Der DORIS ihrem MANN sein FINANZMINISTER


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Neuester Beitrag: 30.10.04 07:59
Eröffnet am:05.12.02 09:49von: anarch.Anzahl Beiträge:148
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2728 Postings, 8110 Tage anarch.Der DORIS ihrem MANN sein FINANZMINISTER

 
  
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05.12.02 09:49

Ökonomen werfen Eichel Täuschung vor
Von Jens Tartler, Berlin

In der Debatte über einen angeblichen Wahlbetrug durch die Bundesregierung haben führende Wirtschaftsforschungsinstitute Vorwürfe gegen Finanzminister Hans Eichel erhoben. Er habe Informationen über die Finanzlage im Wahlkampf bewusst zurückgehalten.

Das sagte Heinz Gebhardt, Finanzexperte am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. Genau diesen Verdacht hat auch die Opposition im Bundestag. Deshalb wird die Union die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema "Wahlbetrug" der Bundesregierung durchsetzen. Einer der Zeugen soll Eichel sein.

Gebhardt hatte bereits am 24. Mai in der "Tagesschau" gesagt, dass nach seiner Einschätzung ein Sparpaket von 10 Mrd. Euro pro Jahr notwendig werde. Im selben Beitrag hatte der Mainzer Professor Rolf Peffekoven, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats in Eichels Ministerium, vorhergesagt: "Wir brauchen also ein Konsolidierungsprogramm, das wird offenbar jetzt vor der Wahl noch nicht publiziert, was ja vielleicht auch verständlich ist. Aber egal wie die Regierung nach dem September aussehen wird, sie wird als erste Handlung ein solches Konsolidierungsprogramm vorlegen müssen."



Wortwahl "unterste Schublade"


Eichel tat die Warnungen am selben Tag ab: "Das gehört zu den vielen Latrinenparolen, die in diesen Tagen durch die Landschaft geistern. Es geht nicht um zusätzliche Sparpakete, aber es geht um große Anstrengungen, die wir im Haushalt machen."


RWI-Forscher Gebhardt erinnert sich: "Eichels Aussage hat uns Ökonomen erschüttert - nicht nur, weil die Wortwahl unterste Schublade ist." Gebhardt findet es nicht nur "befremdlich", dass Eichel nach der Bundestagswahl ganz anders gehandelt hat, als er im Mai sagte. Allein der Bund habe später 13,5 Mrd. Euro zusätzliche Schulden gemacht. Er, Gebhardt, habe die 10 Mrd. Euro auf den Gesamtstaat bezogen.


Er vermutet auch, dass den führenden Ökonomen Informationen vorenthalten wurden. Als die Vertreter der führenden Forschungsinstitute in der zweiten Aprilwoche in Kiel an ihrem Frühjahrsgutachten arbeiteten, versuchten sie, vom Finanzministerium die Steuerzahlen für März zu bekommen. Dies ist nach Gebhardts Aussage trotz zahlreicher Anrufe nicht wirklich gelungen.


Auch Alfred Boss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft erinnert sich: "Wir haben die Zahlen gar nicht oder nur in Bruchstücken gekriegt." Nach Aussage von Christina van Deuverden, Finanzexpertin am Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, gab es "nur die Wachstumsraten von ein paar Gemeinschaftssteuern". Absolute Zahlen blieben aus. Gebhardt, Boss und van Deuverden sagen übereinstimmend, das sei ein absolutes Novum.



Amtliche Statistik korrigiert


Auch auf das Statistische Bundesamt ist Gebhardt nicht gut zu sprechen. Im September, kurz vor der Bundestagswahl, habe die Behörde für das erste Halbjahr 2002 ein Defizit von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts an die Forscher gemeldet, die ihr Herbstgutachten schrieben. Einige Wochen nach der Wahl wurde die Quote auf 3,7 Prozent korrigiert. Der Überschuss der Sozialversicherungen wurde von 4,6 Mrd. Euro auf 2,2 Mrd. Euro heruntergesetzt. Gebhardt: "Schon bei der ersten Veröffentlichung kannte jeder ganz andere Zahlen." Auch der Kieler Forscher Boss sagt: "Das warf einige Fragen auf."


Gebhardt kritisiert, dass Eichel die Verantwortung für seine Haushaltsprobleme den Forschungsinstituten zuschieben wolle. "Dass die Regierung immer anderen die Schuld geben will, irritiert uns schon."

 

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Nun doch nicht 2006 ...

 
  
    #2
07.12.02 10:10
Eichel schließt Defizit 2006 nicht mehr aus

Deutschland wird seine Finanzzusagen an die EU möglicherweise nicht einhalten können. Eichel schließt laut einem Pressebericht ein Defizit 2006 nicht aus.


