Rot-Grüne Chaoschronik 2002-2006:
Seite 46 von 137 Neuester Beitrag: 18.09.05 23:03 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.02 22:29 | von: SchwarzerLo. | Anzahl Beiträge: | 4.404 |
Neuester Beitrag: | 18.09.05 23:03 | von: Karlchen_I | Leser gesamt: | 166.267 |
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SPD-Fraktion verabschiedet Ausbildungsplatzabgabe
Die SPD-Bundestagfraktion hat bei wenigen Gegenstimmen die Einführung einer Lehrstellenabgabe beschlossen. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ist gegen die Abgabe, Proteste kamen auch aus der Wirtschaft.
Ein entsprechendes Gesetz soll bis Februar verabschiedet werden. Danach soll künftig jeweils zum 30. September eines Jahres festgestellt werden, ob das Ausbildungsangebot ausreicht. Falls Plätze fehlen, sollen Betriebe, die ungenügend ausbilden, in einen Fonds zahlen. Mit den Einnahmen sollen zusätzliche Lehrstellen finanziert werden. Fraktionschef Franz Müntefering sagte, das Gesetz bedürfe nicht der Zustimmung des Bundesrates. Laut Müntefering hat es die Wirtschaft im nächsten Jahr durch Bereitstellung eines ausreichenden Lehrstellenangebots selbst in der Hand, ob eine Abgabe erhoben wird. Nach dem Gesetzesvorstoß sollen Betriebe ohne Lehrlinge bei einem unzureichenden bundesweiten Angebot eine Abgabe in einen zentralen Fonds entrichten. Mit dem Geld sollen zusätzliche Lehrstellen finanziert oder Betriebe mit vorbildlicher Ausbildungsleistung entlastet werden.
Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn widersprach Clements Einschätzungen zur Situation auf dem Lehrstellenmarkt. Angesichts des immer größer werdenden Mangels sei es konsequent, jetzt gesetzliche Maßnahmen vorzubereiten, sagte sie der "Frankfurter Rundschau". Die Wirtschaft habe binnen zwei Jahren rund 75.000 betriebliche Ausbildungsplätze abgebaut. Angesichts dieser Entwicklung werde es für die Wirtschaft sehr schwer, das Ruder noch herumzureißen.
Wirtschaftsverbände lehnen Abgabe ab
Kritik an einer Ausbildungsplatzabgabe kam vor allem aus der Wirtschaft. Sowohl der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) als auch der Bau-Hauptverband lehnten eine Abgabe ab. Unterstützt werden sie dabei vom Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung. "Die Vorstellungen der SPD sind unausgegoren. Sollten sie Gesetz werden, steuern wir auf eine Situation zu, in der nicht mehr, sondern noch weniger ausgebildet wird", sagte der Arbeitsmarktexperte des Instituts, Martin Werding, dem Berliner "Tagesspiegel". Auch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn und das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen haben dem Bericht zufolge Bedenken gegen eine Abgabe. Ebenfalls kritisch äußerte sich Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD). Eine solche Abgabe werde die Probleme auf dem Ausbildungsmarkt nicht lösen. Gleichzeitig würden Betriebe bestraft, die Ausbildungsplätze anböten, aber keine oder keine geeigneten Bewerber bekämen, sagte er den "Lübecker Nachrichten".
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, sprach sich erneut strikt gegen eine Ausbildungsplatzabgabe aus. "Sie verstaatlicht das, was bislang privatisiert gewesen ist", sagte Wansleben im Deutschlandfunk. Am Ende müssten die Betriebe in strukturschwachen Gebieten die Ausbildungsplatzabgabe finanzieren: "Sie ist eine Sondersteuer für die neuen Bundesländer."
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1068298473550.html?nv=hpm
11/11/03, 15.12 -- Kcd
Hier wird meist von 12 Uhr bis zum Mittag gedacht.
Ich kann mich noch gut an das Gejammere erinnern: "Wir haben keine qualifizierten Kräfte, wir haben dadurch einen Wettbewerbsnachteil !"
Zumeist wird über Politiker gschimpft. Leider wird die äusserst mangelhafte Planungsqualität unserer Wirtschaftslenker gar nicht gewürdigt.
Dabei ist im ersten Seminar zu lernen, dass Ausbildung eine Investition für die Zukunft ist.
Freie Fahrt für die Wirtschaft ist wichtig. Aber manchmal müssen Unternehmensleitungen zu ihrem Glück auch gezwungen werden. Von alleine machen diese Bürokraten auch nichts.
Du erwähnst das Problem ja selbst - eine veraussachauende Personalpoltik betreiben die wenigsten Unternehmen. Das werden Dir auch die Unternehmnesberater bestätigen.
Ausbildung stellt für Unternehmen auch einen
erheblichen Kostenfaktor dar.
Das sollte Dir als "Chefökonom" mit soziologischer
Prägung und riesiger öffentlicher Reputation auch
klar sein.
