ALARMSTIMMUNG: Schummeleien in vielen US-Firmen
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 04.02.02 21:48 | ||||
Eröffnet am: | 30.01.02 12:49 | von: Happy End | Anzahl Beiträge: | 10 |
Neuester Beitrag: | 04.02.02 21:48 | von: Schnorrer | Leser gesamt: | 3.313 |
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New York - An der Wall Street geht momentan die Kakerlaken-Theorie um. "Es wird niemals nur e i n Unternehmen sein, das wegen seiner Buchhaltungspraktiken oder wegen maßloser Schulden zum Problem wird", sagt Anthony Maramarco, Portfolio-Manager des Babson Value Fund. So wie Kakerlaken stets in Rudeln in den Küchenschränken der New Yorker herumkrabbeln, könnten auch der Enron-Pleite schnell weitere folgen.
Maramarco ist mit seiner Befürchtung nicht allein, das zeigte auch der Käuferstreik an der Wall Street. Bis zur Schlussglocke vom Montag verlor der Dow Jones 2,5 Prozent oder 248 Punkte auf 9618 Punkte - der größte Tagesverlust seit dem 29. Oktober vergangenen Jahres.
Am härtesten erwischte es die Williams Companies, deren Aktie um 22 Prozent einbrach. Wie Enron ist Williams aus dem Geschäft mit Gas-Pipelines hervorgegangen. Der Absturz der Aktie kam, nachdem das Unternehmen von rund 2,4 Milliarden Dollar an "unerwarteten" Kosten berichtete, die durch ein bereits abgespaltetes Unternehmen, Williams Communications, verursacht wurden. Auch an normalen Börsentagen hätte eine solche Meldung für große Unruhe gesorgt. Angesichts des Enron-Skandals und der Pleiten von Kmart und Global Crossing wirken Ungereimtheiten in der Bilanz derzeit wie Todesurteile für den jeweiligen Aktienkurs.
Robert Kuttner, Kommentator der "Business Week", kann gar nicht hoch genug greifen, um die Schrecken der Megapleite zu beschreiben: "Enron ist für Marktgläubige das, was der 11. September für Politiker war. Ein sehr teurer Weckruf", schreibt der Ökonom.
Und Paul Krugman, einer der angesehendsten Ökonomen des Landes, prophezeite gar, dass sich im historischen Rückblick das Enron-Desaster als viel schlimmer erweisen werde, als die Terroranschläge gegen das World Trade Center. Selten zuvor wurde das Vertrauen der Amerikaner in ihre Wirtschaft, ihre Konzerne, ihre Manager so enttäuscht. Hunderttausende sind schockiert, mit welchen Tricks in den Chefetagen gearbeitet wurde, wie Anleger hinters Licht geführt wurden. Noch vor zwei Jahren sahen viele in der Börse einen Rettungsmechanismus für die notleidende Altersversorgung, nun sind die kühnen Träume endgültig zerstoben.
Wirtschaftsprüfer und Buchhalter stehen momentan unter Generalverdacht, Geschäftsbeziehungen zu vermeintlichen Schandtätern werden reihenweise abgebrochen. Die Chefs von Arthur Andersen, einer der größten Beratungskonzerne weltweit und Buchprüfer von Enron, kämpfen ums Überleben. Treue Großkunden wie Delta Airlines, seit mehr als 50 Jahren bei Andersen unter Vertrag, haben laut "Wall Street Journal" das Vertrauen verloren.
Die Schockwelle, die der Zusammenbruch des einstigen Shootingstars Enron ausgelöst hat, wird aber auch Firmen erfassen, die nicht unmittelbar in die Machenschaften von Enron-Chef Kenneth Lay verwickelt waren.
