Yukos - Anschauen - überlegen
Seite 33 von 46 Neuester Beitrag: 25.07.06 18:19 | ||||
Eröffnet am: | 07.12.04 13:05 | von: newtrader20. | Anzahl Beiträge: | 2.132 |
Neuester Beitrag: | 25.07.06 18:19 | von: hhsjgmr | Leser gesamt: | 89.429 |
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“We think statement by Bruce Malcolm, a British MP, was misinterpreted. We was speaking about the possibility of granting an asylum, but not about such applications having been filed or considered,” the insider said.
Most of YUKOS board directors do not need to ask for asylum in Britain, Karina Moskolenko, a lawyer for Mikhail Khodorkovsky - former YUKOS boss now in jail on fraud and tax evasion charges, - told RBC TV.
Russia might request the extradition of foreigners as well as Russians, she said, and they could ask British authorities not to extradite them. From a legal point of view, this would not be a request for political asylum, but a request for protection against extradition, the lawyer commented.
Members of the YUKOS board of directors were reported Wednesday to have applied for political asylum in Britain. Bruce Malcolm, a member of the Parliamentary Assembly of the Council of Europe, announced the news at a press conference in Strasbourg. He said information had come from a trusted source in Menatep – a group that controls YUKOS. Malcolm noted that the requested asylum was likely to be granted.
Yevgeny Baru, a lawyer for Platon Lebedev - a major shareholder in YUKOS tried for fraud and tax evasion - confirmed that certain YUKOS managers asked for political asylum in the UK. He said part of the company’s management was currently in Britain, and Russia had requested extradition for some of them.
In November last year, all of YUKOS foreign managers left Russia “for safety reasons”, with CFO Bruce Misamore saying he was not going to sacrifice his life for political purposes.
Back in October 2003, seven of Menatep’s employees in London were reported to have asked Britain for political asylum.
Of the company’s eleven board directors, only four are Russian nationals.
In other developments, Russian prosecutor General Vladimir Ustinov said further charges against Mikhail Khodorkovsky were possible. The YUKOS investigation continued, he told reporters, and new wrongdoing could emerge, which would lead to new charges.
Earlier, Khodorkovsky’s lawyer Genrikh Padva said his client and Platon Lebedev, head of Menatep, were facing new charges of money laundering. The new investigation began on December 2004. According to preliminary information, Khodorkovsky and Lebedev, along with several other figures, are accused of laundering approximately $10.6 million.
§
MOSKAU, 27. Januar (RIA Nowosti). "Rosneft wird die Beziehungen mit den Gläubigern von Yuganskneftegas in voller Übereinstimmung mit der russischen Gesetzgebung und den allgemein üblichen internationalen Geschäftspraktiken gestalten", erfuhr RIA Nowosti von einem Vertreter von Rosneft. So kommentierte er Medienberichte über die Absicht eines Konsortiums westlicher Banken, welches sich mit der Forderung an Rosneft wenden wolle, einen Kredit von 1 Milliarde US-Dollar zurückzuzahlen. Der Kredit war an Yukos gegen die Bürgschaft von Erdöllieferungen durch Yuganskneftegas ausgereicht worden.
Bankkoordinator, Agent und bevollmächtigter Organisator des Kredites waren Societe Generale S.A. Andere bevollmächtigte Organisatoren des Kredites waren Citibank N.A., Commerzbank AG, Credit Lyonnais S.A., Deutsche Bank AG, HSBC Bank Plc, ING Bank N.V., KBC Bank N.V., BNP Paribas und UFJ Bank Nederland N.V.
Wir begriffen und begreifen in vollem Umfang alle Risiken, die mit dem Erwerb von Yuganskneftegas zusammenhängen. Dazu gehören auch die Möglichkeit von Gerichtsklagen gegen uns und die hohe Verschuldung des Unternehmens. Alle diese Risiken haben wir bedacht. Sie wurden bei den Mitteln sowohl für den Kauf der Vermögenswerte wie auch beim Umfang der perspektivischen Investitionen in die Produktionserweiterung von Yuganskneftegas als Zurückstellungen berücksichtigt", unterstrich der Gesprächspartner von RIA Nowosti.
"Gaseta": Yukos-Manager beantragten politisches Asyl im Ausland
MOSKAU, 27. Januar (RIA Nowosti). Bereits im vergangenen Jahr haben Yukos-Top-Manager einen Teil ihrer Zeit in London verbracht, wo sich jetzt das Hauptquartier des Ölunternehmens befindet. Gestern wurde endgültig klar, dass sie nicht vorhaben, nach Russland zurückzukehren, schreibt die "Gaseta" am Donnerstag. Wie der Unterhausabgeordnete Malcolm Bruce in der Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) in Straßburg mitteilte, hätte der Yukos-Direktorenrat bei den britischen Behörden politisches Asyl beantragt. Nach den Worten des Abgeordneten sei Europa bereit, den Ölunternehmern entgegenzukommen.
Für die in Russland gebliebenen Yukos-Manager war dies allerdings eine Neuigkeit. Vertreter des Unternehmens behaupten, dass die Mitglieder des Direktorenrates und des Vorstands vorerst nicht bereit seien, Flüchtlinge zu werden. "Mir scheint es, dass den Worten von Malcolm Bruce ein falscher Sinn verliehen wurde: Es ging nur um die Möglichkeit einer Asylgewährung und nicht um eine vollendete Tatsache", meinte ein Sprecher des Ölunternehmens.
Offenbar haben aber die Manager die in Russland gebliebenen Kollegen einfach nicht benachrichtigt.
Alexej Makarkin, stellvertretender Leiter des Zentrums für politische Technologien, ist der Meinung, dass die Yukos-Manager nach der Annahme einer entsprechenden PACE-Resolution ein Dokument haben, das zu verstehen geben soll, in der Geschichte mit dem Unternehmen gebe es einen ernsthaften politischen Aspekt. Nun können sich die Yukos-Manager an die europäischen Regierungen wenden, um sich vor einer Auslieferung zu schützen. "Sobald eine politische Komponente angedeutet ist, wird die Asylgewährung überaus wahrscheinlich", stellte Makarkin fest.
Nach Ansicht einiger Experten wollen sich die Yukos-Manager, indem sie erklären, der Yukos-Fall sei politisch, vor einer strafrechtlichen Verfolgung wegen wirtschaftlicher Rechtsverletzungen schützen. Anderenfalls hätte Großbritannien keinen Grund, ihre Auslieferung zu verweigern, schreibt die Zeitung.
Wenn in diesen Tagen der Umbau des ehemaligen Jukos-Ablegers Juganskneftegas zu einer staatlichen Gesellschaft abgeschlossen sein wird, erscheint die Vorstellung, es hätte auch anders kommen können, geradezu unwahrscheinlich. Jukos – einst der modernste und profitabelste russische Privatkonzern, nach internationalen Standards geführt und dem Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen verpflichtet – könnte zum heutigen Tag eine Marktkapitalisierung von rund 50 Milliarden US-Dollar aufweisen – tatsächlich ist das Unternehmen nur noch 1,5 Milliarden wert.
Dass alles ganz anders gekommen ist, scheint keinen so wenig zu stören wie den einstigen Chef des Unternehmens, Michail Chodorkowskij, selbst. Jüngst erklärte er aus dem Gefängnis, wo er seit fast 15 Monaten wegen Steuerhinterziehung und Betrug in Untersuchungshaft sitzt, die Trennung von seinem Reichtum falle ihm nicht schwer. 1995 hatte Chodorkowskij den maroden Jukoskonzern übernommen und ausgebaut; die von ihm gegründete Gruppe Menatep hielt etwa 60 Prozent an Jukos. Zudem unterstützte Chodorkowskij aktiv Projekte zur Förderung der Zivilgesellschaft in Russland, nichtstaatliche Organisationen und mehrere Oppositionsparteien. Das macht ihn keineswegs zum Heiligen, und ganz sicher hat auch der Oligarch Chodorkowskij wie das Gros der Oligarchen seine erste Dollarmillion mit fragwürdigen, sogar illegalen Mitteln erworben. Mittlerweile bestreitet jedoch kaum noch jemand ernsthaft, dass der Kreml den einst reichsten Mann des Landes wegen seiner gesellschaftlichen und politischen Ambitionen unter Verschluss hält.
Die Kremlstrategen inszenierten im Fall Jukos/Chodorkowskij ein ziemlich scheinheiliges Spiel: Während vorne auf der Bühne Putins Law-and-order-Drama „Die Diktatur des Rechts“ gezeigt wurde, führte hinter den Kulissen staatliche Willkür Regie. Doch das Stück lief erfolgreich auf den Bühnen der Weltpolitik. Putins Argument, der Staat fordere von Jukos nur das, was ihm nach der Steuergesetzgebung zustehe, wurde von Bundeskanzler Schröder bereitwillig aufgenommen, als er verlautbarte, er könne verstehen, dass ein Staat Steuern auch tatsächlich einnehmen wolle.
Der Jukos-Hauptaktionär Menatep hat von vorneherein versucht, auch vom Ausland aus Druck auf das Verfahren gegen Jukos auszuüben. Das ist nicht neu. Schon Sacharow sagte zu Sowjetzeiten, im Kreml wirke nur Druck. Und da der im eigenen Land nicht entstehen könne, müsse er vom Ausland kommen. Im Fall Jukos weiß man nun, dass alle Bemühungen um Einflussnahme von außen nichts genützt haben. Die Zerschlagung des Konzerns ist erfolgreich abgeschlossen. Die ehemaligen Eigentümer und die Investoren aus Schweden und Amerika gehen leer aus.
Dass die Verteidigungsstrategie der Jukos-Eigentümer nicht aufging, hat auch mit der Art zu tun, wie westliche Staatschefs, allen voran der bekennende Putin-Freund Gerhard Schröder, die Augen vor Verletzungen internationaler Rechtsstandards verschlossen haben. Noch im vergangenen Dezember bei den deutsch-russischen Konsultationen in Hamburg wiederholte Bundeskanzler Schröder in geradezu komplizenhafter Treue zu seinem Amtskollegen Putin, dass das Verfahren gegen den global agierenden Jukos-Konzern eine innerrussische Angelegenheit sei. Zuvor hatte er wochenlang deutsche Investoren agitiert, sich intensiver auf dem russischen Energiemarkt zu engagieren.
