Gelingt der Bundesregierung eine durchgreifende Gesundheitsreform?
Seite 2 von 4 Neuester Beitrag: 03.03.05 19:06 | ||||
Eröffnet am: | 24.02.03 18:11 | von: SchwarzerLo. | Anzahl Beiträge: | 94 |
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rot ist das komplmentäre von grün
was ist die mannswelt kompliziert
31 Krankenkassen teurer, nur eine billiger
Während Regierung und Union über die Gesundheitsreform debattieren, sind allein Anfang Juli 14 Krankenkassen teurer geworden, zahlreiche andere haben ihre Beiträge in den vergangenen sechs Monaten erhöht. Einige Kassen robben sich bedrohlich nah an einen Satz von 16 Prozent heran.
Krankenkassen-Karten: Die Politik in Berlin verspricht Beitragssätze von 13 Prozent, der tatsächliche Durchschnitt strebt auf 15 Prozent zu
Berlin - Inzwischen hat der durchschnittliche Beitrag aller Kassen bei 14,4 Prozent einen neuen Kosten-Rekord erklommen. Zum Jahresende, fürchten Experten, könnten die 15 Prozent erreicht sein - trotz des von der Bundesregierung verhängten Beitragsstopps. Selbst der Sozialexperte Bert Rürup warnte jüngst: "Ich fürchte, 14,4 Prozent werden nicht das Ende der Fahnenstange sein."
Am Dienstag wurde unterdessen bekannt, dass allein zum 1. Juli 14 Betriebskrankenkassen ihre Beiträge erhöht haben. Insgesamt hätten seit der letzten Beitragswelle Anfang Januar 31 gesetzliche Kassen ihre Sätze angehoben, berichtet der Brancheninformationsdienst "dfg".
Von den Erhöhungen seien rund 480.000 der etwa zehn Millionen BKK-Versicherten betroffen, sagte ein Sprecher des BKK-Bundesverbandes in Berlin. Bei den genannten 14 BKK handele es sich um zwölf allgemein zugängliche Kassen und zwei geschlossene, die auf die Mitarbeiter bestimmter Unternehmen beschränkt sind.
Den größten Beitragssatzsprung habe die BKK Enka von 11,8 auf 13 Prozent gemacht, erklärte der Sprecher und bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung. Die Kasse verfügt allerdings nur über rund 10.000 Mitglieder. Von den größeren Kassen erhöhte die Audi BKK, die rund 134.000 Mitglieder zählt, ihren Beitragssatz um 0,9 Prozentpunkte auf 13,8 Prozent.
Im ersten Halbjahr schwamm nur eine einzige Krankenkasse gegen den Strom: Die BKK Melitta Plus senkte ihre Beiträge um 0,2 Punkte auf 13 Prozent. Ein Sprecher sagte, dies sei unter anderem dank einer "günstigen Verwaltungskostenstruktur" möglich gewesen.
Seit Ende vergangener Woche bemühen sich Regierung und Opposition in einer Konsensrunde, eine Gesundheitsreform auf den Weg zu bringen, mit der die Beitragssätze auf 13 Prozent gedrückt werden können. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen kommen die Verhandlungen gut voran. Über den Inhalt der Gespräche wurde aber Stillschweigen vereinbart.
Für die zweite Jahreshälfte lassen die jüngsten Beitragssteigerungen indes nichts Gutes erahnen. "Wenn der Arbeitsmarkt über Nacht nicht plötzlich eine Wende erlebt und wir nicht schnell eine Gesundheitsreform bekommen, ist ein weiterer Anstieg der Beitragssätze bei den gesetzlichen Krankenkassen unvermeidbar", sagte der Sprecher des IKK-Bundesverbandes, Joachim Odenbach.
Auch der Sprecher des BKK-Bundesverbandes, Florian Lanz, will nicht ausschließen, dass es bis Jahresende noch einzelne Beitragserhöhungen gibt: "Die Kassen stehen unter Druck." Eine Welle von Beitragserhöhungen sei aber nicht in Sicht.
