Culture Club
Seite 110 von 2440 Neuester Beitrag: 16.11.24 10:05 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.12 21:13 | von: Fillorkill | Anzahl Beiträge: | 61.982 |
Neuester Beitrag: | 16.11.24 10:05 | von: Fillorkill | Leser gesamt: | 6.482.840 |
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Gesprächsebenen: Im Grundsatz ist es ja völlig in Ordnung, das so zu handhaben. Das Problem, das ich oben versucht habe zu skizzieren besteht auch weder in einer Fragmentarisierung der Darstellung noch in einer Individualisierung der jeweiligen Diskursbeziehung, und auch nicht um eine etwaige völlige Abwesenheit von interessanten Aspekten. Es erwartet auch kein Mensch, dass im Rahmen von Forumsbeiträgen ausgefeilte zeitungstaugliche Artikel oder Essays verfasst werden.
Dieses Medium und vor allem auch die Zeit der Teilnehmer unterliegt da doch gewissen Grenzen. Aus diesen Umständen lässt sich jedoch immer noch keine Rechtfertigung ableiten, auf Diffamierungen und andere dirty tricks zurückzugreifen, die weit unter die Gürtellinie gehen. Auch da gibt es einfach Grenzen, bei denen es dann auch nicht mehr auf die historische entwickelte Diskursbeziehung ankommen kann.
Zeitverschwendung: Dass Posten an sich Zeitverschwendung sei, habe ich so allgemein auch nicht geschrieben, sondern auf bestimmte Gesprächssituationen bezogen.
Daiphong: Die mitunter erstaunlich schrillen Ober- und Untertöne eures Dialoges lassen sich m.E. kaum alleine mit einer gegensätzlichen linken Genese erklären. Auch er dürfte mit seinen Provokationen am Ende vielleicht nur zu gewissen Einsichten anregen wollen.
Solche Art von pädagogischen Ansätzen halte ich dabei jedoch bereits schon im Grundsatz für völlig verfehlt.
Zum einen bedeutet dieser Eifer ja eine einzige Anmaßung. Zum anderen liegt dieser Idee dann auch imanent die irrige Annahme zu Grunde, dass der Zweck der Mittel heilige.
Zu guter Letzt bedeutet diese Denkfigur dann auch nichts anderes als einen Freifahrtschein, anderen Leuten alles mögliche an den Kopf zu werfen, was einem gerade so einfällt. Damit nur dazu anregen zu wollen, das eigene Verhalten zu reflektieren lässt sich nämlich immer sagen. Und gerade weil sich dies immer sagen lässt, lässt sich auch nichts wirklich damit rechtfertigen.
Dekonstruktion: Dann darf man sich also geehrt fühlen, wenn Du einem das Wort im Munde umdrehst und nach irgendwelchen zu tiefst subjektiven Kriterien und frei assozierten Codes eine Märchenstunde daraus machst? ;)
Warum sollte das Kenntlichmachen von inneren Widersprüchen denn eigentlich immer nur polemisch möglich sein. Wenn eine Sache nur mit Hilfe von Polemik hergeleitet werden kann, bedeutet dies letzlich dass sie eben gerade überhaupt nicht hergeleitet sondern einfach nur behauptet werden kann.
Minorityposting: Das lasse ich mal so stehen, wobei ich ehrlich gesagt nicht ganz sehe, weshalb Du mit deiner autodidaktischen ökonomischen Teilbildung nun in diesem Forum weniger unter den Stammtischbegriff fallen solltest, als manche andere die bei Dir nun ja darunter laufen.
Zanoni: Ja, wir hatten da im Grunde immer eine gute Ebene. Warum Du da Stil- und Methodenkritik gerade ausblenden möchtest, kann ich jedoch nicht ganz nachvollziehen.
Diffamierung geldtheoretischer Positionen wider besseren Wissens trifft übrigens nicht zu. Ich nehme an, Du beziehst Dich da auf die Saldenmechanik.
Du verwendest da immer ein sehr stark vereinfachtes Modell, das weder die funktionalen Zusammenhänge in der Realität richtig widerspiegelt, noch dem eigentlichen Stand der Wissenschaft entspricht.
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ist doch um einiges komplizierter und auch differenzierter in seinen Aussagen.
Du blendest da zu viele Variablen einfach aus. Ich bin mir dabei auch nicht sicher, ob Du die unterschiedlichen denkbaren Wechselwirkungen der einzelnen Variablen richtig verstehst, wobei ich von den tatsächlichen Wechselwirkungen rede, die dann
realwirtschaftlich hinter den einzelnen Variablen stehen.
