Krieg im Kaukasus zw. Georgien und Südossetien
"Niemand erinnert sich auch daran, dass die Georgier seit dem 15. Jahrhundert nach einem russischen Protektorat strebten."
Da dürfte wohl das russische Kriegsziel formuliert worden sein.
http://www.faz.net/s/...2CA4E9CA97B738CD96~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Keine Kraft zum Kalten Krieg
von Eva Weikert (Berlin)
In Georgien entzündet sich der lange Kampf zwischen Moskau und dem Westen um die Macht in Osteuropa und Zentralasien. Dabei wird deutlich: Russland ist weniger stark als gedacht.
Als Russlands Vize-Generalstabschef Anatoli Nogowizyn am Dienstag auf einer Pressekonferenz zum Georgien-Krieg sagte, Kriegsschiffe der USA, Polens und Kanadas seien ins Schwarze Meer unterwegs, sah mancher eine zweite Kubakrise heraufziehen. Warschau schoss zurück, das Manöver sei dem Kreml lange bekannt, es politisch auszunutzen, "perfide". In der Kaukasus-Krise ist der Ton zwischen Russland und dem Westen beißend geworden. US-Präsident George W. Bush bezichtigt Moskau der "aggressiven Eskalation". Kommentatoren unken, der 8. August, als der Krieg zwischen Russland und Georgien ausbrach, werde den Beginn eines neuen Kalten Krieges markieren.
Tatsächlich sind westliche Schiffe unterwegs. Sie bringen Hilfsgüter für die Opfer des Krieges um die abtrünnige georgische Provinz Südossetien, teilen die USA mit. Ebenso wenig wie eine zweite Kubakrise droht der Welt ein neuer Kalter Krieg. Russland ist keine Großmacht mehr und kann dem Westen nicht auf Augenhöhe begegnen.
Konfliktgeladenes Ex-Imperium
Am Georgien-Konflikt entzündet sich der lange Kampf zwischen Russen und Amerikanern um Einfluss in Osteuropa und Zentralasien. Georgien ist das einzige halbwegs demokratische Land im Kaukasus und strebt im Eiltempo nach Westen. Es könnte das zehnte Land sein, das ein Teilstaat oder im Einflussbereich der früheren Sowjetunion war und der Nato beiträte. Als elftes könnte die Ukraine folgen. Für Moskau ist die Erosion ein Schock. In Selbstüberschätzung und aus imperialistischer Tradition hat es in den Krieg gezogen, um Tiflis zu stoppen.
Moskaus Selbstbewusstsein und der Irrglaube des Westens, er habe es noch mit einer Supermacht zu tun, gründen sich auf vier Tatsachen: Die Russen sind nach den Amerikanern zweitstärkste Atommacht. Ihr Land ist flächenmäßig das größte der Erde. Russland verfügt über ein Viertel der weltweiten Gasreserven und ist zweitgrößter Ölproduzent der Welt. Außerdem sitzt Moskau im Uno-Sicherheitsrat.
Mindestens drei dieser Pfründe sind bei genauer Betrachtung nicht viel wert. "Wenn nun wieder vom gefährlichen Russland die Rede ist, wird ein altes Muster fortgeschrieben", sagt Hans-Henning Schröder von der Bremer Forschungsstelle Osteuropa. "Das imperiale Russland ist ein Phantomschmerz."
Die Atomwaffen der Russen sind seit 1992 nicht modernisiert worden. Die USA sagen darum, Moskau sei nicht zweitschlagfähig. Schröder weist darauf hin, dass Atomwaffen für eine reale Kriegsführung ohnehin nicht einsetzbar und ein rein politisches Drohmittel sind. Weil Russland zugleich im konventionellen Bereich veraltetes Gerät habe, ist es der Nato "klar unterlegen".
Der Kreml kann auch durch seine Vetomacht in wichtigen Gremien wie dem Uno-Sicherheitsrat nicht ungezügelt Weltgeschichte schreiben. Das Beispiel Kosovo habe gezeigt, dass die USA bei einer Blockade der Russen "ohnehin machen, was sie wollen", so Schröder.
Stabilste Säule des russischen Selbstbewusstseins sind die großen Rohstoffvorkommen, die dem Land einen steilen Aufschwung bescherten. Knapp die Hälfte des von der EU importierten Gases stammt aus Russland. Zugleich kontrolliert der Gasförderer Gazprom den Transport des kaspischen Gases und verfolgt Projekte in Nordafrika.