Schon jetzt liegen die BKK Berlin und die IKK Bayern, Deutschlands teuerste Krankenkassen, mit 15,7 Prozent nahe an der 16-Prozent-Grenze. Dicht dahinter folgen die Berliner AOK mit 15,5 und die Mitteldeutsche BKK mit 15,3 Prozent. Ebenfalls über der 15-Prozent-Marke liege n die DAK, die Hamburg-Münchner, die IKK Bremen und Bremerhaven, die IKK Hessen und die BKK Braunschweig (alle 15,2 Prozent).
Deutschlands günstigste Kassen liegen immer noch weit unter dem Durchschnitt. Dies sind jetzt die BKK Essanelle Hair Group und die Taunus BKK mit je 11,9 Prozent.
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,256354,00.html
p.s.: Bei etwaigen Reformen bleibt das Kartell Pharmabranche-Apotheken-Ärzte-Krankenkassen unverändert. Die Last geht komplett auf die Versicherten.
Ökonomen äußern sich kritisch über Gesundheitsreform
Regierung und Opposition sind mit dem Kompromiss zur Gesundheitsreform zufrieden. Bei Krankenkassen und Apothekern stieß er hingegen auf heftige Kritik, für Volkswirte ist er unzureichend.
Nach Einschätzung von Analysten und Volkswirten reicht der Konsens in der Gesundheitspolitik nicht aus, um die Lohnnebenkosten dauerhaft zu senken. Zwar begrüßten Banken-Volkswirte am Montag grundsätzlich, dass sich Koalition und Opposition auf ein gemeinsames Konzept geeinigt haben. Um die Firmen und Arbeitnehmer auf lange Sicht zu entlasten, müsse allerdings weit mehr am Gesundheitssystem reformiert werden.
Der Würzburger Wirtschaftsprofessor Peter Bofinger erwartet zunächst negative Folgen für die Konjunktur. Der Financial Times Deutschland sagte er: "Die Arbeitnehmer werden stärker belastet, das dämpft den Konsum".
Laut Bofinger würde die erhoffte Senkung der Beitragssätze zwar dazu führen, dass Firmen entlastet werden. Da die Verbraucher jedoch mehr Geld für ihre Gesundheit ausgeben müssten, bliebe ihnen weniger für den Kauf anderer Güter. Per saldo sei der Wachstumseffekt negativ. "Die Investitionstätigkeit hängt vor allem von der Nachfrageentwicklung ab, es ist unwahrscheinlich, dass die Firmen allein auf Kostensenkungen reagieren", sagte er.
Geringer Effekt durch Senkung der Lohnkosten
Zwar könnten niedrigere Lohnkosten dazu führen, dass deutsche Firmen wettbewerbsfähiger werden und damit zusätzliche Nachfrage im Ausland schaffen. Der Effekt ist nach Ansicht Bofingers aber wegen der großen Bedeutung der Binnennachfrage für die deutsche Konjunktur gering. Laut Alfred Boss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft erhöht die Senkung der Beitragssätze den "Anreiz für eine Ausweitung von Beschäftigungsangebot und -nachfrage", zugleich dämpfe die Reduzierung der Einkommen die Wirtschaftsdynamik. "Es ist zu früh, um zu sagen, was dabei unter dem Stich herauskommt", räumte er jedoch ein.
Einige Experten erwarten unter dem Strich positive Arbeitsmarkteffekte. "Der Beschäftigung kommt die Begrenzung der Lohnkosten zugute, auch wenn die Mehrbelastung der Bürger die Konjunktur vorübergehend dämpfen könnte", sagte Thomas Hueck von der HypoVereinsbank. "Die Wettbewerbsposition abhängiger Arbeit wird verbessert, so dass die Beschäftigungsintensität des Wirtschaftswachstums steigt", so das Institut für Wirtschafsforschung in Halle.
