beauftragt, durch ihre Autorität über die Jüngeren für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Es tut mir leid, aber ich meine, daß ein Kontrolleur der öffentlichen Verkehrsbetriebe in der Lage sein muß, seine Arbeit in den Banlieues genauso wie in Paris zu machen. Es geht nicht an, daß große Brüder die Aufgaben von Kontrolleuren oder Polizisten übernehmen. Der Vorstellung, daß Ordnung herrsche, sobald die Polizei oder die Repräsentanten des Staates sich nicht blicken lassen, habe ich stets widersprochen. Jedoch hat diese Vorstellung viele Fürsprecher ? in der Städtepolitik galt das ?große Brüder?-System lange Zeit als Allheilmittel. Dabei ist eine solche Argumentation extrem gefährlich.
?Unsere Vorstädte: Ein Ghetto neben dem anderen?
Kommt es zur Ghettobildung und Entstehung von Parallelgesellschaften? Haben diese Phänomene mit der Struktur des städtischen Raums zu tun?
Lemoine: Unsere Vorstädte bestehen aus einem Ghetto neben dem anderen. Zunehmend bilden sich Parallelgesellschaften, die autark organisiert sind. Die Verstädterung ist sehr ausgeprägt, allerdings findet dieser Prozeß auch in anderen Städten statt, ohne Gewalttaten auszulösen. Die Probleme am Fuß eines Hochhauses rühren nicht daher, daß das Hochhaus zehn Stockwerke hat. Einigen wir uns darauf, daß dies verschärfend hinzukommt, wenn die soziale Situation sich verschlechtert. Es gilt energisch einzugreifen, um wieder einen Wohnraum zu schaffen, der dem menschlichen Maßstab gerechter wird. Ich stimme da völlig mit den Zielen des Ministers für Arbeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Wohnungsbau, Jean-Louis Borloo, zur städtischen Erneuerung überein. Allerdings ausreichend ist das noch nicht. Tatsächliche Änderungen können meines Erachtens nur im kulturellen Bereich stattfinden. Alles andere ? Bildungspolitik, Stadtentwicklung etc. ? ist wie gesagt wichtig, reicht aber nicht aus.
Können Sie das genauer erläutern?
Lemoine: Die französische Gesellschaft, so wie sie geschichtlich gewachsen ist ? bildet sie den Bezugsrahmen für die Bevölkerungsschichten, die in diesen Vororten leben? Wird sie nicht vielmehr in Frage gestellt oder gar abgelehnt, was zu einer Abschottung vom Rest der Gesellschaft führt? Dabei hat die französische Gesellschaft 1.500 Jahre der Kultur, der Geschichte zu bieten. Sie hat etwas zu sagen und zu lehren.
?Wir sind in Frankreich, nicht in Timbuktu?
Glauben Sie, daß die Integrationspolitik insgesamt gescheitert ist?
Lemoine: Ich bin nicht sicher, ob wir diesen Jugendlichen die Gründe vermittelt haben, Frankreich zu lieben. Durch das ?Unterschichtsfernsehen? oder durch die allgegenwärtige Werbung, die für strenggläubige Jugendliche oft schockierend ist, bringt man sie nicht dazu, Frankreich zu lieben. Je mehr solche Klischees sich verbreiteten, desto mehr mußte die Kultur, aus der diese Jugendlichen stammten, ihnen als eine mögliche Zuflucht erscheinen ? zumindest als der Dekadenz vorzuziehen, die sie um sich herum wahrnehmen. Was haben wir ihnen gegeben, das sie lieben können? Der menschliche Wert dieser Jugendlichen ist unanfechtbar. Es geht nicht darum, ihn zu mindern. Ob es uns jedoch gefällt oder nicht, wir sind in Frankreich. Wir sind nicht in Timbuktu oder in Sydney. Wir sind in Frankreich, einem Staat, der von einer Kultur geformt worden ist. Dieser Kultur ist es im Falle aller Migrationen, die Frankreich erlebt hat, gelungen, das aufzunehmen, was sie aufnehmen wollte, und zurückzuweisen, was sie zurückweisen wollte. Man kann uns nicht eine Weltsicht aufzwingen, die nicht die unsere ist. Die Forderung nach völliger Autonomie entspricht nicht der Tradition Frankreichs. Die angelsächsische Tradition kennt eine andere Entwicklung: das Nebeneinander der Gemeinschaften, die sich zunächst von innen organisieren und dann über das Zusammenleben zwischen den verschiedenen Gemeinschaften nachdenken. Das ist nicht das französische Modell. Deshalb kommt es zu diesen Zusammenstößen. Auf die Spitze getreiben führt das Recht auf Differenz zur Indifferenz. Wenn diese Menschen alle ihre Gesetze und Gebräuche anwenden wollen, müssen sie auch ihre eigene Argumentation zu Ende denken und dürfen von der französischen Gesellschaft nicht erwarten, daß sie ihnen eine Arbeit gibt. Eine Konsequenz daraus ist sicherlich, daß auch diejenigen, die sich an die Spielregeln halten, benachteiligt werden.
