Neues von Stoiber
Die deutliche Abstrafung Edmund Stoibers durch den lauen Beifall auf dem CDU-Parteitag sorgt weiter für Streit unter den Schwesterparteien. Die CSU vermutet gar, dass die Demütigung für den Ex-Kanzlerkandidaten innerhalb der CDU planmäßig organisiert wurde.
Berlin/München - Für Edmund Stoiber war der Montag ein trister Tag. Nur vereinzelt standen seine so genannten Parteifreunde aus der CDU auf, als der Gast aus München seine Rede auf dem Unions-Parteitag beendet hatte. Die Masse von ihnen aber blieb sitzen. Nur anderthalb Minuten klatschten die Delegierten, und auch Angela Merkel brauchte auffällig lange, um sich zum Aufstehen durchzuringen. Nicht nur für Stoiber-Gegner war das Signal klar: Die Union hat Edmund Stoiber abgestraft. So wie die Delegierten Merkel und Friedrich Merz bejubelten, so ignorierten sie den CSU-Aspiranten auf ein zweites Rennen ums Kanzleramt.
Nach dem Parteitag sorgt die Szene aus Leipzig weiter für Streit, und das von der Parteiführung gern beschworene gute Klima zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU wird zunehmend frostig. Höhepunkt des Zoffs ist nun der Vorwurf aus Bayern, die CDU habe bei ihrem Parteitag in Leipzig Anfang der Woche die Delegierten angehalten, Gastredner Edmund Stoiber wegen dessen fortdauernder Kritik an den Steuer- und Sozialkonzepten der Schwesterpartei auflaufen zu lassen. Angeblich hätte der Unions-Landesverband aus Nordrhein-Westfalen gegen Stoiber intrigiert.
Rüttgers soll Komplott organisiert haben
CSU-Generalsekretär Markus Söder nannte den verhaltenen Empfang Stoibers "kindisch". Der "Versuch, durch bestimmte Absprachen auf das Klatschverhalten Einfluss zu nehmen", erinnere ihn "an Sitzungen der Schüler-Union", sagte Söder der "Welt". Der CSU-General benannte zunächst keine Schuldigen für die Absprachen und geißelte allgemein das "Verhalten des einen oder anderen selbst ernannten CDU-Strategen im Hintergrund".
Deutlicher wurde der Chef der bayerischen Jungen Union, Manfred Weber. Er machte konkret den nordrhein-westfälischen CDU-Chef und Bundes-Vize Jürgen Rüttgers als Initiator des Komplotts verantwortlich. Rüttgers sei durch die Reihen der Delegierten gegangen und habe "aufgefordert, nicht zu applaudieren", sagte Weber der "Financial Times Deutschland". Bereits nach dem Parteitag hatten auch mehrere andere Zeitungen berichtet, es habe Absprachen innerhalb des mitgliederstarken NRW-Landesverbands gegeben. So sei im Vorfeld gar eine Aussprache nach der Rede Stoibers erwogen worden, um den CSU-Chef noch mehr zu demütigen.
Die NRW-CDU wies die Anwürfe gegen Rüttgers zurück. Der Generalsekretär des Landesverbandes, Hans-Joachim Reck, forderte Söder auf, die Angriffe gegen die CDU einzustellen. "Das Land hat wahrlich Wichtigeres zu tun, als sich mit den Befindlichkeiten des CSU-Generalsekretärs zu befassen", sagte der Unionspolitiker. Ein Sprecher von Jürgen Rüttgers sagte nicht ohne Häme, die CSU leide "unter Verfolgungswahn". Die Vorwürfe aus München seien "völliger Quatsch".
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© SPIEGEL ONLINE 2003
neben Gerd.
Die zahlreichen Intellektuellen hier würden
"einzigste" sagen.
"Deisler wird nie mehr spielen"
Bayerns Ministerpräsident Stoiber sieht keine Fußball-Zukunft für Sebastian Deisler: Er glaube nicht mehr an ein Comeback des an Depressionen erkrankten Fußball-Nationalspielers. Für den CSU-Politiker und Verwaltungsbeiratsvorsitzenden des FC Bayern ist es eines der "größten Verlustgeschäfte" des Vereins.
München- "Ich gehe davon aus, dass Sebastian Deisler nie mehr für den FC Bayern spielt", sagte Stoiber auf einem CSU-Weihnachtsempfang der Münchner "Abendzeitung". Der Politiker fügte hinzu: "Er ist dem Druck nicht gewachsen. Das ist eines der größten Verlustgeschäfte, die der FC Bayern je gemacht hat."