"Trotzdem überschätzen die Russen ihre wirtschaftliche Stärke", sagte Anders Aslund vom Washingtoner Peterson Institute for International Economics. Mit 2,5 Prozent tragen sie "sehr wenig" zum Weltbruttosozialprodukt bei. Trotz steigender Preise sinken die Öl- und Gasexporte Moskaus. Dass es seine Reserven vor allem gegenüber alten Vasallen als Machtmittel nutzt, werde ihm schaden: "Der Westen wird sich abwenden und neue Partner suchen."
Vom Wohlstand sind in Russland die Massen ausgeschlossen. Schuld ist der korrupte Staat, sagen Aslund und Schneider. Schneider sieht darum bereits einen Sozialkonflikt heraufziehen, der Russland von innen gefährde.
Aus der FTD vom 22.08.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD.de
http://www.ftd.de/politik/international/403743.html?mode=print
"Alle haben Fehler gemacht"
Wer ist schuld an der Kaukasus-Krise - und wie kann sie überwunden werden? Eduard Schewardnadse, Ex-Staatschef Georgiens und ehemaliger sowjetischer Außenminister, spricht im Interview mit SPIEGEL ONLINE über vertane Chancen seines Landes, Russlands Taktik und Deutschlands Fehler.
SPIEGEL ONLINE: Herr Schewardnadse, wie lässt sich die Krise in Georgien überwinden?
Schewardnadse: Ich habe den russischen Regenten Dmitrij Medwedew und Wladimir Putin einen direkten Brief geschrieben und sie um den Abzug ihrer Truppen gebeten. In diesem Brief steht, dass wir immer eine besondere Nachbarschaft hatten und dass die Verantwortlichen nun verpflichtet sind, wiederherzustellen, was gut war zwischen Russland und Georgien.
SPIEGEL ONLINE: Russland möchte den Nato-Beitritt Georgiens verhindern.
Schewardnadse: Natürlich ist der Nato-Beitritt Georgiens für Russland nicht angenehm. Aber der Westen hat das Recht, Georgien zu unterstützen, wenn er das will. Und jedes Land kann sich orientieren, wie es das für richtig hält. Was kann Russland am Ende schon dagegen unternehmen? Georgien muss der Nato beitreten.
SPIEGEL ONLINE: Wie soll Georgien mit dem schwierigen, mächtigen Nachbarn umgehen?
Schewardnadse: Ich hatte immer gute Beziehungen zu Wladimir Putin, ich kenne ihn lange und schätze ihn auch persönlich. Als es um die Flüchtlingsfragen in Abchasien ging, habe ich eng mit ihm zusammengearbeitet, und er war kooperativ. Ich habe ihm aber auch unsere Pläne, mit den USA zusammenzuarbeiten, nie verborgen. Ich erzählte ihm, dass die Amerikaner unsere Grenztruppen ausbilden und unsere Armee beraten. Er sagte, das Gleiche könnte Russland doch auch tun. Ich antwortete ihm, dass die Amerikaner mehr Geld hätten als er. Wir arbeiteten also gleichzeitig mit Putin und mit den Amerikanern zusammen. Das ist nicht leicht, aber es geht.
SPIEGEL ONLINE: Ihr Nachfolger im Amt des Präsidenten, Micheil Saakaschwili, ist vor wenigen Tagen aus Protest aus der GUS ausgetreten. War das richtig?
Schewardnadse: Noch mal: Die Verbindung mit Russland abzubrechen, ist in jedem Fall ein Fehler. Ein kleines Land muss Verbündete haben, im Osten wie im Westen, im Norden wie im Süden.
SPIEGEL ONLINE: Was führte zum Krieg?
Schewardnadse: Viele beschuldigen den Präsidenten Georgiens, das geschieht zum Teil zu Unrecht, enthält jedoch einen wahren Kern. Rechtlich kann man ihm nichts vorwerfen, es war legal, nach Zchinwali einzumarschieren. Er hätte es jedoch besser unterlassen. Wenn es denn schon nicht zu vermeiden war, hätte Saakaschwili den Roki-Tunnel, durch den die Russen kamen, blockieren müssen. Dies nicht zu tun, war ein militärischer Fehler. Er hat die Sache nicht zu Ende gedacht, er rechnete nicht damit, dass die Russen Gori, Poti und Senaki einnehmen würden, vielleicht sogar bis nach Tiflis kommen. Ich wäre an seiner Stelle auf keinen Fall einmarschiert.
