Herr Wolfowitz "Die Geister die Sie riefen"?
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 29.10.03 08:58 | ||||
Eröffnet am: | 26.10.03 11:48 | von: BRAD PIT | Anzahl Beiträge: | 18 |
Neuester Beitrag: | 29.10.03 08:58 | von: Rheumax | Leser gesamt: | 3.425 |
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Der neuste Anschlag im Irak galt jetzt dem verehrten Herrn Wolfowitz, den ich als Architekten des sogenannten Antiterror-kampfes vermute. Vielleicht fängt Herr Wolfowitz ja jetzt endlich mal darüber nachzudenken, ob die Welt in den letzten 2 Jahren wirklich sicherer geworden ist.
IRAK-VISITE
Paul Wolfowitz entgeht Anschlag in Bagdad
Auf den US-Vizeverteidigungsminister wurde am Sonntagmorgen in Bagdad ein Anschlag verübt. In den frühen Morgenstunden wurde das Hotel Al-Rashid, wo er und sein Team abgestiegen war, mit Raketen beschossen. Wolfowitz entkam unverletzt und versprach, sichtlich geschockt, sich trotzdem nicht einschüchtern zu lassen.
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Der Vizeverteidigungsminister sagte wörtlich: "Dieser terroristische Akt wird uns nicht davon abhalten, unsere Mission zu Ende zu führen, die darin besteht, dem irakischen Volk zu helfen, sich von jener Sorte Krimineller zu befreien, die das tat, und das amerikanische Volk vor dieser Art Terrorismus zu schützen."
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Der Anschlag erfolgte nach Polizeiaussagen mit einem ferngezündeten Raketenwerfer. Ein Kleinlastwagen habe in der Nähe des Hotels einen Anhänger abgekoppelt und sei weitergefahren, berichteten irakische Polizisten. Die Insassen des Fahrzeugs hätten dann mit einer Fernzündung den Raketenwerfer auf dem Anhänger in Gang gesetzt.
Drei Polizeistationen attackiert
Zudem wurden insgesamt drei Polizeistationen in Bagdad angegriffen. Der Sender El Dschasira berichtet, in einer Wache habe eine Autobombe drei Polizisten getötet. Zuvor hatten Unbekannte das Gefängnis Abu Ghoreib im Westen Bagdads mit Mörsergranaten beschossen. Dabei starb nach Angaben des US-Militärs ein Militärpolizist. Zwei weitere Amerikaner wurden verwundet.
Anschläge gab es am Morgen auch am Gesundheitsministerium und am Industrieministerium. Dabei sollen nach Angaben arabischer Sender acht Menschen getötet worden sein. (fw/dpa)
Warum hassen Europäer die USA so sehr?
Rede, gehalten zum zweiten Jahrestag des Massakers in Washington, DC und New York City; In der Alten Synagoge Essen am 11. September 2003
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
am Abend des 11. September 2001 ging ich spät von der Arbeit nach Hause. Es war ein anstrengender Tag gewesen in der Redaktion: wie die meisten meiner Kollegen war ich gelähmt von den unfassbaren Nachrichten aus Washington, D.C., und mannhaften. Zum Glück war mir bis jetzt nicht viel Zeit zum Grübeln geblieben. Die Zeitung musste ja so rechtzeitig fertig werden wie an jedem gewöhnlichen Dienstag, doch mit einem Mal war ich nur noch traurig und müde und verwirrt. Und ich weiß nicht, ob Sie diesen Zustand kennen: auf einmal brauchte ich dringend etwas ganz Bestimmtes zu essen. Verlockend stieg mir ein Bild in die Nase: Gulaschsuppe, scharf und dampfend.
Die beste Gulaschsuppe von Berlin gibt es in der Nähe meiner Wohnung, am Kollwitzplatz auf dem Prenzlauer Berg. Als ich in die Kneipe kam, lief längst der Fernseher: immer wieder die einstürzenden Zwillingstürme in New York, die rauchenden Trümmer des Pentagon. Dazwischen alle möglichen und unmöglichen Experten. Während ich auf meine Suppe wartete, hörte ich, wie am Nebentisch ein Mann in sein Händie sprach, als sei es ein Megaphon: »Bush, der Verbrecher! Die Amis glauben jetzt, sie können sich alles erlauben! Dahinter stecken nur die Israelis! Scharon, dieser Faschist!« Nun ja, ein Verrückter, dachte ich, und löffelte ungerührt meine Suppe. Dann begann irgendein Fußballspiel. Der nette Kneipenwirt ging nach nebenan und schaltete eine Großbildglotze an. Die Hälfte der Leute verzog sich ins Nebenzimmer. Und das übliche Fußballgegröle war lauter, ostentativer als sonst. Es hatte einen Unterton von: Fuck the US of A - oder bildete ich mir das nur ein? Jedenfalls schmeckte mir meine Suppe nicht mehr, ich zahlte und ging.
Erst dachte ich, mein kleines Erlebnis (wenn man es überhaupt so nennen will) sei nicht besonders wichtig, oder auf neudeutsch: nicht repräsentativ. Das war ein Irrtum. Die Stimme jenes Verrückten am Nebentisch, dessen erste Regung nach dem Massenmord in Manhattan war, Amerika und Israel zu verfluchen - sie wurde im Lauf der nächsten Wochen kein Dezibel schwächer. Sie wurde immer lauter. Auf allen Fernsehsendern erschienen Fachleute, die mit besorgten Mienen und gereckten Zeigefingern warnten: man dürfe jetzt den Glauben Mohammeds nicht verteufeln. im Grunde sei der Islam eine Religion des Friedens, der allgemeinen Menschenliebe und der Toleranz.
Ich fragte mich damals zwei Dinge. Erstens, ob jene Fachleute ihre Nasen jemals in den Koran gesteckt hatten. Und zweitens: was wohl geschehen wäre, wenn sich hinterher herausgestellt hätte, dass die Massenmörder des 11. September streng gläubige Katholiken, Mitglieder des »opus dei« waren? Hätten uns dann die versammelten Religionsexperten mit steilen Sorgenfalten auf der Stirn belehrt, dies sei jetzt aber nicht der richtige Augenblick, um Witze über den Papst zu machen? Hätten sie uns gemahnt, Respekt vor dem Katholizismus zu haben? Hätten sie an das Massaker von Drogheda erinnert, das Oliver Cromwells protestantische Parlamentsarmee im 17. Jahrhundert in Irland verübte? Hätten sie uns darauf hingewiesen, dass der Hass der Katholiken auf Amerika nicht ganz unberechtigt sei, wenn man bedenkt, dass die USA von radikalen Protestanten gegründet wurden?
An dieser Stelle kann ich mir einen kleinen historischen Rückblick auf Tatsachen nicht verkneifen, die in den Wochen nach dem 11. September im Orkus verschwanden. Nämlich: für niemanden haben sich die Amerikaner im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts so eingesetzt wie für Muslime. Sie halten das für übertrieben? Please think again: nach dem Golfkrieg von 1991 richteten die USA militärische Schutzzonen im Irak ein - für Kurden und Schiiten, also für Muslime. Später schickten sie die Marines nach Somalia, die versuchten, die Bevölkerung vor Warlords zu schützen. Die meisten Somalis sind moslemischen Glaubens. Noch später griffen sie in den jugoslawischen Krieg ein, um die Bosniaken vor einem Genozid zu bewahren. Im Kosovokrieg ging es den Amerikanern darum, die Vertreibung tausender Albaner zu verhindern. Muslime, immer Muslime! Der Staatsmann, der in den neunziger Jahren am häufigsten im Weißen Haus empfangen wurde, hieß (bitte raten Sie) Jassir Arafat. Niemand in der westlichen Welt hat sich so heftig für die Errichtung eines Palästinenserstaates eingesetzt wie der damalige amerikanische Präsident, ein ungewisser Bill Clinton.