Deisler war 2002 für rund 9,5 Millionen Euro von Hertha BSC Berlin zum deutschen Rekordmeister gewechselt und seither überwiegend verletzt. Seit vier Wochen wird der 23-Jährige im Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie behandelt.
Empörung über Stoiber-Aussagen
Die Aussagen Stoibers sorgte bei den bayerischen Grünen für Empörung. "Stoiber offenbart ein erschreckendes Menschenbild, bei dem anscheinend nur zählt, was sich in Euro und Cent rechnet", sagte die Landesvorsitzende Theresa Schopper in München. Deisler leide wie Millionen anderer Menschen im Land an einer Depression. "Statt ihn zu unterstützen und Mut zuzusprechen, tritt Stoiber auch noch nach." Eine umgehende Entschuldigung Stoibers sei nun das Mindeste.
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HB BERLIN. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber will sich nach der Einigung im Vermittlungsausschuss für eine Staatsreform in Deutschland einsetzen. Darüber will er rasch mit der Regierungskoalition verhandeln.
«Nach der Reform ist vor der Reform. Wir müssen gleich zu Beginn des neuen Jahres loslegen», sagte Stoiber der «Welt am Sonntag». Am 20. Januar wolle er mit SPD-Fraktionschef Franz Müntefering in einer Klausurtagung über Änderungen am föderalen System diskutieren.
Nach Meinung des CSU-Chefs bestehen gute Aussichten auf einen Kompromiss: «Bund und Länder werden sich sicher noch im Laufe des Jahres 2004 auf die nötigen Grundgesetz-Änderungen einigen.» Eine Staatsreform könnte laut Stoiber garantieren, dass es keine «Hängepartie» wie im Vermittlungsausschuss mehr geben wird.
HANDELSBLATT, Samstag, 20. Dezember 2003, 11:13 Uhr
DIE WELT: Angesichts des Niedergangs der rot-grünen Koalition müsste die Union in Umfragen über 50 Prozent liegen. Tatsächlich geht sie in den leichten Sinkflug über. Liegt es am schlechten Erscheinungsbild?
Edmund Stoiber: Die Union muss sich unterscheiden von Schröder und der SPD, die an die Regierung wollten, aber Jahre vertan haben, weil sie nicht wussten, was sie wollten und keine Konzepte hatten. Darum müssen wir vor der Bundestagswahl 2006 die inhaltlichen Diskussionen führen und abschließen. In den unionsregierten Ländern können die Menschen ja schon sehen, wie eine bessere Politik gemacht wird. Das muss nun auch überzeugend auf die Bundesebene gehoben werden. Daran müssen wir arbeiten.
DIE WELT: Frau Merkel hat aber mehr Geschlossenheit angemahnt. Fühlen Sie sich angesprochen?
Stoiber: Es muss mehr intensive Diskussionen in der Sache geben, in der Fraktion und in beiden Parteien. Aber am Ende müssen wir in allen Bereichen ein Ergebnis haben und geschlossen vertreten.
DIE WELT: Einer dieser Bereiche ist der Kündigungsschutz, bei dem die CDU ins neoliberale Lager abdriftet. Geht die CDU zu weit?
Stoiber: Es gibt Länder ohne Kündigungsschutz wie Österreich. Kein Mensch würde behaupten, dass Österreich ein unsoziales Land ist. Auf der anderen Seite ist der Kündigungsschutz in Deutschland eine große Errungenschaft der sozialen Sicherheit. Doch für viele, die Arbeit wollen, ist er zur Barriere geworden. Viele Betriebe stellen keinen neuen Mitarbeiter ein, weil sie nicht wissen, ob sie ihn in ein oder zwei Jahren noch beschäftigen können. CDU und CSU haben dazu seit dem 7. März eine gemeinsame Position. Wir wollen den Schutz für bestehende Arbeitsverhältnisse nicht antasten. Bei Neueinstellungen soll der Kündigungsschutz aber nur bei Betrieben mit über 20 Beschäftigten Anwendung finden. Ältere Arbeitnehmer sollen zwischen Kündigungsschutz und vorher festgelegter Abfindung wählen können. Dabei bleibt es.
DIE WELT: Die weitergehenden Vorschläge aus der CDU kommen für Sie also nicht in Betracht?
Stoiber: Ich halte es für einen Fehler, ständig neue Vorschläge auf den Markt zu werfen und die Menschen damit zu verunsichern.