Stärkere Belastung der Versicherten
Die angestrebte Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen um 20 Mrd. Euro soll nach dem Konzept von Koalition und Opposition durch eine stärkere Belastung der Versicherten und der Arzneimittelhersteller erreicht werden. So müssen sich die Patienten künftig für Zahnersatz gesondert versichern, für Arzt- und Krankenhausbesuche sind Zuzahlungen vorgesehen. Nach Ansicht des Bundesverbandes der Innungskrankenkassen (IKK) wird die Reform den gewünschten Effekt verfehlen. "Mit dieser Reform bleiben die Beitragssätze eher bei 14 Prozent, statt auf 13,6 Prozent zu sinken", sagte am Montag der stellvertretende IKK-Vorsitzende Gernot Kiefer. So seien bei den Arzneimittelkosten oder der ambulanten Versorgung keine Einsparungen zu erwarten: "Die Reform wird auf dem Rücken der Kranken und Versicherten ausgetragen", sagte Kiefer.
Nach Ansicht des Verbands der privaten Krankenversicherung ist die Reform zwar in einigen Teilen mutig, jedoch nicht ausreichend. "In der Gesamtbetrachtung greift die Reform zu kurz, weil sie keine Antwort auf ein zentrales Problem gibt - und das ist die Bevölkerungsentwicklung", sagte Volker Leienbach, Direktor des Verbands der privaten Krankenversicherung (PKV). Obwohl er Teile der Reform begrüßte, seien manche der Vorschläge "ordnungspolitisch, wirtschaftlich und juristisch verfehlt", weil die Finanzierungslast auf künftige Generationen überantwortetet werde.
Bittere Kröten für Versicherte
Der Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) kritisierte, die geplante Gesundheitsreform belaste vor allem die Beitragszahler der gesetzlichen Kassen. "Die Versicherten müssen schon eine bittere Kröte schlucken", sagte eine Verbands-Sprecherin. Positiv seien jedoch die Vereinfachung des Medikamenten-Versandhandels und die Möglichkeit, dass Haus- und Fachärzte sowie Krankenhäuser in einem Netzwerk stärker zusammen arbeiten sollen. Unzufrieden mit der Reform ist auch die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK). So werde die Monopolstellung der Kassenärztlichen Vereinigungen nicht angegangen. "Hier wurde eine Chance zu einer echten Strukturreform verspielt", sagte ein DAK-Sprecher.
Auch dass die Positivliste nun doch nicht kommen solle, sondern ersatzlos gestrichen werde, sei bedauerlich. "Damit wurde auf Druck der Pharmaindustrie eine Chance vertan, mehr Qualität und Transparenz in den unüberschaubaren deutschen Arzneimittelmarkt zu bringen", sagte der Sprecher.
Apotheker sehen unabhängige Apotheken in Gefahr
Mit Unverständnis reagierte Rainer Braun, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Die vorgesehenen Änderungen in der Arzneimittelversorgung bezeichnete er als "Anfang vom Ende" der unabhängigen Apotheke. Mit der Zulassung des Versandhandels mit Medikamenten und des Betriebs mehrerer Apotheken seien "sämtliche Instrumente vorgesehen, die zur ausschließlich kommerziellen Ausrichtung der Arzneimittelversorgung führen", sagte Braun.
Lob von der AOK
Positiv vermerkte hingegen Hans Jürgen Ahrens, Chef des AOK-Bundesverbandes, dass das Drängen der Krankenkassen auf mehr Wettbewerb und bessere Qualität der Versorgung Erfolg gehabt habe. So werde es wohl für die Kassen möglich werden, mit Versandhandels-Apotheken günstige Konditionen für gute Medikamente zu vereinbaren. Das werde vor allem den chronisch Kranken nutzen und könne zugleich helfen,
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1058704503094.html?nv=rs
Kassenbeitrag sinkt nach Gesundheitsreform wohl geringer als versprochen
Beitragszahler müssen mit einer geringeren Entlastung durch die von 2004 an geltende Gesundheitsreform rechnen als von Ministerin Ulla Schmidt angekündigt. Das geht aus Berechnungen der Krankenkassen hervor. Statt um 0,7 Punkte werde der durchschnittliche Beitragssatz aller Krankenkassen 2004 wohl nur um 0,4 Punkte auf 13,9 Prozent sinken, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen, Wolfgang Schmeinck, am Freitag in Berlin. "Die Versicherten haben einen Anspruch auf seriös kalkulierte Beiträge", sagte der BKK-Chef. Zuvor hatten schon AOK und Ersatzkassen Zweifel an Schmidts Vorgabe angemeldet. Das Gesundheitsministerium geht dagegen weiterhin davon aus, dass der Beitragssatz 0,7 Prozentpunkte sinken wird. Eine Srecherin sagte, die Kassen hätten im Sommer den Umfang der Entlastungen durch die Gesundheitsreform von etwa 10 Mrd. Euro und auch die gewünschte Beitragssenkung um 0,7 Punkte als realistisch anerkannt. Es sei jedoch nicht zu erwarten, dass alle Kassen ihre Beitragssätze bereits zum 1. Januar senkten, da die Einsparungen teilweise erst im Lauf des Jahres entstünden und die Lage der Kassen unterschiedlich sei.