Firmen agieren nicht mit einem Zeithorizont von 10-20 Jahren, sondern allenfalls 2-3 Jahre voraus
Da hast Du zwar recht, aber wie Karlchen richtig sagte, ist genau dieses das Problem. Die großen Konzerne lehnen -drummdreisterweise- jede volkswirtschaftliche Mitverantwortung ab. Wenn es aber darum geht, Subventionen vom Staat abzugreifen, trampeln sie sich halbtot bei Run auf die Fleischtöpfe. Wenn es darum geht, Gewinne zu vermelden, klopft man sich vor laufender Kamera auf die Schulter und verweist auf die eigene Kompetenz.
Geht es aber darum, in weniger guten Zeiten nachhaltige Personalpolitik zu betreiben, werden stattdessen im großen Stil Know-How-Träger wie Ingenieure und Facharbeiter rausgeschmissen und die Politik wird als der Schuldige dargestellt. Bei Siemens hier nebenan sind mittlerweile 20000 Leute rausgeschmissen worden, davon viele Ingenieure und Wissenschaftler.
Und jede Wette, SL: Wenn die Konjunktur irgendwann mal wieder anzieht und Siemens die Leute wieder braucht, dann ist ein Herr v. Pierer der erste, der sich wieder vor die Kamera stellt und laut lamentiert. Er wird dann auf die Inkompetenz der Politiker verweisen und laut anprangern, was das für ein Technologoestandort sein soll, wenn ein Konzern wie Siemens nicht einmal genügend Ingenieure einstellen kann.
Warum ich so sicher bin? Ganz einfach: 1997 hat er genau dieses Spielchen schonmal gemacht.
Nieten in Nadelstreifen...
Umfrage: Hälfte der SPD-Mitglieder denkt an Austritt
Die SPD kommt nicht aus ihrem Stimmungstief. Im Gegenteil: Drei Viertel aller SPD-Mitglieder geben die Wahl 2006 schon verloren.
Nach einer repräsentativen Umfrage unter 1001 SPD-Mitgliedern im Auftrag des Hamburger Magazins "Stern" glauben 72 Prozent von ihnen nicht mehr daran, dass die SPD die nächste Bundestagswahl gewinnen kann; außerdem würde jedes fünfte SPD-Mitglied momentan nicht die SPD wählen. 56 Prozent haben schon einmal überlegt, die Partei zu verlassen, 60 Prozent halten die derzeitige Politik für sozial unausgewogen. Nach der "Stern"-Umfrage, die vom Forsa-Institut durchgeführt wurde, sind die meisten Genossen unzufrieden mit ihrer Parteiführung. Zwar bewertet eine knappe Mehrheit von 51 Prozent Gerhard Schröders Arbeit als SPD-Vorsitzender als "gut", 54 Prozent fordern allerdings, künftig die Ämter von Kanzler und Parteichef zu trennen.
Viel Kritik an Scholz
32 Prozent der SPD-Mitgliedern wünschen sich, dass Ex-Parteichef Oskar Lafontaine wieder eine wichtige Rolle in der SPD übernimmt.
Äußerst kritisch wird SPD-Generalsekretär Olaf Scholz von seiner Basis gesehen. So beurteilen 58 Prozent der SPD-Mitglieder seine Arbeit als schlecht oder weniger gut. 44 Prozent hätten lieber einen anderen Parteimanager, ermittelte Forsa. Am kommenden Wochenende muss sich Scholz auf dem SPD-Parteitag in Bochum zur Wiederwahl stellen. Es wird mit einem verhältnismäßig schlechten Ergebnis für ihn gerechnet. Von den jüngeren SPD-Politikern genießt der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel das meiste Vertrauen: 61 Prozent der Sozialdemokraten wollen, dass er mehr Gewicht in der Partei erhält; die für den stellvertretenden Parteivorsitz kandidierende Ute Vogt kommt auf einen Wert von 53 Prozent.
Zwischen Schröder und der Basis liegen Welten
Die Stern-Umfrage zeigt zudem große Unterschiede zwischen der SPD-Basis und dem Kurs ihres Parteivorsitzenden. So stufen sich 50 Prozent der SPD-Mitglieder als links ein, 52 Prozent wünschen sich eine linke SPD, aber nur 16 Prozent halten die gegenwärtige Politik für links. Fast zwei Drittel der SPD-Mitglieder - 64 Prozent - würden lieber in die Opposition gehen als die Grundwerte der Partei aufzugeben; nur 33 Prozent bejahten dagegen, dass es vorrangig sei, Macht zu haben, um die eigenen Vorstellungen umsetzen zu können.
Auch die auf einem Sonderparteitag Anfang Juni beschlossene Agenda 2010 des Bundeskanzlers stößt in seiner Mitgliedschaft weiter auf heftigen Widerspruch. Nur 49 Prozent der Genossen sehen Schröders Reform-Agenda im Einklang mit den sozialdemokratischen Grundwerten. 55 Prozent bezweifeln, dass die Agenda 2010 zu mehr Wachstum und zu mehr Arbeitsplätzen führen werde, ergab die Forsa-Erhebung. Dagegen befürworten 73 Prozent der SPD-Mitglieder eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, die von der Parteispitze abgelehnt wird. Forsa hatte vom 3. bis 5. November 1001 SPD-Mitglieder im gesamten Bundesgebiet befragt. Die statistische Fehlertoleranz beträgt plus/minus drei Prozentpunkte.
