Stoiber greift zum Nothammer
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Eröffnet am: | 15.09.02 15:17 | von: der hundeso. | Anzahl Beiträge: | 11 |
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Stoiber greift zum Nothammer
Die Union versucht mit offenbar zunehmender Verzweiflung, die Stimmung eine Woche vor der Bundestagswahl noch einmal zu ihren Gunsten zu wenden. Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) will jetzt die Zuwanderung zum Wahlkampfthema machen - und erntet heftige Proteste.
Edmund Stoiber: auf Stimmenfang mit Zuwanderungs- Kampagne
Berlin - Die Union will trotz heftiger Kritik von Rot-Grün das Thema Zuwanderung in den Mittelpunkt der letzten Wahlkampfwoche stellen. "Hätte Rot-Grün ein Gesetz zur Begrenzung der Zuwanderung vorgelegt, wäre das Thema erledigt", sagte Stoiber. Er reagierte auf eine Warnung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), die Ausländerpolitik zum Wahlkampfthema zu machen. "Das wäre ein Akt der Verzweiflung und würde den inneren Frieden in Frage stellen", sagte der Kanzler im SPIEGEL-Gespräch. Die Grünen warfen der Union einen "schäbigen Kurswechsel" vor.
Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) kündigte an, er werde am Montag mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU) ein "Sofortprogramm Zuwanderung" vorstellen. Die Union werde im Fall eines Wahlsieges Teile des rot-grünen Zuwanderungsgesetzes "sofort kassieren", so Beckstein gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Zuvor waren Meinungsumfragen bekannt geworden, die eine Woche vor der Bundestagswahl am 22. September für Rot-Grün zum ersten Mal seit Monaten eine Mehrheit sahen. CDU-Chefin Angela Merkel sagte, die Union werde bei der Zuwanderung die Verbindung zum Arbeitsmarkt und Defizite der Integration hervorheben.
Beckstein will Punktesystem kippen
Beckstein warf Rot-Grün vor, das im Frühjahr in einer tumultartigen Sitzung des Bundesrates verabschiedete Gesetz weite die Zuwanderung massiv aus. Die Union werde das Auswahlverfahren, wonach die Zuwanderung von Ausländern nach einem Punktesystem geregelt wird, nach einem Wahlsieg beseitigen. Er sprach von einem Herzstück des rot-grünen Zuwanderungsgesetzes, "das unabhängig vom arbeitsmarktpolitischen Bedarf und ohne Vorliegen eines Arbeitsplatzangebots die Zuwanderung ermöglicht".
Zudem wolle die Union für neu einreisende und bereits hier lebende Ausländer ein "umfassendes Integrationskonzept" entwickeln. Beckstein ist im Wahlkampfteam von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) als Innenexperte vertreten und soll im Fall eines Wahlsiegs das Amt des Innenministers übernehmen.
Merkel sagte, Zuwanderung sei nicht ein "rechtes, sondern ein soziales Thema". "Denn nicht die Besserverdienenden müssen zusätzlich die Last der Integration erbringen, sondern die sozial Schwächeren in den städtischen Problembezirken."
Schröder: "Akt der Verzweiflung"
Bundeskanzler Schröder warnte die Union davor, die Tonart in der Zuwanderungspolitik zu verschärfen. Bislang sei nicht der Versuch gemacht worden, auf dem Rücken von Menschen, die sich nicht wehren könnten, Wahlkampf zu machen. "Ich hoffe, dass sich die vernünftigen Kräfte in der Union durchsetzen", sagte Schröder dem SPIEGEL.
SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler warf Kanzlerkandidat Stoiber vor, dieser greife "zu dreisten Lügen" über das Zuwanderungsgesetz. Nicht die Zuwanderung, sondern ihre Begrenzung stehe im Mittelpunkt des Gesetzes. Inländer hätten absoluten Vorrang bei Arbeitsplätzen und Qualifizierungsmaßnahmen.
Stoiber hatte im Bundestag das rot-grüne Zuwanderungsgesetz scharf angegriffen und der Regierung vorgeworfen, für einen Zuwachs an Einwanderern nach Deutschland zu sorgen. Das sei angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht zu verkraften.
Grünen-Parteichefin Claudia Roth übte scharfe Kritik an der Union. Stoiber zeige "mit dem Rücken zur Wand doch noch sein wahres Gesicht", erklärte sie in Berlin. Es sei verantwortungslos, Arbeitslose gegen Flüchtlinge und Migranten auszuspielen. Rot-Grün habe eine moderne Einwanderungspolitik zum Gesetz gemacht, durch die auch neue Arbeitsplätze entstünden. "Nicht ohne Grund haben ja auch die Wirtschaft und die Gewerkschaften wie übrigens auch die Kirchen dem rot-grünen Zuwanderungsgesetz zugestimmt", sagte Roth.
Über das Zuwanderungsgesetz war es Ende März im Bundesrat zum Eklat gekommen, weil Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) die uneinheitliche Stimmabgabe des SPD-CDU-regierten Brandenburgs als Ja gewertet hatte. Das Gesetz erhielt dadurch eine knappe Mehrheit. Bundespräsident Johannes Rau setzte das Gesetz dennoch in Kraft, empfahl aber die Überprüfung des Bundesrats-Verfahrens durch das Bundesverfassungsgericht. Mehrere Unions-regierte Länder hatten daraufhin im Juli Klage in Karlsruhe eingereicht.