?Die Ablehnung dessen, was Frankreich ist?
Welche Bedeutung messen Sie den jüngsten Ereignissen zu? Werden sie einen Bewußtseinswandel auslösen? Welche Maßnahmen sind mittel- und langfristig zu ergreifen?
Lemoine: Ich bin nicht sicher, daß in den zahlreichen Interviews und Debatten der letzten Tage die eigentlichen Fragen gestellt worden sind. Hat Frankreich die Kapazität, weiterhin jedes Jahr 130.000 bis 160.000 neue Einwanderer aus dem Ausland aufzunehmen? Ich bin mir darüber nicht sicher. Was ist das französische Gesellschaftsmodell? Was ist Frankreich? Fängt es 1789 an? Ist nicht auch Chlodwig Frankreich ? oder zumindest beides zugleich? Was bedeutet das französische Modell der Laizität? Ist es eine echte oder eine verkappte Laizität?
Liegt auf solchen Fragen nicht eine ?ideologische Bleiplatte?, die verhindert, daß sie gestellt werden?
Lemoine: Gewisse Personen tragen eine schwere Verantwortung dafür, daß man solche Fragen nicht mehr stellen kann. Indem sie sich ihrer auf übelste Weise bemächtigt haben, haben sie sie völlig diskreditiert. Das ist das Drama, das wir derzeit erleben. Bestimmte Fragen sind mit Tabus belegt, weil mit ihnen Mißbrauch betrieben worden ist. Frankreich steht im weltweiten ökonomischen Wettbewerb. Wir haben die äußerst schlechte Idee gehabt, die 35-Stunden-Woche einzuführen, und dadurch die Arbeitskosten erhöht. Außerdem haben wir die Menschen glauben gemacht, daß Arbeit keinen Wert mehr hat. Bedenken Sie, daß wir in Montfermeil eine Arbeitslosenquote von 20 Prozent haben, in den benachteiligten Wohngebieten 40 Prozent. Jedes Jahr lassen wir über 100.000 Menschen nach Frankreich kommen, die keinerlei Qualifikationen haben. Dabei ist bekannt, daß sämtliche unqualifizierten Stellen dabei sind, in die osteuropäischen Staaten oder, noch schlimmer, nach China abzuwandern. Dementsprechend sind in Frankreich hochqualifizierte Menschen gefragt und keine ungelernten Arbeitskräfte: Nur fünf Prozent der Einwanderer haben einen Berufsabschluß. Zudem ist der Sozialhilfesatz bei uns höher als das Anfangsgehalt, das man ohne Qualifikationen erhält. Wer Sozialhilfe bezieht, ist von vielen Abgaben befreit. So lebt es sich besser, als zum gesetzlichen Mindestlohn eine Arbeit aufzunehmen und Steuern zu zahlen. Die Parallelgesellschaften, die Abkapselung und die Absage an die westliche Welt sind Realitäten. An dieser Feststellung führt kein Weg vorbei. Es heißt, die kulturellen Unterschiede bereicherten Frankreich. Gewiß tun sie das! Doch die Ablehnung dessen, was Frankreich ist, bereichert das Land nicht.