Kann es sein, fragten sich Beobachter und Kommentatoren, dass im Fall Jukos das Prinzip einer vom Staat unabhängigen Rechtsprechung und die Garantie eines Verfahrens nach internationalen Rechtsstandards im Berliner Bundeskanzleramt einen mehr oder weniger konkreten Preis in Barrel Rohöl hat? Wie sonst lässt sich nachvollziehen, dass der erst kürzlich im Auftrag des Europarats von der früheren Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verfasste Bericht über das Verfahren gegen führende Jukos-Manager bei offiziellen Stellen in Berlin kein Echo fand. Der Bericht, der sich auf zahlreiche Gespräche in Moskau berufen kann, kommt zu dem Ergebnis, dass sich die russische Justiz bei der Verfolgung der Jukos-Manager schwere Verfahrensmängel zu Schulden kommen ließ.
Die Bundesrepublik bezieht knapp 40 Prozent ihres Erdgases aus Russland. Der Düsseldorfer Energiekonzern Eon ist Aktionär beim russischen Gasmonopolisten Gasprom, und die Deutsche Bank führte das Konsortium an, das den Kredit zur Finanzierung der ursprünglich geplanten Übernahme einer Jukos-Tochtergesellschaft durch Gasprom bereitstellen sollte. Trotzdem wäre es verkürzt zu sagen, es gehe nur um Öl oder Gas.
Hinter Schröders Deal-Denken steht zwar eine Außenpolitik, die sich im Wesentlichen als Außenwirtschaftspolitik versteht – abseits von Firmenbeteiligungen und Großaufträgen sieht Deutschland Russland aber nach wie vor als Weltmacht, der eine gestalterische Rolle in Osteuropa und dem Kaukasus zugestanden wird. Ideelle Werte wie Chodorkowskijs Open Russia Foundation, ein fairer Jukos-Prozess, Wahlen in Tschetschenien oder zuletzt die Demokratiebewegung in Kiew haben für die deutsche Ostpolitik keine Priorität.
Menatep bereitet nun Klagen gegen alle Beteiligten der unrechtmäßigen Zerschlagung von Jukos vor. Natürlich werden sie vor internationalen Gerichten stattfinden müssen. Doch die rätselhafte „Baikalfinanzgrup“ war bereits schneller wieder aufgelöst, als dass die Anwälte von Menatep imstande waren, dem neuen Eigentümer von Jugansk die Klageschrift zu überreichen. Das gibt einen Vorgeschmack auf die Erfolgsaussichten der angedrohten Klagen. Der Fall Jukos beweist nicht zuletzt auch den alten Satz, dass es in Russland kein Privateigentum gibt, sondern nur wirtschaftliche Subjekte und die Gnade des Kreml. Die eigentliche Kernfrage aber, wem die russischen Bodenschätze nun tatsächlich gehören, bleibt weiterhin offen.
MOSKAU, 28. Januar (RIA Nowosti). Während das Ölunternehmen versucht, ohne seine wichtigste Förderfirma, Yuganskneftegas, die von Rosneft gekauft wurde, zu überleben, könnte der Staat auch die restlichen Aktiva der Holding verkaufen. Diese Meinung äußern Experten am Freitag in der "Gaseta".
Zwar ist Viktor Gerastschenko, Chef des Direktorenrates von Yukos, der Auffassung, Yukos könnte durchaus auch ohne Yuganskneftegas existieren, diese Meinung wird aber von anderen Leitungsvertretern nicht geteilt. Wie ein anonymer Yukos-Sprecher mitteilte, soll Samaraneftegas, eine weitere Yukos-Tochter, im Frühling verkauft werden.
Viktor Kress, der Gouverneur des sibirischen Gebietes Tomsk, teilte am Vortag mit, er nehme an Verhandlungen über einen neuen Eigentümer des Yukos-Förderunternehmens Tomskneft teil.
Im Unterschied zur Firma Yuganskneftegas, die an ein Staatsunternehmen gegangen ist, könnten Samaraneftegas und Tomskneft an einen Privatkäufer verkauft werden. Surgutneftegas, Sibneft und Lukoil könnten Mittel dafür auftreiben. Wie aber Dmitri Zaregorodzew, Analytiker des Unternehmens Rye, Man & Gor Securities, meint, ist die russisch-britische Holding TNK-BP der Hauptanwärter auf Samaraneftegas.
Nach Ansicht von Analytikern hat Tomskneft ein überaus hohes Wachstumspotential, insofern wäre es für die Behörden vorteilhafter, dieses Unternehmen nach Yuganskneftegas zu verkaufen.
Nach dem Verkauf der Förderaktiva könnten die Behörden nach Ansicht der Experten zur Veräußerung der Verarbeitungsbetriebe des Ölunternehmens Yukos übergehen, von denen die Gesellschaft Angarskaja neftechimitscheskaja kompanija am interessantesten ist. Dies ist ein großer Komplex, der in der Nähe der chinesischen Grenze liegt. Der Wert des Komplexes könnte mehr als 400 Millionen Dollar betragen.
Nach der Stimmung der Eigentümer und des Managements von Yukos zu urteilen, haben sie das Unternehmen bereits aufgegeben, schreibt die "Gaseta". Ihre jüngsten Handlungen, beispielsweise die bei den internationalen Gerichten eingereichten Klagen, sind lediglich darauf gerichtet, zu zeigen, sie hätten alles für die Rettung des Unternehmens unternommen, um neue Klagen seitens der Minderheitseigentümer zu vermeiden.
MOSKAU, 28. Januar. /RIA Nowosti/. Die Aktienbesitzer der AG Jugansneftegas, der einstigen Haupttochtergesellschaft des in Ungnade gefallenen Unternehmens Yukos, bestätigten die auf der Versammlung vom 31. Dezember 2004 gefassten Beschlüsse, verlautet bei Rosneft.
Die Gesellschafterversammlung wurde auf Antrag von Baikalfinansgruppe einberufen, um die von den Aktienbesitzern von Juganskneftegas in der Versammlung vom 31. Dezember 2004 gefassten Beschlüsse zu bestätigen.
Die Aktionäre bestätigten das Erlöschen der Vollmachten der geschlossenen Aktiengesellschaft YUKOS Exploration & Production, der Verwaltungsorganisation des Unternehmens Juganskneftegas, und die vorfristige Auflösung des mit ihr geschlossenen Vertrages. Es wurde die Bestimmung über die Hauptversammlung der AG Juganskneftegas bestätigt und deren Durchführungsordnung festgelegt. Es wurden auch Änderungen an der Satzung des Unternehmens vorgenommen und Ergänzungen dazu gemacht.
Die Aktienbesitzer bestätigten die Bestimmung über den Generaldirektor der AG Juganskneftegas und die Ernennung von Wladimir Bulba auf diesen Posten. Es wurden auch der Beschluss über den Wechsel des Registrators der AG Juganskneftegas und die offene AG Reestr-RN als neuer Registrator bestätigt.
Wie der Sprecher von Rosneft sagte, seien Vertreter von Yukos, die ein Minderheits-Aktienpaket von Juganskneftegas besitzen, nicht zur Versammlung erschienen. "Ungeachtet dessen, dass sie dazu sowohl mündlich als auch schriftlich eingeladen worden waren", betonte der Gesprächspartner der RIA Nowosti.
Rosneft gab am 23. Dezember vorigen Jahres den Erwerb der Baikalfinansgruppe bekannt, die bei der Versteigerung 76,79 Prozent der Aktien von Juganskneftegas für rund 9,1 Milliarden US-Dollar gekauft hatte. Am 31. Dezember erklärte Rosneft, dass das Unternehmen den Erwerb von Juganskneftegas bezahlt habe. An demselben Tag wurde die Gesellschafterversammlung durchgeführt.
"Chodorkowski muss aus der Haft entlassen werden. Alle Argumente des Staatsanwalts sind unbegründet. Es wurde nicht ein einziger Fakt dafür angeführt, dass er fliehen könnte", sagte Rechtsanwalt Genrich Padwa, der die Interessen des Ex-Chefs von Yukos, Chodorkowski, wahrnimmt.
Er führt aus, dass Chodorkowski in der Vergangenheit nie zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen wurde, über einen guten Leumund verfügt, verheiratet ist und drei nicht volljährige Kinder hat.
Ein weiterer Rechtsanwalt, Juri Schmidt, der den Ex-Chef von Yukos ebenfalls verteidigt, unterstrich, dass der gestellte Antrag eine Herausforderung für eine internationale Organisation, für die PACE, darstellt. Sie hatte dieser Tage in der Angelegenheit Chodorkowskis eine spezielle Resolution verabschiedet.
Beim Prozess gegen Chodorkowski, Lebedew und Krainow im Moskauer Meschtschanski-Gericht beantragte der Staatsanwalt am Freitag die Verlängerung der Untersuchungshaft für Chodorkowski um drei Monate.
Während der Gerichtsverhandlung erklärte Staatsanwalt Dmitri Schochin, dass die Frist der Untersuchungshaft am 14. Februar 2005 ausläuft und die Strafsache bis dahin nicht abgeschlossen ist. Außerdem, so fügte der Staatsanwalt hinzu, hat Chodorkowski internationale Verbindungen, und einige Schlüsselfiguren, die in dem Fall figurieren und sich in direkter Abhängigkeit von ihm befinden, sind in das Ausland gegangen.
Im Zusammenhang damit bat der Staatsanwalt das Gericht um eine Verlängerung der Untersuchungshaft von Chodorkowski bis zum 14. Mai 2005.
Seinerseits erklärte Michail Chodorkowski, dass "die Ausreise von drei Personen, die von der Staatsanwaltschaft wissentlich gesetzwidrig verfolgt werden, kein Grund für die Verlängerung der Untersuchungshaft sein kann.
"Ich bin ein Mensch, der in der Öffentlichkeit steht. Allen ist bekannt, dass ich nicht ausreisen will. Bekannt ist, dass ich die Geschäfte aufgegeben habe. Über Beweise zu sprechen, die mich vollständig entlarven, ist einfach lächerlich", erklärte der Ex-Chef von Yukos.
Bei der Begründung seiner Beweisführung stellte Padwa fest, dass "Chodorkowski heute kein Kapital hat".
"Alles, was auf Schweizer Konten war, ist bis auf den letzten Cent eingefroren worden", so der Rechtsanwalt.
Michail Chodorkowski und Platon Lebedew werden der Verletzung des Strafgesetzbuches in sieben Punkten beschuldigt. Dazu zählt Steuerhinterziehung und Betrug in besonders schwerem Fall.
