Cancel Culture
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 25.04.21 10:59 | ||||
Eröffnet am: | 27.02.21 19:16 | von: Rigomax | Anzahl Beiträge: | 8 |
Neuester Beitrag: | 25.04.21 10:59 | von: Susannefotu. | Leser gesamt: | 2.707 |
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https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/...ture-17218699.html
https://www.glasgowtimes.co.uk/news/...e-guest-speaker-gregory-clark/
Der Dekan hatte von Clark gefordert, den Begriff "Bell Curve" aus dem Titel seines Vortrags zu entfernen. Clark lehnte ab. Daraufhin wurde der Vortrag abgesagt.
Die Universität sagte danach, der Vortrag wäre lediglich verschoben (postponed) worden. Ein neuer Termin wurde dabei nicht genannt.
25.02.2021, 14:12 Uhr
Nuhr, Eckhart und Co.
Freiheit für das Wort! Eine Intervention gegen die Cancel Culture
Gegen Cancel Culture - Warum Dieter Nuhr und Lisa Eckhart weiter auftreten müssen
Ein Essay von Stefan Lüddemann
00:00/07:02
Osnabrück. Sie meinen es gut, all jene, die gegen Diskriminierung und Ausgrenzung kämpfen. Sprechverbote sind aber nicht das richtige Mittel gegen Benachteiligung. Cancel Culture vergiftet das soziale Leben. Eine Intervention gegen falschen Meinungsgehorsam.
Nuhr das nicht! Das Entsetzen ist umsonst. 2020 fliegt der Kabarettist Dieter Nuhr aus der Jubiläumskampagne der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die er mit seinem Gesicht unterstützt. „Wissenschaft ist gerade, dass sich die Meinung ändert, wenn sich die Faktenlage ändert“: Für Sätze wie diesen kassiert der Kabarettist einen Shitstorm in den sozialen Netzwerken.
Dieter Nuhr soll den Klimawandel und die Corona-Pandemie verharmlost haben. Ausgerechnet die Wissenschaftler werfen ihn raus. Später rudern sie zurück. Egal. Die angeblich unabhängigen, nur der Wahrheit verpflichteten Spitzenforscher haben vor dem digitalen Mob gekuscht. Eine Blamage – und ein aktuelles Musterbeispiel der Cancel Culture.
Lisa Eckhart antisemitisch?
Fortsetzung gefällig? Das Hamburger Literaturfestival Harbour Front lädt Kabarettistin Lisa Eckhart aus. Sie soll antisemitisch sein.
Kuratoren hängen Gemälde von Philipp Guston ab. Angeblich sympathisiert der Maler mit dem Ku-Klux-Klan. Der Kinderbuchklassiker „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ soll umgeschrieben werden. Kritikerinnen werfen dem Buch Rassismus vor. Professoren wie die Historiker Herfried Münkler und Andreas Rödder werden an ihren Hochschulen angefeindet und boykottiert. Ihre Sicht der Geschichte soll politisch nicht korrekt sein.
Nuhr zu: Ladet aus, wessen Meinung Euch nicht passt! Schreibt Texte um, die Euch stören! Hängt Bilder ab, die Ihr unkorrekt findet! Cancel Culture ist allgegenwärtig – als Meinungsterror im Namen des angeblich Guten und Richtigen.
Nein, man muss Dieter Nuhrs Witze nicht mögen. Und ja, man kann unbedingt der Meinung sein, dass Lisa Eckardt ein gefährliches Spiel mit antisemitischen Klischees treibt. Aber das inzwischen zum öden Reflex verkommene Reiz-Reaktions-Schema mit seinem Dreischritt aus Empörung, Shitstorm und Sanktion ruiniert Kultur und Debatte.
Und es gibt Reaktionen, etwa die namhafter Wissenschaftler, die gerade das „Netzwerk zur Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit“ gegründet haben. Gegen Rassismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit – das sollte zum guten, weil zivilisierten Ton gehören. Aber der Kampf für das Gute, mit dem Tremolo der Empörung geführt, hat, zu weit getrieben, eine zerstörerische Konsequenz. Er setzt den Verdacht an die Stelle der Kritik, die Bestrafung an die Stelle des Arguments. Statt eine Meinung anzugreifen, wird die Person attackiert, die sie vertritt. Wer mit dem Shitstorm droht, erstickt die Debatte, bevor sie begonnen hat. Nuhr nicht so, möchte man dazwischenrufen.