DIE WELT: Zur Verunsicherung der Bürger trägt auch die Kopfpauschalen-Diskussion in der CDU bei. Jüngst wurde der Plan durch den Vorschlag einer Abgabe von 1,7 Prozent auf alle Einkommen angereichert. Rürup wollte 2,9 Prozent bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Kann das die Lösung sein?
Stoiber: Die Union will Spitzenmedizin für jedermann garantieren. Deshalb diskutieren wir über das Gesundheitskonzept der Zukunft. Glaubwürdige Finanzierung und gerechter sozialer Ausgleich müssen überzeugend gelöst werden, damit die Union in dieser zentralen Frage die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger erreichen kann.
DIE WELT: Und wie soll der Ausgleich erfolgen?
Stoiber: Steuererhöhungen passen nicht zur Programmatik der Union. Herr Rürup hat eine Brücke gewiesen mit dem Vorschlag, den sozialen Ausgleich über einen Bezug zum Einkommen und zur Leistungsfähigkeit herzustellen. Ich halte diesen solidarischen Gedanken für richtig und für mehrheitsfähig in der Bevölkerung.
DIE WELT: Aber das ist schon wieder eine neue Abgabe.
Stoiber: Nein, wir wollen keine neue Steuer und keine neue Abgabe. Der soziale Ausgleich kann nur darin bestehen, dass der, der mehr verdient, ein Stück mehr Solidarität leistet. Wenn die Gesundheitsreform den Eindruck erweckt, sie wäre nicht solidarisch und sozial nicht gerecht, wird sie zu einem Rohrkrepierer für die Union.
DIE WELT: Die Einigung mit der CDU erscheint schwierig. Ihr Stellvertreter Horst Seehofer fühlt sich schon gemobbt.
Stoiber: Auch Horst Seehofer geht den gemeinsamen Weg mit.
DIE WELT: Der heutige Beitragseinzug der Krankenkassen erscheint aber überzeugender.
Stoiber: Die Gesundheitskosten müssen vom Lohn abgekoppelt werden. Steigende Gesundheits- und damit Arbeitskosten bringen Wettbewerbsnachteile mit sich. Daher muss der Arbeitgeberbeitrag eingefroren werden. Es gibt den Vorschlag, den Arbeitgeberbeitrag als steuerpflichtigen Lohn auszuzahlen und mit den Steuereinnahmen von rund 16 Milliarden die Gesundheitsprämie für die Kinder zu finanzieren. Das klingt gut, aber der Arbeitgeberbeitrag würde dann nicht nur steuer-, sondern auch sozialabgabenpflichtig. Diese Zusatzfinanzierung für andere Sozialkassen war nicht beabsichtigt. Außerdem wäre es ein beträchtlicher bürokratischer Aufwand, den Arbeitgeberbeitrag erst auszuzahlen, dann Steuern davon zu erheben und anschließend diese Steuern an die Krankenkassen zu überweisen.
DIE WELT: Was wollen Sie dann?
Stoiber: Es wäre doch viel einfacher, den Arbeitgeberbeitrag einzufrieren und ihn direkt an die Krankenkassen zu überweisen. Kinder könnten dadurch kostenfrei mitversichert werden. Warum sollen wir etwas kompliziert und bürokratisch machen, wenn es auch viel einfacher geht? Wenn wir die Gesundheitsprämie einführen, muss sie auch handwerklich in Ordnung sein. Ein schnell hingeworfenes Modell nutzt nichts, wenn es Mängel hat wie bei Rot-Grün Hartz IV, die Maut oder das Dosenpfand. Genau diese schweren handwerklichen Mängel sind es ja, was die Menschen an der Politik verzweifeln lässt.
DIE WELT: War Ihre Zustimmung zu Hartz IV angesichts der Fehler und drohender Verarmungstendenzen richtig?
Stoiber: Das Konzept, Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen, ist richtig, aber wir hätten es anders gemacht. Doch die Bundesregierung macht den großen Fehler, dass sie für über drei Millionen Arbeitslosengeld-2-Empfänger zwar die öffentlichen Leistungen drastisch kürzt, ihnen aber keine ausreichenden Chancen auf Wiederbeschäftigung eröffnet.
DIE WELT: Das Hauptproblem sind also zu wenig Arbeitsplätze?
Stoiber: Genau das ist der Punkt: Das Fordern ist da, aber das Fördern kommt zu kurz. Auch wer nicht in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden kann, braucht ein Beschäftigungsangebot.
DIE WELT: Sie kommen gerade aus Frankreich zurück, wo es unkonventionelle Maßnahmen zur Steigerung des Wachstums gibt, zum Beispiel den Schuldzinsenabzug bei der Steuer und Steuerfreiheit für Schenkungen von Eltern an ihre Kinder. Vorbild für Deutschland?