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1068298478340.html?nv=hptn
über ausreichende Kulturtechniken, Arbeitswillen
und Interesse verfügen.
In Kreuzberg kann es anders sein. *g*
Dem Parteivorsitzenden sein Öger
Die SPD und die Nominierung des türkischstämmigen Unternehmers für Europa
Bettina Vestring
Es grollt bei den Europa-Politikern der SPD. Dass Vural Öger, deutsch-türkischer Vorzeige-Unternehmer und Schröder-Favorit, auf Platz 10 der Europa-Wahlliste gelandet ist, gefällt den übrigen Bewerbern überhaupt nicht. Denn Öger ließ sich nicht, wie es üblich gewesen wäre, von einem SPD-Landesverband nominieren. Er wurde vom Parteichef und Bundeskanzler Gerhard Schröder persönlich auf die Liste gesetzt - und zierte sich dann sogar noch, bevor er sein Einverständnis erklärte.
Platz 10 der SPD-Bundesliste, das ist eine sichere Karte, selbst in Krisenzeiten der Partei. Wenn die Europa-Delegierten der SPD am Sonntag in Bochum die Liste bestätigen, kann Öger auf jeden Fall damit rechnen, im Juni 2004 in das Europaparlament einzuziehen. Doch alle Kandidaten, die nach Platz 10 auf der Liste stehen, rutschen um eine Stelle nach unten.
Das schafft Ärger, und zwar umso mehr, als die Bewerber auch nicht von Ögers europapolitischer Gesinnung und Einsatzfreude überzeugt sind. Schon sind böse Geschichten im Umlauf: Öger werde weniger die deutschen als die türkischen Interessen im Europaparlament vertreten, heißt es. Zudem werde der viel beschäftigte Unternehmer kaum mehr als ein oder zwei Tage in der Woche für die Straßburger Parlamentsarbeit aufwenden wollen.
Doch Schröder ließ keinen Einwand gelten. Kein Protest und keine Petition brachten ihn davon ab, den türkischstämmigen Hamburger auf die Liste zu setzen. "Das ist wirklich dem Parteivorsitzenden sein Öger", heißt es in der SPD. Und wirklich will Schröder mit der Nominierung dieses hoch gewachsenen, eleganten 61-Jährigen ein Signal setzen: eine Kampfansage an die Union. Denn CDU und CSU werden vermutlich auch im Wahlkampf heftig gegen die EU-Kandidatur der Türkei wettern; ein Vural Öger auf der Wahlliste ist darauf eine klare Antwort.
Hinzu kommt, dass die Nominierung des Unternehmers ein schöner Dank ist an die türkischstämmigen Wähler, die Rot-Grün im Jahr 2002 an der Regierung gehalten haben. Und Öger, der Besitzer eines der größten Reiseunternehmen in Deutschland, ist bundesweit bekannt. Auch das ist ein Vorteil gegenüber den meisten Kandidaten für Straßburg. Wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, der wie Öger aus Hamburg kommt, erläutert: "Es sind doch schon viele Deutsche mit Öger-Tours geflogen."
Berliner Zeitung, 14.11.2003
SPD VORM PARTEITAG
Richtig wichtig
Von Markus Deggerich
Die SPD hofft auf das Wunder von Bochum, um aus ihrer Depression und dem historischen Stimmungstief rauszukommen. Auf dem Parteitag kommende Woche geht es um die Zukunft ihrer Bundesregierung und der Partei. Dafür greifen die Parteimanager tief in die Trickkiste.
Berlin - Die SPD fühlt sich gerade richtig wichtig. In Zeitungsanzeigen wirbt sie für ihre Reformen. Die sind zwar zum großen Teil noch gar nicht durch den Vermittlungsausschuss, aber die Genossen verkünden bereits: "Das Richtige tun. Das Wichtige tun". Der Slogan wechselt in den Anzeigen, in denen Menschen gezeigt werden, die zwischen Gefühl und Verstand hin und hergerissen sind.
So geht es auch vielen Genossen mit der Politik ihrer Berliner Leute. Auf dem Bundesparteitag, der am Montag in Bochum beginnt, wird der Satz abwechselnd auf die Großleinwand hinter der Bühne projiziert. Richtig wichtig. Und modern.
Über das, was richtig und wichtig ist in der SPD-Politik, herrscht gelinde gesagt noch Diskussionsbedarf. Die Parteitagsmanager haben deshalb für den Montag nach der "großen Rede des Parteivorsitzenden" (Olaf Scholz) mehr Zeit als sonst für die Aussprache vorgesehen. Die Delegierten sollen ein Ventil bekommen. Durch ein straffes Zeitmanagement kann sonst immer der Eindruck von einer zerstrittenen Partei verhindert werden.
Dennoch will man nichts dem Zufall überlassen. Generalsekretär Scholz, der sich einer Wiederwahl stellt, gilt als Wackelkandidat bei den Wahlen. Er selbst ist sich sicher, dass die "Wahlergebnisse in Bochum von großer Solidarität getragen sein werden". Neben dem Generalsektretär wird auch Präsidium und Vorstand neu gewählt.