Bitte missverstehen Sie mich nur ja richtig. Ich habe nicht vor, in die passende Gegendummheit zu jenem Mann zu verfallen, den ich unfreiwillig beim Essen meiner Gulaschsuppe belauschte. Es liegt mir also fern, die Amerikaner als Ritter ohne Fehl und Tadel zu schildern. Hier eine unvollständige Liste ihrer Versäumnisse: sie haben Arafat nicht klargemacht, dass mehr und anderes von ihm erwartet wurde als die Errichtung der arabischen Diktatur Nr. 22. Auf diese Weise haben die Amerikaner unfreiwillig die islamischen Fundamentalisten im Westjordanland und im Gazastreifen unterstützt, denn die konnten sich nun als Alternative zu Arafats korrupter Clique präsentieren. Die Hamas, von der wir gelegentlich in den Nachrichten hören, hat ja einen Januskopf. sie ist einerseits eine Terrorgruppe, die Jugendliche dazu aufhetzt, sich in Caféhäusern und Supermärkten in die Luft zu sprengen - und sie ist zugleich auch eine Organisation, die in den besetzten Gebieten selbstlos Kindergärten baut und Universitäten betreut. das Entsetzlichste an der Hamas ist ihr reiner, ihr unverfälschter, ihr mörderischer Idealismus.
Womöglich noch unverständlicher ist indes die Blindheit, mit der die USA jahrelang auf Saudi-Arabien schauten. Sie wollten in den Saudis verbündete sehen und übersahen dabei eine Kleinigkeit: die waren längst mit den Todfeinden Amerikas im Bund. Das Feudalregime in Riad ist wie durch kommunizierende Röhren mit Al-Kaida verbunden - wer mehr wissen will, lese Dore Golds vorzügliches Buch »Hatred´s Kingdom«. Die arabischen Nabobs überweisen den Terroristen Geld, um so für ihren sündhaften westlichen Lebenswandel zu büßen. Mit ihren Petrodollars finanzieren sie Moscheen, in denen Hass auf Juden und Amerika gepredigt wird, und nichts in der Welt wird sie je dazu bewegen, Frauen als Menschen zu betrachten.
Dazu eine kleine Anekdote: nach dem 11. September schwebte der saudische Kronprinz mit seinem Privatflieger auf George W. Bushs Farm in Texas ein. Und er verlangte, alle weiblichen Fluglotsen auf seiner Strecke von ihrem Dienst zu suspendieren, sobald er in den amerikanischen Luftraum eingedrungen sei, weil Frauen nach islamischem Glauben nicht in diesem Männerberuf arbeiten dürfen. Und was taten die Amerikaner? Tippten sie sich mit stolzem Zeigefinger an die republikanische Stirn? Denkste! Sie waren dem hohen Herrn eifrigst zu willen. Die weiblichen Fluglotsen wurden untertänigst entfernt.
Der unverzeihlichste Fehler von allen aber war, dass die US-Army 1991 den Bodenkrieg im Irak zu früh abbrach. Sie ließ Saddams republikanische Garden intakt und sah anschließend Gewehr bei Fuß zu, wie die erst im Süden die Schiiten, dann im Norden die Kurden massakrierten. Ihre Massengräber finden wir heute.
Die Folge war nicht nur moralisch, sondern ganz realpolitisch verheerend. Saddam nämlich konnte seine blutige Herrschaft konsolidieren, er fiel nicht. Und weil er nicht fiel, stand er in den Augen der meisten Araber als der Sieger des Konflikts da. Und weil er als der Sieger dastand, erschienen die Amerikaner als dekadente Schwächlinge. Die islamisch-fundamentalistische Logik ging so: gläubige Moslems hatten es vollbracht, die Sowjets aus Afghanistan zu vertreiben. Hinterher war die Sowjetunion erbärmlich in die Knie gebrochen. Warum sollte das jetzt mit den USA nicht auch gelingen?
Als die Amerikaner dann auch noch - mit eingezogenem Schwanz, wie es schien - aus Somalia abzogen, war ihr Schicksal in den Augen der Fundamentalisten besiegelt. Die waren nicht bereit, Opfer hinzunehmen! Die waren nicht mehr fähig, Krieg zu führen! Es folgte eine Serie von Anschlägen rund um den Globus, von denen einer blutiger als der andere war. 1993 gab es schon einmal einen versuch, die Twin Towers in die Luft zu sprengen, und zwei der Attentäter hatten irakische Pässe - aber Amerika schlief selig und arrogant den Schlaf des Selbstgerechten. Bis es am 11. September in Manhattan zweimal apokalyptisch krachte und sogar George W. Bush hoch droben in seinem Präsidentenflugzeug kapierte: hätten Osama und Genossen Uranbomben besessen, dann wäre über New York der große Pilz am Himmel erschienen.
All dies sind legitime Punkte der Kritik an den Amerikanern. Ich habe sie auch schon häufig vernommen - von Amerikanern jeglicher politischen Couleur. Sie nehmen sich allesamt kein Blatt vor den Mund: neokonservative Falken, realpolitische Adler, aber auch ein nobler Sozialdemokrat wie Paul Berman. Wo ich diese Kritik an Amerika jedoch so gut wie nie gehört habe: in Europa. Auf dem guten alten Kontinent regierten die schlechten alten Gewohnheiten. Damit meine ich: Denkfaulheit, Selbstgerechtigkeit, Desinteresse. Viele Europäer reagierten so wie in einem Vergewaltigungsprozess, wo der Richter das Opfer mit hochgezogenen Augenbrauen fragt, ob es nicht vielleicht doch einen etwas zu kurzen Rock anhatte.
Bald hatten sich die meisten Intellektuellen (mit ganz wenigen Ausnahmen) auf folgende Formel geeinigt: Der 11. September sei die Quittung für die Ausplünderung der dritten Welt durch kapitalistische, d.h. amerikanische Konzerne. Unheilige Einfalt! Selbst wenn es stimmen würde, dass der Westen die Entwicklungsländer ausbeutet - es stimmt nicht -, bliebe dieses Argument dennoch merkwürdig. Und warum? Bitte schön: Es waren gar keine hungernden Afrikaner und keine mexikanischen Armutsflüchtlinge, die das World Trade Center in einen Haufen aus Schutt und Leichen verwandelten. Es waren junge Männer aus stinkreichen arabischen Familien. Angestiftet wurden sie zu ihrer ungeheuerlichen tat von einem saudischen Milliardär, dem die armen dieser erde herzlich egal waren.
Die zeit schritt mit Siebenmeilenstiefeln von dem Massaker in Manhattan fort. Die Trümmer wurden weggeräumt, die tapferen New Yorker Feuerwehrleute bekamen Orden, es wurde Frühling. Ein Ultimatum wurde gestellt, ein Ultimatum verstrich. Und je weiter die Zeit fortschritt, desto größer wurde auch der Abstand zwischen der europäischen Wahrnehmung und der Wirklichkeit. Es war, um einen Vers von Wolf Biermann zu zitieren, »zum Weinen, zum Lachen, zum Haare ausraufen, zum Schrein«. Ich erinnere mich, wie dutzende Schauspielerinnen, Liedermacher und Friedensforscher in einer deutschen Illustrierten empört zum Ende des Krieges in Afghanistan aufriefen. Unterdessen jubelten die Einwohner von Kabul längst über ihre Befreier. Die Männer ließen sich lachend die Fundamentalistenbärte rasieren, viele Frauen legten ihre Burkas ab.