Xavier Lemoine ist Bürgermeister von Montfermeil, der Nachbar-gemeinde des Pariser Vororts Clichy, wo am 27. Oktober die Unruhen ausgebrochen sind, die sich mittlerweile über ganz Frankreich ausgebreitet haben. Außerdem ist er Präsident der Verbandsgemeinde Clichy-sous-Bois, zu der Clichy und Montfermeil gehören. Geboren wurde Lemoine 1960 in Boulogne-Billancourt bei Paris, er ist Mitglied der bürgerlichen Regierungspartei UMP.
Bisherige Bilanz der Unruhen: Bei den Ausschreitungen in Frankreich sind bis zum Dienstag dieser Woche zahlreiche Leicht-, vier Schwerverletzte und ein Toter zu beklagen. Ein 60jähriger wurde erschlagen, ein Feuerwehrmann erlitt ? von einem Brandsatz getroffen ? schwere Verbrennungen, ebenso eine behinderte Frau, die mit Benzin übergossen und in Brand gesetzt worden war. Polizisten wurden gezielt mit Jagdgewehren beschossen, zwei Beamte dabei schwer verwundet. Insgesamt wurden bislang 77 Polizeiangehörige und 36 Angehörige der Rettungsdienste verletzt. Etwa 6.500 Autos gingen in Flammen auf, Dutzende Gebäude ? darunter auch Kirchen und soziale Einrichtungen ? wurden in Brand gesteckt und Hunderte von Arbeitsstätten vernichtet.
Verstehst du überhaupt was du da sagst und verstehst Du, was ich meine??
MfG/Johannah
Zeitpunkt: 15.11.05 00:13
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Kommentar: Regelverstoß Schafft es nicht, Texte nur einmal reinzukopieren
In Frankreich boomt absurde Revolutionsfolklore
Christian Schütte: Verstehe, wer will
von Christian Schütte
Angesichts der Krawalle Christian Schütte: Verstehe, wer will
von Christian Schütte
Angesichts der Krawalle in Frankreich boomt eine absurde Revolutionsfolklore.
Für ein Kind mit einem Hammer sieht die ganze Welt wie ein Nagel aus. Für einen geschulten Revolutionstheoretiker ist die ganze Weltgeschichte eine Geschichte von sozialen Macht- und Emanzipationskämpfen.
Ziehen also Kinder randalierend durch die Straßen, dann erkennt der Theoretiker sogleich wohlig schaudernd ein neues Kapitel seines historischen Revolutionsepos.
Absurd? Nicht in Frankreich, nicht in diesen Tagen.
Die anhaltende Gewalt in den französischen Vorstädten, wo fast ausschließlich maghrebinische und schwarzafrikanische Zuwanderer der zweiten und dritten Generation leben, müsste eigentlich viele vermeintliche Gewissheiten über Integrationspolitik in Frage stellen. Die Bewohner der brennenden Banlieues haben einen französischen Pass, sie sind formal völlig gleichberechtigte Bürger der Republik. Doch ihre Viertel versinken seit Jahren in Arbeitslosigkeit und Kriminalität, sie waren schon lange vor den Krawallen zu "No-go-Areas" geworden, die von den Taxifahrern nur noch gegen eine ordentliche Risikoprämie angesteuert wurden.
Ewig lebt der Volksaufstand
Man könnte also meinen, eine Zeit der unbequemen, weil sehr konkreten Selbstbefragung in der Sozial-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik wäre nun gekommen. Und es würde vielleicht sogar einmal diskutiert, wie es denn möglich ist, dass sich ausgerechnet in Frankreich, dem stolzesten Leuchtturm des "europäischen Sozialmodells", nächtliche Szenen abspielen, die Europäer bislang nur im wilden Kapitalismus Amerikas für möglich hielten: Schüsse auf Polizisten, Brandsätze gegen Schulen, Rathäuser und Fabriken, auch gegen eine Behinderte im Linienbus. "Car-B-Ques" als Trendsportart.
Doch nichts davon. Manche intellektuelle Begleitmusik zu den Krawallen klingt so, als würde wieder eine alte Lieblingsplatte aufgelegt, die leider schon ein paar Sprünge hat.
Es handele sich eben einmal mehr um eine "Revolte", so lautet die auf vielen Kanälen zu hörende Grundmelodie, um eine Fortsetzung jener Volksaufstände, die besonders in Frankreich eine so große Tradition haben - vom Sturz der Monarchie 1789ff. bis zum wilden Mai 1968.