Die Schlüsse, die Du da aus der Saldenmechanik ableiten möchtest, sind keineswegs so zwingend, wie Du Dir das möglicherweise vorstellst.
Anhand der VGR lassen sich dabei ex-post die unterschiedliche Bilanzentwicklungen erklären. Ex-ante lassen sich damit jedoch gerade keine(!) zwingenden Schlussfolgerungen oder Annahmen treffen. Esseiden dass bereits alle(!) Variablen auf der einen Seite der Gleichung bekannt wären.
Dass bestimmte Effekte einfach durch höhere Staatsausgaben ausgeglichen werden können lässt sich eben nicht ohne weiteres einfach so ableiten. Es gibt dort keinen Automatismus, so wie Du ihn Dir vorstellst, dazu gibt es einfach zu viele Variablen, die sich gegenseitig realwirtschaftlich in höchst unterschiedlicher Weise beeinflussen können.
Das hier mitunter recht vulgärökonomische Standpunkte vertreten werden, möchte ich übrigens gar nicht bestreiten, Du konterst dies allerdings mit einer nicht minder vulgärökonomisch unsachgemäß vereinfachten Saldenmechanik.
Aus der VGR lässt sich gerade ausdrücklich gerade keine Konjunkturtheorie oder ähnliches ableiten.
Hier mal ein Link zu einer Aufgabensammlung in VGR: Nichts großes, sind glaube ich Studienmaterialen von Anfangssemestern. Dort vermitteln sich dann allerdings vielleicht ein paar Probleme etwas besser, die dort an verschiedenen Stellen auftauchen.
http://www1.uni-hamburg.de/iiw/v04_bscvwl14.pdf
Nach meiner Wahrnehmung hat es wenn es von informierter Seite sinngemäß vorgetragen wird, dass aus den Identitätsgleichungen eine Konjunkturtheorie abgeleitet werden könnte, dann auch eher einen politischen, als einen echten wissenschaftlichen Gehalt.
Dass sich ein Land wie Griechenland nicht mehr aus ihrer Krise heraussparen können wird ist dabei allerdings dessen ungeachtet völlig richtig. Sie werden sich aber auch nicht herausschulden können. Das hängt nicht nur mit der Höhe ihres aktuellen Schuldenstands zusammen, sondern auch mit ihren dauerhaften Aussenhandelsbilanzdefiziten, die wiederum sehr viel mit strukturellen Problemen zu tun haben.
An einem größeren Schuldenschnitt, der nichts anderes als einen Zahlungsausfall bedeutet, wird da über kurz oder lang m.E. kein Weg daran vorbeiführen.
Die griechische Regierung hat nun die unangenehme Aufgabe, uns das irgendwie zu verklickern, und das machen sie eigentlich gar nicht so schlecht.
Entscheidend wird es dann allerdings sein, wie tüchtig sie sich dann auch hinterher zeigen, die dann endgültig notwendig gewordenen Reformen anzugehen.
Ich bin gespannt, was am Ende dabei herauskommt.
MMT: Dass Du alles an der MMT bis auf die Saldenmechanik kritisiert hättest ist mir noch nicht aufgefallen. An kritischen Auseinandersetzungen mit der MMT habe ich von Dir zumindest noch nichts gelesen. An der Saldenmechanik an sich ist auch nichts auszusetzen, wenn man sie denn auch sachgerecht anwendet anstatt sie unsachgemäß zu simplifizieren und ihre tatsächlichen Möglichkeiten, bestimmte Schlussfolgerungen zu ziehen, in irreführender Art und Weise zu überdehnen.
Der Begriff des Moneyprintings ist hingegen formal falsch. Bei dem Geld, das durch die Notenbanken im Rahmen von QE geschaffen wird, handelt es sich um Buchgeld, das sich auf den Verrechnungskonten der GB, die bei der Zentralbank unterhalten werden, hin und her bewegt. Es wird - anders als es der Begriff im ureigentlichen Sinne nahe legt - dabei nicht wirklich die Notenpresse angeworfen.
Gemeint ist allerdings dennoch das richtige. Umgangssprachlich kann man das durchaus so sagen.
Es ist insofern sogar wiederum irreführend, den Begriff des Moneyprintings als far out zu betrachten. Es wird hier nämlich wiederum auf das Missverständnis gesetzt, dass dies etwa so zu verstehen sei, dass durch die Notenbanken demnach also gar kein zusätzliches Geld geschaffen würde, was allerdings falsch ist.