Stoiber: Auch in Deutschland müssen unkonventionelle Wege gegangen werden, um die Wirtschaft anzukurbeln.
DIE WELT: Zum Beispiel durch einen Schuldzinsenabzug?
Stoiber: Dieses in Frankreich praktizierte Modell sollte auch in Deutschland geprüft werden. Aber unser Problem ist doch ein ganz anderes: Der französische Finanzminister Sarkozy verkörpert Vertrauen, die Regierung Schröder genießt kein Vertrauen mehr. Daher werden alle Maßnahmen wie ein Schuldzinsenabzug verpuffen. Mit dieser Regierung wird Deutschland nicht mehr nach vorn kommen.
DIE WELT: Auf dem Geburtstag von CDU-Chefin Angela Merkel hat FDP-Chef Guido Westerwelle erkennen lassen, dass er 2006 mit der Union koalieren will. Ist Schwarz-Gelb auch ihr Modell?
Stoiber: Es ist unser Ziel, diese Bundesregierung abzulösen, zusammen mit der FDP. Die Alternative wird Schwarz-Gelb gegen Rot-Grün sein.
DIE WELT: Aber in Banz waren von Ihnen andere Töne zu hören, zum Beispiel die Idee einer Großen Koalition mit einer Müntefering-SPD nach Schröders Abschied.
Stoiber: Nein. Die SPD ist für uns kein Partner. Wir wollen sie ablösen. Etwas anderes ist es, dass wir im Interesse des Landes mit unserer Mehrheit im Bundesrat schlechte rot-grüne Gesetze soweit wie möglich verbessern.
DIE WELT: Unruhe gibt es auch in der CSU. Halten Sie an Ihrer Kultusministerin Monika Hohlmeier fest?
Stoiber: Lassen Sie mich einmal festhalten: Ich habe mir in den letzten zehn Jahren durch meine Art, Politik zu machen, eine hohe Reputation in Bayern erworben - mit Wahlergebnissen zwischen 52 und 60 Prozent. Diese Wahlergebnisse habe ich auch erreicht, weil ich mit einem Kurs der Sauberkeit und Klarheit manches aufgeräumt habe. Frau Hohlmeier ist eine erfolgreiche Kultusministerin und hat große Reformen geschultert. Sie hat bei einer parteiinternen Auseinandersetzung vielleicht den Bogen überspannt, aber sich dafür entschuldigt. Ich finde, wer einmal einen Fehler macht und sich entschuldigt, hat auch die Chance verdient, seine Arbeit fortzusetzen.
DIE WELT: CSU-Landesgruppenchef Michael Glos kann sich Angela Merkel als Kanzlerkandidatin 2006 vorstellen. Können Sie sich Edmund Stoiber noch als Kanzlerkandidaten vorstellen?
Stoiber: Wir wollen diese Regierung ablösen, und dazu brauchen wir die beste Formation. Wir gehen in eine Auseinandersetzung mit dem Duo Schröder/Fischer. Daran muss sich auch unsere personelle Aufstellung orientieren.
DIE WELT: Sie haben in Paris einen sehr erfolgreichen Superminister für die Bereiche Wirtschaft und Finanzen besucht. Könnte Sie so ein Superministerium in Berlin reizen?
Stoiber: Lassen wir doch die Personalfragen. Wir sind mitten in der inhaltlichen Aufstellung für die Bundestagswahl. Ich will alles tun, dass wir die Chance, Deutschland mit einer unionsgeführten Regierung wieder an die Spitze zu führen, nutzen. Als Vorsitzender der CSU, der drittstärksten Partei in Deutschland, habe ich genügend Einflussmöglichkeiten, eine gute Politik zu betreiben. Alle andere wird sich zeigen.
Mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber sprach Hans- Jürgen Leersch
Artikel erschienen am Di, 3. August 2004
Welt.de
Führende CDU-Politiker haben vor einem politischen "Sommertheater" der Union gewarnt. Sie regierten damit auf Berichte über angebliche Zweifel des CSU-Vorsitzenden Stoiber an der Regierungsfähigkeit von Merkel/CDU und Westerwelle/FDP. Sachsens Ministerpräsident Milbradt/CDU warnte davor, in der Öffentlichkeit unter Parteifreunden übereinander herzufallen. CDA-Chef Arentz sagte, die einzigen, die davon profitierten, seien die Koalitionspolitiker von Rot-Grün.
unklug dieses im größeren Kreis zu äußern.
von Hans-Jürgen Leersch und Ansgar Graw
Der CSU-Chef war ausgesprochen schlecht auf die bürgerlichen Weggefährten zu sprechen. Die FDP sei unzuverlässig, schimpfte er im kleinen Kreis, und ihr Frontmann charakterlos. Und die CDU wegen ihrer Nummer 1 nun wirklich nicht attraktiv für bürgerliche Wähler. Die Liberalen, so verbreitete er, dächten nicht daran, mit der Union zu koalieren, wenn die keinen geeigneteren Spitzenkandidaten vorzuweisen hätte.