Nun kämpfen also chancenlose Immigrantenkinder gegen rassistische "Autochthone", die Macht und Wohlstand nicht teilen wollen. Das Kollektiv der Ausgegrenzten vor den Toren erhebt sich gegen die glitzernde Metropole.
Ja, ja, die Mittel sind hässlich, auf jeden Fall verwerflich, schärfstens zu verurteilen. Aber so ist es eben immer: "Die Revolution ist kein Deckchensticken, die Revolution ist ein Akt der Gewalt", lehrt Mao Zedong.
Individuelle Handlungsspielräume, Chancen und Verantwortung kommen in dieser großen Erzählung gar nicht erst vor. Die Rollenzuschreibungen sind so unverrückbar wie die Postleitzahlbezirke und der Beton in der Banlieue (weshalb auch gleich die Architekten der Vorstädte wegen Beihilfe zur Unterdrückung auf der Anklagebank sitzen).
Dass die revolutionären Subjekte als ein meist minderjähriger Mob daherkommen und keine Ahnung haben, wie es für sie weitergehen soll, stellt die "Revolten"-Folklore keineswegs infrage: "Das Projekt der Aufrührer ist, wie immer, ein Reflex des Projekts der Eliten", analysiert der Publizist und frühere sozialistische Präsidentenberater Jacques Attali. Weil den Eliten jede Leitidee fehle, sei eben heute - anders als '68 - auch die Herausforderung nihilistisch.
Für Attali und andere ist das Geschehen denn auch "überhaupt keine Überraschung". Auch die Globalisierungskritiker von Attac-Frankreich haben es immer schon gewusst: "Die Situation ist das direkte Ergebnis der seit 30 Jahren betriebenen neoliberalen Politik", schreiben sie in einem Kommuniqué, die brennenden Vorstädte zeigten "das Gesicht eines Laboratoriums des wilden Liberalismus" weltweit.
Man könnte solche Parolen getrost ignorieren, würden sie nicht unweigerlich zu verqueren und verfehlten politischen Rezepten führen: Am Ende ist alles wieder mal nur ein Verteilungsproblem, und es muss nur mehr Staatsknete in die Vorstädte fließen. Der französische Staat setzt zwar schon bisher für 1500 urbane Förderzonen 10 Mrd. Euro im Jahr ein. Aber man könnte das Geld natürlich noch kreativer und großzügiger ausgeben.
Jacques Attali etwa, ehemals auch Chef der Osteuropabank, empfiehlt, den Jugendlichen direkt die Mittel zur Finanzierung ihrer eigenen Projekte zur Verfügung zu stellen. Die so geförderten Jungunternehmer könnten "eines Tages diejenigen ersetzen, die sich heute der staatlichen Abgabenlast entziehen". Fantastisch.
Machtkampf innerhalb der Vorstadt
Was im Märchen von der Revolte gar nicht vorkommt, sind die Opfer und die Folgen der Gewalt. Die Abwärtsspirale in den Vorstädten hat sich vor allem deshalb so beschleunigt, weil jeder flieht, der es sich leisten kann. Der entscheidende Machtkampf findet seit langem Tag für Tag innerhalb der Problemviertel statt: zwischen "jugendlichen Randalierern" und denjenigen, die normale oder wenigstens erträgliche Lebensumstände zu erhalten versuchen.
Letztere Gruppe ist seit Jahren auf dem Rückzug. Wie alltäglich Bedrohungen, Vandalismus, und Kriminalität geworden sind, zeigt schon eine einzige Zahl vom Wochenende. Landesweit wurden in der Nacht auf Sonntag 285 Autos angezündet - "eine normale Lage für einen Samstagabend", erklärte ein Polizeisprecher.
Und den Schaden haben nicht nur die Opfer vor Ort. Er trifft auch all die fremdländisch Aussehenden, die derzeit so gern der heroischen Klasse der "Verdammten" zugerechnet werden. "Wenn all das wieder vorbei ist, werde ich mit meinem Vornamen Ali für ihre Taten (die der Randalierer) hinhalten müssen und die weiter verschärfte Ausländerdiskriminierung ertragen müssen", kritisiert in einem lesenswerten Weblog der "Zeit" ein junger Mann, der selbst aus einer Zuwandererfamilie stammt.