Finanzminister Hans Eichel kann nicht garantieren, dass der Bundeshaushalt 2006 ausgeglichen sein wird. Das berichtet der «Spiegel». Damit würden die Zusagen an die EU-Kommission nicht eingehalten. Das Magazin beruft sich auf das neue Stabilitätsprogramm. Es soll demnach am 18. Dezember im Kabinett beschlossen werden. Danach soll das Programm an EU-Währungskommissar Pedro Solbes übermittelt werden.

Eichels Berater erwarteten im ungünstigsten Fall, dass das Minus von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen im Jahr 2006 ein halbes Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrage, so der «Spiegel».

Die Experten gingen dabei von günstigen Wachstumsannahmen aus. Demnach würde das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr eineinhalb Prozent und in den folgenden Jahren jeweils zwei Prozent steigen.

Nach den bisherigen Prognosen des Finanzministeriums legt die Wirtschaft zwischen 2004 und 2006 jährlich um 2,25 Prozent zu (unter Rot-Grün?). Das Staatsdefizit gehe dabei von 3,75 Prozent in diesem und über 2,75 Prozent im nächsten Jahr bis auf ein Prozent im Jahr 2005 zurück (*harharhar*).

Der Haushalt kann laut Eichel nur dann ausgeglichen werden, wenn Sparmaßnahmen oder Mehreinnahmen in nahezu jedem Jahr dieses Zeitraums 20 Milliarden Euro in die Kassen bringen (*zauber zauber*).(nz)
 

9161 Postings, 9164 Tage hjw2nebst deutscher eliten

 
  
    #3
07.12.02 10:51
so es sie denn gibt.

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50/2002


Gesellschaft

Das Elend der Eliten

Alle jammern über die Politik. Aber was tragen eigentlich Wissenschaft, Gewerkschaften, Industrie und Medien zur Modernisierung der Gesellschaft bei?

Von Gunter Hofmann

In der Poststelle des Kanzleramts stapeln sich „letzte Hemden“. Der Gag einer PR-Agentur im Internet wirkt. Legal gewählt mag Rot-Grün sein, aber, nicht wahr, der „Volkszorn“ ist noch legitimer.

Woher die neue Maßlosigkeit? Zwar ist die Bundesrepublik nicht die DDR, nicht einmal die „DDR light“, und Hans Eichel ist nicht Günter Mittag. Darüber wenigstens, dachte man, bestehe Konsens – bis zum Ausbruch des großen Gejammers über „die“ Politiker und „die“ Parteien, die allesamt schnöde versagen, über den „Dämmerschlaf der Restauration“ und die „Häme“, mit der die wunderbaren „Propheten des Neuen“ übergossen werden. Berlin ist Weimar, und die Bundesrepublik liegt am Meeresgrund, als wär’s die Prestige vor Galizien, nur schwarzes Öl blubbert noch träge nach oben. Zuerst geht also das Abendland unter und dann kommen auch noch die Türken.



Inzwischen nimmt das Züge eines Kulturkampfes an. These eins der Ankläger lautet: Das „dumme Volk“ versagt. Ein neues kann man sich leider nicht wählen. Wer nicht hören will, muss fühlen.

Man kann mit guten Argumenten dagegenhalten, dass die Gesellschaft liberaler und veränderungsbereiter ist als gern behauptet. Keine Rede davon, dass in der Republik ständig der Status quo betoniert wird. Haben sich die jungen Leute, die Studenten nicht längst auf die radikal veränderten Arbeitsbeziehungen eingestellt? Und die Betriebsräte, alles noch alte Klassenkämpfer? Woher denn! Wenn hierzulande auf etwas einigermaßen Verlass ist, dann sind es, halten zu Ehren!, „die Leute“ und nicht die Volksankläger mit ihren Bocksgesängen.

These zwei: „Die“ Politik und „die“ Parteien versagen. Wahlweise auch: „der Kanzler“. Alle kennen die Wahrheit, nur haben sie nicht den Mut, sie auszusprechen. Oder: Nur Schröder traut sich nicht.

So reichliches Material zur Kritik die Koalition auch täglich neu liefert, so häufig ist die Kritik auch wohlfeil, oft ist es bloß Projektion. Im Zeitalter der Globalisierung und der zivilen, liberalen Gesellschaft zählt Politik weniger, und zwar dauerhaft. Selbst wenn die legendäre Herrschaft der Verbände zurückgestutzt wird, die Mitsprachewünsche aller stehen jedem Wunsch nach einer starken „Führung“ im Kommandostil entgegen. Zum Glück übrigens. Politik ist nötig, sogar „der Staat“ wird gebraucht.

Der immergleiche deutsche Modus

These drei schließlich: Versagt hat das „System Bundesrepublik“ ganz generell. Überall funktioniert es besser mit dem Gesundheitssystem, der Alterssicherung, dem Arbeitsmarkt, der Bildung. Finnland, Korea, Spanien, ihr habt es besser!

