Die Verlogenheit der Linkspartei
Rundfunk Berlin Brandenburg
Beitrag vom 23.03.2006
Kuba-Krise in der Linkspartei – wie viel Kritik verträgt der Sozialismus unter Palmen?
Kuba – das sozialistische Bruderland der DDR galt auch vielen Linken im Westen als politisches Paradies. Dass unter Fidel Castro Menschrechte verletzt werden und dass die Meinungsfreiheit wenig gilt, das störte weder die Linken im Westen noch die SED im Osten. Heute sind Post-Kommunisten und West-Linke vereint – in der Linkspartei. Und die hält Fidel Castro immer noch die Treue. Es lebe der „Sozialismus unter Palmen“, allen Bedenken zum Trotz. Ulrich Kraetzer über den tiefen Graben zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der neuen Linkspartei.
In Europa ist man sich einig: Das amerikanische Gefangenenlager Guantanamo verletzt das Völkerrecht und muss weg! Vor allem die Linke ist da ganz kompromisslos auf der Seite der Menschenrechte – was diesen Teil der Insel angeht. Denn auf derselben Insel - auf Kuba - sind Gefängnisse, in denen politische Gefangene seit Jahren festgehalten werden: im Namen des Sozialismus. Fidel Castro, Herrscher über das letzte sozialistische Paradies, macht Post-Kommunisten und West-Linke immer noch nostalgisch und blind – auf dem einen Auge. Das bekam unser Autor Ulrich Kraetzer in Berlin zu sehen und zu hören.
Sie fordern Freiheit für ihre gefangenen Landsleute. Exil-Kubaner demonstrieren vor ihrer Botschaft in Berlin.
Demonstrant
„Das ist Dr. Elias Biscet. Der Mann hat keine Bombe gelegt, er hat keine Kaserne angegriffen, er hat nur seine Meinung gesagt, und deswegen hat er 25 Jahre Gefängnis bekommen.“
Keine hundert Meter von den Kubanern entfernt – die Gegendemonstranten. Sie fordern Solidarität mit Fidel Castro. Mit dabei: Mitglieder der Linkspartei.PDS. Sie unterstützen das einstige sozialistische Bruderland der DDR. Von Menschenrechtsverletzungen will niemand was wissen.
Gegendemonstrant
„Natürlich, wer sich dagegen stellt gegen die jetzige, oder gegen den Sozialismus, der wird natürlich irgendwann auch mal mit Gefängnis rechnen müssen.“
KONTRASTE
„Und das ist auch in Ordnung?“
Gegendemonstrant
„Für mich ja.“
KONTRASTE
„Also, wer gegen den Sozialismus ist, der kann auch ins Gefängnis kommen, finden Sie?“
Gegendemonstrant
„Ja, natürlich, na klar, so ist es drin.“
Kuba. Was für ein schönes Land! Ein Paradies für Urlauber und – klar – auch viele Kubaner leben gerne hier.
Für Deutschlands Linke war Kuba immer das sozialistische Traumland. Was sie weniger interessiert: In Kuba gibt es weder Meinungs- noch Pressefreiheit. Dafür: die Todesstrafe und politische Gefangene.
Zum Beispiel diese 70 Oppositionellen. Aktivisten des so genannten Varela-Projektes. Ihr Verbrechen: Sie hatten im Jahr 2001 Unterschriften für mehr Meinungsfreiheit gesammelt. 11.000 Unterschriften. Wenig später wurden sie verhaftet.
Ihre Angehörigen gehen seitdem auf die Straße und fordern die Freilassung ihrer Ehemänner, ihrer Väter oder ihrer Söhne. Die Europäische Union hat die „Damen in Weiß“ dafür mit dem Sacharow-Preis für Menschenrechte geehrt. Doch sie konnten den Preis nie in Brüssel in Empfang nehmen. Fidel Castro verweigerte die Ausreise.
Anfang Februar forderte das Europäische Parlament die kubanische Regierung deswegen auf, die Ausreise zu genehmigen und die Menschenrechte zu achten.
Die meisten Parlamentarier stimmten der Resolution zu. Auch drei Abgeordnete der Linkspartei.PDS. André Brie war einer von ihnen.
André Brie (Linkspartei.PDS), Europa-Abgeordneter
„Für mich ist es selbstverständlich, dass in Menschenrechtsfragen die Partei kompromisslos sein muss. Das schließt die Solidarität mit Kuba ein, aber Solidarität kann nicht bedeuten, dass Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen werden.“
In der Linkspartei.PDS gibt es seit der Abstimmung wütende Proteste. Dem sozialistischen Bruderland fällt man schließlich nicht in den Rücken. In einem offenen Brief verurteilen rund 1.200 Genossen die „Kuba-feindliche“ Resolution des EU-Parlaments als „scheinheiliges Gezeter“.