Der CSU-Chef hieß Franz Josef Strauß, und vor der Bundestagswahl 1976 ließ er sich derart despektierlich über Helmut Kohl und Hans Dietrich Genscher aus. Die Unfreundlichkeiten änderten nichts daran, dass Kohl Spitzenkandidat wurde. Allerdings: Der Pfälzer verfehlte die absolute Mehrheit knapp, und Genscher brachte Willy Brandt ins Kanzleramt.
Geschichte wiederholt sich nicht. Heute steht die FDP fest an der Seite der Union. Parteichef Guido Westerwelle lieferte auf dem Geburtstag von CDU-Chefin Angela Merkel als Geschenk eine Koalitionsaussage ab. Auch vom CSU-Chef kamen die besten Wünsche. Doch wenige Tage später ließ Edmund Stoiber durchblicken, was er wirklich vom Duo Merkel-Westerwelle zu halten scheint: Die ostdeutsche Protestantin und der Junggeselle aus Bonn könnten dem rot-grünen Gespann Gerhard Schröder und Joschka Fischer nicht das Wasser reichen. Im WELT-Interview sagte der CSU-Chef, die Bürgerlichen bräuchten 2006 "die beste Formation. Wir gehen in eine personelle Auseinandersetzung mit dem Duo Schröder/Fischer. Und daran muss sich auch unsere Aufstellung orientieren."
Was treibt Stoiber um? FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper vermutet ein "Ablenkungsmanöver" von den eigenen Problemen der CSU in München. Zumindest das Ergebnis würde ihr Recht geben: Seit Stoibers Rundumschlag gegen Berlin spricht von solchen Kleinigkeiten wie der Hohlmeier-Affäre kein Mensch mehr. Doch der Preis, die Affäre um die bayerische Kultusministerin mit dem Frontalangriff gegen Schwesterpartei und Wunsch-Koalitionspartner wegzudrücken, wäre ein ausgesprochen hoher gewesen. Denn seitdem herrschte massive Verstimmung zwischen München und Berlin, auch wenn in der Öffentlichkeit dementiert wird. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer etwa teilt mit, die Freunde in München hätten ihm versichert, derartige Äußerungen seien nicht gefallen - und Schluss der Debatte! Doch tatsächlich geht man auch in der CDU-Spitze davon aus, dass die Stoiber-Zitate so oder ähnlich gefallen sind. "Sommertheater", schimpft prompt der wahlkämpfende CDU-Kandidat Jörg Schönbohm in Brandenburg.
Möglicherweise aber hatte der CSU-Chef eine ganz andere Absicht, als sie von Pieper und manchen in der CDU nun unterstellt wird. Sein denkbares Motiv: Bei der letzten Bundestagswahl mit Stoiber als Kanzlerkandidat holte die CSU in Bayern 58,6 Prozent. Bis auf Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz blieb die CDU hingegen überall unter 40 Prozent. Dass es 2006 besser werden könnte, glaubt Stoiber nicht. Im Gegenteil: Mit dem Duo Merkel-Westerwelle befürchtet der Bayer ein Absacken der Union in ihren süddeutschen Kernlanden. Wenn Westerwelle mehr Rechte für Homosexuelle fordere und die CDU-Führung nicht klar dagegen halte, würden katholisch-konservative Stammwähler vergrault. Und dann noch die Gesundheitsreform, Steuerpolitik und die Rezepte zum Arbeitsmarkt. Stoiber sieht in der CDU auseinanderdriftende Kräfte im Werk, die sein Hauptziel, möglichst viele Bayern hinter der CSU zu versammeln, gefährden könnten.