Ganz so sicher ist sich die SPD-Führung in Sachen Solidarität wohl nicht. Also schickten sie am Freitag mehrere prominente Vertreter in Interviews vor, um für den General zu werben. Baden-Württembergs SPD-Vorsitzende Ute Vogt warnte ihre Partei vor "Abstraf-Aktionen". "Wir brauchen wieder einen Diskussionsparteitag, der die inhaltliche Auseinandersetzung betont und nach vorne blickt", sagte sie am Freitag. Auch Heide Simonis, Ministerpräsidentin in Schleswig Holstein, warf sich ins Zeug: "Ich wähle Olaf Scholz."
Für den Verlauf des Basistreffens wird auch viel abhängen von der Grundsatzrede des Vorsitzenden. Gerhard Schröder habe sich, streuen die SPD-Manager wichtig raunend, diesmal besonders viel Zeit für seine Rede genommen und sich am vergangenen Wochenende mit den Redenschreibern in Klausur begeben. Rat suchte er bei den im SPD-Volk als vertrauenswürdig geltenden Hans-Jochen Vogel und Erhard Eppler. Die beiden hatten ihm bereits auf dem Sonderparteitag Anfang des Jahres mit fulminanten Reden die Agenda 2010 gerettet.
Jubilar Schröder
Vogel wird es auch sein, der die Sonderehrung für den prominentesten Jubilar übergibt: Gerhard Schröder, der vor 40 Jahren der SPD beigetreten ist. Ein Punkt, den der Vorsitzende für sich zu nutzen wissen wird, um das bekannt kühle Verhältnis zwischen ihm und der Partei auf Betriebstemperatur zu bringen.
Überhaupt sollen sich die Genossen bei all dem kalten Gegenwind, der ihnen entgegenschlägt, auch wieder mehr wärmen dürfen. Schröder hatte es einst abgeschafft, dass die Genossen auf Parteitagen ihre alten Arbeiterlieder sangen. Das war ihm zu viel Pathos für einen moderne Partei der neuen Mitte. Wenn sich die SPD-Delegierten am Mittwoch auf den Heimweg machen, werden sie diesmal wieder schmettern: "Wenn wir schreiten Seit an Seit".
Entlastungszeugen vom DGB
Aber Schröder kann es nicht allein richten. Als Entlastungszeugen hat er DGB-Chef Michael Sommer eingeladen, der klarmachen soll, dass sich SPD und Gewerkschaften noch lieb haben. Als Gastgeschenk wird der Parteitag dann wohl ein Bekenntnis zu den Flächentarifverträgen abgeben, die die Union im Vermittlungsausschuss weichspülen will. Welche Halbwertzeit solche Parteitagsbeschlüsse dann im Verhandlungsalltag haben, wird sich erst nach dem Basistreffen erweisen.
Als Versöhnungs-Signale an die eigenen Reihen hatte Schröder diese Woche die Ausbildungsabgabe zumindest nicht mehr ausgeschlossen - gegen den Willen von Wolfgang Clement. Das geschah weniger als Verbeugung vor der SPD-Linken, sondern aus der Einsicht heraus, die Partei müsse wieder mehr Profil zeigen, alte sozialdemokratische Ideen stärker herausstellen. Deshalb wird er wohl auch nicht intervenieren, wenn es um den Beschluss geht, Großerben stärker zur Kasse zu bitten. Olaf Scholz machte am Freitag schon mal klar, dass es dabei nicht um "Omas Häuschen" geht und auch nicht um Betriebsübergaben im Mittelstand. Als weiteres Zuckerl für die Basis will der Generalsekretär die Familienpolitik und Bildung zu großen SPD-Themen machen.
Wer wird Stellvertreter?
Schröders ursprünglicher Plan, die Riege seiner Stellvertreter auf zwei zu reduzieren, ließ er wieder fallen. Denn dabei wäre mit Sicherheit der an der Basis mit Misstrauen beobachtete Wolfgang Clement rausgefallen - aber den braucht er noch als Reformantreiber. Neu für dieses Gremium bewirbt sich Ute Vogt, die bei Schröder als ministrabel gilt und ihm noch nie weh getan hat. Rudolf Scharping, dem Schröder oft weh getan hat, macht Platz - vermutlich für Kurt Beck.
Die Parteiführung blickt mit einer gehörigen Portion Restskepsis auf die kommende Woche. Die Partei im historischen Stimmungstief schwankt zwischen Reformmut und Depression, sie ist irritiert und sucht nach einer gemeinsamen Linie, was auch an den vielen Programmentwürfen abzulesen ist, die plötzlich aus allen möglichen Kreisen, Netzwerken und Gruppen kommen. Viele hoffen auf das Wunder von Bochum, denn weder die Zukunft dieser Bundesregierung noch der Partei scheint gesichert.