SPIEGEL ONLINE: Die Russen haben gezielt provoziert. Wäre der Konflikt überhaupt friedlich zu lösen gewesen?
Schewardnadse: Seit zehn Jahren behaupten wir, dass wir den Konflikt mit den autonomen Republiken friedlich lösen wollen. Inzwischen hatten wir auch viele Menschen in Abchasien und Süd-Ossetien davon überzeugt - noch nicht alle, aber sehr viele. Wir hätten das Prinzip der friedlichen Vermittlung einfach nicht aufgeben dürfen. Früher oder später werden sich diese Konflikte lösen. Der Krieg verzögert dies nun um mindestens zehn weitere Jahre.
SPIEGEL ONLINE: Ist das der Anfang einer neuen Eiszeit zwischen Ost und West?
Schewardnadse: Hier in Georgien kann die Lage kaum mehr verhärtet sein, als sie jetzt ist. Der Westen machte einen entscheidenden Fehler, als er uns im April den Membership Action Plan verwehrte, also die Eintrittskarte in die Nato. Das haben die Russen als Ermutigung gedeutet, auch wenn es nicht so gemeint war. Heute versuchen die gleichen Länder, die den Membership Action Plan für Georgien verhinderten, also Deutschland und Frankreich, unserem Land die Tür in die Nato zu öffnen. Hätten sie das früher getan, wäre es gar nicht erst zum Krieg gekommen.
SPIEGEL ONLINE: Warum provozierte Russland aus Ihrer Sicht den Krieg?
Schewardnadse: Die Russen fühlen sich und ihre Ansprüche ignoriert. Zum Teil ist es aber auch eine persönliche Angelegenheit zwischen Wladimir Putin und Micheil Saakaschwili. Unschöne Dinge wurden gesagt. Das ist unprofessionell. Politiker verzeihen persönliche Beleidigungen nicht. Aber auch Russland hat Fehler gemacht, zum Beispiel, als es forderte, erst müsse Saakaschwili als Präsident gehen, dann würden sie mit seinem Nachfolger verhandeln. Die Konsequenz ist, dass Saakaschwili dadurch nur gestärkt wurde und ihn die hier durchaus starke Opposition jetzt sogar noch unterstützt.
SPIEGEL ONLINE: Wird Präsident Saakaschwili diese Krise politisch überstehen?
Schewardnadse: Der Präsident ist ohne Zweifel ein begabter Mann, der Vieles gelernt hat. Ein Sprichwort sagt, aus Fehlern wird man klug. Aber besser ist es wohl, sie zu vermeiden.
Das Interview führte Susanne Koelbl
URL:
* http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,573987,00.html
http://www.welt.de/politik/arti2369909/...dossetien_als_Staat_an.html
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"Zwar wird wahrscheinlich die Anerkennung der Unabhängigkeit der Regionen (Anm.: durch die UNO) verweigert werden, doch der nächste Schritt könnte ein neues russisches Innengesetz sein, das die Beziehungen zu Abchasien regelt. In diesem Fall wird Abchasien eine Sicherheitsgarantie und wirtschaftliche Unabhängigkeit bekommen. Die USA könnten zugleich an ihr eigenes Gesetz hinsichtlich Taiwans erinnert werden. Die Insel ist ja ebenfalls von der Weltgemeinschaft nicht anerkannt worden, dennoch gelten die USA laut einem 1972 geschlossenen Vertrag als Schutzmacht der Taiwanesen.
Einen solchen Vertrag würde sowohl Abchasien als auch Südossetien akzeptieren, selbst wenn Russland ihre Unabhängigkeit nicht anerkennt."
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Quelle: http://de.rian.ru/analysis/20080822/116219385.html
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Nato-Hilfsgüter für Georgien: US-Zerstörer mit 50 Tomahawk-Raketen an Bord
15:58 25/ 08/ 2008
MOSKAU, 25. August (RIA Novosti). Die Nato-Kriegsschiffe im Schwarzen Meer, darunter die USS McFaul in Batumi, haben Dutzende von Tomahawk- und Harpoon-Raketen an Bord, verlautete aus russischen Geheimdienstkreisen.