Der Parteivorstand sprang nicht etwa denjenigen bei, die sich für Menschenrechte auf Kuba einsetzten, sondern kritisierte sie öffentlich: Lothar Bisky und Co in einem Beschluss des Parteivorstands:
Zitat:
„Die Zustimmung zur Resolution entspricht nicht der Position der Linkspartei.PDS.“
Die „Damen in Weiß“ zeigen Fotos von ihren inhaftierten Angehörigen. Sie können den PDS-Politikern aus dem fernen Berlin nicht sagen, was sie von dem Partei-Beschluss halten. Wie auch, sie dürfen ja nicht ausreisen.
KONTRASTE
„Wie würden Sie diesen ‚Damen in Weiß’ erklären wollen, dass die PDS.Linkspartei der Resolution so nicht zustimmen möchte?“
Lothar Bisky (Linkspartei.PDS)
„Ja, wie soll ich. Die ‚Damen in Weiß’ kenne ich im Einzelnen nicht, ich weiß im Einzelnen nicht den ganzen Hintergrund, also folglich halte ich mich zurück, weil ich mich nicht zu allem äußern kann, was ich nicht so genau kenne.“
Der Vorsitzende scheint auch das eigene Parteiprogramm nicht zu kennen.
Darin heißt es unmissverständlich:
Zitat:
„Es gibt keinen noch so ehrenwerten Zweck, der die Verletzung grundlegender Menschenrechte und universeller demokratischer Grundsätze rechtfertigen könnte.“
Ferdinand Muggenthaler, Amnesty International
„Das ist das Problem der Linkspartei, wie sie da mit sich in Reine kommt, aber ich denke, es steht jeder Partei gut an, konsequent zu sein und eben nicht nur die Menschenrechtsverletzungen auf Guantanamo zu kritisieren, sondern auch in Staaten, die einem sonst sympathischer sind.“
Doch auch im Bundestag misst die Linkspartei.PDS mit zweierlei Maß. Vor einer Woche: Ein Kuba-kritischer Antrag der Grünen. Die Sozialisten lehnen ihn ab. Die Kuba-Anhänger verhindern selbst einen abgeschwächten Text der eigenen Fraktion.
KONTRASTE
„Würden Sie sagen, dass es auf Kuba Menschenrechtsverletzungen gibt?“
Ulla Jelpke (Linkspartei.PDS), Bundestagsabgeordnete
„Ich würde sagen, dass es auf Kuba vor allem Menschenrechte gibt, die eingehalten werden. Und da geht’s zum Beispiel um das Gesundheitssystem, um das Bildungssystem.“
KONTRASTE
„Auf der anderen Seite werden doch auch Menschenrechte verletzt. Es gibt ja dort keine Meinungsfreiheit, keine Pressefreiheit und es gibt politische Gefangene.“
Ulla Jelpke (Linkspartei.PDS), Bundestagsabgeordnete
„Ja, aber ich finde das jetzt eine klein karierte Diskussion.“
Eine klein karierte Diskussion also – es geht ja nur um politische Gefangene.
Wenn Linke zu sehr lieben, werden selbst Menschenrechtsverletzungen schon mal rosarot gefärbt. Das ist nichts, worauf die Linkspartei stolz sein sollte!
Beitrag von Ulrich Kraetzer
http://www.rbb-online.de/_/kontraste/beitrag_jsp/...trag_4009238.html
Moderation
Zeitpunkt: 23.01.07 12:48
Aktion: -
Kommentar: Regelverstoß - Bitte in Zukunft die Quellenangabe nicht vergessen!
Zeitpunkt: 23.01.07 12:48
Aktion: -
Kommentar: Regelverstoß - Bitte in Zukunft die Quellenangabe nicht vergessen!
Natürlich gehören weder Castro noch Honecker in die "illustren" Reihen der Massenmörder - gleichwohl werden beide eine Menge Rechtfertigungen gefunden haben für Stalins Handeln ("solidarische Kritik" nannte man sowas wohl) - und heftige Kritik (selbstredend unsolidarische) für das Eingreifen der USA etwa in Vietnam.
Aber natürlich gehört auch kein einziger amerikanischer Präsident in diese Reihe - trotz Vietnam oder Chile oder Irak.
Es gibt nunmal lokale Diktaturen mit lokalen Unterschieden, die auch in ihrem Wirken sehr unterschiedlich sind. Kuba ist absolut nicht mit Nord-Korea vergleichbar. Da hilft schon, wenn man differenziert.
Und es gibt formale Demokratien, die von Diktaturen oft nur schwer zu unterscheiden sind. (Und dazu gehören die USA ausdrücklich für mich nicht!)
Kompliziert gestaltet sich die Sache durch überregionale Konflikte.