Wie gerade erst bekannt wurde, verlängerte das Moskauer Meschtschanski-Gericht die Untersuchungshaft des Ex-Yukos-Chefs, Michail Chodorkowski, um weitere drei Monate. (RIA)
Das Bankenkonsortium hatte 2003 den Milliardenkredit an den größten russischen Erdölkonzern Yukos ausgereicht. Der ist inzwischen zerschlagen, zahlungsunfähig und hat beim Konkursgericht in Houston/Texas Gläubigerschutz beantragt. Da jedoch im vergangenen Dezember Rosneft nach einer Zwangsauktion die größte Yukos-Tochter Yuganskneftegaz übernahm und der Kredit über Ölexporte von Yuganskneftegaz abgesichert ist, wollen sich die Banken an Rosneft schadlos halten.
Aus Bankenkreisen in Moskau ist zu hören, das Konsortium und Rosneft hätten Gespräche aufgenommen. "Wir wissen um die Risiken im Zusammenhang mit dem Kauf von Yuganskneftegaz, sind uns auch der möglichen Forderungen und der hohen Schuldenlast bewußt", sagte ein Rosneft-Vertreter gegenüber der Moskauer Wirtschaftszeitung "Vedomosti".
Rosneft hatte für sieben Mrd. Euro und damit weit unter dem von Analysten geschätzten "fair value", dem fairen Wert, Yuganskneftegaz übernommen. Das Geschäft wurde allgemein als Versuch gesehen, einen Großteil des russischen Ölsektors zu verstaatlichen.
Yuganskneftegaz produzierte im vergangenen Jahr rund 51 Mio. Tonnen Erdöl und sitzt auf zwölf Mrd. Barrel Erdöl (ein Barrel sind 159 Liter). Damit ist die westsibirische Erdölgesellschaft eine der größten in Rußland. Rußland ist neben Saudi-Arabien der größte Erdölproduzent der Welt und die Nummer zwei bei den Ölexporten. Yuganskneftegaz schuldet dem Fiskus noch rund vier Mrd. Euro für die Jahre 2000 bis 2003 und den Westbanken eine Mrd. Euro. Rosneft-Vorstandschef Sergej Bogdantschikow hatte deshalb in einem Brief an die Steuerbehörden gefordert, die eingefrorenen Konten und Aktiva von Yuganskneftegaz freizugeben.
Über die Frage, wie Rosneft, ein mit rund zwei Mrd. Euro hochverschuldeter Konzern, den Kaufpreis von sieben Mrd. Euro aufbrachte, wird in Moskau weiter spekuliert. Inzwischen gilt es als wahrscheinlich, daß Staatsbanken das Milliardengeschäft über ein kompliziertes Schema kreditierten. Der Kredit soll über die Zentralbank abgesichert gewesen sein.
Nun sucht Rosneft Geld, um den Kredit zurückzuzahlen. Parallel führt der Staatskonzern Gespräche mit der chinesischen CNPC und der indischen ONGC über eine Kreditlinie von rund 4,5 Mrd. Euro und den Verkauf eines Aktienpaketes von weniger als 25 Prozent bei Yuganskneftegaz. Die Yukos-Eigner haben potentiellen Investoren mit Klagen vor internationalen Gerichten gedroht.
Die Zerschlagung von Yukos dürfte in diesem Jahr weitergehen. So könnte im Frühjahr die zweitgrößte Produktionstochter, Samaraneftegaz, zwangsversteigert werden. Rosneft interessiert sich für die Raffinerien von Yukos, da die eigenen Verarbeitungskapazitäten nicht ausreichen. Rosneft exportiert nun das einstige Yukos-Öl über neue Trader. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Handelsfirma Gunvor. Sie ist eng mit dem Petersburger Unternehmer Gennadij Timtschenko verbunden, der als Vertrauter von Präsident Wladimir Putin gilt und als einer der Drahtzieher des Falls Yukos. JH
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Der Kauf von Juganskneftegas, der wichtigsten Fördertochter des russischen Ölkonzerns Jukos, wurde durch chinesische Banken finanziert. «Die russische Außenwirtschaftbank (Wneschekonombank) nahm bei den Chinesen sechs Milliarden Dollar auf», sagte der russische Finanzminister Alexej Kudrin laut Nachrichtenagentur Interfax am Dienstag in Moskau.
Die chinesische Export-Import-Bank sei eines der beteiligten Institute gewesen. Weitere Namen nannte Kudrin indes nicht. Er säße nicht im Verwaltungsrat des Rosneft-Konzerns, sagte der Minister zur Begründung. Kudrin kenne «deshalb keine Details».
Verstaatlichung durch Scheinfirma
Die russischen Behörden hatten Juganskneftegas kurz vor Weihnachten zwangsversteigert, um mit den Einnahmen eine umstrittene Steuernachforderung an Jukos in Milliardenhöhe zumindest zum Teil zu begleichen. Den Zuschlag erhielt Baikalfinansgrup, eine offensichtliche Scheinfirma, die nur etwa die Hälfte des von westlichen Banken geschätzten Wertes zahlte.
Kurz darauf übernahm der Ölkonzern Rosneft die Anteile an Juganskneftegas. Jukos steht damit de facto vor der Zerschlagung. Rosneft wird vom Kreml kontrolliert und wird derzeit mit dem ebenfalls staatlichen Gas-Monopolisten Gasprom verschmolzen. Gasprom will auf Basis der früheren Jukos-Tochter offenbar groß ins Ölgeschäft einsteigen.
Westliche Banken scheuten Risiko
Über eine Beteiligung der Chinesen an der Zerschlagung von Jukos war bereit spekuliert worden: Westliche Banken, darunter die Deutsche Bank hatten sich aus der Finanzierung des Geschäfts zurückgezogen. Sie fürchteten Schadenersatzprozesse und Imageschäden in den USA, wo Jukos einen Antrag auf Gläubigerschutz gemäß Kapitel elf des US-Insolvenzrechts genehmigt bekommen hatte. Ein Großteil der Jukos-Förderung ging zudem nach China. (nz)
Die inzwischen offizielle Version des Falles Yukos in den hiesigen Medien geht ungefähr so: In den wilden neunziger Jahren in Russland eignete sich der ehemalige Komsomol-Sekretär Michail Chodorkowski das Energieunternehmen Yukos an – mit nicht ganz sauberen Mitteln zwar, aber das war zu dieser Zeit üblich. Anschließend baute er Yukos um, verwandelte es in ein erfolgreiches, so genanntes modernes und transparentes Unternehmen mit internationaler Buchführung und westlichen Managern.
Chodorkowski wurde zum reichsten Mann des Landes und mischte sich schließlich auch in die Politik ein. Irgendwann aber wurde er Russlands Präsident Wladimir Putin zu mächtig. Der Kreml (er-) fand eine dubiose Steuerschuld von Yukos über satte 25 Milliarden Dollar. Chodorkowski landete im Gefängnis. Das Kernstück von Yukos, die Ölförderfirma Juganskneftegas, wurde an das staatseigene Unternehmen Rosneft übereignet, also verstaatlicht. Auf diese Weise entledigte sich Putin eines Konkurrenten und erfolgreichen Unternehmers und demonstrierte damit, was wir eigentlich schon wussten: Putin ist ein Diktator, und in Russland regiert nicht das Recht, sondern die Gewalt. Bundeskanzler Gerhard Schröder wiederum hielt in der ganzen Sache still, weil er auf lukrative Aufträge Russlands hofft und ihn mit Putin zudem eine ziemlich »intime Männerfreundschaft« verbindet. Und wie meist erzählen uns die Medien nichts als die Wahrheit, verpassen dabei aber mindestens drei Lehren aus dem Fall Yukos.
Alles fängt mit der Unzufriedenheit der russischen Regierung an. Sie ist unzufrieden mit der ökonomischen Verfassung des von ihr regierten Staates. 14 Jahre nach der Einführung des Kapitalismus ist eine nennenswerte Kapitalakkumulation nicht zustande gekommen. Von einer entwickelten privatkapitalistischen Wirtschaft kann in Russland lediglich im Rohstoffsektor die Rede sein, vor allem im Energiesektor, was die allgemein bekannte und kritisierte »Ölabhängigkeit« Russlands zur Folge hat. Was an Steuern und Devisen in die Staatskasse fließt, steht und fällt erstens mit dem Weltmarktpreis für Öl und Gas. Zweitens sind diese Mittel zu gering für ein Land, das versucht, seinen Status als Weltmacht zu halten.
Die russische Regierung versucht nun, ihre Wirtschaft zu diversifizieren und auch in anderen Bereichen kapitalistisches Wachstum zu fördern. Die Mittel dafür will sie aus dem Energiesektor holen. Und hier trifft sie auf den Widerstand der so genannten Oligarchen, sprich: der Privateigentümer der Öl- und Gasgesellschaften. Sie haben sich auftragsgemäß bereichert. Sie teilen aber gar nicht die Auffassung, dass Russland Wachstum brauche. Sie wollen ihren Reichtum lieber für die Vermehrung ihres Reichtums einsetzen. Daher investieren sie eher in den erfolgreichen Staaten der Welt als in ihrem eigenen Land. Sie versuchen, Steuern zu vermeiden, verschieben kostbare Devisenerlöse ins Ausland und treiben so die »Kapitalflucht« voran, die im vergangenen Jahr etwa 18 Milliarden Dollar betrug. Das vermeintlich transparente Firmengeflecht von Yukos zum Beispiel erstreckte sich von Russland über die Steueroasen Zypern und Gibraltar bis in die USA, um auf diese Weise dem russischen Fiskus zu entkommen.
Deutlich wurde dieser Gegensatz von Privatwirtschaft und Staat im Falle Yukos an der Frage der Energieversorgung. Die russische Regierung forderte vom Ölkonzern, dass er arme, entlegene Provinzen zu niedrigen Preisen mit Energie beliefern solle, einfach deshalb, um auch dort elementare Standortbedingungen wie »gesunde Arbeitskräfte« und eine funktionierende Infrastruktur zu erhalten. Chodorkowski hingegen verlangte für Lieferungen den Weltmarktpreis – und wurde darin von der EU unterstützt, die »ehrliche Preise« forderte und damit zeigte, dass es ihr offensichtlich ebenfalls egal war, wie verarmte russische Haushalte durch den Winter kommen. Chodorkowski drohte schließlich indirekt auch mit dem Ende der Energielieferungen an die Regionen.