Irgendwann zwischendurch gab es sogar den Aufschrei: »Die Amerikaner verüben in Afghanistan einen Genozid!« Zur gleichen Zeit kehrten drei Millionen afghanische Exilanten in ihr Heimatland zurück. Mädchen konnten zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder in die Schule gehen. Wenn das ein Völkermord war, dann war es der erfolgloseste in der Geschichte der Menschheit.
Dann entschlossen sich Amerikaner und Briten 2003, endlich endlich den Krieg zu Ende zu führen, den sie 1991 begonnen hatten. Erklärtes Kriegsziel war es, Saddams faschistisches Baath-Regime zu stürzen. Fast ganz Europa war entsetzt. Wieder erschienen die Fachleute mit den gerzunzelten Stirnen auf den Mattscheiben, einer von ihnen - Peter Scholl-Latour - schien wie Saddam über Doubles zu verfügen, so viele Talkshows besuchte er. Der Himmel wurde düster, zwischen Blitz und Donner hagelte es Orakelsprüche: dieser Waffengang werde hunderttausende Tote kosten. Die arabische Welt werde sich wie ein Mann gegen die USA erheben. Es werde einen Flächenbrand geben. Die Iraker würden den Amerikanern ein zweites Vietnam bereiten. Nichts davon ist eingetreten.
Dann marschierten Friedensdemonstranten durch die Straßen. Will sagen, was heißt hier »Friedensdemonstranten«! Ich habe es in Berlin gesehen: die amerikanische Botschaft musste von der Polizei scharf bewacht werden - vor der irakischen Botschaft stand kein einziges Polizeiauto. Die Friedensbewegung der achtziger Jahre gab sich immerhin noch den Anschein, als stünde sie zwischen den beiden so genannten Supermächten - gleich weit entfernt von den demokratischen USA hier und der totalitären Sowjetunion dort. »Äquidistanz« hieß damals das Zauberwort. Dieses Mal hatte man alle Schamhaftigkeit aufgegeben, man war vollkommen ungeniert. For the record: Das waren antiamerikanische Kundgebungen und weiter gar nichts. Mein Freund Eldad Beck, der Deutschlandkorrespondent der israelischen Tageszeitung »Jedioth Achronoth«, sagte mir neulich: als Augenzeuge dieser Kundgebungen habe er den lähmenden Hauch des Totalitarismus gespürt.
Am 9. April 2003 verschwand das Saddam-Regime - wie der Dichter T.S. Eliot gesagt hätte - nicht mit einem Knall, sondern mit einem Winseln. Ich habe in meinem noch nicht ganz so langen Leben schon gesehen, wie Lenins Statuen von den Sockeln stürzten - jetzt war ich Zeitgenosse, als die Statuen des schwachsinnigen schnauzbärtigen Tyrannen am Tigris umgerissen wurden. Und seither versuchen die Amerikaner und die Briten, zum entsetzen sämtlicher Despoten im Morgenland, den Irak in eine liberale Demokratie zu verwandeln. Selbstmordattentate lassen die Koalitionssoldaten on bloody seas segeln. Und zwischendurch enthüllt sich das bestgehütete, das grauenhafte Geheimnis der arabisch-islamischen Welt. Dieses Geheimnis ist nicht, dass dort alles vor Wut kocht, dass ein Dampfdruckkessel kurz vor der Explosion steht. Das Geheimnis ist vielmehr ein allgemeiner Stupor, ein fast schon totaler Verlust der Fähigkeit, sich um die eigenen Angelegenheiten zu kümmern.
Lassen Sie mich auch dazu eine Anekdote erzählen. Vor kurzem gerieten amerikanische Soldaten, die nach einem Mitglied der Baath-Partei fahndeten, auf einen Hinterhof in Bagdad. Dort stapelte sich der Müll und stank. Die Anwohner verlangten von den Amerikanern ultimativ, sie sollten ihren Müll entfernen - natürlich dachten die gar nicht daran. Diese Art der Mentalität kennt man auch von manchen der gelernten Untertanen in der ehemaligen DDR und der Sowjetunion: es handelt sich um Spätfolgen, seelische Verwüstungen, die der Stalinismus hinterlassen hat.
Lassen Sie mich aber eins ganz nüchtern feststellen: es geht nur um verschiedene Grade des Sieges für die Amerikaner, niemals um eine Niederlage. Das Haus Saddam wird nicht an die Macht zurückkehren. Im schlimmsten Fall werden die USA ihre Soldaten abziehen und eine Militärbasis zurückbehalten, um von dort aus Syrien zu ärgern. Das wäre dann zwar nicht so gut für den Irak - aber jeder nachfolgende autokratische Herrscher wüsste immerhin, was ihm blüht, wenn er sich danebenbenimmt. Und ich halte es, nach fünf Monaten, immer noch für möglich, dass das amerikanische Experiment im Zweistromland gelingt. Immerhin gibt es dort keine humanitäre Katastrophe, keine Hungersnot, keine Flüchtlingsströme. Vergleichen Sie das mit Frankreich, wo im vergangenen Sommer während einer Hitzewelle 10 000 Menschen gestorben sind.
Gleich neben dem Irak, in der Islamischen Republik Iran, riecht es gefährlich nach Atombomben - aber es riecht auch nach einer demokratischen Revolution. Die Studenten in Teheran rufen ganz ungeniert nach freien Wahlen, unabhängigen Gerichten, einer ungefesselten Presse. Und sie sagen ganz klar: es freut sie, dass zu ihren Nachbarn nun das 101st Airborne gehört.
In Europa dagegen freut sich fast niemand. Die Freunde Amerikas kann man an den Fingern eines Sägereiarbeiters abzählen. es herrscht eine dumpfe, stumme Feindseligkeit gegen die Nation unter dem Sternenbanner, die wie ein Wutvulkan in periodischen Abständen Lava und Phrasen spuckt. »Die Stimmung war noch nie so antiamerikanisch«, bemerkte kürzlich der Schriftsteller Peter Schneider, »nicht einmal während des Vietnamkriegs.« Und Peter Schneider, der zu den berüchtigten Alt-68ern gehört, muss es ja wissen. Über die Ursachen dieser Wut ist schon viel gegrübelt worden, mit mehr oder weniger Erfolg, ich biete Ihnen hier meine Erklärung an.
Wenden wir uns noch einmal dem Mann mit dem Händie zu, den ich am Abend des 11. September in jener Ostberliner Kneipe belauschte. Fällt Ihnen etwas auf, geehrte Mit- und Zuhörer? Schon damals, und ohne dass Osama bin Laden in einer Videobotschaft etwas von »Palästina« gefaselt hatte, sprach er von den »Israelis, diesen Faschisten«. Erklären Sie mir: was hat Israel mit dem Massenmord in Manhattan zu tun? Wie kam der Mann auf die Idee, von dem Leichenberg in Amerika führe eine lückenlose Kette aus Ursachen und Wirkungen bis hinüber zu einem jüdischen Zwergstaat am Rand der arabischen Wüste?
