Deutschlands "Basar-Ökonomie"
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Eröffnet am: | 26.08.04 06:58 | von: Speculator | Anzahl Beiträge: | 2 |
Neuester Beitrag: | 26.08.04 07:53 | von: jgfreeman | Leser gesamt: | 3.470 |
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KONJUNKTURWIRREN
Vom Irrglauben des Export-Booms
Von Harald Grimm
Ist der Außenhandel wirklich Wachstumstreiber Nummer eins der deutschen Wirtschaft? Die offiziellen Exportzahlen zeichnen ein unscharfes Bild, da ein steigender Prozentsatz der ausgeführten Güter zuvor importiert wird. Beobachter warnen schon vor einer "Basar-Ökonomie".
Hamburg - Das Statistische Bundesamt hat die Konjunkturforscher mit beunruhigenden Zahlen überrascht: Der Anteil der Importe an deutschen Exportgütern hat sich von unter 30 Prozent in 1995 auf aktuell knapp 40 Prozent erhöht.
Bereit zum Abflug in alle Welt: Fabrikneue Porsche Cayenne stehen auf dem Flughafen Leipzig-Halle bereit für den Export. Lediglich Antrieb und Lenkrad bauen Arbeiter in Sachsen ein, der Rest wird im slowakischen Bratislava erledigt
Das bedeutet, dass ein großer Teil der ausgeführten Waren gar nicht mehr in Deutschland hergestellt wird, sondern nur noch an dritte Länder weitergeleitet wird. Einige Wirtschaftler sprechen in diesem Zusammenhang bereits von einer "Basar-Ökonomie".
Sind also die "deutschen Exporte heute eigentlich polnische Exporte?", wie die Ökonomen von Goldman Sachs in einer Konjunktur-Kurzstudie vom Dienstag fragen. Dies würde auch erklären, warum die starken Exportzahlen bislang noch nicht als Aufbruchsignal für die flaue Binnenkonjunktur taugten. In der Vergangenheit hätten Unternehmen auf gute Außenhandelsdaten mit Investitionen und Neueinstellungen reagiert. Steigende Unternehmensgewinne und eine Entspannung am Arbeitsmarkt führten wiederum zu einem boomenden Inlandsmarkt.
Flaute auf dem heimischen Markt
Davon ist diesmal wenig zu spüren. Die vom Statistischen Bundesamt gestern vorgelegten Konjunkturzahlen enttäuschten erneut: Während der Export zum Jahresauftakt gegenüber dem Vorquartal kräftig um 3,2 Prozent zulegte, herrschte beim Inlandskonsum mit einem Minus von 0,1 Prozent weiterhin Flaute. Die leichten Wachstumsraten beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,8 beziehungsweise 0,5 Prozent im ersten und zweiten Quartal dieses Jahres fußen einzig auf dem Außenhandel.
Die Goldman-Sachs-Ökonomen geben dennoch Entwarnung. Zwar seien die fallenden beziehungsweise stagnierenden Investitionsausgaben der Unternehmen im ersten und zweiten Quartal beunruhigend. Das Fundament für eine zyklische Erholung sei dennoch intakt: steigende Unternehmensgewinne, abnehmende Lohnkosten, gute Auslastungsdaten, relativ geringe Finanzierungskosten und solide Unternehmensbilanzen wiesen allesamt in die richtige Richtung. In den kommenden Quartalen sei auch wieder mit steigenden Investitionen zu rechnen.
Bremst die "Basar-Ökonomie" die Konjunktur?
Hat also die "Basar-Ökonomie" und Auslagerungswelle deutscher Unternehmen bislang den Konjunktur-Kick im Inland verhindert? Nicht nach Meinung der Goldman-Sachs-Ökonomen. Wenn nämlich die deutschen Importe nur noch "neu etikettierte Importe" wären, "dann müsste dies auch die Wechselbeziehung zwischen Importen und Exporten erhöhen. Wir sehen jedoch keinen Hinweis darauf", heißt es in der Studie. Angeglichen an die Inflationsrate haben sich die Veränderungsraten von Importen und Exporten in den vergangenen Jahren in etwa gleichförmig entwickelt.
Bei der Analyse der deutschen Exportzahlen fällt jedoch auf, dass zumindest im langfristigen Vergleich nicht von einem Exportboom gesprochen werden kann. "Die deutschen Exporte waren nicht besonders hoch in den vergangenen sechs Monaten. Auf Quartale mit guten Ausfuhrdaten sind schlechte Quartale gefolgt", so Goldman Sachs. So betrug die durchschnittliche Export-Wachstumsrate vom ersten Quartal 1995 bis zum vierten Quartal 2002 1,8 Prozent. Vom ersten Quartal 2003 bis zum zweiten Quartal 2004 stiegen die Außenhandelswerte aber nur noch um 1,4 Prozent.
Wenn der deutsche Außenhandel sich nicht auf die Binnenkonjunktur auswirke, müsse vor allem "in Betracht gezogen werden, dass Deutschland derzeit keinen Exportboom erfährt, sondern eine ganz normale Exporterholung", so Goldman Sachs
Gruß: Speculator