Im Kern geht es um eine handfeste Machtfrage. Yukos hatte Politiker geschmiert – 60 Prozent der Duma-Abgeordneten sollen auf der Gehaltsliste irgendeines Großunternehmens stehen –, Putins politischen Gegnern wie der liberaldemokratischen Partei Jabloko und der Kommunistischen Partei Geld gegeben und zugleich öffentlich die Korruption in den höheren Rängen der russischen Staatsbürokratie angeprangert. Die Staatsmacht antwortete mit Steuerbeamten, die in Begleitung schwer bewaffneter, maskierter Einheiten das Unternehmen durchsuchten. Dies war eher ein Zeichen der Schwäche der Staatsmacht, sah sie sich doch genötigt, die Geltung ihrer Gesetze mittels Sondereinheiten erst herzustellen.
Als Chodorkowski schließlich ohne Rücksprache mit dem Kreml ein großes Aktienpaket von Yukos an den US-Konzern Exxon-Mobil verkaufen wollte, um Yukos dem Zugriff der russischen Regierung zu entziehen, wurde ihm dies als »Schädigung nationaler Interessen« angekreidet. Zudem wollte er Yukos mit Sibneft, dem Energiekonzern des Oligarchen Roman Abramowitsch, zusammenschließen und so noch mächtiger werden. Abramowitsch machte jedoch nach einer Unterredung mit Putin einen Rückzieher, so dass Sibneft unangetastet blieb. Chodorkowski landete im Knast, Yukos wurde aufgeteilt und das Herzstück Juganskneftegas an die staatliche Rosneft in einer »Versteigerungs-Farce« (Spiegel) verkauft.
Die erste Lehre lautet: Für potente Staaten ist das Privateigentum nicht heilig und kein Selbstzweck. Es soll der Mehrung der staatlichen Macht dienen. Versagt es diesen Dienst, wird es abgeräumt und so klargestellt, dass es – zweite Lehre – die (Staats-)Gewalt ist, die das Recht setzt. Nichts wäre also dümmer als der Satz: »In Russland herrscht nicht das Recht, sondern die Gewalt.« Ohne Gewalt kein Recht. Das wusste auch Chodorkowski, der versuchte, Yukos durch internationale Beteiligungen ausländischen Staatsgewalten zu unterstellen.
Sein Plan, den Konflikt um das Energieunternehmen zu internationalisieren, ist jedoch gescheitert. Dabei hätten westliche Regierungen jede Menge erstklassige Einspruchstitel in der Sache gehabt. Zum Beispiel die Verletzung des sonst so heiligen Rechts auf Privateigentum oder der »Menschenrechte« Chodorkowskis. In einem letzten Rettungsversuch beantragte Yukos sogar Gläubigerschutz im US-amerikanischen Texas. Das Gericht in Houston untersagte auch die Zerschlagung von Yukos. Doch die russische Regierung hielt sich nicht an den Richterspruch. Zwar schlugen sich die westlichen Medien auf die Seite von Yukos. Die Regierungen der USA und Europas hingegen hielten still. Es handle sich, wie beim Krieg in Tschetschenien, um eine »rein russische Angelegenheit«, ließ Kanzler Schröder wissen.
Diese Enthaltung hat ihre Gründe in den politischen und ökonomischen Interessen, die die großen Nato-Staaten an Russland und Putin haben. Zwar hat Chodorkowski sogar eine Million Dollar der Amerikanischen Nationalbibliothek gespendet und sich in Sachen Irak auf die Seite der USA geschlagen. Für US-Präsident George W. Bush ist Putin jedoch derzeit der Verbündete im »Krieg gegen den Terrorismus«. Russland billigte den Krieg gegen Afghanistan, verhielt sich beim Irak-Krieg still und wehrte sich weder gegen die Ost-Erweiterung von Nato und EU noch gegen die Einrichtung von US-Militärbasen in den ehemaligen südlichen Sowjetrepubliken. Dafür erlaubt man Russland u. a. das Gemetzel in Tschetschenien.
Deutschlands Berechnungen gehen hingegen etwas anders. Ökonomisch erhofft man sich mehr Vorteile an der Seite Putins. So hat der Präsident angekündigt, Russland werde vorzeitig einen Teil seiner Schulden bei Deutschland zurückzahlen. Zudem kauft Deutschland jährlich Erdgas für vier Milliarden Euro von Russland, das ist rund ein Drittel des deutschen Bedarfs. Der deutsche Konzern Eon hat gemeinsam mit der quasi staatlichen Gasprom ein Tochterunternehmen, mit dem man Gasfelder in Sibirien erschließt. Mit Gasprom macht auch BASF Geschäfte, und die Deutsche Bank hat dem Konzern Kredite bereitgestellt – u. a. zur Übernahme der Yukos-Firma Juganskneftegas. Siemens und RWE wollen ihr »Know-how« bei der Erneuerung der russischen Energieversorgung einbringen. Auch mit Putins Machtkonzentration kann die Geschäftswelt gut leben: »Manches wird einfacher«, brachte es jüngst ein Analyst der Investmentbank CS First Boston auf den Punkt. »Man braucht nur noch zu wissen, wer ein guter Freund Putins ist, um auf der sicheren Seite zu sein.«
Zu den ökonomischen Vorteilen gesellt sich die »Männerfreundschaft« zwischen Schröder und Putin, die offensichtlich die frühere »Männerfreundschaft« zwischen Kanzler Helmut Kohl und Präsident Boris Jelzin abgelöst hat. Nicht weniger als 28 Mal haben sich Schröder und Putin bereits getroffen, Schröder hat mittlerweile sogar eine russische Adoptivtochter.
Solide Grundlage dieser deutsch-russischen Freundschaft sind letztlich die russischen Atomwaffen und die aus ihnen resultierende Macht. »Der Kanzler versucht, mit Putin und (Frankreichs Präsident Jacques) Chirac, Weltpolitik von europäischem Boden aus zu machen«, kommentiert die Süddeutsche Zeitung. Jetzt haben die russische Raumfahrtagentur und die European Space Agency auch noch einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Mit zwei Atommächten gegen die USA.
Da die Nato-Staaten zwar Russland für ihre Zwecke instrumentalisieren wollen, das Land aber dennoch seine eigenen Ziele verfolgt, wird weiterhin auch mit Kritik an Putins Politik zu rechnen sein. Diesen Part haben – wer sonst? – die Grünen übernommen: Während Schröder sein »strategisches Interesse« an Russland betont, warnte der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer im Oktober vor dem »diktatorischen Kurs« Putins. Statt materieller Interessen sollten Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie die Leitlinien deutscher Russland-Politik sein. Und das ist die dritte Lehre: Mit der Beschwerde »Schröder schielt bloß auf strategische Vorteile« können deutsche Staatsinteressen weiter verfolgt werden, und gleichzeitig wird der Anschein gewahrt, es ginge in der Politik eigentlich um »Werte«.
Unsichtbarer Aufmarsch der Geheimdienste / Deutschland könnte als laienspielender Buhmann ins Kreuzfeuer geraten
Saarbrücken / Moskau. Global Playing ist offenbar die Kunst der Amerikaner, dem Rest der Welt wirtschaftshegemoniale Interessen als erstrebenswerten Zustand der organisierten Abhängigkeit von einem knappen Dutzend Superkonzerne zu verkaufen. Stichworte wie Freiheit und Demokratie kaschieren die tatsächlichen Zusammenhänge. Uncle Sam war schon unterwegs, um den allerletzten weißen Fleck auf der wirtschaftsgeographischen Weltkarte unter seine Fittiche zu bringen, als ausgerechnet der freiheitlich-demokratische Lehrling Rußland unter Führung von Wladimir Putin den üblen Trick wie das komplette fiese Spiel der amerikanischen Milliardarios durchkreuzte: Der Kreml-Chef schlug die unersättlichen Global Player mit ihren eigenen Waffen:
Die entscheidende Schlacht für eine neue Weltordnung nach amerikanischen Vorstellungen stand nun in Russland bevor, nachdem die USA durch bilaterale Wirtschafts- und Militärallianzen Georgien, Moldavien, Armenien, Azerbaijan, Tadschikistan, Kirgisien, Usbekistan sowie die Türkei unter Kontrolle hatten, sie auf die Ukraine auszuweiten suchten und ihre Einflusssphäre durch Kriege in Afghanistan und Serbien auch auf diese Länder ausdehnten, bevor sie sich zum zweiten Mal dem Irak zuwandten, Bomben über Bagdad abwarfen und behaupteten, Demokratie zu bringen. Durch einige dieser Länder – das muss man wissen – sollte auch Russlands „Schwarzes Gold“ und damit Milliarden Dollar per Pipelines in den Westen gepumpt werden.
Die auf Wirtschaftshegemonie ausgerichtete amerikanische Geostrategie verbindet und erklärt – nebenbei gesagt – die Kriege in Serbien, Afghanistan und dem Irak.
Russland fühlte sich schon bald isoliert und von den USA in die Zange genommen. Ende der 1990er Jahre begannen die Vereinigten Staaten, die Entscheidungsschlacht um das russische Öl vorzubereiten. Sie hatten Yukos im Visier, den größten Ölproduzenten Eurasiens.
Wie es aussieht, wurde Chodorkovsky von seinen vermeintlichen amerikanischen Freunden über den Tisch gezogen. Sie haben ihn über die Klinge springen lassen und geopfert, um sich auf einen Schlag den Zugriff auf Yukos und damit das Zentrum der russischen Energiewirtschaft zu sichern. Dann bereiteten die USA die Übernahme der Kontrolle von Yukos konspirativ vor. Der Sturz ihres angeblichen russischen Freundes Chodorkovsky sollte dabei eine zentrale Rolle spielen.
Zunächst wurde das Management von Yukos frühzeitig und zielstrebig mit US-Amerikanern „aufgerüstet“. Russlands Präsident Putin würde es nicht wagen, amerikanische Staatsbürger zu inhaftieren, wie er es ab Juli 2003 mit Chodorkovsky und Menatep-Chef Platon Lebedew getan hatte (die Menatep-Holding mit Sitz in Gibraltar hält knapp 60 Prozent der Yukos-Anteile), ohne eine russisch-amerikanische oder gar internationale Krise heraufzubeschwören. Das amerikanische Kalkül schien zunächst aufzugehen.