Bei dem Geld, dass geschaffen wird handelt es sich allerdings faktisch eben um elektronisches Geld, und keine mit der Notenpresse gedruckten Scheine.
Auf diesen technischen Unterschied kommt es, wenn irgendwo vom Moneyprinting gesprochen wird argumentativ dann auch in der Regel gar nicht an.
Es wundert mich insofern immer ein bisschen, warum Du auf diesem technischen Unterschied immer wieder so herumreitest. Ist ja richtig, aber ich sehe nicht ganz das Problem.
Ein witziges und sehr charmantes Phänomen, das heute in einen völlig anderen Kontext eingebettet ist. Früher war es absoluter und fraglos ziemlich trashiger mainstream, heute ist es underground. (Kein Witz)
Diskurs: Ausnahmslos alle treten an mit den ihnen jeweils eigenen Motiven und Fähigkeiten gegeneinander an, ohne dass die Frage der Legitimität praktisch eine Rolle spielt ausser der, diese dem Kontrahenten zu bestreiten. Was zieht und was nicht, erweist sich im Diskurs selbst, 'überzeugt' wird jedoch niemand. Konstruktives Moment ist jedoch, von einem starken Kontrahenten dazu genötigt zu werden, eigene Widersprüchlichkeit zu erkennen und in Verlaufsform zu bringen. Wer sich dem verweigert, verlässt praktisch den Diskurs.
Konstruktiv ist weiterhin das Potential, kreative Gedankensplitter und Prozesse erzeugen zu können. Daneben noch die ästhetische Komponente, die für mich persönlich wichtig ist. So sehe ich mich tatsächlich als einen Produzenten von Industrial Art in der Theorie. Diskurs ist also real etwas anderes als einst in der Volksschule gelernt.
Saldenmechanik: Wer ihre praktische Geltung durch zB isolierte Beschreibung von Deficiten und Überschüssen leugnet, verbreitet notwendig ökonomische Irrlehren. Postkeynesians wissen jedoch um die Produktivkraft ökonomischer Irrlehren. Erst wenn Saldenmechanik zum Fundament wird, kann davon aufsteigend sinnvoll über Variablen gestritten werden.
MMT: Diese glaubt, die Zyklen kontrollieren zu können, wenn der Staat sich nur als aufgeklärter ökonomischer Agent verhalten kann. Diesen Glauben teilen sie mit den vulgärökonomischen Schulen, die deshalb als staatsfromm richtig beschrieben werden. Postkeynesians teilen diesen Glauben nicht nur nicht, sondern sehen in der Anarchie der Zyklen und der durch diese erzeugte Unsicherheit die produktive Kraft des Cap - die allerdings eines starken öffentlichen Sektors als Counterpart bedarf.
Moneyprinting: Die Geldschöpfung ist privatisiert und entsteht in der Beziehung zwischen Kreditnehmer und Kredtgeber mittels elektronischer Buchung aus dem Nichts. Die Notenbank ist daran nur peripher als subalterner Dienstleister beteiligt.
Ihre Offenmarktoperationen, der Swap von Collaterals gegen Reserves, verändern Bankbilanzen nur in ihrer Zusammensetzung, nicht in ihrem Wert. Es entsteht kein 'neues' Geld. Das ist einfach nur ein Basic.
Er findet sich dort ja auch vornehmlich als ein Backgroundsound, der einem im Hintergrund von Blockbuster Action Krachern, seichten und hochglanzpolierten Vorabendserien und Werbespots begegnet ist.
Ein Backgroundsound, den kaum einer zu Hause im Kassettendeck oder auf dem Plattenteller hatte, und der trotzdem beinahe omnipräsent gewesen ist.
Man kann das vielleicht als den Sound of Cap dieser Zeit begreifen.
Die beschwingte ja fast euphorische Aufbruchstimmung und Zukunftssehnsucht, die die Ästhetik dabei transportiert, ist dabei im Grunde noch ganz der Moderne verhaftet. In gewisser Weise kann man die 80er oder richtiger gesagt, eine ihrer großen wenn auch sicherlich unterbewußten Grundströmungen, in dieser Hinsicht bereits selbst als eine Art Revival lesen.
Wenn man dieses Revival nun hingegen in der heutigen Zeit betrachtet, dann handelt es sich dabei jedoch gerade im Gegenteil um den subkulturellen Sound einer Zeit in der globale Rezessionstendenzen bestehen. Eine Zeit in der der Cap in der Krise steckt.