"Der US-Zerstörer McFaul, der sich zurzeit im georgischen Hafen Batumi befindet, verfügt über rund 50 Flügelraketen vom Typ Tomahawk. Sie können Atomsprengköpfe tragen und sind für die Vernichtung von Bodenzielen bestimmt", sagte ein Mitarbeiter des russischen Militäraufklärung am Montag gegenüber RIA Novosti.
Außerdem sind drei Nato-Fregatten aus Polen, Deutschland und Spanien sowie ein US-Küstenwachschiff zurzeit "im nördlichen Teil des Schwarzen Meeres konzentriert", hieß es. Diese Schiffe hätten 64 Anti-Schiff-Raketen vom Typ Harpoon an Bord.
Pentagon-Sprecherin Elizabeth Hibner hatte zuvor gegenüber RIA Novosti gesagt, die US-Kriegsschiffe seien beauftragt, Hilfsgüter nach Georgien zu bringen.
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Quelle: http://de.rian.ru/safety/20080825/116263780.html
"Vielleicht, argwöhnt Ilves, müsse man allmählich begreifen, dass Putins Russland keine Partnerschaft anstrebe, sondern allenfalls an Visa für seine Funktionäre interessiert sei. Ganz ähnlich hatte sich am Montag der georgische Präsident Saakaschwili in der französischen Zeitung "Libération" geäußert: Am empfindlichsten sei die russische Führung zu treffen, wenn man ihr den Urlaub an der Côte d'Azur oder in den Alpen unmöglich machte oder ihren Kindern die Studienplätze in England oder Frankreich nähme."
Stammt aus diesem FAZ-Artikel
"Das verschenkte Georgien"
Der estnische Präsident Ilves macht aus seiner Enttäuschung über Deutschland keinen Hehl / Von Siegfried Thielbeer
TALLINN, 26. August. Bei aller gemeinsam zur Schau gestellten Empörung über die russische Georgien-Politik dürfte das Gespräch mit dem estnischen Präsidenten Toomas Ilves für Angela Merkel nicht einfach gewesen sein. Schließlich hatte maßgeblich die Bundeskanzlerin auf dem Bukarester Nato-Gipfel im April verhindert, dass Georgien und die Ukraine in das Beitrittsvorbereitungsprogramm (Membership Action Plan) der Nato aufgenommen wurden. Das habe in Moskau den Eindruck erweckt, "Georgien gehört in euren Einflussbereich", sagte Ilves dieser Zeitung am Dienstag, bevor er Frau Merkel empfing. Die Nato hatte in einem beispiellosen Beschluss beiden Ländern versprochen, dass sie "eines Tages" dem Bündnis beitreten könnten. "Unbegreiflich" sei ihm das noch heute, sagt Präsident Ilves. Schließlich hätte auch die Aufnahme in den "Membership Action Plan" keine Frist für eine Aufnahme der Länder vorgegeben, argumentiert er.
Ilves hält nichts mehr von kleinlichen Beschlüssen. Der Westen stehe vor einer enormen Herausforderung, denn die Grundannahme der internationalen Beziehungen der vergangenen zwei Jahrzehnte sei hinfällig. Es sei eben keineswegs anzunehmen, dass Russland vor einem Einmarsch in ein anderes Land wie 1968 in die Tschechoslowakei zurückschrecken werde. Die Nato müsse sich daher auf ihre Kernaufgabe besinnen, den territorialen Schutz seiner Mitgliedstaaten. Alle Aufmerksamkeit müsse vorerst darauf gerichtet werden, den Artikel 5 des Nato-Vertrages zu konkretisieren, also die Pflicht zum militärischen Beistand. Eventualplanungen für Polen gebe es im Bündnis bereits, führte Ilves aus. Nun müsse es auch Planungen für die Verteidigung der baltischen Staaten geben. Können diese Länder denn überhaupt verteidigt werden? Ilves kontert: "Konnte Berlin verteidigt werden?" Jetzt stünden die baltischen Staaten an der "Frontlinie" und brauchten die Solidarität des Westens.