Ein einigermaßen zutreffendes Bild der Lage steckt darin nicht. Im Osten war der Wandel ohnehin revolutionär. Aber auch im Westen ist die Gesellschaft schlicht nicht mehr die alte, in welche Segmente man dabei auch schaut. Die „Entstaatlichung“ von Bahn, Post und Luftfahrt, die Frankreich noch bevorsteht, das Ersetzen fester Arbeitsverhältnisse durch Zeit- oder Projektverträge, die Haustarife, im Handumdrehen kommt man auf eine ansehnliche Liste. Und Patienten werden in der Regel auch noch behandelt, was man von Großbritannien nicht sagen kann. Es war die wehklagende FAZ, die von dem Briten berichtete, der in Frankreich verunglückte und ins Krankenhaus kam, aber auf die frohe Botschaft, er werde auf die Insel zurücküberwiesen, einen Todesschrecken bekam: Alles, bloß das nicht! Vor lauter Benchmarking droht dabei ein bisschen unterzugehen, dass die Bundesrepublik noch immer zu den wohlsituierten, ja reichen Ländern zählt.

Vielleicht könnte man sich darauf verständigen, dass es ohnehin nicht ein einziges „Fortschrittsmodell“ gibt, das man allen Gesellschaften anpassen oder verpassen könnte. Die Vergleiche können lehrreich sein, aber über Gründe für die nationalen Arrangements und begehbaren Auswege verraten sie allenfalls etwas Partielles, wie die große vergleichende Untersuchung von Fritz W. Scharpf und Vivien A. Schmidt über Welfare and Work in the Open Economy (2000) zeigt.

Die „Versager“ sind also geortet. Aber wie steht es um die Korporationen, wie um die klagenden „Eliten“? Was tragen denn Wissenschaft, Gewerkschaften, Industrie, was Medien und Intellektuelle zur Politik und zur sinnvollen „Modernisierung“, zum Beenden der „Blockade“ gegenwärtig bei?

Fünfzig Jahre Bundesrepublik waren auch fünfzig Jahre sanfte Revolution. Das ist der deutsche Modus. Hinzu kam allerdings – neben Parteien und Parlament – der spezifische „Korporatismus“, der lange für eine Mixtur aus Stabilität und Veränderungsfähigkeit sorgte. Unter Helmut Schmidt erlebte er seinen Höhepunkt. Rechts die Industrie, links die Gewerkschaften. Bei Gerhard Schröder, dem Kanzler der „Neuen Mitte“, sollte Schmidts Methode in modifizierter Form wiederauferstehen.

Paradebeispiel dafür: Das Bündnis für Arbeit. Skeptiker wie Claus Leggewie stellten schon beim ersten Versuch die Frage, ob da nicht „Böcke zu Gärtnern“ gemacht würden, wenn nur Kapital und Arbeit miteinander verhandeln, während sich die Gesellschaft längst weiterentwickelt habe. Der Politikwissenschaftler 1999: „Wenn einem die Verbände in Deutschland immer noch suspekt sind, dann nicht, weil ihre vermeintliche Herrschaft staatliche Steuerung behindert, sondern weil sie das ‚soziale Kapital‘ dieser Gesellschaft so unvollkommen repräsentieren.“

Gleichwohl: Damals wie heute kann man das Bündnis prinzipiell durchaus verteidigen, wenn die Politik es, ähnlich wie der Sozialwissenschaftler Dirk Baecker, als „korporatives Projekt gegen den Korporatismus“ versteht. In dem Sinne wurde es aber nie wirklich ernst genommen. Eine Neuauflage des „Bündnisses“, müsste heute erst recht in Rechnung stellen, dass wir in der Zivilgesellschaft vollends angelangt sind. Mit dem Korporatismus über den Korporatismus hinaus? An der Elle gemessen, erscheint die Rürup-Kommission, mit Verlaub, verdammt konventionell.

Für Richard von Weizsäcker ist klar, woran es hapert: Die Volkspartei SPD knüpft sich ihre Freunde, die Gewerkschaften, nicht hinreichend vor, und die Volkspartei CDU/CSU hütet sich, ihren „Nahestehern“, der Wirtschaft, Konzessionen abzuverlangen. Nicht einmal der alte Korporatismus, das ist an dem Befund sicher richtig, funktioniert derzeit.

Einer, der beide Seiten – Unternehmen und Politik – von innen kennt, mutmaßt, die Distanz zwischen diesen „Eliten“ sei noch größer geworden. Sie begriffen die Logik des jeweils anderen nicht. Er könne sich wenige Topmanager vorstellen, die es verstünden, wie Politiker auf vielen Ebenen zugleich zu jonglieren, um endlich ans Ziel zu kommen. Konzernen wird das immer fremder, während die zivile Gesellschaft in die Politik noch weiter hineinregiert. Und merke: Sie darf.

