Schon bekannt? Tucholsky über Geld...


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Neuester Beitrag: 30.06.09 13:25
Eröffnet am:29.06.09 22:50von: BarCodeAnzahl Beiträge:14
Neuester Beitrag:30.06.09 13:25von: GrinchLeser gesamt:1.702
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69033 Postings, 7689 Tage BarCodeSchon bekannt? Tucholsky über Geld...

 
  
    #1
2
29.06.09 22:50
Nein! Nicht das Gedicht, das er nicht geschrieben hat. Aber das:

“Kurzer Abriß der Nationalökonomie
Nationalökonomie ist, wenn die Leute sich wundern, warum sie kein Geld haben. Das hat mehrere Gründe, die feinsten sind die wissenschaftlichen Gründe, doch können solche durch eine Notverordnung aufgehoben werden.

Über die ältere Nationalökonomie kann man ja nur lachen und dürfen wir selbe daher mit Stillschweigen übergehn. Sie regierte von 715 vor Christo bis zum Jahre nach Marx. Seitdem ist die Frage völlig gelöst: die Leute haben zwar immer noch kein Geld, wissen aber wenigstens, warum.

Die Grundlage aller Nationalökonomie ist das sog. ›Geld‹.

Geld ist weder ein Zahlungsmittel noch ein Tauschmittel, auch ist es keine Fiktion, vor allem aber ist es kein Geld. Für Geld kann man Waren kaufen, weil es Geld ist, und es ist Geld, weil man dafür Waren kaufen kann. Doch ist diese Theorie inzwischen fallen gelassen worden. Woher das Geld kommt, ist unbekannt. Es ist eben da bzw. nicht da – meist nicht da. Das im Umlauf befindliche Papiergeld ist durch den Staat garantiert; dieses vollzieht sich derart, dass jeder Papiergeldbesitzer zur Reichsbank gehn und dort für sein Papier Gold einfordern kann. Das kann er. Die obern Staatsbankbeamten sind gesetzlich verpflichtet, Goldplomben zu tragen, die für das Papiergeld haften. Dieses nennt man Golddeckung.

Der Wohlstand eines Landes beruht auf seiner aktiven und passiven Handelsbilanz, auf seinen innern und äußern Anleihen sowie auf dem Unterschied zwischen dem Giro des Wechselagios und dem Zinsfuß der Lombardkredite; bei Regenwetter ist das umgekehrt. Jeden Morgen wird in den Staatsbanken der sog. ›Diskont‹ ausgewürfelt; es ist den Deutschen neulich gelungen, mit drei Würfeln 20 zu trudeln.

Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten.

....

Jede Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andre werde gepumptes Geld zurückzahlen. Tut er das nicht, so erfolgt eine sog. ›Stützungsaktion‹, bei der alle, bis auf den Staat, gut verdienen. Solche Pleite erkennt man daran, dass die Bevölkerung aufgefordert wird, Vertrauen zu haben. Weiter hat sie ja dann auch meist nichts mehr.

Wenn die Unternehmer alles Geld im Ausland untergebracht haben, nennt man dieses den Ernst der Lage.

....

In der Wirtschaft gibt es auch noch kleinere Angestellte und Arbeiter, doch sind solche von der neuen Theorie längst fallen gelassen worden.

***
Alles hier:
http://www.zeit.de/1987/02/Kurzer-Abriss-der-Nationaloekonomie

29429 Postings, 6980 Tage sacrificegabs von dem nicht son Essay zur WWK29?

 
  
    #2
29.06.09 22:57
fand das irgendwie besser

5917 Postings, 6084 Tage Der DonaldistDas Gedicht fand ich besser

 
  
    #3
1
29.06.09 23:00
auch wenns nicht von ihm war. Wer soll denn das jetzt lesen...

29429 Postings, 6980 Tage sacrificegenau, hol lieber das Gedicht nochmal hoch :-)

 
  
    #4
29.06.09 23:11

5917 Postings, 6084 Tage Der DonaldistTucholsky über die Börse

 
  
    #5
1
29.06.09 23:20
Wenn die Börsenkurse fallen,

regt sich Kummer fast bei allen,

aber manche blühen auf:

Ihr Rezept heißt Leerverkauf.



Keck verhökern diese Knaben

Dinge, die sie gar nicht haben,

treten selbst den Absturz los,

den sie brauchen – echt famos!



Leichter noch bei solchen Taten

tun sie sich mit Derivaten:

Wenn Papier den Wert frisiert,

wird die Wirkung potenziert.



Wenn in Folge Banken krachen,

haben Sparer nichts zu lachen,

und die Hypothek aufs Haus

heißt, Bewohner müssen raus.



Trifft's hingegen große Banken,

kommt die ganze Welt ins Wanken

auch die Spekulantenbrut

zittert jetzt um Hab und Gut!



Soll man das System gefährden?

Da muss eingeschritten werden:

Der Gewinn, der bleibt privat,

die Verluste kauft der Staat.



Dazu braucht der Staat Kredite,

und das bringt erneut Profite,

hat man doch in jenem Land

die Regierung in der Hand.



Für die Zechen dieser Frechen

hat der kleine Mann zu blechen

und – das ist das Feine ja –

nicht nur in Amerika!



Und wenn Kurse wieder steigen,

fängt von vorne an der Reigen –

ist halt Umverteilung pur,

stets in eine Richtung nur.



Aber sollten sich die Massen

das mal nimmer bieten lassen,

ist der Ausweg längst bedacht:

Dann wird bisschen Krieg gemacht.

18772 Postings, 6092 Tage Terrorschweindie Börse über Tucholsky

 
  
    #6
29.06.09 23:21

29429 Postings, 6980 Tage sacrificeTerrorschwein hat neulich

 
  
    #7
29.06.09 23:23

5917 Postings, 6084 Tage Der DonaldistWenn man bedenkt, dass Tuchi das schon 1930

 
  
    #8
1
29.06.09 23:26
geschrieben hat, erstaunlich wie aktuell es auch heute noch ist.

29429 Postings, 6980 Tage sacrificeja, dieser Mann hatte wirklich eine Gabe

 
  
    #9
30.06.09 05:44

100 Postings, 5644 Tage KlugscheisserDas Gedicht ist perfekt!

 
  
    #10
30.06.09 06:18

Perfekte Darstellung! Chapeau!
Moderation
Zeitpunkt: 30.06.09 08:18
Aktion: Nutzer-Sperre für immer
Kommentar: Doppel-ID

 

 

11807 Postings, 8845 Tage major#10

 
  
    #11
30.06.09 13:18
06:18 h,  der frühe vogel fängt den wurm, aber was dem wurm wird,  interessiert immer niemanden ..  

179550 Postings, 8453 Tage GrinchTja... und wer hats gewusst???

 
  
    #12
1
30.06.09 13:19

11807 Postings, 8845 Tage major#12

 
  
    #13
1
30.06.09 13:24
dafür gibt's ein sternchen und ein "toll gemacht"!  

179550 Postings, 8453 Tage GrinchDaaaaaaaaaaaaaanke!

 
  
    #14
30.06.09 13:25

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