Allerdings sehe er die baltischen Staaten seit dem Georgien-Krieg nicht stärker bedroht als zuvor. Schließlich seien sie Nato-Mitglieder - und Europa werde den Vorgängen in unmittelbarer Nachbarschaft mehr Aufmerksamkeit schenken als dem vermeintlich "fernen Georgien". Nicht das Baltikum, ganz Europa sollte sich jetzt weniger sicher fühlen, mahnt Ilves. Alle Europäer müssten sich jetzt fragen, ob es überhaupt eine Partnerschaft mit einem System geben könne, das Europas Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Pressefreiheit nicht teile. Vielleicht, argwöhnt Ilves, müsse man allmählich begreifen, dass Putins Russland keine Partnerschaft anstrebe, sondern allenfalls an Visa für seine Funktionäre interessiert sei. Ganz ähnlich hatte sich am Montag der georgische Präsident Saakaschwili in der französischen Zeitung "Libération" geäußert: Am empfindlichsten sei die russische Führung zu treffen, wenn man ihr den Urlaub an der Côte d'Azur oder in den Alpen unmöglich machte oder ihren Kindern die Studienplätze in England oder Frankreich nähme.
Estland war in den vergangenen Jahren ein verlässlicher Verbündeter Georgiens, wenn es darum ging, das Kaukasusland in seinem Ringen mit Moskau zu unterstützen. Die russische Begründung für seine Militärintervention - der Schutz der russischen Minderheiten, ja "der Schutz der Ehre aller ehemaligen Sowjetbürger" - wird in Estland weithin als schier allumfassendes Argument für ein Eingreifen auch in den baltischen Staaten oder "wahrscheinlich demnächst in der Ukraine" interpretiert. Die als überaus schwach empfundene Reaktion des Westens verstärkt die allgemeine Unsicherheit.
Dabei ist in Tallinn besonders das Ansehen Deutschlands gesunken, das man als Kernland der EU besonders in die Pflicht nimmt. Die Frage, was die Integration in EU und Nato für Estland eigentlich wert sei, wird immer öfter gestellt.
Wie in Lettland ist in Estland die Stimmung in der Bevölkerung uneinheitlich: Gerade unter Älteren werden Erinnerungen an die sowjetische Okkupation wach, an Exekutionen und Deportationen in den Jahren nach 1940 und 1944. Die russische Minderheit wiederum, die ihre Informationen vor allem von den Moskauer Fernsehsendern bezieht, denkt anders als das Gros der restlichen Bevölkerung. Unter den Einwohnern mit russischer Muttersprache, die im Zuge der sowjetischen Herrschaft in die baltischen Staaten verpflanzt wurden und sich seit der Wiedergewinnung der staatlichen Unabhängigkeit oft durch Einbürgerungs- und Sprachtestvorschriften schikaniert fühlen, ist Verständnis für das Vorgehen Moskaus verbreitet.
Präsident Ilves ist überzeugt, dass Moskau seine Invasionsvorbereitungen schon im April begonnen habe. Wer wisse, wie viele Monate Vorbereitung etwa die schnellen Eingreifverbände von Nato oder gar EU brauchten, um entsandt werden zu können, der begreife, dass Moskau nicht Tausende von Soldaten und Panzerwagen binnen Stunden nach Südossetien in Marsch setzen könne.
In Sicherheitskreisen Estlands gilt es als sicher, dass Saakaschwili in eine von Moskau geduldig aufgebaute Falle gelaufen sei. Südossetien werde von ehemaligen KGB-Clans kontrolliert, Moskau sei jederzeit in der Lage gewesen, den Frieden dort zu garantieren. Wie könne es sein, dass das Marionettenregime von Moskaus Gnaden nur über 45 000 Einwohner gebiete, aber eine Streitmacht von 5000 Mann habe? Putin habe Georgien provoziert, um es zu beherrschen. Er sei überzeugt gewesen, dass vom Westen nur leere Proteste zu erwarten seien. Auch Kadri Liik, die Direktorin des estnischen Instituts für Verteidigungsstudien mit langer Moskau-Erfahrung, erinnert an den Nato-Gipfel und das "falsche Signal" aus Bukarest. Die EU-Staaten seien vor einer Konfrontation mit Moskau zurückgewichen. Jede Kompromissformel werde in Moskau aber als Zeichen der Schwäche gedeutet. Auch Außenminister Paet äußerte die Hoffnung, dass sich Berlin nun nicht mehr dagegen sperren werde, Georgien und die Ukraine ins Nato-Beitrittsvorbereitungsprogramm aufzunehmen. Offiziell steht die Frage im Dezember wieder an.