Inzwischen schütteln sich Gerhard Schröder und Michael Rogowski wieder die Hände. Aber viel besagt der Burgfrieden zwischen BDI-Präsident und Kanzler noch nicht. Der unverhohlene Druck, mit dem die Wirtschaft – voran der frisch wiedergewählte Rogowski – einen Machtwechsel erzwingen wollte, das würdelose Verfahren, für eine Wahl des Unionskandidaten zu plädieren, während dieser die Großunternehmen, ihre Steuerflucht oder den Kapitalismus an und für sich weiter geißelte, das alles mindert stark das Gewicht im korporativen Tableau. Die Verbandsfürsten haben sich am „Kulturkampf“ beteiligt. Das hat den Weg mit gebahnt für die Kontroverse von heute, für die gewaltigen Worte, die überschießenden Urteile, die Sirenengesänge – und für die einfallslose Blockadepolitik im Bundesrat auch.

Schon deshalb hätte also ein selbstkritischer Rückblick nicht geschadet. Stattdessen verschanzt sich diese „Korporation“, ohne die ja wirklich nichts geht, in einer Wagenburg. Bleibt es so, könnte die Republik sich allmählich in eine alte Schlachtordnung hineinreden, die man längst für überwunden hielt.

Betriebsräte und Management finden sich oft genug im Streitfall auf einer Seite. Blaumann steht nicht mehr gegen weißen Kragen. Allerdings, die Gewerkschaften befinden sich in einem gewaltigen Umbau. Zu wenig neue Mitglieder kommen hinzu, und die alten werden älter. Noch finden die Gewerkschaften keinen Ausweg aus dem Dilemma, sich auf dieser Basis – und meist auch mit alten Strukturen gestraft – auf den europäischen Alltag, auf die neuen Verhältnisse in der Industrie, besonders aber in der Dienstleistungsgesellschaft einzulassen. Wache, gesellschaftspolitisch mitdenkende, starke Gewerkschaften wären im Modernisierungsstreit aber dringend nötig. Stattdessen ruft ver.di-Chef Bsirske, „die Reichen sollen zahlen“, prompt schallt es „Wir können auch im Ausland Chips bauen“ aus dem Infineon-Wald zurück.

Statistik und viel Schein-Empirie

Bei allen Defiziten, die zentrale Blockademacht sind die Gewerkschaften nicht. Sie mögen die „falschen“ Mitglieder haben, wie gerne behauptet wird, weil sie die Arbeitsplatzbesitzer vertreten (ob sie auch die Zeit- und Leiharbeiter der Hartz-Epoche repräsentieren, davon handelt gerade der Streit um deren unterdurchschnittlich bezahlte, gleichwohl „tarifliche“ Absicherung). Aber in irgendeinem übergeordneten Interesse handeln die Gewerkschaften nicht, so wenig, wie es die einzig vernünftige Definition von „Gemeinwohl“ gibt. Wie die Wirtschaftsverbände verfolgen sie Mitgliederinteressen, was lästig ist – und legitim.

Sichtbar wird jetzt bloß: Die wohlhabende Gesellschaft ist an Grenzen gestoßen. Und damit treten Interessengegensätze stärker hervor. Das ist keine Katastrophe, es ist schwierig, aber normal ist es auch.

Enttäuschung: Ob man nun Jürgen Kocka, dem Präsidenten des Wissenschaftszentrums Berlin, oder Soziologen wie Wilhelm Heitmeyer und Ulrich Beck zuhört, auf dieses Fazit läuft am Ende ihr Urteil über die vergangenen vier Jahre sowie den Neuanfang der rot-grünen Koalition hinaus. Für solche Enttäuschung gibt es Gründe. Nach dem Machtwechsel 1998 sah es zeitweise nach größerer Nähe zwischen Wissenschaft und Politik aus, aber viel wurde nicht daraus. Was ist denn von der Idee geblieben, ein Netzwerk von unabhängigen Wissenschaftlern und Beratern aufzubauen, um im Dialog mit ihnen regelmäßig über Herausforderungen und Optionen des modernen Regierens zu diskutieren? Schröder selbst hatte das ausdrücklich unterstützt. Ein Professor der Berliner Humboldt-Universität entwickelte ein Konzept – bis die Sache im Sande verlief. Politikuntauglich? Daran kann es nicht wirklich liegen, denn der Politik dieser Koalition fehlt doch offenkundig ein belastbares Unterfutter. Sie lebt zu sehr von der Hand in den Mund.

Erlaubt muss es dennoch sein, die Frage umzukehren. Hätten denn die Sozialwissenschaftler und Ökonomen wirklich viel beizutragen zu einer intelligenten, realistischen Modernisierungsdebatte? Ausnahmen gibt es. Sie haben Namen: Fritz W. Scharpf, Wolfgang Streeck, Meinhard Miegel oder auch Jürgen Kocka und sein Wissenschaftszentrum Berlin.