Chodorkovsky rief Geister und wurde sie nicht los
Mit der Verhaftung von Chodorkovsky und der Inthronisierung von Simon Kukes, einem Exil-Russen mit amerikanischem Pass, als Nachfolger von Chodorkovsky auf dem Chefsessel von Yukos waren die USA kurz vor dem Ziel, nicht nur eine Beteiligung an Yukos zu erhalten, sondern hatten nun sogar beste Chancen, den größten russischen Öl-Produzenten unter totale amerikanische Kontrolle zu bringen.
Auf den Gedanken, dass die USA eine Anklage und Verurteilung Chodorkovskys durch russische Gerichte von vornherein eingeplant haben könnten, kam zunächst niemand. Doch genau das war der Plan der Vereinigten Staaten, der Amerika den totalen Zugriff auf den wichtigsten Rohstoff und die bedeutendste Schlüsselindustrie des Landes ermöglichen sollte, vor allem nachdem Kukes nur ein halbes Jahr später von Steven Theede, einem „lupenreinen“ Amerikaner aus dem amerikanischen Bundesstaat Kansas, an der Spitze von Yukos abgelöst wurde. Nun lenkten und kontrollierten Amerikaner den russischen Ölriesen, nachdem mit Bruce Misamore ein Landsmann von Theede die wichtige Position des Finanzchefs bei Yukos bekleidete und der Deutsche Frank Rieger einen führenden Posten in der Finanzkontrolle des russischen Konzerns inne hatte.
Bei der Menatep-Gruppe in Gibraltar, die den Yukos-Konzern kontrollierte, saß außerdem bereits der ehemalige amerikanische Finanzminister Stuart Eizenstat im Beirat, der wiederum den FDP-Politiker und ehemaligen deutschen Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff mitgebracht hatte. Der größte russische Ölkonzern schien schon fest im Würgegriff des Westens zu sein.
Das Drehbuch für diesen internationalen Wirtschaftskrimi war bereits zu Chodorkovskys Zeiten geschrieben worden. Nicht nur das. Er selbst hatte es blauäugig und auf die Honorigkeit seiner vermeintlichen amerikanischen und israelischen Freunde vertrauend, eigenhändig unterschrieben: einen Vertrag nämlich, nach dem er seine Kontrollrechte an 59,5 Prozent der in Gibraltar sitzenden Menatep-Holding, die wiederum formeller Mehrheitseigner von Yukos ist, im Falle seiner Entführung, einer Haftstrafe oder eines Verlusts von Yukos-Teilbetrieben abgeben müsse. Damit war das Schicksal von Chodorkovsky faktisch besiegelt.
Mit der Festnahme des Oligarchen im Oktober 2003 und der Eröffnung eines Gerichtsverfahrens gegen ihn durch den russischen Generalstaatsanwalt war eine Haftstrafe für Chodorkovsky vorprogrammiert. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie verhängt werden würde. Dann aber würde Chodorkovsky seine Anteile an Yukos automatisch verlieren. Sie würden formaljuristisch völlig legal an das pro-amerikanische Yukos-Management und seine Komplizen übergehen können.
Nachdem das BND-Dossier des Luxemburgers Ernest Backes offensichtlich Wirkung gezeigt und zur Verhaftung Chodorkovskys wesentlich beigetragen haben dürfte, legten Backes und seine Hintermänner nach. Inzwischen hatte der BND Backes und seinem Partner Strebel eine Firma in Saarbrücken finanziert. Für Außenstehende war der BND-Hintergrund des „Instituts für Wirtschaftsrecherchen GmbH“ (IWR) nicht erkennbar. Über ihre BND-Tarnfirma erstatteten die beiden im November 2003 Strafanzeigen gegen russische Firmen in der Schweiz und übergaben der Schweizerischen Bundesanwaltschaft – diesmal höchst offiziell – weitere Dokumente, die Yukos-Töchter und die Menatep-Gruppe belasteten. Dass es sich dabei faktisch um eine Strafanzeige des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND gehandelt hat, blieb den Schweizern verborgen.
Irgendwann zwischen November 2003 und Herbst 2004 muss Russlands Präsident Putin den amerikanisch-israelischen Intriganten-Stadl (einige der größten russischen Yukos-Aktionäre hatten sich inzwischen vorsichtshalber israelische Pässe zugelegt) durchschaut haben. Das Verfahren gegen Chodorkovsky wurde von der russischen Justiz in die Länge gezogen, damit seine Verurteilung zu einer allseits erwarteten Haftstrafe hinausgezögert. So gelang es Putin, den Abtretungsvertrag zwischen Chodorkovsky und seinen vermeintlichen Freunden aus dem Westen zu unterlaufen. Der russische Präsident musste Zeit gewinnen, um einen Plan zu entwickeln, der die Kontrolle Amerikas über den größten russischen Ölkonzern und damit über die Schlüsselindustrie des Landes verhindern könnte.
Die Amerikaner wurden nervös. Wie Putin lief auch ihnen die Zeit davon. Sie heulten auf. Washington warnte Russland scheinheilig, dass die Verhaftung von Chodorkovsky international zu einer Verschlechterung der Wirtschaftsbeziehungen mit Russland führen könne. Die angebliche Rechtsunsicherheit in Russland würde das Klima für ausländische Investoren negativ beeinflussen.
Schließlich ließen die Republikaner ihre neokonservativen Kettenhunde los und schickten sie an die Medien-Front. William Kristol, Doyen der Neokonservativen, und Ariel Cohen begannen, Putin als „Kommunisten“, „neuen Stalin“ und „Tyrannen“ zu beschimpfen. Auf breiter Front ließ Washington seine Freunde in der westlichen Welt aufheulen. Geschah das, um Chodorkovsky zu helfen? Oder geschah das, um eine schnelle Verurteilung des Oligarchen zu provozieren?
Bereits unmittelbar nach der Verhaftung von Chodorkovsky im Oktober 2003 hatten die USA ihre globalen Propaganda-Netzwerke aktiviert. Dass CIA und Mossad lautlos im Hintergrund agierten, kann unterstellt werden, zumal zeitgleich auch der BND Backes in der Schweiz ins Rennen schickte, allerdings nicht, um Chodorkovsky und seine Oligarchen-Freunde vor dem Gefängnis und einer Haftstrafe zu bewahren. Im Gegenteil, wie ihre ungewöhnliche Strafanzeige in der Schweiz beweist. Mit der konspirativen Aktion von Backes und den Schlapphüten vom BND im Hintergrund wurde Putin weiteres Material geliefert, das eine Verurteilung Chodorkovskys zu einer Haftstrafe wahrscheinlicher machte und nur beschleunigen konnte.
Abgeordnete des Europarats in Straßburg forderten Russland auf, den „Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit“ einzuhalten, wobei dieser Appell im Rückblick und mit dem Wissen von heute (Chodorkovsky-Abtretungsvertrag) plötzlich auch eine ganz andere Interpretation zulassen würde. Würde die Anmahnung rechtsstaatlicher Grundsätze nicht auch bedeuten können, einen Steuerbetrüger und Geldwäscher schleunigst abzuurteilen, wenn der russischen Justiz eindeutiges Belastungsmaterial vorliegt?
Gegenüber den Bevölkerungen der westlichen Länder würde die Aufforderung, rechtsstaatliche Grundsätze einzuhalten, wie ein Engagement für Chodorkovsky erscheinen, während sie für die russische Bevölkerung bedeutet, gegen Chodorkovsky vorzugehen und ihn nach den geltenden russischen Gesetzen abzuurteilen. Und auf die beruft sich Putin gegenüber seinen Kritikern aus dem Westen und findet damit Zustimmung von Millionen Russen, die an der Armutsgrenze leben müssen, während sich ein paar Oligarchen schamlos bereichern, Steuern hinterziehen und betrügen konnten.
Intrigen und Machenschaften - Big Business
Putin hat aus naheliegenden taktischen Gründen eine schnelle Verurteilung Chodorkovskys zu einer Haftstrafe verhindert, nachdem er die amerikanischen Strategie durchschaut und erkannt hat, dass Russland die Kontrolle über den Ölriesen Yuganskneftegas bei einer Verurteilung Chodorkovskys zu einer Haftstrafe aufgrund des Abtretungsvertrags automatisch, sofort und endgültig entgleiten würde.
Tatsächlich rechnete niemand in Amerika ernsthaft mit einer Freilassung von Chodorkovsky – am allerwenigsten die Bush-Regierung und ihre Öl-Barone. Schon Chodorkovskys Nachfolger bei Yukos, der US-Amerikaner Simon Kukes, erklärte damals gegenüber der ARD: „Es gibt keinen Plan, Chodorkovsky zu Yukos zurückzuholen.“ Die Amerikaner hatten ihn längst aufgegeben und zum Abschuss frei gegeben. Denn die Verurteilung des mit Hilfe des Westens gestürzten ehemaligen Oligarchen zu einer Haftstrafe hätte, wie wir inzwischen wissen, für Amerika die sofortige Kontrolle über den russischen Ölgiganten bedeutet.
Diesen Plan durchkreuzte Putin in buchstäblich letztem Augenblick. Er schlug die Amerikaner mit ihren eigenen kapitalistischen Waffen. Als das Kernstück des Yukos-Konzerns, die Yukos-Öltochter Yuganskneftegas, kurz vor Weihnachten 2004 von der bis dahin völlig unbekannten russischen Baikal Finans Group – einer eiligst gegründeten Tarnfirma der russischen Regierung – für 9,1 Milliarden Dollar ersteigert wurde, hatten die Amerikaner den Ölkrieg gegen Russland verloren.
Zwar wurde jetzt die von Chodorkovsky unterschriebene geheime Abtretungsverpflichtung seiner Kontrollrechte am Yukos-Konzern wirksam, die nämlich nicht nur bei einer Haftstrafe von Chodorkovsky greifen sollte, sondern auch bei Verlust eines wichtigen Yukos-Teilbetriebs. Doch ohne den Ölriesen Yuganskneftegaz war Yukos nur noch eine „leere Hülle“, die Chodorkovsky abzutreten hatte.