Schröder weiß, was seine Leute erwarten. Zur Einstimmung auf den Kongress gehörte auch, dass der Kanzler sich vorher bewusst nur im SPD-Organ "Vorwärts" in einem Interview äußerte. Alle anderen Anfragen von Zeitungen und Magazinen blieben erfolglos. Seine Botschaft: Jetzt ist mir nur die SPD richtig wichtig. Zumindest für die drei Tage in Bochum.
Spiegel online, 14.11.2003
Vermittlungsausschuss
Erste Runde an die Union
Die geplanten Steuersenkungen und die Arbeitsmarktreformen werden im Vermittlungsausschuss wie von der Opposition gewünscht gemeinsam verhandelt. Das Gremium einigte sich darauf, zustimmungspflichtige und nicht-zustimmungspflichtige Gesetze in einem Paket in zwei Arbeitsgruppen zu verhandeln.
Beide Seiten sprachen von einer guten Arbeitsatmosphäre, betonten aber, dass sie in der Sache noch weit auseinanderlägen. Die Arbeitsgruppen sollen bis zum 10. Dezember einen Kompromiss finden. Ob eine gemeinsame Behandlung bei der Kompromisssuche in den Arbeitsgruppen „Wirtschaft und Arbeit“ und „Steuern und Finanzen“ hilfreich sein werde, bleibe abzuwarten, sagte Schmidt (SPD). „Dies wird sich im Laufe der nächsten zwei, drei Wochen zeigen.“ Einige Äußerungen der Gegenseite machten „nicht gerade Mut“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Volker Kauder, zeigte sich zufrieden über die Zusage der Koalition, alle Gesetze gemeinsam zu behandeln. Er hoffe, dass die Arbeitsgruppen zu einem Ergebnis kämen, dass den „Menschen in diesem Land dient“.
Was die rot-grüne Regierung vorlegt habe, könne aber in dieser Form nicht verabschiedet werden. Dabei handelt es sich unter anderem um das Vorziehen der Steuerreform, die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie die Gewerbesteuerreform und die Reform der Sozialhilfe.
Die Bedingungen zur Zustimmung
Die Opposition macht eine Zustimmung zum Vorziehen der Steuerreform von Zugeständnissen der Regierung im Arbeitsrecht abhängig. Der SPD-Verhandlungsführer für das Hartz-Paket, Ludwig Stiegler, hatte bereits vor der Sitzung angekündigt, Anfang Dezember werde „ein erstes Resümee“ über die Arbeit des Ausschusses gezogen. Falls die Regierung die Verhandlungen dann nicht für ausreichend halte, werde sie alle jene Gesetze auf den Weg bringen, für die sie nicht die Zustimmung der Opposition benötige. Zu den nicht zustimmungspflichtigen Vorhaben zum Sexualstrafrecht, Terrorismus und zur Gentechnik konnte der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat auch in dritter Sitzung keinen Einigungsvorschlag finden. Damit ist das Verfahren abgeschlossen. Die Einspruchsgesetze würden am 28. November erneut in den Bundesrat gebracht und noch am gleichen Tag im Bundestag mit Kanzlermehrheit beschlossen, kündigte Schmidt an.
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/546/21525/
"PERSÖNLICHE GRÜNDE"
Oberfeldmarschall Graf Scharping nimmt nicht am SPD-Parteitag teil
Rudolf Scharping, noch SPD-Parteivize und von 1993 bis 1995 Vorsitzender der Sozialdemokraten, fährt nicht zum SPD-Bundesparteitag kommende Woche in Bochum. Scharping bestätigte am Freitag exklusiv gegenüber SPIEGEL ONLINE seinen Verzicht.
Berlin - "Ich engagiere mich weiter mitten in der SPD. Dazu muss ich aber nicht an diesem Parteitag teilnehmen", sagte Scharping am Freitag gegenüber SPIEGEL ONLINE. Er machte "persönliche Gründe" für seine Abwesenheit geltend.
Scharping, formal immer noch Vorsitzender der SPD-Grundsatzkommission, soll am Montag durch den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck als Stellvertreter von Parteichef Gerhard Schröder ersetzt werden. Im Sommer 2002 hatte Kanzler Schröder Scharping als Verteidigungsminister entlassen, nachdem er durch Geschäftsbeziehungen zu dem PR-Berater Moritz Hunzinger für Schlagzeilen gesorgt hatte. 1995 hatte Oskar Lafontaine Scharping auf dem SPD-Parteitag in Mannheim als Vorsitzenden gestürzt.
Spiegel online, 15.11.2003
SPD-Parteitag: Abrechnung in der Wagenburg
Der Treck kämpft sich ermüdet durch die endlose Prärie. Plötzlich Indianer, von allen Seiten. In Panik versuchen viele zu flüchten, andere ergeben sich lieber gleich. „Bildet eine Wagenburg“, schreit der Anführer. Das verbliebene Häuflein igelt sich ein im Kreis, verschanzt sich und ballert, was das Zeug hält. Im Western reiten die simplen Wilden dann so lange johlend um die tapferen Verteidiger herum, bis auch die letzte Rothaut vom Gaul fällt. Und alles ist gut. Bis auf das Happyend ähnelt die Lage der SPD vor dem Parteitag in Bochum jener der Siedler mit unbekanntem Ziel, umzingelt von Feinden, ermattet nach langer Durststrecke.