Offensiv haben sich einige Sozialwissenschaftler des Zentrums (WZB) auf die Frage eingelassen, woher die Renaissance der Diskussion über „Gemeinwohl und Gemeinsinn“ komme und wie weit das zusammenhängt mit dem „Unbehagen an der Wirklichkeit der heutigen liberalen Demokratien“, in denen jeder nur noch seinen Egoismen fröne. So akademisch die Schlussfolgerung auch klingt, so richtig ist sie gleichwohl: „Jede weitere Diskussion über das Gemeinwohl muss fraglos von der Prämisse ausgehen, dass in den pluralistischen Demokratien moderner Gesellschaften eine substantielle Bestimmung des Gemeinwohls nicht mehr möglich ist. Damit bleibt nur noch der Ausweg einer prozeduralen Definition.“ Gut gebrüllt. Punkt.

Und doch bestätigen solche Ausnahmen nur die Regel: Auch die Wissenschaftselite, die eine Bringschuld hat, beteiligt sich nicht hinreichend am öffentlichen Disput. Denn es ist ja nicht einfach so, dass es nur einen Modernisierungspfad in Sachen Bildung, Gesundheit, Ökologie, Energie, Nord und Süd oder „öffentliche Aufgaben“ generell gäbe.

Für die Wirtschaftswissenschaften gilt wohl ohnehin, dass sie einen kreativen und schablonenfreien Diskurs kaum noch führen, jedenfalls ist er kaum vernehmbar. Aus Amerika klingt die Debatte merkwürdiger Weise facettenreicher, auch liberaler, herüber. Was für einen Großteil der Wirtschaftswissenschaften gilt, lässt sich von den Sozialwissenschaften ähnlich sagen: Sie verlieren sich in Mathematik, Statistik und Schein-Empirie. Nur ist mit dem gedrechselten Positivismus nicht recht Politik zu machen.

Vielleicht stößt man hier auf die wunde Stelle, an der letztlich alle „Eliten“ und „Korporationen“ leiden. Zu häufig bewegen sie sich selbstreferenziell im eigenen „System“. Spezialisiert, wie sie sind, oft auch hochkompetent, verlieren sie dann den Überblick. Ein bisschen nostalgisch erinnert Jürgen Kocka in dem Sinn an den legendären „Verein für Sozialpolitik“. Bedeutende Köpfe, von Max Weber bis Werner Sombart, wollten dort als Wissenschaftler und Zeitgenossen ihre Verantwortung wahrnehmen. So irreal es auch scheint, in den ausdifferenzierten Disziplinen von heute nach solchen Ansätzen zu suchen, wäre allemal klüger als Barrikadenbau.

Ausgerechnet die „Elite“, die den Überblick wahren sollte, erweist sich als besonders erregt. Ölfleckartig breitet sich ein Jammer-Journalismus aus, der wenig zur Klarheit beiträgt, aber die Kulturkampf-Atmosphäre noch auflädt.

Selbstkritische Rückfragen sollten die Medien nicht nur von Gewerkschaften und Industrie erwarten. Sie sollten sie sich auch selber stellen. Denn in der Erregungsdemokratie schwindet auf dramatische Weise der Raum für mühselige politische Prozesse. Und die Feuilleton-Intellektuellen? All die wortreichen Deutungsmächte? Auch da gibt es Ausnahmen. Aber sprechen wir von der Regel. Sie steigen zur wahrhaft klagenden Klasse ab. Im Wahljahr schrieben oder schwiegen sie sich bereits ins mosernde Abseits. Politik ist, igitt!, so klein, kein großer Wurf, kein Esprit, keine Inspirationen. Und jetzt setzt sich das fort, wenn auch als entrüsteter Aufschrei, weil die da oben gegen die Krise, gegen das Zeitungssterben und den Weltuntergang einfach nichts tun.

Kulturkampf der Verbandsfürsten

Es gibt Wichtigeres? Ja, klar. Aber Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben sich, wie Warnfried Dettling jüngst zum 25. Geburtstag des IWG in Bonn – ein Institut an der Nahtstelle zwischen diesen drei Sparten – diagnostizierte, jeweils ununterscheidbar mit den Medien verkoppelt. So hätten sie sich „in ihrem Kern verändert“. Er spricht gar von einem „politisch-medialen Komplex“, der völlig intransparent sei. Die Stunde der Wahrheit? Unter diesem Titel hat der Soziologe Peter Weingart eine fulminante Untersuchung über das „Verhältnis der Wissenschaft zu Politik, Wirtschaft und Medien“ verfasst (Verlag Velbrück Wissenschaft). Er weist darin nach, wie sehr das mediale System in sämtliche Poren der Wissenschaft eindringt, wie stark sie „politisiert“ wird und wie schwer es fällt, noch Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Die Diagnose ist blendend, aber wie kann die Wissenschaft der Politik in der Lage noch aus der Patsche helfen?

