Der Neue Markt und die US-Investmentbanken
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 14.12.00 09:00 | ||||
Eröffnet am: | 30.10.00 22:41 | von: marketmaker | Anzahl Beiträge: | 6 |
Neuester Beitrag: | 14.12.00 09:00 | von: DarkKnight | Leser gesamt: | 2.395 |
Forum: | Börse | Leser heute: | 3 | |
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In dem Artikel beschreibt ein deutscher Investmentbanker die harten Bandagen, mit denen die US-Banken derzeit das lukrativen IPO-Geschäft im Neuen Markt zu erobern versuchen.
Auszüge:
"We had valued a company at 150 million euros, but this bank stole it (the company) from us after valuing it at 1 billion euros," he said. "That is outrageous!"
He said the strategy of some these banks is to attempt to turn small companies into big companies, simply by placing high valuations on them.
Ich kann ja nachvollziehen, dass die US-Banken mit allen Mitteln auf den deutschen IPO-Markt drängen. Im Neuen Markt, _dem_ Wachstumssegment in Europa, ist mit Sicherheit noch viel Geld für die Banken zu verdienen. Und das haben die Wallstreet-Jungs (in ihrer typischen Arroganz?) anfangs wohl völlig verpennt.
Aber dass die Anleger dabei derart vera****t werden!?!
Dazu finde ich keine Worte!
Liegt das vielleicht daran, dass die US-Banken hier keine Kunden haben und die Leidtragenden ja nur dumme deutsche Anleger sind, um die sich die US-Banken einen feuchten Kehricht scheren?
Versteht mich nicht falsch: Ich behaupte nicht, dass die deutschen Bänker alle selbstlose Englein wären... Aber ich unterstelle denen einfach mal, dass sie sich nicht absichtlich ihre Kunden, also ihre Geschäftsgrundlage, verprellen.
Jedenfalls ist meine Moral von der Geschicht': Kaufe IPO's von US-Banken nicht!
Gruss
mm
SPIEGEL ONLINE - 13. Dezember 2000, 15:24
URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,107625,00.html
Investmenthäuser unter Schmiergeld-Verdacht
Die amerikanische Wertpapier-Aufsichtsbehörde SEC ermittelt offenbar gegen drei führende Investmenthäuser. Sie sollen Investoren bei der Zuteilung Gewinn bringender Aktien bevorzugt haben.
New York - Die SEC habe per gerichtlicher Verfügung Unterlagen von Goldman Sachs, Morgan Stanley Dean Witter und Bear Stearns angefordert, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Wall-Street-Kreise.
Die Pressesprecher von Goldman Sachs und Bear Stearns bestätigten die gerichtliche Verfügung und erklärten, sie würden kooperieren. Ein Sprecher von Morgan Stanley lehnte jeden Kommentar ab. Auch die SEC wollte keine Stellung nehmen.
Dem Bericht zufolge will die SEC in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft in New York herausfinden, ob einige Investoren außergewöhnlich hohe Gebühren gezahlt haben, um Aktien zu erhalten, von denen ein starker Kursanstieg am ersten Handelstag zu erwarten war. Die Behörden wollten prüfen, ob diese überhöhten Gebühren als Schmiergelder anzusehen seien.
Dabei interessiert sich die SEC angeblich für Gebühren, die in den Jahren 1999 und 2000 gezahlt wurden. Die betroffenen Finanzinstitute müssen der Zeitung zufolge bis Montag alle Verkäufe von mehr als 10.000 Aktien offen legen, bei denen die Gebühr mehr als zehn US-Cent pro Aktie betragen habe.
Bei der Auswahl der Emissionskandidaten geht es der WestLB in erster Linie darum, die ungeeigneten Unternehmen auszusortieren, sagt Bernhard Erning, Leiter von Equity Capital Markets der WestLB Panmure. Auch im Interesse der Bank gelte es, Enttäuschungen der Anleger zu vermeiden In den vergangenen Monaten wollten Anspruch und Realität nicht so recht zusammenpassen. Während sich die Bank auf die Entstehung einer europäischen Nasdaq vorbereitete, wurde sie von der enttäuschenden Entwicklung zweier Gesellschaften eingeholt, die sie im vergangenen Jahr an die Börse geführt hatte - Infomatec und Teamwork.
Bei einem Besuch in der Redaktion der Börsen-Zeitung im Oktober verteidigte Erning das Verhalten des Instituts. Infomatec habe systematisch falsche Ad-hoc-Angaben veröffentlicht und auch gegenüber den Analysten von WestLB Panmure vertreten. Damit sei das Vertrauensverhältnis zerstört. Müsse die Bank aber an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Unternehmens zweifeln, könne sie keine Analysen mehr auf Basis der Unternehmensangaben schreiben und Empfehlungen ausgeben. Denn WestLB Panmure sei nicht nur dem Emittenten, sondern auch den Anlegern verpflichtet, die anhand der Analysen des Hauses ihre Investmententscheidungen träfen.
