Der Goldpreis gilt seit jeher als ein Krisenbarometer. In unsicherer Zeit steigt der Preis, da Investoren mit wachsender Risikoaversion ihr Geld in Gold anlegen. Umgekehrt fällt er, wenn sich die Anleger wieder sicherer fühlen. Nun hat Gold in knapp zwei Wochen fast 100 Dollar verloren. Der logische Schluss wäre, dass die Unsicherheit bei den Investoren abnimmt. Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise kann man davon aber wohl kaum ausgehen. Wahrscheinlicher ist, dass zeitweise die Spekulation in den Markt zurückgekehrt war. Mit dem Rückzug der spekulativen Investoren wird nun der Boden für einen neuerlichen Anstieg des Goldpreises bereitet.
Die Konsolidierung war überfällig. Innerhalb weniger Monate hat sich der Preis des Edelmetalls um fast 300 Dollar verteuert: Noch Mitte November kostete eine Feinunze Gold-rund 31,1 Gramm - 712 Dollar; Mitte Februar waren es dann über 1 000 Dollar. Nur knapp wurde das Rekordhoch von gut 1 030 Dollar verfehlt, das im März 2008 erreicht worden war. Grund für den steilen Preisanstieg waren massive Käufe der Investoren. Mit der wachsenden Unsicherheit im Zuge der Krise flüchteten sie in den "sicheren Hafen". Dieses Image des Goldes ist historisch gewachsen. Nach Berechnungen der DZ Bank hat Gold in vergangenen Rezessionsphasen in den USA durchschnittlich ein Plus von etwa 20 Prozent aufgewiesen.
Gekauft werden Barren und Münzen.Sie finden reißenden Absatz und sind immer noch Mangelware. Gefragt sind zudem Gold-ETF, börsengehandelte Fonds, die mit Gold hinterlegt sind. Der größte Anbieter hält inzwischen fast so viel Gold wie die Schweizer Nationalbank - Letztere hat immerhin die sechsthöchsten Goldbestände weltweit. Die daraus resultierenden Preissteigerungen haben spekulativ eingestellte Anleger gelockt. Wie schnell sie die Seiten wechseln, hat sich gezeigt, als die Aktienmärkte eine kurze Zwischenerholung verzeichneten. In dieser Phase hat sich der Rückgang des Goldpreises verstärkt.
Die Konsolidierung des Goldmarktes kann sich durchaus noch fortsetzen. Sicherheitsbedürftige Investoren werden - vor allem wenn sie langfristig engagiert sind - aber weiter Zuflucht im Gold suchen. Die mangelnde Attraktivität der Alternativen wie Aktien spricht dafür. Und selbst bei den in der Regel als sicher geltenden Staatsanleihen ist die "sichere" Auswahl geringer geworden. Hinzu kommt ein neuer Faktor. Erste Experten wagen den Blick in die fernere Zukunft. Sie prognostizieren angesichts der aktuellen Liquiditätsschwemme einen Anstieg der Inflation. Auch davon würde Gold als wertbeständige Anlage profitieren.
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