Bleibt das Vertrauen in die Liberalität einer Gesellschaft, die Kritik übt, Konflikte austrägt und sich nicht einbinden lässt in einen neuen deutschen Kulturkampf-Gemeinschaftsmythos. Und nicht zu vergessen – die Erwartung an „die“ Politik. Sie steht nicht gut da. Viel hat sie selbst verschuldet, die Hysterie allerdings nicht. Schon möchte die FAZ dem Spötter Harald Schmidt am liebsten den Mund verschließen, weil die Lage noch nie so ernst war. Hätte sie nicht früher selbst Donald Duck zitiert mit seinem berühmten Ausspruch „Oh Jammer, oh Weh, oh Ach“? Dagobert bezahlt Donald für dieses Lamento. Der Titel der Geschichte heißt übrigens: Der Selbstschuss.

Dass alle zusammenrücken müssen und die Politik zur großen Problemlöserin werden kann, die nur exekutiert, was ein numinoser „Volkswille“ als Modernisierung wünscht – das ist ein zutiefst illiberaler Gedanke. Das gilt auch jetzt, in den Zeiten des Weniger. Aber stärker als gedacht wird Politik die zerfasernden Eliten und Korporationen zusammenbinden müssen. Das ist ihr „generalistischer“ Auftrag. Sie muss klarer werden, das wäre schon viel.





http://www.zeit.de/2002/50/Eliten  

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Die "Rot-Grüne Epoche" endet im März 2003

 
  
    #4
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07.12.02 17:36

mit dem Beginn der Schadensreguliereung für die Jahre 1998 - 2002 nach zwei verlorenen Landtagswahlen. Wenn die eigentlichen Reformen nach dem derzeitigen Notstandsprogramm dem Volk erklärt werden müssen. Dann spätestens dürfte sich kaum noch ein normaldenkender Mensch zur "rot-grünen Epoche" bekennen.

 

231 Postings, 8796 Tage epc1weg mit rot-grün o. T.

 
  
    #5
07.12.02 18:20

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Seit April bestens informiert

 
  
    #6
07.12.02 19:50

Union nennt Kronzeugen für Vorwurf des Wahlbetrugs
Wirtschaftsexperte: Haushaltslage war im April klar
von Martin Lutz

Berlin -  Die Union hat einen Kronzeugen für den von ihr geforderten Untersuchungsausschuss „Wahlbetrug“. Der Wirtschaftswissenschaftler Rolf Peffekoven wirft der Bundesregierung vor, die wahre Haushaltslage vor der Wahl am 22. September verschleiert zu haben. Im April hätten viele Fachleute bereits gewusst, dass die Haushaltsplanung nicht aufgehen könne, sagte das Mitglied im Beirat des Bundesfinanzministeriums.


Der designierte Obmann der Union im Ausschuss, Peter Altmaier, sagte, es spreche viel dafür, Peffekoven vor das Gremium zu laden. „Peffekoven bestätigt die Union. Ich gehe davon aus, dass es in nächster Zeit noch eine Reihe ähnlicher Zeugenaussagen geben wird“, sagte Altmaier der WELT.


Demnach soll der Regierung vor der Wahl bekannt gewesen sein, dass die zu Grunde gelegten Annahmen von Wachstum und Beschäftigung für 2002 nicht mehr eintreffen würden. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) habe im Wahlkampf aber jeden Kritiker „in geradezu übler Form“ beschimpft, so Peffekoven. Er selbst habe schon im Mai einen Nachtragshaushalt gefordert. „Und ich erinnere mich daran, dass Herr Eichel das immer abgelehnt hat und mich sogar dann wegen dieser Bemerkung mit dem Verbreiten von Latrinenparolen beschimpft hat“, sagte Peffekoven. Allerdings hat er Zweifel am Sinn des Ausschusses, weil er nicht wisse, was dieser noch Neues bringe.


Minister Eichel sieht dem Ausschuss gelassen entgegen. Es werde sich schon zeigen, wer „welches Versprechen angesichts welcher Zahlen“ gemacht habe. Belastbare Daten hätten erst mit dem Steuermonat September vorgelegen, sagte gestern ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums der WELT. Peffekoven habe selbst an Prognosen mitgewirkt, in denen es eben noch keine verlässlichen Zahlen gegeben hätte.


Der designierte SPD-Ausschuss-Obmann Dieter Wiefelspütz wirft der Union indes vor, der Untersuchungsauftrag sei bisher „nicht verfassungskonform“. Geheime Verabredungen aus dem „Eigenbereich“ der Bundesregierung dürften nicht Gegenstand des Ausschusses werden. Sollte die Union darauf nicht verzichten, müsste sie die Frage vom Bundesverfassungsgericht klären lassen, was etwa ein Jahr in Anspruch nehmen kann.