Christian Schütte ist Kommentarchef der FTD. Er schreibt jeden zweiten Montag an dieser Stelle.
Aus der FTD vom 14.11.2005
© 2005 Financial Times Deutschland
e.
Für ein Kind mit einem Hammer sieht die ganze Welt wie ein Nagel aus. Für einen geschulten Revolutionstheoretiker ist die ganze Weltgeschichte eine Geschichte von sozialen Macht- und Emanzipationskämpfen.
Ziehen also Kinder randalierend durch die Straßen, dann erkennt der Theoretiker sogleich wohlig schaudernd ein neues Kapitel seines historischen Revolutionsepos.
Absurd? Nicht in Frankreich, nicht in diesen Tagen.
Die anhaltende Gewalt in den französischen Vorstädten, wo fast ausschließlich maghrebinische und schwarzafrikanische Zuwanderer der zweiten und dritten Generation leben, müsste eigentlich viele vermeintliche Gewissheiten über Integrationspolitik in Frage stellen. Die Bewohner der brennenden Banlieues haben einen französischen Pass, sie sind formal völlig gleichberechtigte Bürger der Republik. Doch ihre Viertel versinken seit Jahren in Arbeitslosigkeit und Kriminalität, sie waren schon lange vor den Krawallen zu "No-go-Areas" geworden, die von den Taxifahrern nur noch gegen eine ordentliche Risikoprämie angesteuert wurden.
Ewig lebt der Volksaufstand
Man könnte also meinen, eine Zeit der unbequemen, weil sehr konkreten Selbstbefragung in der Sozial-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik wäre nun gekommen. Und es würde vielleicht sogar einmal diskutiert, wie es denn möglich ist, dass sich ausgerechnet in Frankreich, dem stolzesten Leuchtturm des "europäischen Sozialmodells", nächtliche Szenen abspielen, die Europäer bislang nur im wilden Kapitalismus Amerikas für möglich hielten: Schüsse auf Polizisten, Brandsätze gegen Schulen, Rathäuser und Fabriken, auch gegen eine Behinderte im Linienbus. "Car-B-Ques" als Trendsportart.
Doch nichts davon. Manche intellektuelle Begleitmusik zu den Krawallen klingt so, als würde wieder eine alte Lieblingsplatte aufgelegt, die leider schon ein paar Sprünge hat.
Es handele sich eben einmal mehr um eine "Revolte", so lautet die auf vielen Kanälen zu hörende Grundmelodie, um eine Fortsetzung jener Volksaufstände, die besonders in Frankreich eine so große Tradition haben - vom Sturz der Monarchie 1789ff. bis zum wilden Mai 1968.
Nun kämpfen also chancenlose Immigrantenkinder gegen rassistische "Autochthone", die Macht und Wohlstand nicht teilen wollen. Das Kollektiv der Ausgegrenzten vor den Toren erhebt sich gegen die glitzernde Metropole.
Ja, ja, die Mittel sind hässlich, auf jeden Fall verwerflich, schärfstens zu verurteilen. Aber so ist es eben immer: "Die Revolution ist kein Deckchensticken, die Revolution ist ein Akt der Gewalt", lehrt Mao Zedong.
Individuelle Handlungsspielräume, Chancen und Verantwortung kommen in dieser großen Erzählung gar nicht erst vor. Die Rollenzuschreibungen sind so unverrückbar wie die Postleitzahlbezirke und der Beton in der Banlieue (weshalb auch gleich die Architekten der Vorstädte wegen Beihilfe zur Unterdrückung auf der Anklagebank sitzen).
Dass die revolutionären Subjekte als ein meist minderjähriger Mob daherkommen und keine Ahnung haben, wie es für sie weitergehen soll, stellt die "Revolten"-Folklore keineswegs infrage: "Das Projekt der Aufrührer ist, wie immer, ein Reflex des Projekts der Eliten", analysiert der Publizist und frühere sozialistische Präsidentenberater Jacques Attali. Weil den Eliten jede Leitidee fehle, sei eben heute - anders als '68 - auch die Herausforderung nihilistisch.