JP Morgan Chase: Köpfe werden rollen
So müssen nun die Banker büßen, die sich zu Glanzzeiten kräftig für Enron-Chef Lay ins Zeug gelegt haben. Die Investmentbank JP Morgan Chase beispielsweise muss nach eigenen Angaben rund 2,6 Milliarden Dollar abschreiben. Erst kürzlich entdeckten die Banker ein Milliardengrab. Bei einer Offshore-Firma namens Mahonia, die JP Morgan zu 49 Prozent gehört, steht Enron noch mit knapp einer Milliarde Dollar in der Kreide. Peinlich ist, dass das Finanzloch zunächst gar nicht auffiel und den Aktionären per nachträglicher Korrektur mitgeteilt werden musste. Ein führender Mitarbeiter der Bank sagte dazu gegenüber der "Financial Times": "Bald werden im Vorstand Köpfe rollen". Auch an der Wall Street musste die Bank am Montag kräftig Federn lassen, der Kurs fiel um 6,6 Prozent zurück. Zweifel an Bilanzierungspraktiken rissen den gesamten Bankensektor in die Tiefe: Die Aktien von Merrill Lynch fielen 7,5 Prozent, Citigroup verloren 5,3 Prozent.
Unangenehme Zeiten stehen aber auch den Firmen bevor, die ähnlich wie Lay und sein Team in die Kiste der Finanztricks gegriffen haben. Ein beliebtes Spiel der Enron-Mannschaft war es, verlustbringende Geschäfte und Schulden in formal selbständigen Firmen zu verstecken. Nach den amerikanischen Buchhaltungsvorschriften aus dem Jahre 1959 gilt ein Unternehmen schon dann als selbstständig, wenn drei Prozent des Kapitals von außenstehenden Investoren eingezahlt wird. Die Folge: Die Verluste und Schulden der Firma verschwinden aus der Bilanz des Mutterunternehmens. Aktionäre haben somit keine Chance mehr, die wirkliche Finanzsituation des Unternehmens zu ergründen.
Die Enron-Finanzjongleure trieben es mit über 4000 solcher so genannter Special Purpose Entities wohl etwas weit, doch auch andere US-Firmen nutzen laut "Business Week" solche Finanz-Vehikel. So präsentierte beispielsweise UAL, die Konzernmutter von United Airlines, in ihrer Bilanz des Jahres 2000 einen Bestand langfristiger Schulden von rund fünf Milliarden Dollar. Nach Ansicht von Philip Baggaley von Standard & Poors kommen aber noch einmal 12,7 Millarden Dollar dazu, wenn man die Leasing-Verträge einbezieht, die für 26 Jahre auf 233 Flugzeuge abgeschlossen wurden. Diese sind in der Bilanz nur mit einer kleinen Fußnote erwähnt. "Jeder, der in dieser Industrie arbeitet, weiß, dass der wahre Schuldenstand höher ist", so Baggaley. Nach seinen Berechnungen hat auch AMR, die Holding von American Airlines, rund 7,9 Milliarden Dollar an Leasingraten zu zahlen, die nirgendwo in der Bilanz auftauchen.
Der Deutsche Aktienindex (Dax) verzeichnete gegen Mittag ein Minus von 1,8 Prozent auf 4995 Zähler, nachdem er bereits am Vortag 1,4 Prozent eingebüßt hatte. Am Neuen Markt gab der Blue-Chip-Index Nemax50 um mehr zwei Prozent auf 1119 Punkte nach. Der MDax für die mittelschweren Werte notierte 0,5 Prozent schwächer bei 4381 Zählern. An den übrigen Märkten in Europa kam es nach dem schwachen Verlauf der Börsen in den USA ebenfalls vermehrt zu Abgaben. In London verzeichnete der FTSE-Index ein Minus von 1,4 Prozent, in Paris büßte der CAC-40 knapp zwei Prozent ein.