Die Union wiederum hält der SPD vor, den Ausschuss verzögern zu wollen. „Weil sie mit aller Gewalt verhindern möchte, dass vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen unangenehme Dinge ans Tageslicht kommen, flüchtet die SPD jetzt in die Verzögerung“, sagt Altmaier. Damit instrumentalisiere Rot-Grün ihre Mehrheit im Bundestag für Wahlkampfzwecke. Wiefelspütz dreht den Spieß um: „Die Union versucht, die verlorene Bundestagswahl doch noch zu gewinnen.“ Der Vorwurf des Verzögerns ziele ins Leere. Er halte es für „aussichtsreich, dass der Bundestag den Ausschuss noch vor Weihnachten“ einsetze. Allerdings räumt er ein, dass dessen praktische Arbeit erst „im Laufe des Februar“ voll aufgenommen werden könne – nach den Landtagswahlen am 2. Februar.


SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt hatte noch am 24. November angekündigt, unmittelbar nach der Installierung des Ausschusses Bundeskanzler Gerhard Schröder und Minister Eichel vor das Gremium zu laden, damit „sie noch im Dezember aussagen können, was wirklich geschah“. Für Altmaier ein Beleg dafür, dass die SPD „eine Kehrtwende um 180 Grad macht“.


Der strittige Untersuchungsauftrag ist bisher nur kurz umrissen. Danach soll überprüft werden, ob Mitglieder der Bundesregierung „Bundestag und Öffentlichkeit“ vor der Wahl „falsch oder unvollständig informiert haben“.


 

17 Postings, 8458 Tage Rudi Ratlossollten lieber mal eigene konzepte erarbeiten

 
  
    #7
07.12.02 20:04

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Immer gut drauf der Sparhans

 
  
    #8
09.12.02 10:09

Eichel kann offenbar Defizit für 2006 nicht ausschließen

Ein Ministeriumssprecher betonte gestern, man halte „am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts 2006 fest“

Berlin -  Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kann auch für 2006 ein leichtes Haushaltsdefizit nicht völlig ausschließen. Wie das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, geht dies aus dem neuen Stabilitätsprogramm hervor, das am 18. Dezember im Kabinett beschlossen und anschließend an EU-Währungskommissar Pedro Solbes geschickt werden soll. Danach rechnen Eichels Finanzexperten im ungünstigsten Fall für 2006 mit einem Haushaltsminus von einem halben Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bund, Länder, Gemeinden einschließlich Sozialversicherungen.

Ein Ministeriumssprecher betonte gestern, man halte „am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts 2006 fest“. Ende November sei dies im Finanzplanungsrat mit den Ländern und Gemeinden vereinbart worden. Die EU verlange aber von den Mitgliedern für die Haushaltsprognosen auch Alternativberechnungen. Und für das gesamtstaatliche Defizit sei dabei auch der „schlimmste Fall“ zu berechnen.

Laut „Spiegel“ werden bei dem Stabilitätsprogramm noch relativ günstige Wachstumsannahmen unterstellt. So werde für das kommende Jahr ein Wachstum von 1,5 Prozent angenommen und für die Folgejahre jeweils zwei Prozent. In dem von Eichel für realistisch gehaltenen Szenario werde für die Jahre 2004 bis 2006 ein jährliches Wachstum von 2,25 Prozent angenommen, das Staatsdefizit sinke von 3,75 Prozent in diesem Jahr auf 2,75 im nächsten, 1,5 Prozent 2004 und ein Prozent im Jahr 2005. Im Jahr darauf sei der Haushalt dann ausgeglichen. Dieses Rechenmodell setze Sparmaßnahmen oder Mehreinnahmen von 20 Milliarden Euro in nahezu jedem Jahr voraus.   dpa

 

2728 Postings, 8110 Tage anarch.SPD an der Grenze der Verfassungsmäßigkeit

 
  
    #9
11.12.02 09:25

Opposition pocht auf rasche Untersuchung des „Wahlbetrugs“

CDU-Obmann Altmaier widerspricht Einschätzungen, wonach die Arbeit des Ausschusses schnell zu Ende gebracht werden könne
von Peter Dausend

Berlin -  Union und FDP haben die SPD davor gewarnt, die Einsetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum so genannten Wahlbetrug weiter zu verzögern. Laut Grundgesetz sei der Bundestag gehalten, den Ausschuss „unverzüglich“ einzusetzen, sagte der Obmann der Unionsfraktion in dem Gremium, Peter Altmaier, der WELT. Mit ihrer Verzögerungstaktik würden die Sozialdemokraten gegen dieses Gebot verstoßen. „Die SPD bewegt sich damit an der Grenze der Verfassungsmäßigkeit“, so Altmaier. Auch FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt kritisierte das Verhalten der Regierungspartei.