Ich will es Ihnen erklären: der dezibelstarke und gedankenschwache Mann in der Kneipe wusste, dass die Vereinigten Staaten von Amerika der große Bruder von Israel sind, der seinen kleinen Bruder beschützt. Und er brauchte Osama bin Laden gar nicht, um zu kapieren, dass die islamischen Fundamentalisten nicht ruhen werden, bis es in Palästina einen »gerechten Frieden« gibt. Ein gerechter Frieden aber, das wissen Sie so gut wie ich, bedeutet im Jargon der Fundamentalisten nichts anderes als die Zerstörung Israels.
Die Ursache-Wirkungs-Kette funktioniert also wie folgt: kein Israel-keine amerikanische Schutzmacht-kein arabischer Hass auf die westliche Welt-kein Terror. Es ist ein metaphysisches Schema, bei dem die Gründung Israels als Ursünde erscheint. Ein ziemlich bekanntes Hamburger Nachrichtenmagazin machte den Zusammenhang sinnfällig, indem es zwei Fotos nebeneinander stellte: auf der einen Seite die bombardierten Twin Towers in New York - auf der anderen das bombardierte King-David-Hotel in Jerusalem. Das King-David-Hotel war in den dreißiger Jahren von Menachem Begins jüdischer Irgun-Gruppe angegriffen worden, weil dort die britische Besatzungsmacht ein Hauptquartier unterhielt. Noch fragen? Von so was kommt eben so was. Oder auf gut deutsch: the jews are always guilty, especially when they are not guilty.
Der europäische Antiamerikanismus ist nicht von vorgestern, aber doch immerhin von gestern. Er beginnt schon im 18. Jahrhundert. Amerika war die ganz große Leinwand, auf die Europa all seine Ängste projizierte: Abscheu gegen die Moderne, die Geldwirtschaft, den Kapitalismus, die Massendemokratie. Damit ist es im wesentlichen vorbei. Die meisten Europäer fürchten sich, so scheint mir, nicht mehr so wahnsinnig vor der Moderne. Sie telefonieren mit Händies, kaufen Aktien, surfen im Internet und jetten nach Honolulu. Heute ist der Hass auf Amerika nichts mehr als eine Hülse: ihr harter, ihr banaler Kern aber ist der Hass auf Israel. In Deutschland redet man aus einem Rest von historischem Schamgefühl nicht so gern darüber; in anderen Ländern wie Frankreich und Spanien, aber auch in England ist man da sehr viel offener.
Kommt dieser Hass aus dem Mitgefühl für die Palästinenser? Ich fürchte nicht. Das Leid der Palästinenser nämlich wird in genau dem Augenblick vollkommen uninteressant, wo nicht Juden an ihm schuld sind. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang von Schatila reden. Im Jahre 1985 kam es in diesem Palästinenserlager, das im Libanon liegt, zu einem Massaker - wie auch in dem Lager Burj el-Barainjeh. Die Uno spricht von 635 Toten und 2500 Verletzten. Den Überlebenden wurde nicht einmal gestattet, die Leichen ihrer Angehörigen zu bergen. Die meisten Zeitungen befanden es nicht für nötig, über dieses Massaker zu berichten, denn es wurde von moslemischen Amal-Milizen in brüderlicher Zusammenarbeit mit der syrischen Armee verübt. Ganz anders verhielt es sich bei jenem Massenmord, den drei Jahre zuvor christliche Falangisten in ebenjenem Schatilah und in Sabra angerichtet hatten. Warum? Ganz einfach, bei diesem anderen Massaker standen israelische Soldaten daneben und schauten zu. Sie machten sich durch Nichtstun schuldig - und das Weltgewissen schrie auf.
Mein Beispiel (und ich könnte ihm noch viele anfügen) zeigt: das Leid der Palästinenser an sich ist den Europäern so gleichgültig wie eine Träne im Ozean. Über die Ufer tritt dieses Leidensmeer erst dann und überschwemmt alle Medienkanäle, wenn sich die Chance eröffnet, Israel zu beschuldigen. Ohne poetische Metaphern gesagt: Das Leid der Palästinenser ist nicht die Ursache des Antizionismus. es ist lediglich ein Vorwand.
Lassen Sie mich nun nicht lange um meine These herumreden. Lassen Sie mich lieber drei schreckliche, pauschale, empörende Fragen stellen.
1.Könnte es sein, dass tief im inneren der europäischen Kollektivseele der uneingestandene Wunsch rumort, Israel möge von der Bildfläche verschwinden? Denn solange es dieses Land gibt, wird eine Wunde offen gehalten. Der Staat der Juden erinnert durch sein bloßes Dasein an ein moralisches Versagen: Hitlerdeutschland hat versucht, den perfekten Völkermord zu begehen. Dieser Versuch hat überall in Europa - außer in Dänemark, Italien und Bulgarien - willige Helfer gefunden. Mit anderen Worten, Israel stört. Es steht qua Existenz der Versöhnung mit der eigenen Geschichte im Wege.
2.Könnte es sein, dass deshalb viele Europäer ein unsichtbares Band der Sympathie mit Osama und Consorten verbindet? Denn wenn morgen oder übermorgen - was Gott verhüten möge - eine islamische Atombombe Israel zerstörte, fiele eine Zentnerlast von Europas Kollektivseele. Die Europäer, und namentlich die Deutschen, wären dann nicht mehr allein mit der Schuld, dass sie eine »Endlösung der Judenfrage« verübt haben. Die Araber wären endlich genauso schuldig; Auschwitz wäre kein singuläres Verbrechen mehr.
3.Könnte es sein, dass die Wut über den Einmarsch der Amerikaner und Briten im Irak auch daher rührte, dass hier ein Feind der Juden gefällt wurde? Noch 1991 hatte Saddam Hussein ja öffentlich erklärt: »Ich werde die Hälfte der Bevölkerung Israels mit chemischen Waffen verbrennen« und fest versprochen: »Ich werde Israel in ein Krematorium verwandeln.« Jeder bewusste Jude weiß, dass Saddam in einer Reihe mit Haman, Chmielnicki und den anderen großen Antisemiten der Geschichte steht - dass er, metaphysisch zu sprechen, vom »Samen Amaleks« abstammt. Könnte es sein, dass auch Nichtjuden das wissen?
Ich habe keine Ahnung, ob diese drei Fragen, die ich wie Pfeile von meinem rhethorischen Bogen abgeschossen habe, ins Schwarze treffen, ob sie auch nur in der Nähe der Wirklichkeit stecken geblieben sind. Vielleicht habe ich meinen Bogen sogar überspannt.
Auf alle Fälle sollen Sie aber folgendes wissen: sollte es tatsächlich die unbewusste Hoffnung geben, der Judenstaat möge von der seelischen Landkarte Europas verschwinden, so wird sich diese Hoffnung nicht erfüllen. Und an dieser Stelle wird ein Geständnis fällig. Mir wurde vor etwa eineinhalb Jahren schwarz vor Augen, und ich schrieb, der Zionismus sei gescheitert; Israel sei dem Untergang geweiht. Damals schwappte gerade eine blutige welle von Selbstmordanschlägen über dem Land zusammen, und die öffentliche Meinung in Europa reagierte mit einem Anfall von tiefer Genugtuung.