Beispiel Kalter Krieg: Der Kalte Krieg war an vielen Enden der Welt ein heißer. Und Diktaturen wurden gemäß der "kalten" Fronten in gut und böse aufgeteilt, ebenso wie auch Demokratien - wie etwa seinerzeit Vietnam oder Kambodscha (Diktaturen) oder Chile (Demokratie) durch die USA (und üblerweise durch eine brutale Diktatur ersetzt). Das ganze ist aber letztlich nur vor dem Hintergrund der 2-Blöcke-Welt begreifbar - und keinesfalls nach dem billigen "Gut"-und-"böse"-Schema interpretierbar. Beide Seiten haben ihre strategischen Interessen mit aller Rigidität und oft unter Opferung der Interessen der Menschen in der jeweiligen Region durchgesetzt. Und dabei hat auch der Westen eins ums andre Mal seine eigenen Werte mit Füßen getreten. Auch der kalte Krieg war letztlich eben kein Frieden. Ein Krieg ist ein Krieg ist ein Krieg - die Humanität bleibt dabei immer auf der Strecke.
Und trotzdem sind die Unterschiede markant: Im Westen sahen sich die Regierungen im Falle von Vietnam z.B. innerer, demokratischer Kritik und Proteste ausgesetzt, die letztlich dazu geführt hat, dass die USA klein beigeben mussten - im Osten wurde der Protest gegen die Regime - wie in Prag 68 - einfach und ohne Rücksicht auf Verluste niedergepanzert. Und sowas verlieh dem Westen dann eben - insgesamt und nicht auf einzelne Regierungen bezogen - moralische Rechtfertigung und innere Stärke.
Das Handeln der US-Regierung heute im Irak ist kritisierbar und kritikwürdig (wie schon seinerzeit etwa im Falle Chiles und- und - und.). Es ist von einer Ideologie getragen, die Konflikte verursacht oder verschärft - und was die eigentlichen "hehren" Ziele angeht, absolut kontraproduktiv.
Aber es macht überhaupt keinen Sinn, deswegen immer wieder einen Topf anzurühren, in den man alles reinschmeißt, ein bisschen umrührt - und am Ende gibt es den "Wahrheitsbrei", in dem angeblich alle die gleichen Verbrecher seien.
Nur weil man die USA-Regierung kritisiert, ist man noch nicht auf der Seite der "Guten". Schon gar nicht, wenn man glaubt, jeder Feind der USA sei schon quasi ein Anwärter auf das Gute (oder wenigstens das bessere).
Gruß BarCode
die verflechtung von rüstungsindustrie und diesen "volksvertretern" ist wohl nur für absolute dumpfbacken übersehbar.
einfach mal "war sells" ansehen.
aber sowas brauchen verblendete spinner ja nicht zu sehen.
macht doch mal einen thread zur verlogenheit der reps in usa auf.
Er nennt sich selbst Nahostexperte, es ist nach Lage der Dinge, der einzige den wir haben. Mit Ausnahme natürlich von den Arivaweisen.
Der Peter Scholl Latour ist doof, der hat keine Ahnung, der will nur aufwiegeln: Im gleichen Atemzug fällt mir unsere First Lady ein, die bis zur Hüfte in dem Arsch von dem Möchtegernhitler steckte und dem grossen Mann aus Amerika sagte, das deutsche Volk hat keine Ahnung, ich stehe an Ihrer Seite oder zumindest stecke ich in Ihrem Hintern, Mister Präsident!!
und gedacht:
von allem gelaber, was man aus dem allgemeinen medienrauschen vernehmen konnte, klang es für mich am plausibelsten.
und diese infos habe ich verarbeitet und versucht, mir ein möglichst realistisches bild des krieges zu machen.
daß ich dafür von einigen hier als klugscheißer oder rote socke abgetan werde, damit kann ich leben und zwar hervorragend...
Es geht hier um die Verlogenheit unserer Linken.
Wir haben eigene Probleme. Z.B. die "Verflechtung" zwischen dem Finanzamt und den Banken. Je linker die Regierung der letzten Jahre wurden, um so gläserner wurden euere Konten. Vordergründig geht es darum Böse Buben zu fangen, letztendlich soll aber jedes Konto unter die Kontrolle des Staates gehen.
MfG/Johannah
Ist wie immer, lasset uns versammeln und jammern:-)) Heul doch!!
irgendwie driftet diese diskussion wieder in eine "die usa sind ja auch mies"-ecke.
das ist allerdings bedenklich, denn im gegensatz zu der schon im grundsatz des
sozialismus begründeten unmenschlichkeit ("diktatur (!) des proletariats", "eigentum ist diebstahl", "die partei hat immer recht", "das interesse der masse steht vor dem interesse des einzelnen") sind die zugegebenermassen bestehenden verirrungen der amerikaner nicht zwingend systemimmanent.
ich halte es da mit george clooney, der kürzlich in berlin etwas interessantes sagte:
(sinngemäss) "irgendwie scheint mein heimatland alle 30 jahre durchzudrehen. allerdings hat es auch die kraft, diese auswüchse immer wieder aus eigener kraft zu überwinden - und dafür liebe ich dieses land"
wäre er ein kubanischer sportler, der im ausland so etwas vom stapel gelassen hätte, wäre ihm der knast zuhause sicher!
gruss bb