Culture Club
Seite 184 von 2441 Neuester Beitrag: 19.11.24 11:10 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.12 21:13 | von: Fillorkill | Anzahl Beiträge: | 62.01 |
Neuester Beitrag: | 19.11.24 11:10 | von: Fillorkill | Leser gesamt: | 6.499.351 |
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Die School of Life bietet Snippets aus dem quasi unbegrenzten Reservoir der Fragen des Lebens an und verbindet diese mit Anspruch, aus den gegensätzlichsten Antworten das 'beste' herauszuholen und zu einem lebensphilosophischen Gesamtkunstwerk zusammen zu stricken. Wenn einer nur 'open minded' sei, sollte dies doch gelingen - so die humanistische Hoffnung.
Es bleibt für jeden Freiheit und Raum, seine ureigene und ganz private Schule für sich selbst zu etablieren.
It's all up to you.
(Man sollte es nur vermeiden, sie anderen aufzudrängen, was zerstörerische Motivationen und Imperative wie "Wreckers of Civilisation" allerdings denknotwendiger Weise mit sich brinngen. Das wäre dann auch mein wesentlicher Kritikpunkt an solchen Sujets.)
Ein Leben nicht "gegen" sondern "neben" dem mainstream - wie Du mal so schön gesagt hattest - ist mir da sympatischer.
Wo ich widersprechen möchte, ist dann aber vor allem diese entscheidende Stelle:
"Der Griff nach kulturellen und philosophischen Ingredients ist eine Funktion des eingeschlagenen Kurses und der erreichten Wegmarken, nicht umgekehrt."
Du neigst, wie mir nun schon an vielen Stellen in unterschiedlichen Diskussionen aufgefallen ist, dazu, wechselseitige Wirkungszusammenhänge als Einbahnstraßen zu modellieren, an dessen Ausgangspunkt "Eines" als Urgrund steht.
Ich halte diese Denkhaltung zum einen fast schon grundsätzlich für falsch zum anderen beschneidet man sich dabei systematisch nur selbst im tieferen Verständnis. Systematisch, da eben nur einer der wechselseitigen Wirkungszusammenhänge berücksichtigt wird.
Im konkreten Fall:
Womit wir uns kulturell, philosophisch oder in welcher Richtung auch immer beschäftigen ist zum einen, wie Du ganz richtig sagst, Funktion dessen, wer wir sind, dessen was wir bis dahin gemacht haben, Funktion des bereits eingeschlagenen Weges. Der Weg, den wir bis dahin eingeschlagen haben, ist andererseits jedoch zugleich auch wiederum eine Funktion dessen, womit wir uns bis dahin beschäftigt haben bzw. der Einflüsse, die bis dahin zum Tragen gekommen sind.
Anders gesagt:
Das, womit wir uns befassen, gestaltet und verändert unser Leben, und unser Leben beeinflusst andersrum genauso, womit wir uns befassen und unsere Interessen.
Ein Wirkungszusammenhang existiert in beiden Richtungen. Auf die Frage, ob und was etwa zuerst sein müsste, kommt es dabei aus praktischer Sicht m.E. gar nicht an. Rückkoppelungseffekte entstehen ebenfalls in beide Richtungen und lassen sichauch an beiden Stellen beeinflussen bzw. unterbrechen.
Solche wechselseitigen Rückkoppelungs- und Wirkungszusammenhänge existieren an unendlich vielen Stellen. Man findet sie in allen Austauschverhältnissen. In zwischenmenschlichen Beziehungen, im einzelnen Individuum mit sich selbst, im Phänomen von Angebot und Nachfrage etc. etc.
Wenn man im dualistischen Denken verhaftet bleibt mag sich da schnell die Frage aufdrängen, was denn nun zuerst da war, das Huhn oder das Ei? Eine Frage, die sich aber nicht beantworten lässt, ohne sich in unauflösbare Widersprüche und Unmöglichkeiten zu verheddern. Die Lösung läge hingegen gerade darin, dualistische Betrachtungeweisen zu überwinden.
Als solch ein Versuch ist dann übrigens auch Hegels Ausspruch zu verstehen, dass das Ganze das Wahre sei.