Hiermit widerrufe ich öffentlich und behaupte das Gegenteil: Israel wird nicht untergehen. Dieses winzige Land mit den großen Problemen hat immer noch eine ziemlich gut funktionierende und hoch motivierte Armee. Und was noch viel wichtiger ist: nichts spricht dafür, dass die Israelis sich vom Terror zermürben lassen - trotz alledem gibt es keine nennenswerte Auswanderungsbewegung. Das Land blutet nicht aus wie ein alter Eimer. Und am wichtigsten: die Israelis verfallen keineswegs dem Fanatismus - die Mehrheit von ihnen ist auch jetzt noch, mitten im Krieg, bereit, unter bestimmten Bedingungen die besetzten Gebiete zu räumen.
Noch etwas anderes sollen Sie bitte wissen: in den USA werden nicht die Lichter ausgehen. Alle Behauptungen, dass im »land of the free« die bürgerlichen Freiheiten in Gefahr seien, sind ein hysterischer Unsinn. Leute, die so reden, kennen wahrscheinlich die Geschichte nicht; zum Beispiel wissen sie nicht, dass Abraham Lincoln während des gesamten amerikanischen Bürgerkrieges die Habeas-Corpus-Akte aufhob. Und es gab niemanden, der die Freiheit mehr liebte als eben jener Lincoln, der Verfasser der wunderbaren Gettysburg Address, die in Amerika jedes Schulkind auswendig kann. Das bedeutet nicht, dass man heute nicht wach und misstrauisch bleiben müsste. Gewiss gibt es in den USA einen unangenehmen Vulgärpatriotismus, eine allzu simple Aufteilung der Welt in Gut und Böse. Aber so lange die Amerikaner keine Meldepflicht einführen, muss man sich um die amerikanische Demokratie keine sorgen machen.
Gestatten Sie mir zu guter Letzt noch ein Orakel, das auf alle Zweideutigkeiten verzichtet. Ich prophezeie Ihnen von diesem Ort aus, am 11. September 2003: die Amerikaner werden den Krieg gegen den Terror gewinnen, wie sie den kalten Krieg gegen die Sowjetunion gewonnen haben, und zwar noch zu meinen Lebzeiten. Sie haben sich nicht auf ein auswegloses Abenteuer eingelassen. Einen mathematischen Indikator dafür gibt es schon jetzt. 2001 töteten islamische Fundamentalisten tausende Amerikaner in New York und Washington, D.C. 2003 sind Amerikaner damit beschäftigt, islamische Fundamentalisten im Irak und in Afghanistan zu töten. Das halte ich für einen Fortschritt. Und wenn es den Amerikanern und Briten wirklich gelänge, den Irak in ein halbwegs zivilisiertes Modell für den Nahen Osten zu verwandeln, dann könnte diese Weltregion aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit ausbrechen.
An dieser Stelle möchte ich gern unfein werden und ein paar Zahlen nennen. Vor kurzem haben Forscher im Auftrag des »Daily Telegraph« und des »Spectator« in Bagdad eine Meinungsumfrage durchgeführt. Sie fanden heraus: obwohl viele Einwohner von Bagdad sich unsicherer fühlen als unter Saddam, obwohl sie sich über die Kriminalität auf den Straßen und Stromausfälle ärgern, sagte doch die Hälfte der Befragten, dass es richtig war, diesen Krieg zu führen. Die Hälfte! nur 27 Prozent fanden, dass er ungerecht war. Und noch mehr - nämlich 76 Prozent - wünschen, dass die Soldaten der angloamerikanischen Koalition länger im Land bleiben. Nur eine Minderheit will Saddam wiederhaben: sieben Prozent. Noch weniger möchte einen Mullah-Staat á la Iran: sechs Prozent. Viel mehr träumen von einer Demokratie westlichen Typus´: immerhin ein Drittel. 46 Prozent der Befragten gaben an, sie glaubten, ihr Leben werde in einem Jahr besser sein; 54 Prozent glauben, dass sie in fünf Jahren besser leben werden.
Ich lebe zwar nicht in Bagdad, aber ich gehöre trotzdem zu den Optimisten. Der Nahe Osten, den wir kennen - eine von faschistischen Diktatoren, Feudalherrschern und Mullahs terrorisierte Region - wird in 50 Jahren nur noch im Geschichtsbuch zu finden sein. Unsere Kinder werden mit Namen wie »Osama bin Laden« und »Saddam Hussein« kaum noch etwas verbinden außer einer vagen Abscheu. Es wird einen Staat Palästina geben, und er wird keine von Al-Kaida oder der Hamas kontrollierte Mördergrube sein. Und die Israelis? Auch sie werden sich im Lauf des 21. Jahrhundert grundsätzlich ändern. Sie werden lernen, Kontrahenten bei Streitgesprächen nicht mehr niederzubrüllen und ihre Händies wenigstens in Ausnahmesituationen auszuschalten, sagen wir im Theater oder auf Beerdigungen.
Sie halten mich jetzt endgültig für verrückt? Schön, dann erzähle ich Ihnen eben einen Witz. Er spielt, wie es sich gehört, in einer Synagoge und geht so: jeden Schabbat kommt der arme Mosche in das Gotteshaus und betet: »Gott unserer Väter, gewähre mir einen Hauptgewinn in der Lotterie! Mein Weib grämt sich, meine sieben Kinder hungern, ich brauche Geld. Bitte!« so geht das zehn Jahre lang. Jeden Schabbat steht Mosche in der Synagoge und fleht Gott um einen Lottogewinn an. Sein Weib! Seine Kinder! Das schreiende Elend! Nach zehn Jahren wird es in der Synagoge plötzlich hell, und eine sonore Stimme spricht die geflügelten Worte: »Moischale, gib mir a Chance! Kojf dir a Los!« - Die Amerikaner haben sich nach der Katastrophe vom 11. September ein weltgeschichtliches Los gekauft. Es darf sich nicht als Niete erweisen. Es wird sich nicht als Niete erweisen. Ich danke Ihnen.
http://www.henryk-broder.de/html/fremd.html
Die USA und Israel stimmen vor der UNO-Vollversammlung einträchtig gegen eine Resolution - und der unbedeutende Rest der Welt betreibt bei der Abstimmung "geistig minderbemittelten Antiamerikanismus".
Wer völkerrechtswidrig Kriege vom Zaun bricht und souveränen Staaten reihenweise mit Krieg droht, braucht sich über Abneigung nicht zu wundern.
Und "bei Gott" (stammt von G.W.) davon sind nicht alle minderbemittelte Antiamerikaner.
Die Amerikaner sind ja ein sympathisches Volk, aber sie haben eine seltsame Regierung. Was die betrifft, halte ich es mehr mit Sir Peter Ustinov als mit Broder: Der Bush fühlt und benimmt sich wie Nero. (Ustinov hat heute das Gefühl, er hätte seinerzeit Bush gespielt statt des römischen Imperators.)
ArabNews - Editorial:
Against Suicide Bombings
Arabische Stimmen: Gegen die Selbstmordanschläge
Ein Leitartikel der saudischen "Arab News" kritisierte die arabischen Selbstmordattentate international und in Palaestina...
Israel’s attack on what it said was an Islamic Jihad military training camp in Syria sends two messages to the world. The first, on behalf of the United States, is the clear signal that the Bush administration will do everything it can to keep Syria and Iran in its sights as the so-called war on terror continues. It is a message that has been heard, loud and clear, in the Arab world. However, the second message, though indirect, should be taken on board with equal concern: That suicide attacks on Israeli civilian targets are politically and militarily counterproductive.