Ganz gegenteilig werden derartige Zahlen hingegen in der CDU interpretiert: Nicht die Union, der Spitzenkandidat sei nun einmal außerhalb Bayerns unter den Erwartungen geblieben. Das habe zum einen an den besonderen Umständen der heißen Wahlkampfphase wie der Irak-Debatte und dem Elbe-Hochwasser gelegen. Zum anderen aber auch an der bajuwarischen Herkunft des Kandidaten, der im Westen "nicht zu vermitteln war", wie ein CDU-Präside bilanziert. Denn später habe die CDU schließlich in Hessen, Hamburg und Thüringen absolute Mehrheiten errungen oder verteidigt und in Niedersachsen die Regierung übernommen. Dass ein "Junggeselle" als Kandidat den Zuspruch im bürgerlichen Lager nennenswert reduzieren könne, wird bei der CDU ebenfalls in Abrede gestellt. Ole von Beust habe vielmehr in Hamburg einen Weg gezeigt, auch die eher linke großstädtische Wählerklientel für eine Mehrheit jenseits von Rot-Grün zu organisieren.
Dass Stoiber noch einmal Kanzlerkandidat werden könnte, wird bei CDU wie CSU bezweifelt. "Einmal Stoiber - und das war's", sagt der CSU-Abgeordnete Wolfgang Zeitlmann. Und auch in der CDU-Spitze heißt es, man könne sich zwar manche Zitate Stoibers vorstellen, aber nicht, dass er die längst auf das Kanzleramt fixierte Angela Merkel immer noch unterschätze.
Dass Stoiber nach einer gewonnenen Wahl 2006 aber in München bleiben würde, gilt ebenfalls als unwahrscheinlich. Der CSU-Chef ist vom Drang getrieben, Deutschland zu reformieren - "sozial und gerecht". Beide Komponenten fehlen ihm bei der CDU oft, bei der FDP immer. Außerdem bewegt den CSU-Chef die Sorge, dass die bürgerlichen Spitzenkräfte keine Erfahrung hätten, wenn das Staatsschiff in schwere See kommen sollte. "Wenn eine Million Demonstranten vor dem Brandenburger Tor stehen, wissen die nicht mehr, was sie machen sollen", sagte ein Stoiber-Vertrauter schon vor längerem. Die Erfahrungen, die Merkel als Familien- und Umweltministerin im Bundeskabinett sammelte, gelten aus Münchner Sicht erkennbar wenig.
Daher gilt es als wahrscheinlich, dass sich der CSU-Chef nach Berlin begibt und ein Superministerium etwa für Finanzen und Wirtschaft übernehmen könnte. In Bayern jedenfalls will er bis 2006 seine Hausaufgaben erledigt haben: Der Freistaat dürfte im Bundestagswahljahr ohne Neuverschuldung auskommen, die Verwaltungsreform ist bis dahin abgeschlossen, und die Schulreform auch. Die Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag ist auch nicht mehr zu übertrumpfen.
In Kreisen des CDU-Präsidiums stößt die Idee, Stoiber als Superminister in Berlin einzubinden, auf große Begeisterung. Denn die Vorstellung, Stoiber könnte als stetiger Alpengroller in die Strauß-Fußstapfen treten und aus der Entfernung die CDU-geführte Bundesregierung regelmäßig anschießen, ist ihnen Warnung genug. Darum wäre Stoiber aus CDU-Sicht hochwillkommen für eine "ganz, ganz zentrale Rolle" im Bundestagswahlkampf. "Aber er muss diesen Anspruch selbst erklären", heißt es bei den Christdemokraten. Zu groß ist die Angst, Stoiber könne sich, wie in der Bundespräsidentenfrage, in ein Amt gedrängelt fühlen, dass er am Ende vielleicht doch nicht übernehmen möchte.
Jedenfalls soll nach dem Willen maßgeblicher CDU-Größen aus dem Duo Merkel/Westerwelle ein Trio werden - und die Vorsitzenden von CDU und CSU stünden dann wieder enger beisammen als derzeit Merkel und Westerwelle. Voraussetzung für diese Einbindung aber bleibt, dass sich die Unionsparteien tatsächlich über ihre Reformkonzepte einigen.
Sollte Stoiber 2006 nach Berlin gehen, mag für ihn persönlich noch ein anderes Motiv eine Rolle spielen: Falls sich das Reformwerk für Angela Merkel tatsächlich als zu schwierig erweisen sollte, stünde ein erfahrener Politiker sofort zur Verfügung, um den Karren weiter zu ziehen. Für Stoiber ist klar, dass das dann sowieso kein anderer als Stoiber kann. Der Superminister könnte dann doch noch ins Kanzleramt wechseln - ohne eine Bundestagswahl gewonnen zu haben.