Hatte da mal ein anderes interessantes Buch gefunden: "Anti-Rock: Avantgarde und Pop im rockfreien Raum" von Dr.phil Andreas Kühn.
"Was ist Anti-Rock? Anti-Rock ist eine intellektuelle Reaktion auf den klassischen, virilen, bluesorientierten Rock, der sich durch die Großerzählung von Sex, Drugs und Rock'n'Roll definiert. Die Protagonisten des Anti-Rock orientierten sich musikalisch wie theoretisch an den großen Kunstbewegungen seit den 1920er Jahren. Sie traten an, durch Dekonstruktion Neues zu schaffen und langsam zu etablieren. Die vorliegende Studie zeichnet diese Entwicklung nach und bettet sie ein in die jeweilige musikalische, politische, kulturgeschichtliche und kulturelle Situation ihrer Entstehung."
https://books.google.de/...0rockfreien%20Raum%20p%20immel&f=false
Da findet man dann z.B. auch einen Verweis auf das Cultural Terrorist Manifesto der Formation "Grey Wolves" als einer ideologischen Grundierung dieser Bewegung:
Hier findet man es dann im Original:
http://media.hyperreal.org/zines/est/articles/ctm.html
"Cultural Terrorist Manifesto
A terrorist who hijacks an airplane or plants a bomb in a crowded shopping centre apparently doesn't care who gets hurt as long as he (sic) achieves his aim. That innocent people are turned into bloody corpses or maimed for life is not his concern. The cultural terrorist is no different. The cultural terrorist, an assassin of the future, an executioner of morality. Cultural terrorism, an attitude, a state of mind - not a set of values to be dogmatically followed. Cultural terrorism is a celebration of the power of the individual.
Our aim is to pollute the minds of the public, to sow the seeds of insanity into society. Our victims are of all ages - everybody from the cradle to the grave. Man cannot bear too much reality and as a result of this the cultural terrorist is in the business of providing a reality attack. An over exposure of reality - the dirt behind the day dream. No subject is taboo, all must be exposed. No one is sacred. Everybody as well as everything should feel the wrath of the cultural terrorist. The object of cultural terrorism is to exploit situations and people in order to cause a reaction, preferably negative. Our aim is to make money in order to finance our war which we wage upon society, The money is required so that we can purchase the technology which will tear into the heart of all that is considered normal. We are the cancerous cell that would painfully destroy all that is in contact with it. We are working to erase the conforming instinct. To prevent humanity from ever acting with a common will."
Viele dieser Aussagen kennt man dann im übrigen auch Wort für Wort von P. Orridge.
Meiner Meinung nach psychopatischer shice, dem jegliche Empfindung für sein direktes Gegenüber und der Respekt für die ideelle Sphäre des Anderen abhanden geht, auch wenn es nach Masstäben der Kunst nicht uninteressant ist. Aber die Ästhetik der Kunst ist nunmal nicht für alles ein tauglicher Maßstab.
Das oberste Ziel "To prevent humanity from ever acting with a common will." ist zudem blanker galoppierender Schwachsinn.
Jegliches gemeinschaftliches zielgerichtetes Unternehmen würde damit implizit unmöglich, wenn man diese Idee wirklich ernst nehmen soll. Es gäbe keine Häuser, keine Supermärkte, überhaupt im Ganzen keine Läden, keine Regierung, kurz gesagt, nichts, was irgendeinen gemeinschaftlichen common will vorraussetzte um in irgendeiner Weise produktiv gestaltend zusammenzuwirken...
Was ist eigentlich mit den Menschenrechten, brauchten ihre Verankerung und Durchsetzung nicht auch einen starken und klaren common will?
Und für solche Flausen meint man nun, sich das Recht herausnehmen zu dürfen, andere Leute kulturell zu tyranisieren?
Entzückend...
But that's not my cup of tea,
no can do.
;)
(p.s.: auf der anderen Seite sind solche subkulturellen Veranstaltungen ja allesamt ganz und gar freiwillige Veranstaltungen, insofern geht das schon in Ordnung, muss einem von eigentlichen Anspruch her nur eben nicht unbedingt sympatisch sein.
Als l’art pour l’art (die es aber gerade nicht ist und auch nicht sein möchte) kann ich dem in gewissen Grenzen dann sogar hier und da etwas abgewinnen.)