Am 12. Januar 2005 gab der bis dahin reichste Mann Russlands dann auch auf. Chodorkovsky übertrug seine Anteile an den kaum noch überlebensfähigen Resten des einst auf 40 Milliarden Dollar geschätzten Yukos-Konzerns – dem Putin trickreich und formaljuristisch korrekt das lukrativste Unternehmen kurz vor dem Zugriff der Amerikaner abgejagt und wieder in russischen Staatsbesitz übergeführt hatte – an seinen nach Israel geflüchteten und von Russland per Haftbefehl gesuchten Partner Leonid Newslin, hinter dem Jacob Rothschild von der „Open Russia Foundation“ stehen soll. In einem Beitrag, den Chodorkovsky von seiner Gefängniszelle aus für die russische Wirtschaftszeitung „Wedemosti“ am 12. Januar 2005 verfasste, stellte der ehemals reichste Oligarch Russlands (sein Vermögen wurde einst auf mehr als 15 Milliarden Dollar geschätzt) resigniert fest: „Für mich ist die Zeit des großen Geldes Vergangenheit. Ich mache mir keine Sorgen mehr um mein Vermögen und mein Schicksal.“
Die Aussichten für die teilweise bereits in den Westen „geflüchteten“ Yukos-Manager und -Großaktionäre, die Käufer der Yuganskneftegaz – und damit den russischen Staat – auf Schadensersatz „in Höhe von 20 Milliarden Dollar“ erfolgreich verklagen zu können, sind gering. Putin hat den amerikanischen Ölkrieg gegen Russland gewonnen. Am 26. Januar meldete die russische Nachrichtenagentur Novosti, dass sich weitere Top-Manager von Yukos in den Westen abgesetzt und in London um „politisches Asyl“ gebeten hätten.
Wer investieren will, muss sich die Nutznießer heraussuchen.
Unternehmen: PETROCHINA CO. LTD
Peking 02.02.2005 (www.Emfis.com) Nachdem bereits unzählige Gerüchte den Markt gemacht hatten ist es nun offiziell. Hinter dem Kapitalgeber für die Übernahme der russischen Ölförderanlage Yuganskneftegaz steht die chinesische Regierung mit dem Staatsunternehmen China National Petroleum Corp und damit der Mutterkonzern von Petrochina.
CNPC hat die zur Finanzierung notwendigen Mittel an die russische Staatsbank VEB gegeben, welche die Mittel an Rosneft weitergereicht hat. Es handelt sich dabei um die Summe von sechs Milliarden US-Dollar. Rosneft hatte die Mittel für die Auktion selbst nicht und war daher auf die Hilfe von internationalen Kapitalgebern angewiesen.
Im Gegenzug hat sich China damit die Aufrechterhaltung seiner Ölversorgung mittels der russischen Staatseisenbahn gesichert
Saarbrücken / Moskau. (SE) Weltpolitik. Die Amerikaner suchten nach Wegen, um den russischen Energieriesen Yukos nicht nur unter ihren Einfluß zu bekommen, sondern möglichst zu kontrollieren. Das wäre mit Hilfe von Mikhail Chodorkovsky und durch unfreiwillige Unterstützung der russischen Justiz auch fast gelungen. Aber da war noch Wladimir Putin, der in einer seltsamen Kooperation mit Kanzler Gerhard Schröder die Vorgänge gerade noch rechtzeitig durchschaute und nach einer taktischen Meisterleistung das Kernstück von Yukos unter russischer Kontrolle behielt. Eine vom Kreml angesetzte Finanzgruppe ersteigerte Yukos und bereitete nicht nur den Amerikanern, sondern auch der Deutschen Bank im Hintergrund eine empfindliche und folgenreiche Niederlage auf dem Parkett des Global Playing. Und inzwischen ist auch das Rätselraten um den Finanzausstatter des russischen Husarenritts gelöst: Finanziert wurde das Geschäft von den Chinesen. Eine schöne Bescherung für die Wirtschaftshegemonisten in den Vereinigten Staaten und ein außergewöhnlich spannender Krimi aus unseren Tagen. - Nachfolgend Teil IV der SAAR-ECHO-Serie:
Der erst am 12. Januar 2005 offiziell bekannt gewordene Inhalt des von Chodorkovsky unterschriebenen Abtretungsvertrags führt den aufmerksamen Beobachter nunmehr wieder zurück nach Luxemburg, zu Ernest Backes und seiner vom deutschen Auslandsgeheimdienst finanzierten BND-Tarnfirma IWR in Saarbrücken. Er führt zurück zum BND-Dossier über Yukos und Menatep, das Backes geliefert hat und im Februar 2003 vom BND an das Kanzleramt weitergeleitet wurde, um von dort auf den Schreibtisch von Putin „lanciert“ zu werden. Erst mit diesem BND-Dossier hatte Präsident Putin, wie es aussieht, genügend Belastungsmaterial in der Hand, um gegen die russischen Yukos- und Menatep-Oligarchen Chodorkovsky und Lebedew juristisch vorzugehen.
Als es dennoch nicht zur erwarteten schnellen Aburteilung von Chodorkovsky kam, legten die Amateur-Schlapphüte vom BND nach. Backes und Strebel erstatteten als Privatpersonen und scheinbar uneigennützige Kämpfer gegen internationale Korruption über ihre BND-Tarnfirma IWR Strafanzeige bei der Schweizerischen Bundesanwaltschaft gegen zur Menatep-Gruppe gehörende Unternehmen wegen Geldwäsche, mit der im November 2003 dann weiteres Belastungsmaterial gegen Chodorkovsky nachgeschoben werden konnte. Prompt bat dann auch die russische Justiz die Schweizer Behörden um Zusammenarbeit und Übersendung der Ermittlungsakten, während sich BND-Mitarbeiter Strebel in Interviews mit russischen Medien in fast schon peinlicher Weise als „Bewunderer Putins“ darstellte und anbiederte. Doch auch diese Aktionen führten nicht zu einer schnelleren Verurteilung von Chodorkovsky.
Wir erinnern uns: das amerikanische Yukos-Drehbuch sah vor, dass Chodorkovsky seine Anteile an der Menatep-Holding und damit an Yukos im Falle seiner Entführung, einer Haftstrafe oder bei einem Verlust von Yukos-Teilbetrieben abgeben müsse.
Was wäre denn, wenn Schröder etwas gewußt hat?
Die Amerikaner brauchten, so mögen sie geglaubt haben, nur dafür zu sorgen, Putin belastendes Material über Chodorkovsky zuzuspielen, das zu seiner Festnahme und anschließender Verurteilung zu einer Haftstrafe in Russland führen würde, um den größten russischen Ölproduzenten insgesamt und total unter ihre Kontrolle zu bringen, anstatt nur die Aussicht auf eine Beteiligung von 25 bis 40 Prozent zu haben, die Chodorkovsky vorschwebte. Damit wären wir wieder in Saarbrücken und Luxemburg sowie bei Ernest Backes und der Frage, wer dem BND-Mitarbeiter mit besten Beziehungen in die USA das Chodorkovsky belastende Material zur Verfügung gestellt hat.
Wie es aussieht, hat die CIA ein Spiel „über Bande“ und damit über den Ex-Clearstream-Mitarbeiter Ernest Backes und den BND gespielt, der sich möglicherweise vor den amerikanischen Karren spannen ließ und dem „großen Bruder“ CIA zuarbeitete. Ob Bundeskanzler Schröder das Spiel durchschaute oder davon gar Kenntnis hatte, als er zum Mitspieler im konspirativen Intriganten-Stadl wurde?
Wie wird sich die Verwicklung des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND in den amerikanisch-russischen Ölkrieg auf die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen und die Duz-Freundschaft zwischen Schröder und Putin auswirken?
Spätestens ab Sommer 2004 stand der russische Präsident unter Zeit- und Zugzwang. Das in die Länge gezogene Gerichtsverfahren gegen Chodorkovsky sowie der von den USA auch in diesem Zusammenhang initiierte Propaganda-Krieg über die Medien und befreundete Länder zeigten erste Wirkungen und drohten das Vertrauen in Russland-Investitionen sowie in das russische Rechtssystem zu beschädigen. Putin konnte nicht auf eine schnelle Verurteilung des Oligarchen drängen, weil dann Chodorkovskys Abtretungsvertrag wirksam geworden wäre, außerdem brauchte er Zeit, um eine wenigstens formaljuristisch halbwegs korrekte Strategie zu entwickeln, die zur Rückführung der Yukos-Öltochter in russischen Staatsbesitz führen würde und nicht zum Verlust der Kontrolle über den wichtigsten russischen Ölproduzenten an die USA.
Putin bediente sich der Justiz, die Yukos riesige Steuerforderungen präsentierte. Eine Auktionsfarce wurde inszeniert, bei der eine eiligst etablierte kleine russische Tarnfirma namens Baikal Finans Group die Yukos-Öltochter Yuganskneftegas ersteigern konnte. Aus dem Verkaufserlös sollten Yukos’ Steuerschulden bezahlt werden. Bis dahin hatte die russische Firma Gazprom, an der der deutsche Energieriese Eon mit 6.5 Prozent beteiligt ist, als aussichtsreicher Käuferkandidat gegolten, da hinter Eon und Gazprom ein Banken-Konsortium unter Führung der Deutschen Bank mit 10 Milliarden Dollar bereit stand, die Finanzierung des Kaufs der Yukos-Öltochter zu übernehmen.
Doch Gazprom stieg während der Versteigerung plötzlich aus und überließ der bis dahin völlig unbekannten Baikal Finans Group den Vortritt. Ob aus Angst vor möglichen Schadensersatzforderungen, die das amerikanische Yukos-Management den Käufern von Yuganskneftegas angedroht hatte, ist unbekannt. Vielleicht wurden die Deutschen aber auch mit der Aussicht auf gute zukünftige Geschäfte mit Russland zur Aufgabe veranlasst, die ihnen ansonsten entgehen würden, wie von Moskau signalisiert worden sein könnte.
Sechs Milliarden aus ungewöhnlicher Quelle
Nicht auszuschließen ist aber auch, dass Putin von seinem Duzfreund Gerhard Schröder inzwischen enttäuscht ist, wenn er herausgefunden haben sollte, dass sich der deutsche Auslandsgeheimdienst als verlängerter Arm der CIA betätigt hat, um Yukos in amerikanischen Besitz zu bringen. Obwohl die amerikanischen Pläne am Ende nicht aufgingen, weil sie von Putin vereitelt wurden, könnte die Saarbrücker BND-Affäre und das über Schröder an Putin weitergeleitete BND-Dossier über Yukos zu Verstimmungen zwischen Deutschland und Russland führen, wenn Schröder dabei in Abstimmung mit den Vereinigten Staaten gehandelt hat, die eine Haftstrafe für Chodorkovsky brauchten, um sich in den Besitz von Yukos zu bringen.
Dass Bundeskanzler Schröder in einer für die USA außerordentlich wichtigen geopolitischen Angelegenheit – die Zukunft und Kontrolle der russischen Ölindustrie nämlich – gänzlich ohne Abstimmung mit Washington agiert haben könnte, ist eher unwahrscheinlich.