In den USA hatten am Vortag überwiegend Sorgen um mögliche Bilanz-Unregelmäßigkeiten amerikanischer Unternehmen vor allem die Standardwerte belastet und auf den tiefsten Stand seit Mitte November 2001 gedrückt. Der Dow-Jones-Index schloss 2,51 Prozent schwächer auf 9618 Punkten, der Nasdaq-Index verlor 2,62 Prozent auf 1892 Zähler. Nach dem Debakel um den zahlungsunfähigen US-Energiehändler Enron hatten Spekulationen über unsaubere Bilanzierungspraktiken die Aktien des US-Industriekonglomerats Tyco um knapp 20 Prozent einbrechen lassen. Marktgerüchte über eine mögliche Kreditabstufung hatten zudem die Papiere von Worldcom auf den tiefsten Stand seit siebeneinhalb Jahren gedrückt. Vor diesem Hintergrund hatten auch die Finanzwerte in den USA deutlich nachgegeben. JP Morgan verloren knapp sieben Prozent, Citibank gaben um mehr als fünf Prozent nach.
"Die Anleger sind nervös, dass es noch weitere Insolvenzen geben könnte", sagte David Scully, Head of Equity Sales bei JP Morgan, in Frankfurt mit Blick auf die Kursverluste. Investoren gingen davon aus, dass mögliche Unternehmenspleiten in den USA auch die deutschen Finanzinstitute treffen würden, da sie ebenfalls mit Krediten engagiert seien, fügte der Experte hinzu. Commerzbank gaben um 3,7 Prozent auf 18,90 Euro nach, Deutsche Bank büßten 3,3 Prozent auf 70,75 Euro ein und die Aktien der HypoVereinsbank fielen um 2,4 Prozent auf 34,85 Euro.
Kursabschläge verzeichneten auch die Aktien der Deutschen Telekom, die nach ihren Vortagesverlusten von mehr als drei Prozent erneut um 3,4 Prozent auf 16,12 Euro fielen. Hier belaste die Angst, dass Unternehmen mit einer großen Schuldenlast wie Telekom und Tyco ihre Verbindlichkeiten nicht mehr so einfach reduzieren könnten, sagte Jason Forde, Fondsmanager bei Maintrust.
Schwächer präsentierten sich auch die Technologiewerte. Siemens gaben um 1,9 Prozent auf 68 Euro nach, Infineon verloren 1,1 Prozent auf 22,92 Euro und Epcos gaben um 2,9 Prozent auf 45,55 Euro nach.
Am Neuen Markt zogen die Aktien von Ixos Software um knapp sieben Prozent auf 7,16 Euro an, nachdem das Unternehmen Geschäftszahlen präsentiert hatte.
Händlern zufolge hatte die Rede zur Lage der Nation des US-Präsidenten Bush keine Auswirkungen auf das Marktgeschehen. "Die Rede ist nicht an die Finanzmärkte gerichtet, sondern zielt auf das Volk ab", sagte Fondsmanager Forde. Auch von dem für Mittwochabend erwarteten Zinsentscheid der US-Notenbank Fed erhofften sich Marktteilnehmer keine Impulse. "Die Fed wird nichts machen und das erwartet der Markt auch", sagte ein Börsianer.
http://www.reuters.de/...icle.jhtml?type=economicsnews&StoryID=555988
Warum sollen das große US-Firmen nicht genauso drauf haben, wie kleine deutsche NM-Unternehmen.
Kauft Puts, Leute und zwar auf alle möglichen Aktien mit hohen KGVs.
R.
sehr schöne, solide und nach Vorsichtsprinzipien basierende "deutsche" Bilanzierungsvorschriften haben können. Zwar bieder und vielleicht etwas seriös ........
Und noch was: Wenn man sich auf die Bilanzzahlen nicht verlassen kann, dann ist das der Tod der fundamentalen Aktienanalyse. Könnte mal bitte einer einen Bilanzvertrauensindikator entwickeln? Ohne so eine Kennzahl wird man Aktien kaum noch bewerten können.
Grüße
Diplomat
Scherz beiseite: Bilanzanalyse: Baethge.
Der hat bereits 1996 die Holzmann-Pleite vorhergesagt.
Sein Ansatz: Cash-Flow-orientiert unter Auslassung von Goodwill und Teilgewinnrealisierung.
Meines bescheidenen Erachtens überzeugend und Bestandteil der Risikovorsorge eines jeden seriösen Unternehmens im Sinne des KonTraG.
Da seid ihr platt, was für Leute der schnorrer kennt, oder?