Sachsen lässt angeblich 52 Millionen Euro schmoren
Bei der versprochenen unbürokratischen Hilfe für die Opfer der Flutkatastrophe häuft sich die Kritik. In Sachsen soll die Weitergabe der Bundeshilfe massiv verzögert werden.
Dresden - Sachsen lasse rund 52 Millionen Euro Bundeshilfe zur Beseitigung von Hochwasserschäden an Wohngebäuden und zur Wiederherstellung kommunaler Infrastruktur seit zehn Tagen schmoren, berichtet die "Sächsische Zeitung". In einem der Zeitung vorliegenden Schreiben habe Bundesbauminister Kurt Bodewig (SPD) am 30. August mitgeteilt, dass die Mittel "zu Lasten des Bundeshaushaltes ... zu buchen sind".
Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben unterdessen ihre Anteile abgerufen, Sachsen "null Komma nichts", bestätigte ein Sprecher des Berliner Bauressorts der Zeitung. Das Geld stehe seit dem "2. September, 7.14 Uhr" abrufbereit zur Verfügung.
Am Donnerstag hatte sich bereits der deutsche Städte- und Gemeindebund über die langsame Auszahlung der Fluthilfe beklagt. "Die Kommunen in Sachsen sind enttäuscht und wütend, dass sie bisher kein Geld aus dem Hilfsfonds erhalten haben", sagte der Hauptgeschäftsführer des Kommunalverbandes, Gerd Landsberg, gegenüber der Chemnitzer "Freien Presse". Die bisher ausgezahlten 35 Millionen Euro seien nichts anderes als eine Vorauszahlung aus dem sächsischen Finanzausgleich.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warnte davor, die Ausländerpolitik zum Wahlkampfthema zu machen. "Das wäre ein Akt der Verzweiflung und würde den inneren Frieden in Frage stellen", sagte der Kanzler dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Bislang sei der Versuch unterblieben, auf dem Rücken von Menschen Wahlkampf zu machen, die sich nicht wehren können. "Ich hoffe, dass sich die vernünftigen Kräfte in der Union durchsetzen."
SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler übte heftige Kritik an den Plänen der Union. "Aus schierer Verzweiflung und Panik über seine sinkenden Umfragewerte greift der Kandidat zu dreisten Lügen über das Zuwanderungsgesetz." Im Mittelpunkt des Gesetzes stehe nicht die Zuwanderung, sondern die Begrenzung. "Ermöglicht wird lediglich die Anwerbung hoch qualifizierter Spezialisten, die dazu beitragen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern", sagte Stiegler.
Auch Grünen-Chefin Claudia Roth forderte Stoiber auf, den "brandgefährlichen Versuch " zu beenden, "mit dem Schüren von ausländerfeindlichen Stimmungen in letzter Minute noch auf Stimmenfang zu gehen". Bislang sei es gelungen, das Thema Zuwanderung aus dem Wahlkampf weitgehend herauszuhalten. "Anders als in früheren Wahlkämpfen hatte es auch die Union bislang nicht missbraucht. Nun aber zeigt Edmund Stoiber mit dem Rücken zur Wand doch noch sein wahres Gesicht", meinte Roth.
Viele Grüße und viel Glück für den VfL
magnum
Neue Hiobsbotschaft für Edmund Stoiber: Im Osten ist die SPD ganz klar vorn, jetzt setzt die Union auf das Thema Einwanderung. In der letzten Woche vor der Bundestagswahl werden die Einwanderungs- und Ausländerpolitik verstärkt in den Mittelpunkt des Wahlkampfes rücken, wie die CDU-Vorsitzende Angela Merkel der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte. Die Union wolle dabei die „Verbindung zum Arbeitsmarkt und die Defizite der Integration“ hervorheben.
Im Falle eines Wahlsieges werde die CDU/CSU das „Herzstück des rot-grünen Zuwanderungsgesetzes“, das Auswahlverfahren mit Punktesystem, „das unabhängig vom arbeitsmarktpolitischen Bedarf und ohne Vorliegen eines Arbeitsplatzangebots die Zuwanderung ermöglicht, sofort kassieren“, sagte der bayerische Innenminister Günther Beckstein. Zudem wolle seine Partei nach dem Grundsatz „Fördern und Fordern“ für alle Ausländer ein „umfassendes Integrationskonzept entwickeln“. Wer „nicht integrationswillig ist, darf kein Daueraufenthaltsrecht erhalten“, so der CSU-Politiker.
Debakel im Osten droht
Die CDU/CSU kämpft gegen immer schlechtere Umfrageergebnisse. In den neuen Bundesländern liegt die SPD jetzt zehn Prozentpunkte vor der Union. Bei einer am Sonntag veröffentlichten Repräsentativumfrage des Leipziger „Instituts für Marktforschung“ im Auftrag der Zeitschrift „Super Illu“ erklärten 39 Prozent der Ostdeutschen, sie würden für die Sozialdemokraten stimmen. Die CDU kam auf 29 Prozent.
Die FDP schaffte es auf 7 Prozent. Die PDS würde 18 Prozent erreichen. Die Grünen liegen bei nur 4 Prozent.
Die Popularität von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat der Befragung zufolge einen Höhepunkt erreicht. Wenn die Ostdeutschen den Kanzler direkt wählen könnten, erhielte Schröder laut „Super Illu“ 71 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Edmund Stoiber (CSU) lediglich 29 Prozent.