How much reflection has there been in the Arab media on the fact that three Israeli Arabs were among the 19 killed in the restaurant in Haifa on Saturday? How much acknowledgement has there been that the city targeted is one of the few in Israel where Arabs and Jews coexist peacefully? And where are the editorials asking what the three children and the baby who were blown to pieces there did to deserve such a terrible fate? Is there any reflection on the fact that Palestinian leader Yasser Arafat is now as a result of the bombing in a weaker position than ever, and that the sizeable minority of ordinary Americans who support Palestinian calls for a viable state are less likely than ever to raise their voices in support of the cause?
Arab News has said it before, but along with all decent-minded people we must continue to say it loudly and unambiguously: Suicide bombings are morally repugnant, are totally against Islam and all human decency.
The suicide bombings are part and parcel of the impotence and desperation that in so many ways characterizes the Arab condition. Many say that it is precisely because of this impotence that suicide bombers are forced to carry out their attacks. But the opposite is true: Each suicide bombing deals another blow to the already immeasurably weakened Arab position.
Let’s face it: The Palestinians and the wider Arab world have no meaningful strategy for dealing with the Arab-Israeli conflict, and that is why extremism fills the vacuum. If as much planning and effort had been put into forging a strategy for mass civil disobedience, for example, and promoting genuine internal reform and development as has been put into the recruitment, training and encouragement of suicide bombers, the Palestinians would not only be in a much stronger position at the negotiating table but would also have much more vocal and tangible support from the international community.
That Israel was able to attack a camp just a few miles outside Damascus, without having to worry about the risks involved or the possibility of reprisals, is a clear indication of Arab impotence.
Will the Arabs ever see the link between self-defeating act of suicide bombing and their self-destructive activities on the diplomatic level whenever they attempt to address the Middle East conflict?
7 October 2003 ARAB NEWS
Major Tom
PS [...] Wäre ein gigantischer Erfolg für den irakischen Widerstand gewesen, wenn man den Strippenzieher auf Marionetten-Besichtigungstour erwischt hätte. [...] Klingt da ein gewisses Maß an Schadenfreude mit - "wenn man den ... erwischt hätte" - oder täusche ich mich? Dann sorry!
Im Gegensatz dazu beruht die demokratische Legitimation des Bush-Regimes auf einem Urteil des Obersten Gerichtshofes mit 5:4 Richterstimmen nach unendlichem Gezerre,z.B. wegen irreführender Stimmzettel im entscheidenden, vom fettleibigen Bush-Bruder regierten Bundesstaat Florida.
Ihren Sitz in der UN-Menschenrechtsorganisation haben die USA bereits vor einiger Zeit eingebüßt und dies nicht ohne Grund.
Den menschenrechtlichen Kriterien für eine Aufnahme in die EG würden die Staaten jedenfalls schon mal nicht genügen.
Ich bin gegen Gewalt, die ich wirklich nur als allerletztes Mittel akzeptieren kann.
Trotzdem hätte sich meine Trauer über ein vorzeitiges Ableben des Herrn Wolfowitz in Grenzen gehalten.
Denn dieser ist nicht nur ein Hardliner, ein "Falke", der diesen Krieg im Irak gewollt und gefördert hat. Dieser Strippenzieher hat ihn sogar geplant und wohl nicht nur diesen. Er trägt Verantwortung für das unnötige Blutvergießen im Irak.
Fürchte leider, das Erlebnis in Bagdad dürfte lediglich seinen Stoffwechsel angeregt haben und auch das nur vorübergehend.
Rheumax
PS.:
Wenn ich versuche, meine Meinung zu einem Thema in einem einzigen Satz auf den Punkt zu bringen,wird sich bei Dir der Eindruck "einer Neigung zu Schwarz-Weiß-Denken" schwerlich vermeiden lassen.
Das sei dir gegönnt! Schadenfreude wollte ich dir nicht generell unterstellen, "Schwarz-Weiß-Denken" höchstens temporär (davor bin auch ich nicht gefeit). "Unnötiges Blutvergießen", das ist mit Sicherheit ein wichtiges Stichwort und sollte ausnahmslos verhindert werden (das Problem ist nur, dass jede Seite dieses "unnötig" - je nach Interessenlage - anders interpretiert).
Major Tom
PS MEMRI Special Dispatch – 20. Juni 2002
Aufruf von 55 palästinensischen Intellektuellen gegen die Selbstmordattentate
In der palästinensischen Tageszeitung al-Quds erschien am 19. Juni 2002 folgender ganzseitiger Artikel:
„Aufruf -Ausgehend von unserem Gefühl nationaler Verantwortung und angesichts der Gefahren, die von der Situation, in der sich das palästinensische Volk befindet, ausgehen, wünschen wir, die Unterzeichner, dass jene, die hinter den militärischen Operationen gegen Zivilisten in Israel stehen, kritisch ihre Bilanzen begutachten und damit aufhören, unsere Jugend zu diesen Operationen anzutreiben. Wir wünschen dies, weil wir als einziges Ergebnis dieser Anschläge die Verfestigung der Abneigung, der Wut und des Hasses und die Vertiefung der Kluft zwischen den beiden Völkern sehen. Sie zerstören die Möglichkeit, dass beide Völker Seite an Seite in zwei benachbarten Staaten in Frieden leben.
Wir sehen nicht, dass diese Operationen Fortschritte bei der Realisierung unseres Projektes, das zur Freiheit und Unabhängigkeit aufruft, verwirklichen. Vielmehr stärken sie auf der anderen Seite die Reihen unter den Feinden des Friedens und bieten der aggressiven Regierung, der Scharon vorsitzt, eine Rechtfertigung, um mit seinem unbarmherzigen und brutalen Krieg fortzufahren – einem Krieg, der auf die Söhne unseres Volkes abzielt, unsere Dörfer und Städte, unsere Alten und unsere Kinder, unsere Errungenschaften und Hoffnungen und unser nationales Projekt.
Die militärischen Operationen sind nicht unabhängig von dem, was sie für die politischen Ziele erreichen, als positiv oder negativ zu beurteilen.
Dafür, diese Operationen kritisch zu betrachten, spricht auch das Wissen, dass das Drängen zu einem existentiellen Konflikt zwischen den beiden Völkern im Heiligen Land nichts als Zerstörung und Verderben für alle Söhne dieser Region bringen würde.
Für dieses Resultat sehen wir keinerlei logische, menschliche oder politische Entschuldigung.“
Unterzeichner
Sari Nussaiba Hanan Ashrawi und andere...
Dr. Sari Nuseiba
Dr. Hanan Ashrawi
Saleh Ra’fat
Salah Zuheika
Mamdouh Nofal
Hanna Sineora
Dr. Mohammad Ishtiya
Ibrahim Kandalaft
Dr. Eyad El-Sarraj
Dr. Moussa El-Budeiri
Huda El-Imam
Dr. Marwan Abu El-Zuluf
Saman Khoury
Dr. Said Zidani
Dr. Omayya Khammash
Dr. Jad Is’haq
Dr. Manuel Hassasian
Salah Abdel Shafi
Shaher Sa’ad
Dr. Mohammad Dajani
Imad Awad
Fadel Tahboub
Majed Kaswani
Taysir El-Zibri
Dr. Ahmad Majdalani
Dr. Taleb Awad
Khader Sh’kirat
Zahi Khouri
Majed Abu Qubo’
Ehab Boulous
Dr. Isam Nassar
Dr. Salim Tamari
Dr. Suad El-Ameri
Dr. Adam Abu Sh’rar
Dr. Riema Hamami
Subhi El-Z’beidi
Dr. Munther El-Dajani
Osama Daher
Simone Cupa
Jeana Abu El-Zuluf
Yousef Daher
Jamal Zaqout
Dr. Saleh Abdel Jawwad
Dr. Nathmi El-Ju’ba
Dr. Jamil Hilal
Dr. Arafat El-Hadmi
Dr. Leila Faydi
Dr. Zakaria El-Qaq
Amna Badran
Dr. Ali Q’leibo
Marwan Tarazi
Dr. Raja’I El-Dajani
Issa Q’seisiya
Hani El-Masri
Dr. Jumana Odeh
Lucy Nuseiba
Abdel Qader El-Husseini
Zahra El-Khaldi
THE MIDDLE EAST MEDIA RESEARCH INSTITUTE (MEMRI)
Vielleicht hebt es Ihr Verstaendnis fuer den weltweiten Anti-Amerikanismus.
