An Alle Unbedingt lesen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 29.12.00 17:56 | ||||
Eröffnet am: | 29.12.00 17:38 | von: bambi | Anzahl Beiträge: | 2 |
Neuester Beitrag: | 29.12.00 17:56 | von: Garribaldi | Leser gesamt: | 1.661 |
Forum: | Börse | Leser heute: | 2 | |
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Squeeze - bis zum letzten Tropfen
erschienen am: 29.12.2000
Mobilcom Derart ausgepresst fühlte sich seit Jahrzehnten kein Anleger mehr. Jeglicher Optimismus wird durch katastrophale Zukunftsszenarien ausgelöscht. Den jauchzenden Engelscharen an strahlenden Experten folgen jammernde Haufen mit gezwungen optimistischem Lächeln auftretender gescheiterter Gurus. Kein Wunder, Finanzjournalisten wollen lächelnde Optimisten, Anleger und damit ihr Publikum ebenso.
Mit einiger Konsequenz wurde die erwartete (deshalb!?) Weihnachtsrallye ausgesetzt. Kleinlaut reduzieren die Analysten Kursziele reihenweise nach unten. Die Maktteilnehmer passen ihren Optimismus dem Marktumfeld an, haben sie doch nichts anderes gelernt, als sich anzupassen. Dem Anleger bleiben seine persönlichen Wünsche und Träume. Manchmal gehen sie in Erfüllung! Was für eine Bescherung lag denn diesmal unterm Indexbaum? Fallende Kurse - nix Neues! Neuzusammensetzung des NEMAX50 - altes Brot.
Überraschung! Eine Neufassung des Regelwerks zum Neuen Markt. Ab Januar werden Quartalsberichte umfangreicher, ab März werden die Aktienverkäufe der Insider veröffentlicht. Warum uns das bekannt vorkommt? Genau, in den USA ist dies längst üblich. Die Überraschung hält sich deshalb in Grenzen.
Mein Urteil: Durchgefallen! Diese Selbstverständlichkeiten wurden bereits von Anbeginn des Neuen Marktes gefordert. Erst als das Dach brennt, wird ein Blitzableiter installiert! Es fehlen konkret: zwingende Haltefristen von mindestens 24 Monaten und umfangreichere Prüfpflichten der Banken bezüglich ihrer IPO-Kandidaten, speziell derer Business-Pläne. Wir müssen endlich die Klitschen loswerden, die mit einstelligen Millionenumsätzen in ihrer mageren Bilanz unsere Aufmerksamkeit ungerechtfertigt in Anspruch nehmen. Die Anforderungen sollten insbesondere die Haftungsfrage eindeutiger gestalten helfen.
Alleiniger Lichtblick ist die Absicht der Börse, Regelverstöße zu publizieren. Der Blick auf die entsprechende Website der Deutschen Börse wird de facto Pflicht für Anleger. Wenn Met@box Strafe zahlen muss wegen verspäteter Abgabe des Quartalsberichtes, mag das kaum jemanden kratzen. Interessant wird es, wenn Insidervergehen geahndet werden. Kursverluste im Vorfeld der Bekanntgabe desaströser Unternehmensmeldungen (Gewinnwarnung, geplatzte Aufträge) sind (noch?) an der Tagesordnung. Inwieweit der moderne Pranger auch genutzt wird, liegt in den Händen des Bundesaufsichtsamtes für Wertpapierhandel. Bislang haben sich die Herren und Damen Kontrolleure in Sachen Insiderhandel nicht mit Ruhm bekleckert, ihr Erscheinen bringt kaum eine Gänsehaut zum Vorschein. Ein paar späte Verhaftungen betrügerischer Vorstände und angehender Möchtegern-Gurus sind eine magere Ernte angesichts des reich bestellten Feldes mit der Bezeichnung "Neuer Markt".
Anstatt im neuen Jahrtausend voranzuschreiten, hinkt die Aufsicht den Standards am NASDAQ hinterher. Ein wirklich mieser Start in die Zukunft. Andererseits wurde der erste Schritt getan und damit wenigstens etwas Kontrolle durch die Öffentlichkeit ermöglicht. Die Scharen von Start-Ups, die im Schutz der Banken auf ihren unverdienten Marktauftritt warten, werden dadurch leider nicht kleiner. Denen sitzen die VC-Investoren im Nacken und die Banken vor der Schnauze mit dem Napf. Das Futter sind unsere Anlegergelder.
Futter für die Zocker ist bei dieser Entwicklung spätestens Ende 2001 die Mehrzahl der Aktien am Neuen Markt. Dabei verlagert sich der Fokus weg von den großen Geldvernichtern wie Letsbuyit.com, hin zu vielen kleinen Pommesbuden, die bei Verlust eines Auftraggebers gleich vor den Konkursrichter schleichen müssen. Übernahmen wie die von MSH durch Systematics dürften verstärkt für eine Bereinigung sorgen, oftmals wird es sich jedoch eher um einen Verbund der Schwachen und Lahmen handeln, die Starken sind rar. Durch intensive Beobachtung des Marktes können diese Risiken kontrolliert werden. Schade um die Zeit, denn diese Aufgabe hätten uns strenge Neuer Markt-Anforderungen abnehmen können. Leider belastet nicht nur dieses Versäumnis.
Wir werden leider auch im neuen Jahrtausend unter der verunglückten Verlängerung der Handelszeiten zu leiden haben. Anstatt konsequent die Handelszeiten auf den Vormittag und Abend zu verteilen, wurde die ohnehin abnehmende Liquidität durch die Wischiwaschi-Börsenzeitverlängerung auch noch gestreckt. Dies war und ist eine Einladung für Kursmanipulationen! Mittlerweile können Spekulanten mit weniger als 100.000 Euro Einsatz die Kurse von großen NEMAX50-Werten erheblich beeinflussen. Privatanleger, deren Stopp Loss oder Stopp Buy Order derart ausgelöst werden, sind dem mehr denn je hilflos ausgeliefert.
Die zeitlich ungeschickte, massive Umgestaltung der Hauptindizes DOW und NIKKEI dürfte überwunden sein. Die durch die Aufnahme von Technologietiteln gestiegene Volatilität wird allerdings bleiben. Marktbedingungen wie z.B. in 2000 Wirtschaftsboom, Zinserhöhung und Ölpreishausse bzw. in 2001 Rezession, Zinssenkung und Ölpreisbaisse werden auch in Zukunft für Bewegung sorgen.
Was Ihnen bei diesen Worten andauernd vor den Augen rot blinkend aufleuchten sollte, ist die teilweise willkürliche VOLATILITÄT. Dieses anlegerfeindliche Unwesen wird uns leider weiterhin verstärkt begleiten. In der Folge muss die Stopp Loss Strategie überarbeitet werden, denn das ansonsten unvermeidliche Rein/Raus-Spiel gerät spätestens bei der Steuererklärung zum Problem. Als Konsequenz könnte sich der Anleger zum Trader entwickeln, oder einen neuen Investitionsansatz verfolgen.
Als Verfechter der Stopp-Strategie fällt es mir sehr schwer, gleichwertig erfolgreiche Alternativen zu verfolgen. Es reicht jedoch nicht mehr, in gute Unternehmen vielversprechender Branchen zu investieren, denn bei fallenden Börsen bietet dies keine das Anlegerherz befriedigende Berechtigung für Aktienbesitz. Vorweg, ganz ohne Stopp geht es nicht. Der Rest ist eine laaange Story, die in das nächste Jahrtausend gehört.
Ihr
Mathias Goeritz
Gruß Garribaldi