Artikel erschienen am Fr, 6. August 2004
Welt.de
PS: Bei dem Tempo übersieht man schon mal den ein oder anderen Homo auf der Strecke, wohingegen langsames Zickzackfahren elegantes Ausweichen erlaubt. Also doch 2 Unterschiede.
Erstarken der NPD verantwortlich
05. Feb 08:32
Edmund StoiberFoto: (c) dpaCSU-Chef Stoiber hat die Bundesregierung für das Erstarken der NPD verantwortlich gemacht. Die Regierung habe beim Abbau der Arbeitslosigkeit versagt. Das bereite den Nährboden für die Extremisten.
CSU-Chef Stoiber hat die Bundesregierung heftig kritisiert. Rot-Grün sei für das Erstarken der NPD verantwortlich, sagte er der «Welt am Sonntag». Das Versagen der Regierung Schröder beim Abbau der Arbeitslosigkeit bilde den Nährboden für Extremisten.
Denn die Hauptursache für das Erstarken der NPD sei die Massenarbeitslosigkeit, sagte Stoiber. SPD-Chef Müntefering widersprach im «Pinneberger Tageblatt», für die neue Stärke der Rechten seien weder Union noch SPD verantwortlich. «Daran sind einzig und allein die Wähler schuld.»
«Schallmauer durchbrochen»
Mit mehr als fünf Millionen Arbeitslosen sei eine Schallmauer durchbrochen worden, sagte Stoiber. Wenn Arbeitsminister Wolfgang Clement «selbst noch einmal 1,5 Millionen hinzurechnet, die unter anderem in AB-Maßnahmen sind, dann stehen wir vor einer Situation, wie Deutschland sie seit 1932 nicht mehr hatte.»
Stoiber forderte, wer die Rechtsextremisten wieder aus den Parlamenten vertreiben wolle, müsse die Arbeitslosigkeit beseitigen und den Menschen Hoffnungen geben. Ein Verbot der NPD beseitige hingegen nicht die Ursachen ihrer Existenz. (nz)
Absoluter Neuling
ups. Bin ich schon wieder Nazi?
Du willst ausdrücken, alle Arbeitslosen sind Nazis? Interessant...
Denen, welche keine Nazis sind, fehlt das Klassenbewusstsein? So ungefähr?
Aber Du bist ja etwas intelligenter, daher:
- Schröder hat kein Verbot der NPD gefordert, sonder lässt dieses "prüfen" (Du wirst wissen, was das übersetzt heisst)
- Die derzeitige Verbotsdebatte dient dazu, die Demokratiefendlichkeit der NPD politisch zu dokumentieren
- Die Vergleiche mit der Situation von 1932 sind historischer Unsinn und politisch extrem gefährlich
- Stoiber stellt die CSU damit (mal wieder) in die Ecke der politischen Schlichtheit (mir soll's recht sein)
Absoluter Neuling
Mit dieser Perle politischer Binsenweisheit sicherlich nicht. Oder doch? Und wieso "schon wieder"?
Absoluter Neuling
So wie Du diese politischen Brandstifter, die ständig versuchen, Deutschlands Ansehen wieder in den Dreck zu ziehen, verteidigst.
Ich sag nur: "In der NPD sind keine Nazis, die NPD wird nur von Nazis gewählt."
Absoluter Neuling
MfG
kiiwii
Immerhin hat die Union die Rechten erst wieder hoffähig gemacht, ich erinnere nur an die Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft die den lieben Koch ins Amt gebracht hat...mit freundlicher Unerstützung der ultra rechten parteien die da gerne mitgeholfen haben...wie war das dann bei den gemeinsamen Wahlständen CDU und rechtes gesocks...wo kann man gegen die Ausländer unterschreiben...
Und Hamburg: da ist sich die CDU nicht zu schade nur um an ddie macht zu kommen mit einer partei zu koalieren die größtenteils aus Verbrechern und Idioten besteht und eiunen vorsitzenden hat der wirklich jenseits von Gut und böse existiert..
aber die Bundesregierung ist immer an allen schuld...das ist die Poltik der Union...Respekt...das muß man sich erstmal trauen..
Gruß
Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah
Ich biete Dir Argumente an und Du machst auf "beleidigte und beleidigende Leberwurst".
Oder verwechselst Du meine Antworten an calibra mit denen an Dich?
Naja - Für mich ist das nicht nur intellektuell unredlich.
Absoluter Neuling
Bist beschäftigt, schon gestern Abend wurdest Du sehr
gestresst.
Na ja immer die Gleichen.
Ich wünsche Dir ein sehr schönes Wochenende.