Diese Rekreationen sind billig zu produzieren, es reicht im Grunde ein einfacher PC und ein bisschen Software. Keine teuren Instrumente, es gibt auch keine aufwendig produzierten Videoclips. Es werden einfach alte Filmschnipsel in kreativer Weise gesampelt, mitunter sogar Werbespots, die man damals grundsätzlich weggeklickt hatte, oder einfach nur ein paar klischeehafte Photos.
Das Zurückgreifen auf möglichst einfache und günstige Dinge ist in der Musikkultur tatsächlich ein typisches Phänomen in Wirtschaftskrisen.
Wenn man dann nochmal einen zweiten Blick auf die Ästhetik und das Lebensgefühl wirft, das dort transportiert wird, so sieht man sehr viel Leichtigkeit und Optimismus, natürlich Hand in Hand mit einer nicht zu übersehenden Oberflächlichkeit und bis ins irreale übertriebenen Ästhetisierung. Naive und beschwingte Unschuld steht zudem ohne Frage neben der Klaviatur der Verführung (Werbeclips werden da z.B nicht ohne Grund als Zitat verbastelt). Das unendlich Aufregende fällt hier zudem gewissermaßen mit dem unendlich Banalen zusammen. Auch Körperlichkeit und jugendliche Vitalität sind natürlich auffällig zelebrierte Elemente. Hinzu kommen dann auch noch die Bilder des guten Lebens, die dort gezeigt werden, hinter denen sich natürlich letztlich Verheißungsversprechungen des Cap verbergen.
Kurz gesagt, bei diesem Spirit, der hier zitiert wird, handelt es sich letzlich um einen kraftvollen Narrativ, der den Wohlstand in den westlichen Industrienationen in den 80ern begleitet hat.
Bei diesem 80ies Revival im allgemeinen, das wir gerade bereits seit Ende der letzten Dekade erleben, und dann eben auch bei dieser Synthpop-Geschichte im besonderen, kommen viele Dinge zum Tragen.
Die radikale bis zur Absurdität hin gesteigerte Seichtigkeit und naive Ästhetik hat heute schon wieder etwas Sperriges an sich. Im Grunde ist das ein herrlich schräger Anachronismus. Genau deswegen lädt es heute anders als damals ja auch zum Nachdenken ein.
Gleichzeitig reißt der Vibe jedoch auf der anderen Seite dann auch einfach mit.
Auch hier geht es, ähnlich wie beim Industrial, auch ein bisschen um das Spiel mit dem Zuschauer. Ich denke, dass hier eine widersprüchliche Reaktion erzeugt werden soll. Die Clips schwanken dabei auch selbst zwischen liebevoller Nostalgie und ironischer De- und Rekonstruktion.
Es geht dann allerdings auch gleichzeitig tatsächlich um eine Art Rückbesinnung auf Leichtigkeit und eine zuversichtliche Aufschwungsstimmung! Fuck the Crisis, das ist die Botschaft, die man hier herauslesen kann.
Ich sehe da eine gewisse Flucht nach vorne, die im Gegensatz zum so oft zitierten kollektiven Unbehagen steht.
Dass sowas heute tatsächlich in der Kunstszene nahe stehenden Undergroundclubs gespielt wird, ist dabei natürlich ein weiteres witziges Kuriosum.
Es entfaltet dort dann auch nochmal einen ganz eigenen Charme, der dann mit der 80ies Clipästhetik wiederum gar nichts mehr zu tun hat.
In diesem Zusammenhang könnte man das vielleicht auch als eine Variante des "Anything Goes" betrachten. Der Flirt mit dem Kitsch als mutige Kunstform, wäre vielleicht ein anderer Aspekt.
Der eigentliche Reiz des Ganzen besteht dann nicht zuletzt auch gerade darin, dass diese Musik Live dabei aus seinem eigentlichen Kontext heraus gelöst und damit dann auch eine andere Erfahrung und einander Blick auf die Sache ermöglicht wird. Was durch solche Rekontsruktionen entsteht ist dann auch kein bloßer Abklatsch mehr sondern doch etwas sehr eigenständiges.
Dinge geben dann manchmal doch mehr her, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.
Hattest Du dir meinen link mit den VGR-Übungsmaterialien eigentlich mal angesehen?
Du scheinst die Punkte, an denen da die Probleme liegen, aus solchen Identitätsgleichungen Konjunkturtheorien zu basteln nicht ganz zu fassen zu bekommen.