Inzwischen lüftete die Moskauer Nachrichtenagentur Nowosti auch das Geheimnis, mit wessen Hilfe Russland den Kauf von Yuganskneftegas durch das Staatsunternehmen Rosneft finanzieren konnte. Putin hatte plötzlich nicht mehr seinen Duzfreund Gerhard Schröder oder die Deutsche Bank um Hilfe gebeten – die während der Zwangsauktion von Rosneft mit knapp zehn Milliarden US-Dollar im Hintergrund bereit stand – sondern ausgerechnet China, den Rivalen der USA im Fernen Osten. Die chinesische Regierung gewährte Russland über die China National Petroleum Corp. einen Kredit in Höhe von 6 Milliarden US-Dollar für den Kauf von Yuganskneftegas. Der Betrag wurde blitzschnell an die russische Staatsbank VEB transferiert und an Rosneft weitergeleitet. Im Gegenzug hat sich China dafür die Aufrechterhaltung seiner Ölversorgung durch Russland gesichert. Bislang war China überwiegend von Ölimporten aus dem Mittleren Osten abhängig. Um diese Abhängigkeit Chinas zu erhalten, strebten die USA seit Jahren danach, die Kontrolle über das Öl in dieser Region zu erlangen, um damit dann auch China besser gängeln zu können. Jetzt hat Putin auch in diesem Punkt den Amerikanern einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mehr noch: Ähnliche Koalitionen wie mit Peking strebt Putin nun auch mit Indien und einigen ehemaligen Sowjetrepubliken im Energiebereich an.
Der gelernte Geheimdienstmann Putin jedenfalls hat damit seinen ehemaligen Kollegen vom CIA und BND sowie Amerika eine riesige Schlappe beigebracht und den amerikanischen Wildwest-Kapitalisten nicht nur die schon sicher geglaubte Yukos-Beute in buchstäblich letzter Sekunde vor der Nase weggeschnappt, sondern den politischen Handlungsspielraum der USA auch im Fernen Osten erheblich eingeschränkt.
Die Yukos-Öltochter Yuganskneftegas wurde inzwischen mit allen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten an die Firma Rosneft verkauft, ein Unternehmen das zu 100 Prozent dem russischen Staat gehört. Das bedeutet, dass der russische Staat (Rosneft) nunmehr die Yukos-Steuerschulden aus dem Kaufpreis an sich selbst bezahlt. Gleichzeitig hat Putin Yuganskneftegas zu einem ausgesprochen niedrigen Preis wieder in Staatsbesitz bringen können. Denn mit der Übernahme der Yukos-Tochter wird sich Rosnefts Ölproduktion verdreifachen und damit entsprechend der Wert von Rosneft. Sollte Rosneft mit seiner Neuerwerbung Yuganskneftegaz zu einem späteren Zeitpunkt doch noch an Gazprom verkauft werden (Gazprom wird nur vom Staat geführt, ist kein Staatseigentum, der russische Staat hält nur 38 Prozent der Gazprom-Aktien) wird die Ölproduktion dennoch unter russischer Staatskontrolle bleiben, weil nach einer Übernahme von Rosneft (dessen Wert sich mit Yuganstkneftegaz verdreifacht hat) durch Gaszprom dann der russische Staat eine Mehrheit an Gazprom halten würde. Damit würde Russland die Ölproduktion des Landes weiterhin kontrollieren.
Ein Energiekonzern könnte Amerika in Schatten stellen
Darüber hinaus hält der russische Staat 75 Prozent des Aktienkapitals der Firma Transneft, der alle russischen Pipelines gehören sowie 52 Prozent der Firma United Energy System, die das russische Energieversorgungsnetz kontrolliert.
Endziel von Putin könnte sein, diese Firmen unter dem Schirm von Gazprom zu vereinen. Damit würde der größte Energiekonzern der Welt entstehen, dem weder die Vereinigten Staaten, noch Europa oder Asien etwas Vergleichbares entgegenzusetzen haben.
Eine in dieser Weise zentralisierte russische Energiewirtschaft wird Putins Position in Eurasien stärken und Amerikas Rolle in dieser Region schwächen. Öl und Gas sind mit etwa 25 Prozent am Bruttosozialprodukt Russlands beteiligt und machen die Hälfte des russischen Staatseinkommens aus. Diese Einkünfte, die ansonsten in die Taschen von Oligarchen wie Chodorkovsky – oder der Amerikaner – gewandert wären und Putin-Gegner finanziert haben könnten, bleiben somit unter Kontrolle von Putin, der mit einer Dollar sprudelnden Öl-Wirtschaft wesentlich leichter die Politik Russlands kontrollieren kann.
Europa und die Türkei, China und Indien sowie möglicherweise auch Japan würden in Abhängigkeit von russischem Öl und Gas geraten. Schon eine Drohung Russlands, diese Länder von russischer Energie abzuschneiden, wäre ein äußerst wirksames politisches Druckmittel.
Putin hat mit seiner Yukos-Strategie die amerikanischen Pläne durchkreuzt, Russland zu isolieren. Genau diesen Vorwurf hatte der russische Präsident den USA zuletzt am 23. Dezember 2004 während einer Pressekonferenz in Moskau gemacht.
von Newsweek
Haben Sie damit gerechnet, daß sich Ihre Haft so lange hinziehen wird?
Michail Chodorkowski: Ja, das habe ich. Offen gesagt habe ich auch meine Verwandten und Freunde vorgewarnt. Sie meinten, ich wolle mich zum Helden machen, und glaubten mir nicht. Leider hängt die Länge meines Aufenthaltes im Gefängnis in vielem nicht vom Gericht, sondern von einigen Staatsbediensteten und ihnen nahestehenden Unternehmern ab, die Angst haben, ich könnte mich für meine persönlichen Leiden und für Yuganskneftegaz rächen. Das sind Leute mit einer kriminellen Psychologie. Sie beurteilen alle anderen genauso.
Wann werden Sie frei sein?
Chodorkowski: Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich dann, wenn die Staatsmacht Staatsmacht wird und das Gericht ein unabhängiges Gericht und nicht ein Mechanismus zur Umverteilung des Eigentums. Vielleicht in diesem Jahr oder auch niemals.
Warum hat die Staatsmacht beschlossen, Sie zu inhaftieren?
Chodorkowski: Ende Oktober 2003 hat man Präsident Putin belogen, indem man ihm sagte, ich würde von einem Tag auf den anderen Senator für die Ewenken-Region werden, und dann würden rechtliche Schritte gegen mich unmöglich. Deshalb nahmen sie mich auch am Samstag morgen im Flugzeug auf dem Flughafen von Nowosibirsk fest. Ich wollte tatsächlich in die Region, aber, und das ist jetzt allen klar, um die Wahl meines Freundes Wassili Schachnowski in den Föderationsrat zu unterstützen. Außerdem glaube ich, daß es für die Organisatoren des Angriffs auf Yukos wichtig war, eine Grenze zu überschreiten, um sich selbst und vor allem andere dazu zu zwingen, die Sache bis zum Ende durchzuziehen.
Würden Sie der Behauptung zustimmen, daß Ihre Inhaftierung die Rache des Kreml dafür war, daß Sie sich zu aktiv mit Politik befaßt und versucht haben, Ihre Leute ins Parlament zu bringen?
Chodorkowski: Teilweise. Ich persönlich bin Anhänger eines starken Staates, aber ich meine, daß ein starker Staat nicht in der gewaltigen Zahl und in den Vollmachten der Staatsbediensteten besteht, sondern im Vertrauen der Menschen, in der Fähigkeit, die besten Hirne zur Lösung gesellschaftlicher Aufgaben heranzuziehen und zu konsolidieren, in der Konkurrenz und gegenseitigen Kontrolle staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen. Ich habe verschiedene Parteien und gesellschaftliche Institutionen unterstützt, weil ich überzeugt bin: Unser Land braucht verschiedene Meinungen und Ansichten, unser Land braucht eine Opposition, die nicht unter Kontrolle der Staatsmacht steht. Aber heute bin ich völlig davon überzeugt, daß der wesentliche Grund für den Fall Yukos der Wunsch einer Gruppe aus vier, fünf Leuten war, ein großes und erfolgreiches Erdölunternehmen zu besitzen. Die Politik benutzen sie als Vorwand, um die Führung des Landes davon zu überzeugen, die geballte Staatsmacht für die Umverteilung des Eigentums einzusetzen, wobei sie Gesetze ignorieren. So etwas Ähnliches hat es im vergangenen Jahrzehnt oft gegeben, aber nie war so ein großes Unternehmen Ziel des Angriffs. Und niemals vorher wurden Leute in so hohen Positionen zur Waffe.
Ist Ihre Verhaftung ein Beispiel für Unbeugsamkeit gegenüber der Staatsmacht, oder ist sie eine Folge von Fehlern, die Sie im Geschäftsleben gemacht haben?
Chodorkowski: Sowohl als auch. Wenn ich mich nicht geirrt hätte, dann hätten mir viel mehr Leute geglaubt und mich verstanden. Aber ich hoffe, daß ich es noch schaffe, ihr Vertrauen zu verdienen. Aber wenn ich nicht prinzipienfest wäre, säße ich nicht im Gefängnis, sondern im Ausland oder in den entsprechenden Empfangszimmern. Das wollte und konnte ich nicht. Früher ja, aber von einem bestimmten Moment an fühlte ich mich mehr als Staatsbürger denn als Geschäftsmann. Aus dem Gefängnis heraus hat man weniger Möglichkeiten zu sprechen, aber dafür werde ich wesentlich besser gehört. Wäre ich emigriert, hätte man mich als Oligarchen betrachtet, der ein großes Vermögen verschwendet und in den Pausen zwischen Tennis und Sauna über das Schicksal Rußlands schwätzt. Heute habe ich es physisch schwer, dafür kann mir niemand das moralische Recht zum Reden absprechen.
Vor zwei Jahren sagten Sie, daß die Staatsduma nicht nur die Ernennung, sondern auch die Absetzung des Premiers bestätigen sollte. Sind Sie noch dieser Meinung?