Mit Wörtern diskriminieren
Dabei treibt die Cancel Culture grundsätzlich ein guter Impuls. Voltaire beschreibt ihn in seinem „Philosophischen Wörterbuch“ so: „Wir wollen mit wenigen Worten die verschiedenen Arten von Vorurteilen untersuchen, um Ordnung in unsere Angelegenheiten zu bringen“. Aufklärung funktioniert als Sprachkritik. Sprache ist kein neutrales Medium. „Zigeunerschnitzel“ statt "nach Balkan-Art", „N…küsse“ statt „Schokoküsse“ oder „Eskimo“ statt „Inuit“ – solche Begriffe transportieren Diskriminierung, reproduzieren Benachteiligung.
Was liegt also näher, als alle Begriffe zu eliminieren, die Menschen im Hinblick auf Hautfarbe, Geschlecht oder Herkunft kränken oder ausgrenzen könnten? Das klingt plausibel. Inzwischen wissen wir aber Nuhr zu gut, dass die Suche nach dem ausgrenzenden Wort in einen Sprachpurismus umschlagen kann, der neue Redeverbote produziert. Sprechverbote, ja Zensur im Namen des Guten? Dieser Effekt macht Political Correctness zur Belastung und das, was aus ihr folgt – die Cancel Culture.
Das Regime der Tugend
Neu ist sie nicht. Schon Heinrich Heine wehrte sich gegen das Tugendregime einer Political Correctness seiner Zeit
In seinem Buch über den Schriftstellerkollegen Ludwig Börne vergleicht Heine ihn mit dem Revolutionär Robespierre, um zu beschreiben, was er den „argwöhnischen Kleingeist“ nennt – Menschen, die im Namen der Tugend über andere richten, Börne mit Worten, Robespierre mit Todesurteilen. Ein zu harter Vergleich? Nicht unbedingt. Schon zu Heines Zeiten gibt es die mediale Kampagne, die politische oder publizistische Gegner stigmatisiert.
Die digital angefachten Beschimpfungsstürme haben heute erst recht die Qualität, soziale Existenzen zu vernichten. Und nicht erst seit Heine wissen wir, dass das vorgeblich Gute den versteckten Kampf um Einfluss oft nur kaschiert. Auch dort, wo sich heute alle gern zu Diversität oder Inklusion bekennen, wird versteckt um Macht und Einfluss gerangelt.
Die Taktik der Rechten
Aber schauen wir nicht nur in eine Richtung. Wer allzu einseitig gegen Cancel Culture wettert, läuft Gefahr, sich mit falschen Freunden einzulassen. Mit dem Vorwurf der Cancel Culture lässt sich auch jedes linke Emanzipationsprojekt bestens diskreditieren. Rechte haben daraus längst eine rhetorische Taktik gemacht – und erweisen sich zugleich selbst als Meister der doppelten Botschaften des versteckten Hasses. Ob Donald Trumps Twitter-Blitzkriege gegen politische Gegner, die kruden Appelle der „Querdenker“ an dumpfe Wut, die perfiden Anwürfe der AfD gegen den Fußballer Jerome Boateng, der angeblich kein guter Nachbar sein kann oder Documenta-Kunstwerke, die „entstellt“ sein sollen – immer wieder wird mit der Sprache auch das gesellschaftliche Klima vergiftet.
Sprache als Schauplatz des Konflikts
Die Sprache ist der Schauplatz des Konflikts. Das verbindet Political Correctness, Cancel Culture und rechte Rhetorik. Immer geht es darum, mit der Wortwahl den Diskurs zu beherrschen und damit Menschen zu sortieren – in jene, die dazugehören und andere, die ausgegrenzt oder stigmatisiert werden.
Dagegen hilft nur eines: Über Argumente sprechen, nicht über Menschen. Immer wieder darauf bestehen, dass es im Meinungsstreit nicht nur Schwarz und Weiß, Richtig und Falsch gibt, sondern vor allem viele Grauzonen, in denen nur eines weiterhilft: die geduldige Arbeit am Begriff. „Wer auf Differenz besteht, steht am Anfang eines Gesprächs, nicht an seinem Ziele“, verwies der Philosoph Hans-Georg Gadamer darauf, den Dissens als Stimulans der Kommunikation zu verstehen und nicht als Frontstellung feindlicher Lager. Keine Denk- und Sprechverbote akzeptieren und seien sie noch so wohlmeinend begründet. Keine Chance der Cancel Culture, der Wut-Rhetorik. Nuhr Mut!
Im weiteren Sinne bezeichnet Prüderie eine Geisteshaltung, die das Ziel hat, sexuelle Äußerungen jeglicher Art in der Öffentlichkeit und teilweise auch im Privatbereich weitestgehend auszuschließen. Dies betrifft vor allem die Darstellung oder auch nur Andeutung von Erotik in Ton- und Bildform, Mode, Massenmedien, Literatur, historischen Zeugnissen, Konversation.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%BCderie