Zuzahlungen könnten Vorteile aus Beitragssenkungen aufweichen
BKK-Chef Schmeinck wollte sich nicht festlegen, ob die Reform - angesichts erhöhter Zuzahlungen und anderer Belastungen - die Versicherten mehr kostet, als sie über Beitragssenkungen sparen. Er vermute, dass die Rechnung im Saldo "für den Versicherten nur knapp positiv ausgeht". Entscheidend sei dabei auch der Preis der Zusatzversicherung für Zahnersatz. Die bisher genannten 6 Euro werden nach Schmeincks Erwartung nicht ausreichen. Realistisch seien eher 8 Euro. Die vom Gesetzgeber gewünschte Senkung der Arzneimittelausgaben sei ausgeblieben, sagte Schmeinck. Trotz der gesetzlich vorgeschriebenen Rabatte von 1,8 Mrd. Euro müssten die Kassen wie im Vorjahr 22,7 Mrd. Euro für Medikamente zahlen. Grund für die hohen Arzneimittelausgaben trotz gesetzlicher Gegenmaßnahmen seien neue Medikamente ohne zusätzlichen therapeutischen Nutzen.
Trend zu teuren Medikamenten
Rund 20 Prozent aller verordneten Medikamente seien Scheininnovationen, die vier Mal so teuer seien wie Durchschnittspräparate. Die Schuld an der Verordnung der kritisierten Mittel gab Schmeinck auch den Ärzten. Ein Teil der Mediziner unterläge vermutlich den Vertriebstechniken und den Ansprüchen der Patienten. Nach der Reform dürften die Kassen die Erstattung der umstrittenen Medikamente begrenzen. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller wies Schmeincks Darstellung zurück: "Analogpräparate sind kosteneffizient und therapeutisch wertvoll."
© 2003 Financial Times Deutschland
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1065243046389.html?nv=hptn
Kassenärzte wollen Inkassorisiko nicht tragen
Die Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Ärztevertretern stehen einem Medienbericht zufolge vor dem Scheitern. Die Kontrahenten könnten sich nicht auf die Regularien für die Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal einigen.
Hamburg - Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Roland Stahl, sagte der "Bild am Sonntag" ("BamS"): "Das Bundesgesundheitsministerium besteht darauf, dass das Inkasso- Risiko von den Ärzten getragen wird. Wenn also von 1000 Patienten 100 die zehn Euro nicht zahlen, verliert der Arzt 1000 Euro Honorar. Das werden wir auf keinen Fall mitmachen." Sollte das Ministerium nicht einlenken, würden die Verhandlungen am Montag für gescheitert erklärt.
Im Ministerium hieß es dazu am Samstag, zunächst seien die Gremien der Selbstverwaltung von Kassen und Ärzten gefordert, eine Einigung zu finden. Sollte das nicht der Fall sein, müsste das Bundesschiedsamt entscheiden. Es gebe keinerlei Veranlassung zu nachträglichen Änderungen der Gesetze zur Gesundheitsreform.
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,273218,00.html
Außenansicht
Praxisgebühr nicht konform mit Verfassung
Während sich die Versicherten mit vielen neuen Regelungen zur Gesundheitsreform offensichtlich abgefunden haben, hält die Entrüstung über die Praxisgebühr an.