Das vergangene Jahr hat ungeheuer viel Kraft gekostet. Der Bundeskanzler und Vorsitzende hat die SPD ohne große Diskussion auf ein Reform-Programm eingeschworen, gegen das die Sozialdemokraten vor der Bundestagswahl noch Sturm gelaufen wären. Mit permanenten Rücktrittsdrohungen hat Gerhard Schröder intensive Debatten unterbunden, hat „Abweichler“ auf Linie gebracht, hat seine Politik als alternativlos erklärt: „Wir müssen das jetzt machen.“ Basta-Politik.
Die Parteilinke hat dem gequält zugesehen, hat vor Vertrauensverlust gewarnt, den Bruch zahlreicher Wahlversprechen kritisiert, bestürzt abstürzende Umfragewerte und desaströse Wahlniederlagen registriert, Perspektiv- und Ziellosigkeit der Führung beklagt. Der These, die SPD zeige ernste Auflösungserscheinungen, wird seit Monaten nur matt widersprochen. „Wir müssen den Reformprozess entschleunigen und klar machen, wohin die Reise geht“, fordert das linke Vorstandsmitglied Andrea Nahles.
Auch wirtschaftsnahe SPD-Parlamentarier wie Rainer Wend oder der Sprecher des Seeheimer Kreises, Reinhold Robbe, räumen ein, dass Notwendigkeit und Ziel der Reformen nur höchst unzureichend erläutert wurden. Selten zuvor sind in so kurzer Zeit so viele „Papiere“ entstanden, in denen parlamentarische Linke und DGB, Mitglieder der Programmkommission oder die „Netzwerker“, eine Gruppe jüngerer SPD-Politiker, ihre Vorstellungen, Ziele und Forderungen formulierten. Ein Treck auf der Suche nach Orientierung, mitten in der Prärie.
Da liegt der Gedanke nicht fern, dass in Bochum abgerechnet wird, und wenn nur durch das Abstrafen einiger Protagonisten. Über die am Montag anstehende Wiederwahl von Generalsekretär Olaf Scholz etwa wurde spekuliert, der Hamburger könnte glatt durchfallen. Auch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement werde ein mieses Ergebnis erzielen, hieß es verschiedentlich. Nicht zuletzt der Kanzler selbst könnte sich mit vergleichsweise bescheidener Zustimmung konfrontiert sehen.
Ein bisschen von alldem wird sein. Die Prozentsätze, die der Parteichef, seine Stellvertreter und Scholz verbuchen werden, dürften sich zwischen 65 und 85 Prozent bewegen, mithin zwischen Ohrfeige und „Geht so“. Es wird den Versuch geben, einige Formulierungen des Leitantrages zu präzisieren, wie dies schon im Vorfeld geschehen ist, als die Linke „seitenweise Gelaber entsorgt“ hat (Nahles) und dafür konkrete bildungspolitische Zielsetzungen in das Papier einarbeitete.
Beispiel Bürgerversicherung: Olaf Scholz hält das Bekenntnis im Antrag für ausreichend. „Der Pfad, auf dem wir gehen, ist vorgegeben“, versichert Scholz. In Augen vieler Delegierter gleicht der Pfad freilich eher den Weiten der Prärie, so unpräzise fällt das Ja zur Bürgerversicherung aus. Daher wird es ziemlich sicher einen Antrag geben, der alle Einkunftsarten aller Bürger als Bemessungsgrundlage der Bürgerversicherung festschreibt.
Weit größere Sorge macht sich die Parteiführung aber darüber, dass per Basisbeschluss Grenzlinien für die Verhandlungen mit der Union über die Arbeitsmarktreformen im Vermittlungsausschuss gezogen werden könnten: Hände weg vom Kündigungsschutz und der Tarifautonomie zum Beispiel. „So etwas wäre ganz unklug“, bibbert Scholz.
Aber so muss es ja nicht kommen. Mit seinem Schwenk beim Symbolthema Ausbildungsabgabe hat Schröder in letzter Minute versucht, die Linke zu narkotisieren. Ein paar Indianer reiten noch um die Wagenburg. Mal sehen, ob die Munition reicht.
STEFAN SAUER
VOR DEM SPD-PARTEITAG
Parteitag der Genossen - Der Streit hat schon begonnen
Unruhe bei den Genossen: Kurz vor dem Bundesparteitag in Bochum fordern mehrere mächtige SPD-Landesfürsten erneut eine Vermögenssteuer. Auch der Vorsitzende Gerhard Schröder wird kritisiert: Er hätte die Partei viel eher von seiner Reformagenda überzeugen müssen.
Berlin - Sie hatten auf eine kritikfreie Zone gehofft. Die SPD kann ihre geplante "Bannmeile" zum Bundesparteitag in Bochum aber vor Gericht nicht durchsetzen. Damit könne beim Tagungsort im Bochumer Stadtpark an diesem Sonntag auch demonstriert werden, teilte das Bochumer Friedensplenum am Samstag mit. Geplant ist eine Menschenkette. Ab 10 Uhr tagt im Stadtparkrestaurant am Sonntag das SPD-Präsidium zur Vorbereitung des Bundesparteitages. Auch "attac" hat zu Demonstrationen aufgerufen.