Chodorkowski: Die Frage muß viel weiter gefaßt werden. Das Land braucht die Konzeption eines neuen politischen Systems. Darüber muß noch viel nachgedacht werden. Ich meine, daß der Präsident als Garant der nationalen Stabilität über den politischen Bataillen stehen sollte. Und die Frist der präsidialen Vollmachten wird weniger wichtig, wenn eine Regierung, die von der parlamentarischen Mehrheit gebildet wird, für die Lenkung der Wirtschaft verantwortlich ist. Dem Staatschef sollte es vorbehalten sein, einen Teil der Richter, den Generalstaatsanwalt und die Leiter der Geheimdienste zu ernennen und selbst die Rolle eines obersten politischen Schiedsrichters zu spielen. Viele kritisieren heute die außerordentliche Machtkonzentration in den Händen eines einzelnen Menschen. Aber wir vergessen, daß das leider direkt aus der Verfassung von 1993 folgt, die in vielem unter dem Druck kurzfristiger politischer Faktoren entstand. Wir sollten um Gottes willen das politische System nicht wieder unter dem Eindruck kleinlicher, konjunktureller Bestrebungen ummodeln.
Was halten Sie von den politischen Reformen, die der Kreml in Angriff nimmt - von der Ernennung der Gouverneure, den Parlamentswahlen nur nach Parteilisten?
Chodorkowski: Die Staatsmacht versucht, alle Politiker in Beamte zu verwandeln, die ernannt werden, und die herrschende Klasse so "einzuzementieren", so daß niemand von außen an die Macht kommen kann, der nicht zum inneren Machtzirkel gehört. Das ist ein typisches Stagnationsprojekt. Wie gefährlich das ist, sehen wir am Beispiel des Schicksals der herrschenden Sowjetelite der achtziger Jahre. Allerdings ist die Stabilitätsreserve Rußlands heute geringer als die der damaligen UdSSR. Solche Schritte sind gefährlich für das Land. Sie können dazu führen, daß die einzige Ausdrucksform der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Macht die Rebellion ist - und zwar eine sinn- und gnadenlose. Wird die Staatsmacht in der Lage sein, sie zu verhindern? Ich bin nicht sicher.
Sind Sie noch immer der Meinung, daß die Großunternehmen gegenüber dem Volk Buße tun sollten für ihre Fehler?
Chodorkowski: Ja, das meine ich. Aber nicht nur die Großunternehmen, sondern die gesamte herrschende Elite, die verantwortlich dafür ist, daß die marktwirtschaftlichen Reformen der neunziger Jahre antisozial waren und damit das Vertrauen des Volkes in die liberalen Ideen und Werte zerstörten. Die gestrige und heutige Bürokratie - und das sind in hohem Grade dieselben Leute - sollte nicht glauben, daß die Reue der Unternehmer sie von der Verantwortung für Fehler und Zusammenbrüche befreit.
Haben Sie versucht, sich mit der Staatsmacht über Bedingungen für Ihre Freilassung zu einigen?
Chodorkowski: Ich habe offen und mehrfach der Staatsmacht das mir gehörende Aktienpaket von Yukos angeboten. Aber das war kein Versuch meinerseits, sich die Freiheit zu erkaufen. Ich hoffte vielmehr, daß diejenigen, die daran interessiert waren, sich Yukos anzueignen, den Konzern nicht zerstören würden und nicht Hunderttausenden Mitarbeitern von Yukos und den Bewohnern der von den Yukos-Steuern abhängigen Regionen Arbeit und Hoffnung nehmen. Aber das Schicksal dieser Menschen wurde eigensüchtigen Interessen geopfert, die auf Yuganskneftegaz gerichtet waren. Von dem Unternehmen hatte ich mich schon im Frühjahr 2004 verabschiedet. Die Tatsache, daß die Menschen, die Manager und Mitarbeiter von Yukos weiter arbeiten und kämpfen, charakterisiert sie nicht nur als professionelle Fachleute, sondern als Helden. Es ist überaus schade um die Leute, die verhaftet wurden, damit sie unter Druck falsche Aussagen machen, und um die, die zur Emigration gezwungen wurden, aber auch um die, die den weiteren Verlauf der Ereignisse schon sehen und trotzdem weiterkämpfen.
Inwieweit haben Sie das kontrolliert, was im Unternehmen vor sich ging? Welche Aussichten hat der Bankrottprozeß, der in Texas angestrengt wurde? Sollten die Aktionäre den Käufer von Yuganskneftegaz verklagen?
Chodorkowski: Als ich verhaftet wurde, begriff ich, daß sie mir das Unternehmen wegnehmen werden, aber ich konnte nie vermuten, daß sie dafür das Unternehmen zerstören. Im Gefängnis war es unmöglich, in angemessener Weise an der Leitung teilzunehmen. Bekanntlich habe ich ja gleich nach meiner Verhaftung meine Vollmachten als Mitglied des Yukos-Vorstandes niedergelegt. Die Manager des Unternehmens, der Vorstand tragen die Verantwortung gegenüber den Aktionären und handeln so, daß künftig keine Ansprüche ihnen gegenüber erhoben werden können, vor allem nicht von den Minderheitsaktionären. Das trifft auch auf die Direktoren der Menatep-Gruppe zu, wo ich vor der Verhaftung 9,5 Prozent der Aktien besaß und Begünstigter von weiteren 50 Prozent war. Jetzt nach dem Verkauf von Yuganskneftegaz ging auch das an andere Aktionäre über. Jetzt haben die in Freiheit befindlichen Aktionäre möglicherweise alles geändert, aber die Direktoren blieben unabhängig und handeln nach ihrer Auffassung im Interesse der Aktionäre, wie es das Gesetz vorsieht. Die Menatep-Gruppe als ein Aktionär von Yukos hat mehrfach erklärt, sie werde alle juristischen Personen gerichtlich verfolgen, die an der sogenannten Auktion beteiligt waren, sowie auch die Unternehmen, die in irgendwelche Geschäfte mit dem Eigentum von Yuganskneftegaz verwickelt sind. Ich persönlich habe nicht die Absicht, vom Unternehmen oder vom Staat irgendwelches Geld zu fordern.
Was würden Sie Putin jetzt sagen, wenn Sie eine Gelegenheit dazu hätten?
Chodorkowski: Herr Präsident, lassen Sie es nicht zu, daß die Staatsmacht entwertet und mißbraucht wird. Lassen Sie nicht zu, daß sie in eine Waffe zur Umverteilung des Eigentums und zum Schutz privater Interessen der Bürokratie wird. Das vervielfältigt die Fehler und Probleme der neunziger Jahre.
Was werden Sie tun, sollten Sie Ihre Freiheit wiedererlangen?
Chodorkowski; Ausreisen möchte ich überhaupt nicht. Im Geschäftsleben sehe ich mich auch nicht mehr, diese Etappe meines Lebens liegt hinter mir. Ich hoffe, daß ich die gesellschaftlichen und Bildungsprojekte, mit denen ich mich seit drei Jahren in der Gesellschaft "Offenes Rußland" beschäftige, fortsetzen kann, darunter das Universitätsprojekt.
Wie verbringen Sie Ihre Zeit, wenn Sie nicht mit Ihren Anwälten oder dem Gericht beschäftigt sind?
Chodorkowski: Ich lese und versuche, nicht meine intellektuelle Form zu verlieren. Ich bekomme ständig Bücher. Auch Journale und Zeitungen bekomme ich in großer Menge, obwohl ich manchmal nicht lesen will, um nichts zu erfahren, nichts zu hören. Ich antworte auf Briefe, die ich zahlreich aus Rußland und aus dem Ausland bekomme. "Böse" Briefe sind selten. Alle sind mitleidig, einige unterstützend, andere bitten um Hilfe. Sport zu treiben ist kaum möglich, es ist zu eng. Hofgang - eine Stunde am Tag.
Wer sind Ihre Zellennachbarn?
Chodorkowski: Im Gefängnis sind verschiedene Leute. Wahrscheinlich viele schlechte Leute, aber solche habe ich nicht getroffen. Bisher ist es mir gelungen, mit allen eine gemeinsame Sprache zu finden.
Sind Sie mit den Haftbedingungen zufrieden?
Chodorkowski: Im Gefängnis herrscht strenge Isolation. Die Bedingungen sind hart, aber besser als in anderen Gefängnissen. Das strenge Regime hat auch gute Seiten. Die Zelle hat zwölf Quadratmeter, die ich mit einigen Mitinsassen teile. Es sind einfache Leute mit ihren Leiden und Problemen, wir haben einen Kühlschrank, einen Fernsehapparat. Besonders niederdrückend ist das monatliche Wiedersehen mit meinen Angehörigen durch eine Glaswand. Ich vermisse meine Familie, meine Frau, meine Kinder, meine Eltern. Um sie tut es mir sehr leid. Und schwer ist, daß es hier überhaupt keine Sonne gibt.
Das Interview erschien Montag in Russki Newsweek. Wir drucken es mit geringen Kürzungen ab.
Artikel erschienen am Mit, 2. Februar 2005
wir haben dieses Posting wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht aus dem ARIVA.DE-Diskussionsforum gelöscht.
Ihr ARIVA.DE-Team
Moya: "Bammi der Bericht ist spitze danke";
Tame B.: "Bammi alles super berichtet...top top top"
2212i: "Sie haben sehr gute Beiträge geschrieben! Bleiben Sie dem Forum lange erhalten."
In Ihrer Antwort, mein lieber Bammi, bedanken Sie sich dann auch noch bei "Moya" und sonnen sich huldvoll in ihrem Lob, als seien Sie der Autor des Textes. Zitat Bammi: "danke Moya es kommt immer mehr Licht ins Dunkel."
Abgesehen davon, mein lieber Bammi, dass Sie offensichtlich Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben, die Texte, die Sie ungeniert als Ihre eigenen ausgeben und sich dafür dann auch noch widerspruchslos loben lassen, sind in diversen Fällen von mir, so unter anderem "Unsichtbarer Aufmarsch der Geheimdienste", den Sie beim "Saar-Echo" abgekupfert haben.
Jetzt reicht's!
Frank Krüger
Es ist und bleibt ein super Bericht eines Düsseldorfer Journalisten!
Gruß Moya
Ich habe in diesem Posting ausdrücklich den Verweis gemacht, wo man es in ganzer Länge noch einmal nachlesen kann. Das Schmücken mit fremden Federn liegt mir fern und ich will auch nicht als solcher angesehen werden. Meine Postings sollen auschließlich zur Information dienen und nicht dazu, mich damit zu brüsten.
Außerdem habe ich in einem anderen Thread nochmals betont wer der Autor ist, in Verbindung mit einer Danksagung. Ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor.
mit freundlichen Grüßen
bammie