Für Attali und andere ist das Geschehen denn auch "überhaupt keine Überraschung". Auch die Globalisierungskritiker von Attac-Frankreich haben es immer schon gewusst: "Die Situation ist das direkte Ergebnis der seit 30 Jahren betriebenen neoliberalen Politik", schreiben sie in einem Kommuniqué, die brennenden Vorstädte zeigten "das Gesicht eines Laboratoriums des wilden Liberalismus" weltweit.
Man könnte solche Parolen getrost ignorieren, würden sie nicht unweigerlich zu verqueren und verfehlten politischen Rezepten führen: Am Ende ist alles wieder mal nur ein Verteilungsproblem, und es muss nur mehr Staatsknete in die Vorstädte fließen. Der französische Staat setzt zwar schon bisher für 1500 urbane Förderzonen 10 Mrd. Euro im Jahr ein. Aber man könnte das Geld natürlich noch kreativer und großzügiger ausgeben.
Jacques Attali etwa, ehemals auch Chef der Osteuropabank, empfiehlt, den Jugendlichen direkt die Mittel zur Finanzierung ihrer eigenen Projekte zur Verfügung zu stellen. Die so geförderten Jungunternehmer könnten "eines Tages diejenigen ersetzen, die sich heute der staatlichen Abgabenlast entziehen". Fantastisch.
Machtkampf innerhalb der Vorstadt
Was im Märchen von der Revolte gar nicht vorkommt, sind die Opfer und die Folgen der Gewalt. Die Abwärtsspirale in den Vorstädten hat sich vor allem deshalb so beschleunigt, weil jeder flieht, der es sich leisten kann. Der entscheidende Machtkampf findet seit langem Tag für Tag innerhalb der Problemviertel statt: zwischen "jugendlichen Randalierern" und denjenigen, die normale oder wenigstens erträgliche Lebensumstände zu erhalten versuchen.
Letztere Gruppe ist seit Jahren auf dem Rückzug. Wie alltäglich Bedrohungen, Vandalismus, und Kriminalität geworden sind, zeigt schon eine einzige Zahl vom Wochenende. Landesweit wurden in der Nacht auf Sonntag 285 Autos angezündet - "eine normale Lage für einen Samstagabend", erklärte ein Polizeisprecher.
Und den Schaden haben nicht nur die Opfer vor Ort. Er trifft auch all die fremdländisch Aussehenden, die derzeit so gern der heroischen Klasse der "Verdammten" zugerechnet werden. "Wenn all das wieder vorbei ist, werde ich mit meinem Vornamen Ali für ihre Taten (die der Randalierer) hinhalten müssen und die weiter verschärfte Ausländerdiskriminierung ertragen müssen", kritisiert in einem lesenswerten Weblog der "Zeit" ein junger Mann, der selbst aus einer Zuwandererfamilie stammt.
Christian Schütte ist Kommentarchef der FTD. Er schreibt jeden zweiten Montag an dieser Stelle.
Aus der FTD vom 14.11.2005
© 2005 Financial Times Deutschland
Wir haben doch hierzulande nicht wenige Flüchtlinge aus dem Iran. Sind das denn nun gute oder weniger gute Immigranten? Sind sie den Marokkanern oder den Tunesiern der Franzosen ebenbürtig, überlegen oder unterlegen?
MfG/Johannah
Frankreich | 26.10.2006
Gewalt kehrt nach Paris zurück
Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Wie im Vorjahr wurde ein Bus in Brand gestecktNeue Krawalle in Pariser Vororten beunruhigen Frankreich. Viele Franzosen fürchten eine Wiederholung der Vorstadtunruhen des Vorjahres. Ein Soziologe macht einen "Willen zum Töten" bei einigen Jugendlichen aus.
In mindestens drei Vororten der französischen Hauptstadt Paris haben sich in der Nacht zum Donnerstag neue Krawalle ereignet. In zwei Fällen wurden dabei nach Mitteilung der Pariser Verkehrsbetriebe von maskierten Männern Linienbusse angegriffen und in Brand gesetzt. Zuvor hätten die mit Schlagringen bewaffneten Täter Passagiere und Busfahrer aussteigen lassen. Die Vorfälle ereigneten sich in Bagnolet und in Nanterre westlich der Hauptstadt.