Seitdem in Teamwork Management ein zweites von WestLB Panmure an die Börse geführtes Unternehmen Schiffbruch erlitten hat, sind die Mitteilungen aus dem Hause WestLB Panmure dürrer geworden. Grundsätzlich würden die Emissionskandidaten auf Herz und Nieren geprüft, meist von außenstehenden Dritten, die von WestLB Panmure beauftragt würden, lautet nun die offizielle Sprachregelung. WestLB Panmure führe eine so genannte Financial, Business, Legal und eine Technical Due Diligence durch. Zum Zeitpunkt des Börsengangs sei deshalb gesichert, das die Gesellschaften gesund sind. Etwaige Risiken seien im Prospekt offen gelegt.
Tatsache ist, dass sich Teamwork Anfang November, 16 Monate nach dem IPO, für zahlungsunfähig erklärt und ein Insolvenzverfahren beantragt hat. Die Konsortialführerin WestLB wollte dem Paderborner IT-Dienstleister zunächst keine neuen Mittel zur Verfügung stellen, da ein "fundiertes Sanierungsgutachten" nicht vorliege. Drei Wochen darauf kam es doch noch zu einem gemeinsam mit der Sparkasse Paderborn bewilligten Betriebskredit über 2 Mill. DM.
Der Vorwurf, die an die Börse begleiteten Unternehmen im Stich zu lassen, schmerzt Erning insbesondere deshalb, weil WestLB Panmure grundsätzlich eine möglichst langfristige Zusammenarbeit mit den Gesellschaften anstrebt. Die Übernahme eines Mandats bemesse sich in erster Linie nicht nach dem Volumen der Emission, sondern nach den zu erwartenden Wachstumsaussichten, sagt er.
Am Börsengang verdiene die Bank kaum etwas. Lukrativ seien dagegen Mandate für sich anschließende Kapitalerhöhungen, Zweitplatzierungen, Emissionen von Wandelanleihen oder Beratungsmandate etwa für Akquisitionen. Denn in solchen Fällen werde ein laufendes Geschäft auf ohnehin anfallenden Fixkosten, etwa für das Research, aufgebaut. Nach Angaben aus Marktkreisen berechnen Investmentbanken für die Beratung bei Akquisitionen je nach Komplexität und Größe 1 bis 3% des Transaktionsvolumens. Bei Wandelanleihen fallen 2 bis 3% an, bei Kapitalerhöhungen wiederum 4 bis 7%, heißt es.
EM.TV als Paradebeispiel
Als Paradebeispiel für ein erfolgreiches Geschäftsverhältnis darf EM.TV gelten. Das Volumen der Emission hatte sich 1997 auf 10 Mill. Euro belaufen. Im Jahr darauf schloss sich eine Kapitalerhöhung um 240 Mill. Euro an. In diesem Jahr legte die WestLB für EM.TV eine Wandelanleihe über 800 Mill. DM auf. WestLB hat an EM.TV gut verdient. Auch die Anleger konnten mit den Aktien des Unternehmens bis Februar dieses Jahres traumhafte Gewinne einstreichen. Die Kursentwicklung der vergangenen Wochen dürfte sie jedoch enttäuscht haben. Im Zuge der Korrektur der Halbjahresbilanz, einer Gewinnwarnung für das Gesamtjahr und der Beteiligung der Kirch-Gruppe steht seit Ende September ein Einbruch um 88% zu Buche.
Überdies sorgte das ungünstige Marktumfeld zuletzt dafür, dass die geplanten Börsengänge von Infopark, Solution42 sowie von Royalty Pharma ins Wasser fielen. Mit diesem Problem kämpfte die WestLB indes nicht allein. Auch Emissionen, die von anderen Investmenthäusern vorbereitet worden waren, wurden reihenweise abgeblasen. Im persönlichen Gespräch äußern sich nicht wenige Investmentbanker sogar fast erleichtert darüber, dass das Scheitern eines IPO inzwischen nichts Besonderes mehr sei und somit gleichsam salonfähig geworden ist.
Gerade die Emission der schweizerischen Royalty Pharma, die sich auf die Verwertung von Lizenzrechten an biopharmazeutischen Produkten spezialisiert hat, wäre ganz nach dem Geschmack von WestLB Panmure gewesen. Denn das Institut hat vor allem ausländische Wachstumsunternehmen im Visier. Für Erning steht fest: "Die Nasdaq für Europa wird kommen, in welcher Form auch immer." Auf diese Entwicklung will die Bank vorbereitet sein.
Beratung auch nach dem IPO
Damit die Unternehmen der Bank auch nach dem Börsengang gewogen bleiben, hat das Haus die Betreuung nach der Erstemission in eine eigene Abteilung namens "Corporate Brokerage" ausgegliedert. Die vier Mitarbeiter, deren Zahl bald auf sieben steigt, sollen den Unternehmen Auskunft zum Beispiel darüber geben, welche Anleger die Aktie derzeit kaufen und verkaufen oder wie sich das Unternehmen in der Öffentlichkeit darstellen sollte. Zum Angebot des Stabs zählt auch der juristische Beistand bei der Formulierung von Ad-hoc-Meldungen. Dass es damit bei Wachstumsunternehmen mitunter nicht allzu weit her ist, davon weiß WestLB Panmure nach den Erfahrungen mit Infomatec inzwischen ein Lied zu singen.