Von Ruth Schimmelpfeng-Schütte*)
Der Streit um die Praxisgebühr kommt nicht aus den Schlagzeilen. Das verwundert in Anbetracht der Tatsache, dass die jüngste Gesundheitsreform vieles in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) neu geregelt hat. Sie hat die Versicherten mit einschneidenden Änderungen belastet, so etwa mit der Ausgliederung des Zahnersatzes, ohne dass sich die Hoffnung der Versicherten auf eine allgemeine Beitragssenkung bislang erfüllt hat. Doch während sich die Versicherten mit vielen der neuen Regelungen offensichtlich abgefunden haben, ist die Entrüstung über die Praxisgebühr nach wie vor groß. Nicht nur die Ärzte, sondern auch die Versicherten empfinden sie als reine Zumutung.
Eintrittsgebühr...
Warum ruft gerade die Praxisgebühr eine solche Empörung hervor? Warum sind die Versicherten so aufgebracht? Sie sind Kummer gewohnt und haben in den vergangenen Jahren wiederholt nicht nur Kürzungen im Bereich der GKV, sondern auch steigende Beiträge hinnehmen müssen. Doch die Praxisgebühr erregt die Gemüter beinahe mehr als steigende Beiträge. Offensichtlich geht es dabei weniger um die Höhe des Betrages, zehn Euro pro Quartal. Die Patienten der GKV empfinden sie schlicht als ungerecht. Die Versicherten sind empört, dass sie nun eine Eintrittsgebühr zahlen müssen, wenn sie ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen wollen. Der Zorn richtet sich auch gegen die vielen Ausnahmen von der Entrichtung der Gebühr. Aus Sicht der Versicherten kann das auf keinen Fall richtig sein.
Mit dieser Ansicht sind sie nicht allein. Auch Juristen bezweifeln, ob die Erhebung einer Praxisgebühr einer verfassungsrechtlichen Prüfung Stand halten würde. Darf der Gesetzgeber die Versicherten der GKV tatsächlich unbeschränkt finanziell belasten?
Die Antwort muss vor allem zwei Gesichtspunkte berücksichtigen: Zum einen ist von wesentlicher Bedeutung, dass die GKV eine Pflichtversicherung ist. Die pflichtversicherten Mitglieder der GKV sind damit zwangsversichert. Sie haben keine Möglichkeit, die GKV zu verlassen und ein anderes Krankenversicherungssystem zu wählen. Zum anderen ist die GKV ein beitragsfinanziertes System. Sie wird nach ihrer Konzeption durch Beiträge gespeist, nicht durch Eintrittsgebühren.
In einem beitragsfinanzierten Versicherungssystem werden Beiträge von demjenigen erhoben, dem das System beim Eintritt des Versicherungsfalles einen Vorteil bietet. Beiträge sichern also die potentielle Inanspruchnahme von Leistungen. Da die GKV ein beitragsfinanziertes System ist, erwerben die gesetzlich Versicherten mit der Zahlung ihrer Beiträge (die anteilig vom Arbeitgeber getragen werden) den Anspruch, im Krankheitsfalle ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen zu können. Mit der Praxisgebühr wird genau dasselbe Ziel verfolgt. Die Praxisgebühr soll den Versicherten die Tür zur ärztlichen Behandlung öffnen. Nur wenn die Versicherten bei der ersten Inanspruchnahme eines Arztes im Kalendervierteljahr die Praxisgebühr entrichten, erhalten sie Zugang zur ärztlichen Behandlung.
...ohne Vorteil
Von ihrer Zielsetzung her ist die Praxisgebühr daher ein Eintrittsgeld. Die Versicherten müssen dieses Eintrittsgeld zahlen, damit sie einen Arzt ohne Überweisung in Anspruch nehmen können. Die Praxisgebühr bietet ihnen somit keinerlei zusätzlichen Vorteil, der ihnen nicht schon aufgrund der Beitragszahlung zustünde. Denn für die Möglichkeit der Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung haben sie bereits Monat für Monat ihre hohen Beiträge entrichtet. Sie bezahlen mit der Praxisgebühr also zweimal für dieselbe Leistung - nämlich für die Chance, im Krankheitsfalle ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen zu können. Die Praxisgebühr ist daher eine doppelte Belastung der Versicherten für dieselbe Leistung.