Aber auch die SPD-Politiker kümmern sich nicht um eine inhaltliche "Bannmeile" vor dem Delegiertentreffen. Mehrere Landeschefs eröffneten am Samstag wieder die Diskussion um eine Vermögenssteuer, die Kanzler Gerhard Schröder ablehnt. Kritik übten sie auch am Chef selbst.
Der niedersächsische Vorsitzende Wolfgang Jüttner sagte, auch wenn die Steuer nicht so viel Einnahmen bringe, sei sie ein Symbol "für die Herstellung sozialer Balance". Jüttner kritisierte in der Hannoverschen "Neuen Presse", der SPD-Vorsitzende, Bundeskanzler Gerhard Schröder, hätte die Partei viel eher von den Notwendigkeit seiner Reformagenda überzeugen müssen. Sein nordrhein-westfälischer Kollege Harald Schartau forderte ebenfalls eine stärkere Belastung für Vermögende und Erben.
Das verlangt auch der Thüringer SPD-Vorsitzende Christoph Matschie. Es müsse diskutiert werden, wie auch große Einkommen und Vermögen dazu beitragen könnten, dass der Staat Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung finanzieren könne, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium im Deutschlandradio Berlin. Dies sei "kein Zuckerchen für die Linken", sondern eine Frage der Gerechtigkeit. Die Grünen wollen laut Parteichefin Angelika Beer bereits auf ihrem Parteitag in zwei Wochen die Einführung einer Vermögensteuer beschließen.
SPD-Fraktionschef Franz Müntefering erklärte dagegen, er rechne auf dem Bochumer SPD-Parteitag, der am Montag beginnt, weder mit langen Debatten noch mit Entscheidungen zum Thema Vermögensteuer. "Ich erwarte eher eine Diskussion über die Erbschaftsteuer", sagte er laut "Welt am Sonntag". Dabei sei zu berücksichtigen, dass Betriebe bei einem Generationenwechsel handlungsfähig bleiben müssten. Außerdem müssten private Vermögen und Immobilien "in angemessener Weise" frei gestellt werden.
Die SPD muss nach Auffassung von Brandenburgs Parteichef und Ministerpräsident Matthias Platzeck ihre Politik deutlich offensiver als bisher vertreten. "Es muss uns wieder gelingen, die CDU anzugreifen", sagte Platzeck Als Beispiele nannte er die Pläne der Christdemokraten im Gesundheitswesen und die Steuerreform-Vorschläge des CDU-Politikers Friedrich Merz, die unsozial seien.
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will Beamten und Politikern bei der Neuregelung der Altersbesteuerung ab 2005 einen steuerfreien "fiktiven Rentenbeitrag" von zunächst 1193,40 Euro zubilligen. Das Finanzministerium in Berlin bestätigte am Samstag einen Bericht der Illustrierten "Focus". Der Entwurf sei den Verbänden zu Stellungnahmen zugeleitet. Im Laufe des Verfahrens könne sich der Gesetzentwurf aber noch verändern.
Spiegel online, 15.11.2003
Weil das ja wirklich beängstigend mit deiner Müdigkeit ist. Freunden hilft man gerne weiter.
Die Troika war gestern. Scharping und Lafontaine sind ausgebootet. Jetzt herrscht Gerhard Schröder allein in der SPD und will morgen die Seele der Partei treffen
von Siegmar Schelling
Das Drehbuch ist geschrieben. Der Bundesparteitag der SPD, der morgen in Bochum beginnt, wird ganz auf den Vorsitzenden Gerhard Schröder zugeschnitten sein. Wie die Kumpel an der Ruhr, denen der Kanzler diese Woche großzügig die Fortschreibung der Bergbau-Subventionen bis zum Jahr 2012 zusicherte, sollen die Delegierten jenem Mann Beifall zollen, der allein ihnen bisher die Macht in Berlin erhielt. Und der immer noch als einziger Hoffnungsträger gilt, der die Partei aus ihrem gegenwärtigen Tal der Tränen, das in Umfragen von gerade noch 25 Prozent für die SPD Ausdruck in Zahlen findet, führen könnte.
Im Gegensatz zu früheren Parteitagen soll es diesmal keine Foren geben. Nichts soll zerfasern. Die verkürzten Diskussionen sollen zielführend den Kanzler und seine Agenda 2010 unterstützen. Und zum Schluss wird gesungen - das alte Arbeiterlied "Wann wir schreiten Seit' an Seit'..." Nur wird die Metapher von Seit' an Seit' nicht ganz der Wirklichkeit entsprechen. Hinter Schröder sollen sich die Flügel der Partei zum gemeinsamen Aufbruch vereinen.
Da mögen noch so viele die Gefahr heraufbeschwören, die Partei könne zum Kanzlerwahlverein werden. Wie etwa der scheidende Parteivize Rudolf Scharping, der intern mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält: "Wir sind auf dem Weg dahin. Wie die CDU lange unter Helmut Kohl." Oder ein Betrachter von außen wie Jürgen Trittin, der schon in Niedersachsen mit Schröder am Kabinettstisch saß und formulierte: "Von Hegemonie versteht der Kanzler was."
