GRAND PRIX VON BAHREIN
Spanische Lässigkeit, deutsche Wiederauferstehung
Von Stephan Gröne
Spektakuläre Rennszenen, superknappes Finsih: Das packende Auftaktrennen in Bahrein beweist, dass es Weltmeister Alonso schwer haben wird. Michael Schumacher ist auf historischer Mission, und dann ist da noch ein Finne, der sich nicht unterkriegen lässt.
Kurz nach 14 Uhr standen sie vereint auf dem Podium von Manama und strahlten um die Wette. Der Zweite Michael Schumacher, Fernando Alonso als Sieger und Kimi Räikkönen als Dritter. Feiern mussten sie ohne die obligatorische Champagner-Dusche, denn in Bahrein herrscht striktes Alkoholverbot. In den nächsten Rennen darf zum Glück wieder an die alte Tradition angeknüpft werden. Nach dem Auftakt dieser Saison wird deutlich: Alonso ist genauso stark wie im Vorjahr, Schumacher meldet sich eindrucksvoll zurück und Räikkönen kann nur gewinnen, wenn das McLaren-Mercedes-Team am ganzen Rennwochenende perfekt arbeitet.
Denn der Finne war die Sensation von Bahrein. Vor dem Auftakt zur 57. WM-Saison musste er sich noch wie in einer Zeitschleife fühlen. Wie in der Vorsaison ging er als einer der großen Favoriten an den Start, aber beinahe wie gewohnt ließ in sein Auto schon im Qualifying im Stich. Nach dem Bruch der Hinterradaufhängung flog ihm der Heckflügel davon, ohne gemessene Rundenzeit blieb für ihn nur der letzte Startplatz übrig. McLaren-Mercedes-Teamchef Ron Dennis haderte mit dem Schicksal: "Da fragst du dich, warum wir? Du denkst, das muss der Motorsport-Gott sein."
Doch in Bahrein hatten die höheren Mächte ein Einsehen mit Räikkönen. Mit randvollem Tank zog er vom Start weg an seinen Konkurrenten vorbei, war nach nur vier Runden schon Elfter. Der neue V-8 -Motor spielte ihm in die Karten. Durch den geringeren Spritverbrauch nutzte er eine mögliche 1-Stopp-Strategie, um aufs Podium zu hetzen. Im Kampf der großen Drei um die 57. WM-Krone wird mit Räikkönen zu rechnen sein.
Ganz nach vorn rollte er nicht mehr. Dafür waren Alonso und Schumacher zu stark. Die zeigten beide früh, dass der Weg zum Titel 2006 nur über Renault und Ferrari führt. Und lieferten sich vom Start weg ein packendes Duell. Schon nach der ersten Kurve hing Alonso dem neuen Pole-König Schumacher im Nacken und ließ ihn nicht mehr aus den Augen.
Rennentscheidend dann der zweite Boxenstopp Alonsos. Blitzartig verrichtete die Renault-Crew ihren Job in nur 7,7 Sekunden. Hauchdünn vor Schumacher ging Alonso wieder auf die Strecke. Aber der Spanier drängte den Ferrari von außen, Reifen an Reifen beharkten sich die beiden. Erst eine Beinahe-Berührung zwang Schumacher einen Tick früher auf die Bremse, Alonso bedankte sich und gab die Führung nicht mehr ab. Für Schumacher ist dieser zweite Rang in der Wüste aber so etwas wie eine Wiederauferstehung nach dem Pannenjahr 2005.
Ferrari-Technikchef Ross Brawn schlug verzweifelt auf das Pult und knirschte nicht Jugendfreies ins Mikro. Schumacher ist trotzdem einer der Gewinner des Wochenendes. Mit seiner 65. Pole-Position zog er mit Renn-Gott Ayrton Senna gleich und brachte sich auf der Piste nachhaltig in Erinnerung. In seiner vermeintlich letzten Saison will er es noch einmal wissen - und nun hat er auch ein Auto, das ihm den Titel ermöglicht.
Der ist noch in Händen Alonsos. Dessen Auftreten war am ganzen Wochenende weltmeisterlich. Besonders beim Rennen. Permanent stand er im regen Funkkontakt mit seinem Team und führte Anweisungen im bemerkenswert lässiger Manier aus. Nur einmal schlampte das Genie. Einen Funk-Befehl, einen Tick schneller zu fahren, "verweigerte" er. Er fuhr noch schneller, als ihm aufgetragen wurde. Ein echter Champion eben, der wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: "Das Rennen habe ich an der Box gewonnen. Beim zweiten Stopp haben wir Glück gehabt. Klar war es knapp, aber ich hatte knapp die Nase vorn. Am Ende war es okay. Das wird aber eine enge Saison werden."
Stephan Gröne, 42, lebt und arbeitet als freier Journalist in Berlin. Zum Formel- 1- Fan wurde er schon in den frühen Siebzigern, hauptsächlich wegen eines unglaublich aufregenden Namens: Jacky Ickx. . Als es sicher war, dass auch Ferrari nur zweimal zum Tanken fährt, saßen die siegesgewissen Mechaniker plötzlich nervös vor dem Bildschirm. Bis zur 37. Runde. Da waren sie hochkonzentriert und ebenso weltmeisterlich in Form wie ihre Nummer Eins.
Das können längst nicht alle Teams behaupten. Von Super-Aguri und MF1 Racing hatte niemand mehr als hintere Plätze erwartet. Aber was Toyota mit seinen Top-Fahrern Ralf Schumacher und Jarno Trulli ablieferte, war kaum besser. Früh überrundet mit den Rängen 14 und 16 im Ziel, katastrophaler kann eine Saison nicht beginnen. Ebenso finster die Ausbeute des neuen und hochgehandelten BMW-Sauber-Teams. Jaques Villeneueve platzte der Motor, Nick Heidfeld war als Zwölfter chancenlos.
Der letzte Deutsche im Feld, Nico Rosberg, machte es da bei seinem Debüt sehr viel besser. Dem Sohn vom ehemaligen Champion Keke Rosberg gelang im Williams nicht nur die schnellste Rennrunde, sondern durch eine spektakuläre Schlussphase auch noch der Sprung in die Punkte auf Rang sieben.
Ein Sieger steht jedoch schon nach einem Rennen fest: der Zuschauer. Spektakuläre Szenen in allen Rennphasen ließen so manchen Schnarcher der letzten Jahre vergessen. Das neue Reglement mit V-8-Motoren und erlaubten Reifenwechseln lässt auch den Teams mehr Raum für Strategie-Änderungen, die sich erfrischend auf den Rennverlauf auswirken. In den 57 Runden von Bahrein gab es dann auch mehr Überholmanöver als in so mancher kompletten Saison aus den Vorjahren. Wenn auch die Gesichter der Gewinner den altbekannten Helden sehr stark ähnelten.
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