Daran ändert auch die Bezeichnung „Zuzahlung“ nichts, die das neue Gesetz für die Praxisgebühr verwendet. Denn tatsächlich ist die Praxisgebühr keine Zuzahlung im herkömmlichen Sinne, wie zum Beispiel die Zuzahlung für ein Arzneimittel. Im Gegensatz zu den Zuzahlungen für Arzneien wird die Praxisgebühr von den Versicherten nicht für eine konkrete medizinische Leistung entrichtet. Die Praxisgebühr ist vor Inanspruchnahme des Arztes zu zahlen.Zu diesem Zeitpunkt aber ist noch völlig ungewiss, welche medizinische Leistung der Arzt wohl erbringen wird. Die Praxisgebühr ist somit keine Zuzahlung, sondern tatsächlich ein Eintrittsgeld. Mit ihr sollen vor allem die Finanzen der GKV konsolidiert werden. Es soll schlicht mehr Geld in die leeren Kassen der Krankenversicherungen kommen.
Angesichts dessen ist die Empörung der Versicherten nicht nur verständlich, sondern auch gerechtfertigt. Sie können der Doppelbelastung nicht ausweichen, weil sie pflichtversichert und demzufolge an die GKV gebunden sind. Als Mitglieder einer Pflichtversicherung sind sie aber in besonderem Maße schutzbedürftig. Daher ist die Forderung richtig, dass die Einführung neuer finanzieller Abgaben in einem öffentlich-rechtlichen Zwangssystem einer besonders sorgfältigen Prüfung unterzogen werden muss.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtssprechung stets betont, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Sozialversicherungssysteme einen weiten Ermessensspielraum hat. Doch seine Freiheit ist nicht grenzenlos. Die Legislative kann nicht machen, was sie will. Die Möglichkeiten des Gesetzgebers enden an den subjektiven Rechten, die von unserer Verfassung geschützt werden.
Die Antwort auf die Frage, ob eine gesetzliche Regelung mit unserer Verfassung in Einklang steht, erweist sich oft als äußerst schwierig. Es spricht jedoch Vieles dafür, dass eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Praxisgebühr negativ ausfallen könnte.
Denn die Praxisgebühr führt zu einer Doppelbelastung der Versicherten für ein- und dieselbe Leistung. Damit stellt die Praxisgebühr eine übermäßige finanzielle Belastung für die Versicherten dar. Der Hinweis auf die schlechte Finanzlage der GKV dürfte verfassungsrechtlich nicht genügen, um die Einführung der Praxisgebühr zu rechtfertigen.
*)Ruth Schimmelpfeng-Schütte ist Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle.
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/358/26332/
Regierung wirft Ärzten Sabotage vor
Ulla Schmidt wehrt sich. Die wegen ihrer Gesundheitsreform in der Kritik stehende Ministerin hat jetzt schwere Vorwürfe gegen Ärzte und Verbände erhoben. "Das öffentliche Klima für die Reform wurde systematisch und wider besseres Wissen vergiftet", heißt es in einem "Schwarzbuch" des Gesundheitsministeriums.
Berlin - "Die Fülle und die Dreistigkeit von Vorfällen lässt auf kriminelle Energie einerseits und fehlendes Rechtsbewusstsein andererseits schließen." Ärztevertreter warfen der Bundesregierung vor, sie wolle von ihrer eigenen Verantwortung für Fehlentwicklungen ablenken. Das vom Gesundheitsministerium herausgegebene "Schwarzbuch" dokumentiert zahlreiche Fälle, in denen seit Inkrafttreten der Reform zu Jahresbeginn Patienten falsch informiert oder zu unnötigen Zahlungen gedrängt wurden. Zudem wird den Ärzten vorgehalten, sie hätten die Änderungen zum Teil bewusst zu unterlaufen versucht und Stimmung gegen die Änderungen gemacht.