Der Westen könne viel mehr tun als bisher, heißt es in Tallinn. Das Mindeste sei eine klare Verurteilung der russischen Aggression. Des Weiteren solle die EU sich zu einer gemeinsamen Energiepolitik durchringen, um sich aus russischer Abhängigkeit zu befreien. Dann könnten die westlichen Bankkonten russischer Staatsunternehmen, die von Putins "KGB-Clans" kontrolliert würden, einer genauen Prüfung unterzogen werden. Empfindlich würde es diese kriminellen Gruppen auch treffen, wenn sie keine Visa zu Aufenthalten im Westen erhielten, schließlich wollten diese dort ihre geschäftlichen Erfolge genießen. Jeder Immobilien-Investor in Abchasien - und das seien alles ehemalige KGB-Leute - könne auch im Westen zur Rechenschaft gezogen werden, denn er habe, ohne Zustimmung der georgischen Regierung, illegal gehandelt. Putins Handlanger in Südossetien hätten sich mit der Vertreibung der letzten dort verbliebenen Georgier der "ethnischen Säuberung" schuldig gemacht. Nach dem Vorbild Jugoslawiens könne dies zur Strafandrohung im Westen führen.
Mit bitterer Genugtuung ist in Tallinn notiert worden, dass sich jetzt selbst der französische Präsident von der Moskauer Führung hintergangen fühle. "Die lügen in Moskau schon am nächsten Tag über den Inhalt eines gerade unterzeichneten Abkommens." Vielleicht verstehe man jetzt im Westen besser die Erfahrungen, die die baltischen Staaten schon seit Jahren im Umgang mit Moskau machen müssten. Noch im von Sarkozy ausgehandelten Waffenstillstandsabkommen sei vom Rückzug auf die Ausgangsstellungen vom 6. August die Rede gewesen. Jetzt rede schon niemand mehr über die an jenem Tag noch bestehenden georgisch besiedelten Gebiete in Südossetien. Außenminister Paet erhofft sich von dem kommenden EU-Gipfel den Beginn einer generellen Überprüfung des Verhältnisses zu Moskau. Moskau müsse den Druck spüren.
Präsident Ilves sagt, er könne nicht optimistisch sein. Die Welt des 21. Jahrhunderts mit den Europa-Ideen des 20. Jahrhunderts stehe vor der nationalideologisch motivierten Politik Russlands, die aus dem imperialen Denken des 19. Jahrhunderts stamme.
Text: F.A.Z., 27.08.2008, Nr. 200 / Seite 3
Quelle: www.faz.net
Georgien wollte vor Einfall in Südossetien 300 Panzer von Israel
12:26 04/09/2008
§
MOSKAU, 04. September (RIA Novosti). Israel hat alle Waffenlieferungen nach Georgien eine Woche vor Ausbruch des Südossetien-Krieges gestoppt. (Georgische Waffen im Kodori-Tal - Fotos)
Dies gab die israelische Botschafterin in Russland, Anna Asari, am Donnerstag bekannt.
„Eine Woche vor Beginn des Konfliktes wurde beschlossen, alle Waffenlieferungen an Georgien einzustellen", teilte Asari mit. "Als Beispiel kann ich Ihnen sagen, dass Georgien ein paar Monate vor dem Konflikt auf den Verkauf von 300 Kampfpanzern Merkava drängte. Wir haben dies jedoch nicht bewilligt“, sagte Asari in ihrem Vortrag an der Internationalen Universität in Moskau.
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Quelle: http://de.rian.ru/world/20080904/116543357.html
Audio, daher Lautsprecher an
http://doku.argudiss.de/stream.php?id=139
Ihre Leichen wurden im Kofferraum eines Autos in einem Vorort von Grosny gefunden: In Tschetschenien ist schon wieder eine Aktivistin ermordet worden - es ist der zweite Fall binnen eines Monats. Die Gruppe des Opfers setzte sich für notleidende Kinder und Jugendliche ein.
Grosny/Moskau - Die russischen Behörden haben die Ermordung zweier Menschenrechtsaktivisten im Nordkaukasus bestätigt - die Bürgerrechtlerin Sarema Sadulajewa und ihr Ehemann seien tot aufgefunden worden. Die Leichen seien im Kofferraum eines Autos in einem Vorort der tschetschenischen Hauptstadt Grosny gefunden worden. Das teilte ein Polizeisprecher in Grosny am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax mit. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen zweifachen Mordes ein. Die Opfer seien erschossen worden.
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URL:
* http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,641647,00.html