Herzlichst
bilanz
Nicht jeder, der nicht Deiner Meinung ist, verdrängt die Realität/Gefährdungen.
Selbstverständlich führen hohe Arbeitslosenzahlen zu grosser Unzufriedenheit in der Bevölkerung, nicht nur der von Arbeitslosigkeit Betroffenen. Und ich finde die Zahlen auch keineswegs toll.
Ich bezweifele nur, dass man mit derartigen Platitüden und gefährlichen Vergleichen, wie sie Stoiber gerne vom Stapel lässt, die Situation wirklich verbessert (verbessern will). Das hat auch nichts mit "rechts der Union darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben" zu tun. Das ist für mich einfach nur politische Ignoranz, dieses Thema als Wahlkampfmunition zu verwenden.
Auffällig nämlich, dass solche Aktionen immer vor Wahlen gehäuft auftreten.
Absoluter Neuling
Stoiber und das Jahr 1932
Jetzt geht es wieder los: Weimar! Weimar!!! Angesichts der Rekordzahl von fünf Millionen Arbeitslosen malt Edmund Stoiber das Gespenst von 1932 an die Wand. Weimarer Verhältnisse! Gleichzeitig gibt er der Bundesregierung die Schuld daran, dass Neonazis im sächsischen Landtag sitzen.
Denn die Hauptursache für das "Wiedererstarken der NPD" sei die Massenarbeitslosigkeit, so Stoiber. Wenn Arbeitsminister Clement "selbst noch einmal 1,5 Millionen hinzurechnet, die unter anderem in AB-Maßnahmen sind, dann stehen wir vor einer Situation, wie Deutschland sie seit 1932 nicht mehr hatte".
Klar, Stoiber hat Recht. Am 15. Februar 1932 meldete das Reichsarbeitsministerium 6,127 Millionen Arbeitslose. Heute sind es - mit den ABM - sogar noch mehr: 6,5 Millionen. Selbst die Ein-Euro-Jobs gab es damals schon: 66.000 Arbeitslose erhielten im "freiwilligen Arbeitsdienst" durchschnittlich 2 Reichsmark (allerdings pro Tag, nicht pro Stunde).
Bei den Reichstagswahlen im Juli 1932 kam die NSDAP auf 37,4 Prozent. Nach Stoibers unausgesprochener Logik wäre 2006 mit der Wahl von NPD-Chef Voigt zum Bundeskanzler zu rechnen.
Das ist natürlich Unfug. Die Arbeitslosigkeit der Weimarer Republik - die im Februar 1932 ihren Höhepunkt hatte - ist mit der Arbeitslosigkeit von heute in keiner Weise zu vergleichen. Die von Staat und Gemeinden gewährte Arbeitslosenunterstützung betrug seinerzeit 1,80 Reichsmark täglich. Und selbst diese kärgliche Unterstützung wurde nur ein halbes Jahr lang gezahlt. Wer dann noch immer arbeitslos war, konnte sich in die langen Schlagen vor den Suppenküchen einreihen.
6,1 Millionen Arbeitslose, das hieß: Jeder dritte Arbeitnehmer war ohne Beschäftigung. Denn im Deutschen Reich von 1932 lebten rund 20 Millionen Einwohner weniger als heute in der Bundesrepublik. Es gab Städte, in denen zwei Drittel aller Erwerbspersonen keine Arbeit hatten.
Und schließlich: Die Arbeitslosigkeit war in den 1920er Jahren sprunghaft angestiegen. Die heutige Arbeitslosigkeit steigt bereits seit Jahrzehnten: Nach der Ölkrise Mitte der 1970er Jahre erreichte die Zahl der Arbeitslosen eine Million, 1983 waren es zwei Millionen, zehn Jahre später drei Millionen, 1997 schon mehr als vier Millionen.
Zurück zu Stoiber. Wer die Rechtsextremisten wieder aus den Parlamenten vertreiben wolle, müsse die Arbeitslosigkeit beseitigen und den Menschen Hoffnungen geben, sagt er. Dieses Spiel ist so alt wie die Massenarbeitslosigkeit: Die Opposition wirft der Regierung Versagen vor, die Regierung versichert, sie werde die Arbeitslosenzahlen senken. Natürlich wissen beide Seiten, dass die Politik nur äußerst begrenzten Einfluss auf die Arbeitslosigkeit hat. Zugeben wird das freilich kein Politiker. "Schröder ist schuld" oder "Wir packen das" klingt ja auch sehr viel besser als "Tja, so sehr viel können wir da leider nicht machen".