Insbesondere den Kieferorthopäden wirft die Regierung vor, sie hätten Patienten zur Abrechnung per Kostenerstattung gedrängt, um Kassenleistungen mit privat zu zahlenden Leistungen zu verknüpfen. Nach einer Umfrage des Ministeriums handelt es sich dabei "um eine bundesweit angelegte, systematische Aktion der Kieferorthopäden mit dem Ziel eines kollektiven Ausstiegs aus der gesetzlichen Krankenversicherung". Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD) betonte, das Fehlverhalten sei nicht die Regel, sondern es handle sich nur um Einzelfälle. Viele Patienten seien dadurch jedoch "extrem verunsichert" worden.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) warf der Bundesregierung vor, sie betreibe ein "Schwarzer-Peter-Spiel". Offenbar sollten die Gesundheitsberufe dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Krankenkassen ihre Beitragssätze nicht so stark wie von Ministerin Schmidt (SPD) angekündigt senken könnten, sagte der KBV-Vorsitzende Manfred Richter-Reichhelm. Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, kritisierte das Schwarzbuch als "populistisch". Es könne nicht "über die handwerklichen Fehler dieses Gesetzes hinwegtäuschen".
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,294349,00.html
Daß die Kranken jetzt einiges selber direkt zahlen und meistens mehr, ist schon eine TOLLE REFORM!!
Und die nächste Reform: Die Renten steigen nicht mehr! Warum auch? Das Volkseinkommen steigt auch nicht! Die Steuereinnahmen sinken - z.t. auch die Preise, warum sollen die Renten steigen??
Das einzige was steigt, ist die Wut des Volkes, über diese "Reformen". - Kritiker.
Und die absurde Situation, dass faktisch SchwarzGelb mitregiert - die aber starke Anreize haben, dass es mit den Reformen nicht klappt, weil sie dann in die nächste Bundesregierung gewählt werden.
Wir haben eine Verfassung, die in dieser Hinsicht untauglich ist, weil sie das Land blockiert.
schmiedest Dir dein Weltbild bis es
Dir paßt.
Grüezi aus Zürich,
ein deutscher Banker
boomer
Aber so lange sie träumen sind sie nicht gefährlich.
Bis zum nächsten Mal boomer
aus Zürich bilanz
Für Herrn Nazikeule speziell: Schau mal die Bundesregierung an: SPD/GRÜNE, nix UNION/FDP.
Und willste davon ablenken, dass die Schwarzen maßgeblich die Gesundheitsreform gestrickt haben?
Und was soll das alles mit Nazikeule zu tun haben?
Natürlich haben die Schwarzen die Gesundheitsreformsversuchsprojektvariante mitprobiert. Aber die Regierung hätte sich nicht darauf einlassen müssen. Wenn man schon mitspielt, ist man hinterher mitgefangen.
Mit der Nazikeule hat das nur indirekt zu tun. Aber solche Kommentare von dir wie unter dem Zitat oben gehen ins Persönliche. Ich attackiere hier nie jemanden in seinem Beruf etc., wenn er dies nicht bei mir tut. Also unterlaß das und ich nenn dich nicht Herr Nazikeule.
Keine Zuzahlungen, heißt die Devise. Eine Million Menschen haben schon alles bezahlt und wurden befreit.
15.04.2004 1053
13 Prozent der Bürger dieses Landes haben sich entschlossen auf einen Arztbesuch zu verzichten, auch dann wenn es notwendig wäre. Dies ergab eine gerade veröffentlichte Forsa-Umfrage, die im Auftrag der Zeitschrift „Stern“ erhoben wurde. Der Rückgang der Patientenzahlen in deutschen Kassenarztpraxen im 1. Quartal dieses Jahres bestätigt die Umfrage-Resultate. Zwischen 8 und 15 Prozent, so die Schätzungen von Ärzteverbänden und Krankenkassen, hätten einen Bogen um iheren Arzt gemacht. Eine Auswertung der Fallzahlen von 60 Prozent der Praxen im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Pfalz kommt zu dem Ergebnis, dass rund zehn Prozent weniger Patienten in die Praxen strömten. Besonders auffallend waren mit 13,6 bis 18,4 Prozent die Rückgänge bei den Gynäkologen, den HNO- und Hautärzten und den Orthopäden.