September 15 2001
To My Children
The recent tragedy in New York and Washington is of enormous proportion and impact. It is very wrong and it is a testament to the evil that exists amongst us. A lot of people make it a point of reminding us daily after this disaster, that innocent people were maimed and killed by ruthless fanatics. I submit, that the same holds true for the tens of thousands in Hiroshima, Nagasaki, Dresden, Hamburg and on and on goes the list. This was mass murder too, lest we forget. But we shall never forget or forgive! The people responsible for those massacres got away with murder!
I have listened to many radio-calls in the last few days and I can categorically state that I agree with those, who were not surprised by what happened on September 11. 2001.
Why are many of us not?
There is so much hate and anger in this world today and there are so many people, who are enormously disadvantaged (to put it mildly) in comparison to the so called western or industrial world. But that disadvantage is the greatest and most oppressive when compared to the USA.
The wealth accumulated by the US over the last 50 years or so on the backs of others through its economic, military, political and cultural power is now so large and out of proportion to its own input, that many have decided, that enough is enough and that they want their fair share of what this earth has. What makes matters worse is that America flaunts/advertises its wealth to the rest of the globe in ways, which is often seen as offensive, dramatic and obscene and shows a disregard for other?s cultural and social values.
So, why is it that nobody asks the question now that should be asked, while instead everybody concentrates on finding the best, the smartest and the most efficient way to punish those responsible. America is being readied for war right now and it will probably vengefully overreact. All the classical elements and processes are being put into place to convince Americans (as if it was needed!), that the world must be punished for this crime. Yes, in the end the whole world is going to suffer as a result of their action, because their action will be disproportionate, inconclusive and create even more pain and suffering with more resulting reaction of the kind we have seen now as well as many times before.
What does it take to commit suicide? Individuals do it all the time and for many different reasons. Some or many of these reasons are explainable, even understandable. Some are not. But to have 19 or more individuals, including family men, working in concert over many years in preparation for such an event (taking your own life!) can only mean an enormous level of anger or hate, commitment to a cause, sacrifice for others or an ultimate sense of responsibility for changing things. Just sit back a moment and think about it! But to label them simply as fanatics is being simple-minded. By doing so is to shut your eye to the obvious and in turn to end up making the wrong decision. And yet this is precisely what the US government and others are doing. Those others will have to carry the responsibility of having failed to disagree with the actions of the U.S. as they unfold now as well as they did in the past.
The question, which really needs answers to, is, why is it, that there are so many people around the globe, who either dislike or show outright hatred for American society? Why?
When you listen somewhat carefully and often to today?s all encompassing media you have to be a half-wit not to pick up the answers readily. So, while I could easily try to speak for those others, let me express some of my own concerns, which, you may find, are pretty common with many.
While I enjoy, like and admire individual Americans like I do other human beings of different stripes, who are compatible with my psyche, my interests and my vision, I do strongly believe, that
American society as a people is the
most destructive society this world has ever seen.
Its plundering ways in terms of earth resources and its totally selfish approach to the use of those resources and the resulting impact on the earth environment for the sake of being the most affluent and consuming people, and the teaching of these values to other societies in order to perpetuate the cycle of demand for its goods is an outrage this world has never seen before.
And then there is the current administration, which strongly exemplifies the ?America-first? approach to all things affecting the global community. They cancel or ignore important world treaties, they bully new policies onto others and they do not care when their like-minded allies trample on the rights and freedom of others as long as it serves their purpose.
And then there is capitalism American style, not the one with some social inflection but the ?winner-take-all? style. This style is exported all over this world, one of the greatest business model disasters in the making. Its fundamental concept of ?continuous growth? and borrowing against the future is catastrophically flawed and will eventually collapse under its own weight. In the meantime it creates huge benefits and enormous wealth for some.
And then there is its past and ongoing support of oppressive, corrupt and often criminal regimes and elite, which serve its purposes in parts of Asia, the Middle East, South and Central America.
And make no mistake about its rebuilding help in Europe and Asia after the last world war, it was not done for humanitarian reasons as some have suggested, it was first and foremost economic and political self-serving expediency.
And then there is the ever-increasing ?cultural? contamination of many world societies doing more and more away with cultural diversity and instead ?Disney-fies? and ?Mac-nefies? everything in its path. It is totally appalling to witness the Americanization of the global community and it also spells disaster for the future of mankind.
And then there is the selection and ?election? of the president of the USA, the country, who prides itself to be the world example for freedom and democracy. Hundreds of millions are spend to do this so-called deed of democracy. Is it democracy, when special interest, financial and political powerhouses manipulate the election of a leader and then expect and receive interests on their investments? In other counties it is called corruption. For these huge sums of money millions of the poorest on this earth could receive relief. But then there would be no immediate payback on these types of investments for corporate America, would there?
But ultimately there is the hunger, the despair and humanity?s total and utter misery found in all corners of the world, where millions starve, die, are oppressed to the extreme and generally exist under conditions not worth living under. And there are people, who are exposed to or part of some or all of this misery and decide to take an extreme view of it.
Is it an excuse for the disaster of a few days ago? No! Is it understandable for it to have happened? Yes.
What makes me despair at these times is the realization that I can do little to change things myself as they have gone too far already and that I have to find ways to live or die with it.
I hope you and your children will be all right.
Gespielte Normalität
Washington will mit Propagandakampagne positives Bild der Lage in Irak zeichnen
Während in den USA immer mehr Menschen den Irak-Krieg ablehnen, versucht die Bush-Regierung, mit einer neuen, koordinierten Propagandaaktion eine Flut von positiven Meldungen aus dem Irak zu erzeugen. Auch der »Inspektionsbesuch« des stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz in Irak sollte »Fortschritt und Normalität« suggerieren. Das Gegenteil ist eingetreten. Mehr als alle anderen spektakulären Aktionen gegen die fremden Besatzer hat der Angriff vom Sonntag auf das »Raschid«-Hotel in Bagdad, in dem Wolfowitz wohnte, gezeigt, daß selbst der hervorragend geschützte Pentagon-Spitzenbeamte vor Aktionen des irakischen Widerstandes nicht sicher ist. Die Stimmungsmache des US-Prokonsuls in Bagdad, Paul Bremer, nach dem Anschlag auf das Hotel klang daher mehr als hohl. Auf die Frage, ob in Anbetracht der jüngsten Ereignisse »die Sicherheitslage im Irak nicht besser, sondern schlechter« geworden sei, antwortete Bremer in einer Direktschaltung mit dem Nachrichtensender ABC: »Nein, das stimmt nicht. Sicher, wir hatten einen schlechten Tag, weil im Irak die Freiheit immer noch viele Feinde hat. Aber wir haben weitaus mehr gute als schlechte Tage.« Eine überraschende Ansicht, zumal nach Aussage des kommandierenden US-Generals im Irak, Ricardo Sanchez, die Angriffe gegen US-Truppen von täglich zehn bis 15 im Sommer inzwischen auf 20 bis 35 angewachsen sind.