Auch in Grigny im Departement Essonne südwestlich von Paris registrierte die Polizei Zwischenfälle. Etwa 50 Personen hätten vorbeifahrende Autos mit Steinen beworfen. Mehrere Jugendliche hätten versucht, einen Autobus zu attackieren, der aber von Sicherheitskräften geschützt werden konnte. Im Departement Essonne werden nach Angaben der Verkehrsgesellschaft aus Sicherheitsgründen gefährdete Gebiet nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr von Linienbussen angefahren. Die Bereiche würden umfahren.
Historische Unruhen
<!-- width= Bildbreite +2-->Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Bilder von brennenden Autos in Paris gingen im Herbst 2005 um die Welt
An diesem Freitag jährt sich der Beginn schwerer wochenlanger Krawalle in Pariser Vorstädten. Damals waren in 300 Städten mehr als 10.000 Fahrzeuge sowie 300 Schulen, Bibliotheken und andere öffentliche Gebäude in Flammen aufgegangen. Die Nächte vom 27. Oktober bis zum 17. November vergangenen Jahres sind als "Vorstadtunruhen" in die französische Geschichte eingegangen. Anlass der Krawalle war der Tod zweier Jugendlicher aus der nordwestlich von Paris gelegenen Banlieu Clichy-sous-Bois, die auf der Flucht vor der Polizei in einer Trafo-Station ums Leben kamen.
Der Schaden der Gewalttaten belief sich auf 150 Millionen Euro. 10.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz, rund 150 wurden verletzt. Die Regierung rief schließlich den Ausnahmezustand aus. Knapp 5500 Personen wurden festgenommen, darunter 550 Minderjährige.
Als Reaktion auf die Unruhen startete die Regierung zahlreiche Programme zur Jobvermittlung, zur Verbesserung der Wohnsituation und gegen die Diskriminierung. Dennoch hat die Gewalt gegen die Sicherheitskräfte in den vergangenen Wochen wieder zugenommen.
"Es gibt einen Willen zum Töten"
Seit den Vorstadtunruhen vor einem Jahr habe die Gewaltbereitschaft einiger Jugendlicher gegen die Polizei sogar noch zugenommen, warnt der französische Soziologe und Sicherheitsexperte Sebastian Roche. Es gebe bei manchen Schlägern einen Willen zum Töten. Ein Grund für die Zuspitzung sei, dass Innenminister Nicolas Sarkozy aus einer menschlichen Polizei eine "Polizei der Verhaftungen" gemacht habe, sagte Roche der Nachrichtenagentur AP.
Nichts hat sich geändert
"Die Wut kommt von der schulischen und wirtschaftlichen Frustration, der Gewissheit, einer Minderheit anzugehören", sagte Roche. Die Frage sei, warum die Wut an der Polizei ausgelassen werde, die ja für die Probleme nicht verantwortlich sei. "Erster Grund: Die Beamten stellen eine Form der Autorität dar, über die man 'stolpert', wenn man randaliert. Zweiter Grund: Die Polizei hat vergessen, sich für die Vororte und ihre Bewohner zu interessieren." Es habe eine "Polizei der Nähe" gegeben, die 2002 von Innenminister Nicolas Sarkozy abgeschafft wurde. Er habe damit die Chance aufgeben, eine Beziehung zwischen den Beamten und der benachteiligten Bevölkerung herzustellen.
In Frankreich herrschen nun vor dem Jahrestag des Beginns der Vorstadt-Krawalle Sorge und Unbehagen. Sorge, weil ein Flächenbrand wie die dreiwöchigen Unruhen im vergangenen Jahr jederzeit wieder möglich ist; und Unbehagen, weil sich alle Experten einig sind, dass sich an der Lage in den vorwiegend von Einwanderern bewohnten Vorstädten seit den Ausschreitungen im Herbst 2005 im Grunde nichts geändert hat. Arbeitslosigkeit, Diskriminierung und Gewalt beherrschen das Leben in diesen Ghettos - und die Regierung reagiert mit verschärfter Repression. (mas)
Kann man machen - oder man macht ihnen klar, was sie sind: Großschnautzen, die nichts zu leisten imstande sinde sind, sondern die nur den Macho raushängen lassen.
Ich hoffe nur das es zu diesem Brauchtum nicht kommt!
Kurzum: Man müsste für diese Herrschaften mehr Psychologen einsetzen - oder?