Deutliche Unterschiede bei der Arzt-Zurückhaltung hat die Forsa-Umfrage festgestellt. Menschen mit niedrigem Einkommen sind eher bereit, auf einen Arztbesuch zu verzichten. Bei den Befragten mit einem Monatseinkommen unter 1.500 Euro wollen 20 Prozent einen Arzt lieber nicht sehen, auch wenn sie der Meinung sind, eigentlich müsste es sein. 14 Prozent sehen das in der Gruppe der zwischen 1.500 Euro und 3.000 Euro Verdienenden so. Bei denen, die über 3.000 Euro im Monat zur Verfügung haben, sind es dagegen nur 9 Prozent, die auf den Besuch verzichten wollen.
Genau anders herum sehen das rund eine Million Bundesbürger. Sie haben das System im ersten Quartal ausgiebig genutzt und sind bereits jetzt für den Rest des Jahres von allen Zuzahlungen befreit. Die Zeitung „Bild“ hat die größten Krankenkassen und Kassenverbände befragt. AOK, Innungskrankenkassen, Betriebskrankenkassen, Barmer Ersatzkasse (BEK) und Deutsche Angestelltenkrankenkasse (DAK) haben schon 848.000 Befreiungen ausgesprochen, das sind dreimal mehr als es noch Anfang März waren.
Hier die Systemverweigerer dort die aktiven Nutzer, die Zuzahlungsregelungen scheinen die Neuronen unterschiedlich zu stimulieren. Spekulieren die einen darauf, ohne therapeutische Interventionen gesund zu werden, planen andere zwei Prozent (ein Prozent bei chronisch Kranken) des Einkommens als feste Größe ein. Sie setzen darauf, irgendwann müssen sie eh zum Arzt, dann eben gleich richtig und von Anfang an. Je früher die Befreiung desto früher auch kann man das System nutzen und das Portemonnaie zu Hause lassen. Umgerechnet kostet der einzelne Besuch dann nur noch einen Klacks.
Die Power-User mögen zwar den Vorsprung bei der Cost-Benefit-Berechnung haben, sie konterkarieren aber die Reform. Die Verweigerer dagegen müssten Balsam für die Reformer sein. Persönliches Sparbedürfnis senkt auch die Ausgabenlast der Krankenkassen. Gesunden oder krank bleiben werden vermutlich beide Gruppen, getreu der alten Weisheit, die Krankheit dauert mit Behandlung zwei Wochen und ohne nur 14 Tage.
Peter Appuhn
physio.de
Quelle: http://www.physio.de/php/meldung.php3?id=5224
Mann ist das lächerlich.......
Ich kümmere mich in meiner reichlich freien Zeit
um sozial schwache Bevölkerungsgruppen hier im
Pott. Um es kurz zu machen: Die haben einfach
kein Geld mehr und knausern, wo sie können,
Kleinstrentner, Behinderte, Dauerkranke, Sozial-
hilfeempfänger, Dauerarbeitslose, Kinderreiche,
Heimbewohner usw..
Ab 2005 werden es automatisch noch über 500.000
Leute mehr.
All diese Leute fallen heute schon als Konsumnachfrager
aus, weil sie jeden Cent umdrehen müssen.
Aber sie haben keine Lobby.
Deine Beobachtung ist sicherlich richtig und schlimm genug....aber 40.- im Jahr?????? Sollten wir da jetzt nicht ein wenig Übertreibung aus dieser Nummer rausnehmen??
Wenn in dern Spitze ein Kind von seinen Eltern nicht zum Arzt geschickt wird,obwohl es müsste (was in der Konsequens ja auch bei den Verweigerern passiert)... dann hört doch wirklich alles auf. Mein Gott,ist schon vieles scheisse hier,da hast Du sicher recht...aber wir leben doch nicht in Usbekistan......