Es ist noch nicht lange her, dass eine Troika die SPD repräsentierte: Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder. Der Niedersachse aber hat seine Konkurrenten konsequent ausgeschaltet, ein Machtpolitiker par excellence, der Weichen kaltblütig stellt.
Wie damals in Mannheim, als er zunächst mit Lafontaine das Bündnis gegen Scharping schmiedete. Es war eine unwirkliche Szene in der mit ockerfarbenem Brokat ausgeschlagenen Bar des "Maritim"-Hotels. Die Uhr zeigte kurz vor Mitternacht des 15. November 1995. In einer Sitzgruppe hinter dem schwarzen Klavier hielt Niedersachsens damaliger Regierungschef mit seiner Frau "Hillu" Hof. Wenige Meter weiter saßen Oskar Lafontaine, seine weißblonde Frau Christa und der Clan des Saarländers. In einer anderen Ecke hockte SPD-Patriarch Johannes Rau.
Da betrat Rudolf Scharping, zur Wiederwahl anstehender SPD-Vorsitzender, den im Halbdunkel liegenden Raum, setzte sich zu Rau. Keinen Gruß hatte er für Schröder und Lafontaine. Geraune, Geflüster. Die "Nacht der langen Messer" hatte begonnen. Kuriere eilten durch die dunklen Straßen Mannheims zwischen SPD-Landesverbänden und -bezirken hin und her, Nachrichten sickerten durch. Viele würden bei der Wahl zum Parteichef am nächsten Tag nicht für Scharping, sondern für Lafontaine votieren, wenn der antrete. Aus Niedersachsen hieß es: Klare Mehrheit für Oskar, Schröder hatte sich mit dem Saar-Napoleon gegen den Pfälzer verbündet.
Lafontaine schwieg in dieser Nacht noch auf die Frage, ob er antrete. Aber fast jeder im Schummerlicht der Bar, außer vielleicht Scharping selbst, ahnte, dass ein Königsmord ins SPD-Haus stand. Nachmittags hatte Lafontaine jene Grundsatzrede von demagogischer Brillanz gehalten, welche die Delegierten von den Sitzen riss. Mit geballten Fäusten und gepresster Stimme hatte er den Parteitag auf immer höhere Gipfel der Emotion bis zu seinem Schlusssatz getrieben: "Es gibt noch Politikentwürfe, für die wir uns begeistern können, und wenn wir selbst begeistert sind, können wir auch andere begeistern. Glück auf!"
Quelle: http://www.wams.de/data/2003/11/16/198062.html
Die SPD rechnet nach den Wahlniederlagen in Niedersachsen, Hessen und Bayern und aufgrund zahlreicher Parteiaustritte in diesem Jahr mit Mindereinnahmen von rund 2,5 Millionen Euro. Der Trend zeige, dass Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen „nicht mehr durch ... Beitragsanhebungen ausgeglichen“ werden könnten, heißt es im Bericht von Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier zum SPD-Parteitag am Montag, der der WirtschaftsWoche vorliegt. Danach stagnieren die Einnahmen der SPD aus Mitgliedsbeiträgen – sie machen mehr als die Hälfte der Gesamteinnahmen aus – seit 1996 bei rund 78,3 Millionen Euro.
Die SPD musste in dieser Zeit einen Mitgliederrückgang von rund 17 Prozent auf 661.278 (September 2003) hinnehmen, konnte die fi-nanziellen Auswirkungen des Mitgliederschwundes jedoch durch Beitragsanhebungen, stärkere Belastung der Mandatsträger und Kopplung der Beiträge an die Nettolohnentwicklung dämpfen. 2003 ist das erstmals nicht mehr möglich. Der Mitgliederschwund hat sich beschleunigt (minus fünf Prozent in den ersten neun Monaten dieses Jahres), viele hundert Mandatsträger auf Landes- und Kommunalebene sind aufgrund der schlechten Wahlergebnisse ausgeschieden. „In Zukunft muss mehr gespart werden“, sagt Wettig-Danielmeier. Erwogen werde ein „ökonomischer Personaleinsatz“, die „Kürzung künftiger Parteitage“ und deren „Bündelung in Berlin“.
Quelle: http://www.wiwo.de/pswiwo/fn/ww2/sfn/buildww/cn/...depot/0/index.html
Berlin - Sie hatten auf eine kritikfreie Zone gehofft. Die SPD kann ihre geplante "Bannmeile" zum Bundesparteitag in Bochum aber vor Gericht nicht durchsetzen. Damit könne beim Tagungsort im Bochumer Stadtpark an diesem Sonntag auch demonstriert werden, teilte das Bochumer Friedensplenum am Samstag mit. Geplant ist eine Menschenkette. Ab 10 Uhr tagt im Stadtparkrestaurant am Sonntag das SPD-Präsidium zur Vorbereitung des Bundesparteitages. Auch "attac" hat zu Demonstrationen aufgerufen.
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http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,274169,00.html