Die Lage der FDP
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Eröffnet am: | 05.12.02 13:33 | von: StefanDSC | Anzahl Beiträge: | 3 |
Neuester Beitrag: | 05.12.02 15:05 | von: StefanDSC | Leser gesamt: | 702 |
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Eine etablierte liberale Partei wird von dem „Aufstand der Anständigen“ heimgesucht.
Die in der Tradition von Gustav Stresemann stehende Partei –FDP- wird zum Spielball von inner- und außerparteilichen taktischen Manövern. Vor allem innerhalb der FDP ist ein regelrechter Flügelkampf ausgebrochen.
Wie konnte es dazu kommen? Die im Ursprung eher „nationalliberale“ FDP wurde im Zusammenhang mit der „Partnersuche“ der SPD unter dem damaligen Spitzenkandidaten, Willy Brandt, mit eher linksliberalen Kräften gefüttert. Resultat diese Mitgliederverschiebung im Zeitraum 1968-1972 war die erste SPD-FDP Koalition im Deutschen Bundestag. Zu den noch heute etablierten „Linken“ in der FDP zählt unter anderen Otto Graf von Lambsdorf.
Nach dem erneuten Kurswechsel der FDP in eine Union-FDP Koalition unter Helmut Kohl wurde die Partei in einen, bis heute andauernden, Flügelkampf getrieben. Das ständige Tauziehen dieser Flügel verschliss im Laufe der Jahre einige Führungskräfte der Partei und ließ einen grundlegenden Richtungsentscheid innerhalb der Partei nicht zu.
Der Machtkampf führte ab dem Jahre 2001 zu einer „Kopflosigkeit“ der Partei. Die beiden Flügel einigten sich auf den Kompromisskandidaten Guido Westerwelle. Westerwelle ist nicht eindeutig einem bestimmten Flügel zuzuordnen. Beide Seiten sahen in ihm einen Parteivorsitzenden, der den heutigen Medienanforderungen gerecht wurde und trotzdem beeinflussbar und steuerbar blieb. Damit sah sich Westerwelle ab 2001 in der Situation, beiden Flügeln gerecht werden zu müssen. Dieses Dilemma begleitet ihn bis heute. Westerwelle war also nicht frei in seinen Plänen.
Diese Bringschuld belastet ihn seit der eindeutigen Positionierung Möllemanns um so mehr. Die Parteilinken werden eine Neuorientierung der FDP nicht zulassen. Und das, obwohl alle Meinungsforschungsinstitute bestätigen, dass die politische Mitte durch die zwei großen Volksparteien zunehmend besetzt wird. Genau diese Institute bestätigen aber auch, dass das Wählerpotenzial einer konservativen und nationalliberalen Partei in Deutschland durchaus bei 18% liegt.
Möllemann, durch den grandiosen Wahlsieg in NRW nahezu unantastbar und frei aller Verpflichtungen gegenüber einzelner politischer Parteikollegen, wagte kurz vor der Wahl 2002 den Vorstoß in nationalliberale Themen. Das Ziel 18 war zu gleich der Versuch, den NRW-Kurs in der Bundespartei zu etablieren. Westerwelle stellte sich auf Grund der Erfolgsaussichten für die FDP auf die Seite Möllemanns. Verunsichert durch innerparteiliche Anfeindungen und gewissen Opfern (Hamm-Brücher), wurde Westerwelle zu einem Spagat gezwungen.
Möllemann, der Mann für das Volk und möglichst viele Wählerstimmen – Westerwelle der Mann für die „Anständigen“.
Diesem Druck war Westerwelle nicht gewachsen. Er verstrickte sich in ein ewiges hin und her zwischen den Alt-FDP`lern und Erneuerern. Um den Preis seines Parteivorsitzes gab er Möllemann noch vor dem bekannt werden der Steueraffäre auf und vernichtete innerhalb von 4 Tagen die Möllemann-Taktik und damit alle Möllemann-Stimmen.
Die Rechnung wurde dann am Wahlabend vom Wähler eindrucksvoll gestellt. Die FDP viel von den vorausgesagten 13 Prozent auf 7,3% tatsächliche Stimmen.
Der Schuldige war schnell ausgemacht. Um seinen „Kopf“ zu retten, schlug Westerwelle nun kräftig mit in die aufgemachte Kerbe. Möllemann wurde bis zum Verlust seiner Gesundheit der „Prozess“ gemacht. Aus dem tiefsten Nebel tauchte dann auch noch eine angebliche Steueraffäre auf, die natürlich nicht von der Staatsanwaltschaft aufgemacht wurde, sondern von den „Anständigen“ der Partei FDP. Das Resultat der staatsanwaltlichen Untersuchung darf man nun sehr gespannt abwarten.
Bis dahin steht für Westerwelle schon mal fest, Möllemann muss gehen. Damit wäre dann auch Guido Westerwelle ein sehr „anständiger“ Parteivorsitzende der FDP. Über die tatsächlichen Ursachen der Wahlniederlage muss dann nicht weiter nachgedacht werden. Der größte Erfolg für Westerwelle bleibt jedoch darin zu sehen, dass man die inhaltliche Diskussion um die politische Orientierung der FDP nicht führen muss.
So einfach ist es – keine Politik- zu machen.