Die am Samstag bekanntgewordenen Ergebnisse einer von den USA in Auftrag gegebenen Umfrage, wonach sich über 60 Prozent der Iraker inzwischen sehr entschieden gegen die US-Besatzung ausgesprochen haben, ließ Bremer nicht gelten. Er machte den Widerstand gegen die »amerikanischen Befreier« ausschließlich bei »Kriminellen, islamistischen Terroristen und Saddam-Hussein-Anhängern« aus. Bereits zuvor hatte der offensichtliche Realitätsverlust der Bush-Regierung den bekannten Senator und »Vietnamkriegshelden« John McCain dazu veranlaßt, im Nachrichtenmagazin Newsweek von »Parallelen zum Vietnamkrieg« zu sprechen. Daraufhin hatte US-Außenminister Colin Powell am Sonntag im TV-Sender NBC eingeräumt, daß Washington »nicht damit gerechnet« habe, daß die Angriffe »in dieser Intensität so lange anhalten« würden.
Lediglich der kriegerische US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erscheint inzwischen als der einzige Realist im Kabinett. Aber selbst sein internes, von Selbstzweifeln gezeichnetes Memorandum, das letzte Woche an die Öffentlichkeit gelangte, wird inzwischen kleingeredet. »Nein«, sagte Paul Bremer, das Rumsfeld-Memo habe sich »nicht speziell auf die Lage im Irak bezogen, sondern im allgemeinen auf die arabischen Länder, vom Sudan bis Syrien«.
Hilfsorganisationen erwägen nach Anschlagsserie in Bagdad Abbruch ihrer Arbeit
Der Irak bleibt offensichtlich den Besatzungsmächten allein überlassen. Nach den schweren Anschlägen in Bagdad rechnen Hilfsorganisationen über kurz oder lang mit dem Abzug ihrer ausländischen Mitarbeiter aus dem besetzten Mesopotamien. Dies ergaben am Dienstag Anfragen mehrerer Nachrichtenagenturen etwa bei Cap Anamur, Help und Care. Einzig Organisationen, die im kurdisch kontrollierten und relativ sicheren Nordirak tätig sind, lehnen einen Abbruch ihrer Arbeit ab. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), dessen Sitz in der irakischen Hauptstadt am Montag Ziel eines Selbstmordanschlages war, beriet gestern noch über das weitere Vorgehen.
Fast schon verzweifelt wirkte die Aufforderung von US-Außenminister Colin Powell am Dienstag, das Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen mögen trotz der jüngsten Anschläge im Irak bleiben. Tatsächlich wurde das Besatzungsregime in den vergangenen Tagen vorgeführt wie nie zuvor. Raketenwerferangriff auf Pentagon-Vize Paul Wolfowitz, Abschuß eines Black-Hawk-Hubschraubers, Granatfeuer auf das Abu-Ghraib-Gefängnis, Angriffe auf Polizeiwachen, allerorten Feuer auf US-Soldaten und schließlich das Bombenattentat auf den Sitz des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes – wer steckt hinter den verschiedenen Anschlägen im Irak, die zu Beginn des Fastenmonats Ramadan für weltweites Aufsehen sorgten? Eine Vielzahl von Widerstandskämpfern mit unterschiedlicher Motivation, geeint vom Ziel, den Besatzungstruppen im Irak eine Niederlage zu bereiten.
Glaubt man indes den Invasionsmächten, dann sind vornehmlich zugereiste Terroristen am Werk. Legitimes Aufbegehren gegen die US-geführte Besatzung wird in fanatischen Terrorismus umgemünzt, mit dem Vorteil, daß die rigide Bekämpfung des immer stärker werdenden Widerstands zum Antiterrorkrieg deklariert werden kann.
Die amerikanischen Besatzungstruppen warteten denn auch mit der Erklärung auf, hinter der Serie der jüngsten Anschläge stünden »ausländische Kräfte«, erklärte US-Brigadegeneral Mark Hertling in Bagdad. Selbstmordanschläge wie die auf Polizeistationen und die IKRK-Zentrale seien nicht typisch für Anhänger des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein. Die Anschläge seien zwar koordiniert gewesen, aber nicht professionell und »etwas amateurhaft«, so Hertling. Einer der mutmaßlichen Täter, dessen Anschlag von irakischen Sicherheitskräften vereitelt worden sei, hätte einen syrischen Paß bei sich gehabt. Passenderweise führen antiamerikanische Selbstmordattentäter immer Ausweispapiere mit sich. Und passenderweise kommen die »ausländischen Terroristen« – folgt man den Verschwörungstheorien Washingtons – auch immer aus Iran, Saudi-Arabien, Jordanien oder Syrien in das besetzte Zweistromland, nie wählen sie offensichtlich den Weg über die US-Bündnispartner Türkei und Kuwait, die ebenfalls an den Irak grenzen.
US-Präsident George W. Bush sieht im Irak derweil schlicht Fortschrittsfeinde am Werk. Angesichts der dort erzielten Erfolge werde der Widerstand der US-Gegner immer verzweifelter, versuchte er in Washington Optimismus zu verbreiten. Bei den Attentätern handele es sich »um Terroristen im Irak, die bereit sind, jeden zu töten, um unseren Fortschritt zu stoppen.«
Der »schwarze Montag« paßt perfekt in Bushs Weltbild. Nach einer Reihe effektiver und öffentlichkeitswirksamer Angriffe auf das Besatzungsregime am Wochenende detonierten am Montag mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge vor mehreren Polizeiwachen und dem IKRK-Gebäude. Mindestens 35 Iraker kamen ums Leben, mehr als 200 weitere wurden verletzt. Sofort war von einer »koordinierten Anschlagsserie« die Rede, obwohl offensichtlich ist, daß der Terroranschlag auf das Rote Kreuz nicht in die Reihe der übrigen Angriffe der vergangenen Tage paßt. Er erinnert vielmehr an die verheerenden Attentate auf das UN-Hauptquartier in Bagdad oder die Imam-Ali-Moschee in Nadschaf im August. Wie Karl Grobe in der Frankfurter Rundschau am Montag richtig bemerkte, hatten diese Anschläge aber »offenbar einen anderen Hintergrund«, die »Handschrift« war »gerade nicht die einer wohlorganisierten Partisanenarmee«.
Den Gesamteindruck eines effektiven und zielgerichteten Widerstands machte die Autobombe vor dem IKRK-Sitz mit einem Schlag zunichte. UN-Generalsekretär Kofi Annan und die europäischen Staatschefs beeilten sich, unterschiedslos alle Aktionen als »Terror gegen die irakische Bevölkerung« zu verurteilen. Am Ende scheinen auch ihnen die Truppen Bushs für eine »Stabilisierung« des Irak immer unverzichtbarer. Die Falschen verlassen nun das Land. Statt der Besatzungssoldaten gehen die internationalen Helfer. Die Probleme für Bush bleiben. Am Dienstag gab es im westirakischen Falludscha und im Nordirak wieder Angriffe.