Mit der Mehrheit von SPD und Grünen hatte der Bundestag den Ausschuss in der vergangenen Woche vorerst gestoppt und zur verfassungsrechtlichen Prüfung in den Geschäftsordnungsausschuss des Parlaments überwiesen. Dort wurde die Sache dann auf die nächste Sitzungswoche vertagt.

Altmaier sieht in diesem Vorgehen einen „fundamentalen Strategiewechsel der SPD“, deren Minister von dem Ausschuss mehr zu befürchten hätten als die der Grünen. Die Sozialdemokraten hätten zunächst darauf gesetzt, ihre Parteiprominenz um Bundeskanzler Gerhard Schröder, Finanzminister Hans Eichel und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt noch vor Weihnachten vor den Ausschuss zu laden, um somit der heißen Phase der Landtagswahlkämpfe in Hessen und Niedersachsen auszuweichen. Jetzt verfolge die SPD aber das Ziel, die Aussagen der drei bis nach den Wahlen am 2. Februar zu verzögern. „Das werden wir nicht zulassen.“ Altmaier rechnet mit der Einsetzung des Ausschusses in der kommenden Woche. Die erste Sitzung werde wohl aber erst Anfang nächsten Jahres stattfinden.

Der CDU-Obmann widersprach einer Einschätzung Gerhardts, wonach die Arbeit des Ausschusses schnell zu Ende gebracht werden könne. Demnach reichten „zwei große Sitzungen im Januar“. Man könne alles kurz und schmerzhaft erledigen, sagte der FDP-Fraktionschef der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Altmaier hält dies nur in dem Fall für möglich, wenn Schröder, Eichel und Schmidt gleich zu Beginn ein Schuldeingeständnis ablegten. Dies sei jedoch „eher unwahrscheinlich“, weshalb der Ausschuss in die Beweiserhebung treten müsse. Altmaier rechnet damit, dass das Gremium etwa ein halbes Jahr tagen werde – „wenn sich die SPD kooperativ zeigt und nicht blockiert“.

Gerhardt deutete an, dass ihn ein Rücktritt von Eichel nicht überraschen würde. Die Dinge konzentrieren sich auf den Finanzminister. Da könne eine „sehr unangenehme Drucksituation“ entstehen.
 

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12.12.02 19:38

«Ein Bundesminister, der lügt, muss zurücktreten»

Volker Kauder (CDU) geht die Regierungskoalition scharf an. Der Netzeitung sagte der Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag: «Unsinn» bei den Sozialreformen mache die Union in den Vermittlungsverfahren nicht mit.


Netzeitung: Herr Kauder, steht der von Ihnen geforderte Wahltäuschung-Untersuchungsausschuss nicht für die Art von Volksbelustigung, die Sie nach eigenem Bekunden in der Politik ablehnen?
Volker Kauder: Es wäre nicht zum Lachen, wenn sich herausstellen sollte, dass der Bundesfinanzminister den Deutschen Bundestag im Zusammenhang mit dem Einbringen des Haushalts 2003 zehn Tage vor der Wahl falsch informiert oder gar angelogen hat. Hat der Bundesfinanzminister nicht gewusst, was los ist in Deutschland, wäre das erst recht ein Grund, ihn in die Wüste zu schicken. Hat er’s gewusst, was wir vermuten, und hat das Parlament angelogen – darum geht es, nicht um irgendwelche Wahlveranstaltungen –, muss das Verfahren schon deshalb stattfinden, weil sonst jede künftige Regierung, egal welche Fraktion sie stellt, das so etwas machen könnte in der Gewissheit, dass Konsequenzen nicht zu befürchten wären.

Netzeitung: Nehmen wir an, Ihre Vorwürfe gegen Minister Eichel erweisen sich als richtig: Welche Konsequenzen müsste das aus Ihrer Sicht haben?

Kauder: Ein Bundesminister, der das Parlament anlügt, muss zurücktreten.

Netzeitung: Was hieße das Ihrer Meinung nach für den Kanzler?

Kauder: Der Kanzler ist angezählt, unabhängig von dem, was der Ausschuss herausbringt. Er droht ja selbst schon mit Rücktritt. Jeden Tag ein neuer Schlag gegen Schröder von einem anderen Amateurboxer aus seiner Fraktion – das könnte mich kalt lassen, aber dass die Bundesregierung, die die Geschicke des Landes lenken soll, so mit sich selbst beschäftigt ist, macht mir schon Sorgen.

Netzeitung: Die Union ist derzeit sehr geschlossen und sehr kämpferisch. Angela Merkel hatte gleich nach der Wahl angemerkt, die Union müsse mehr für die Jugend und für das großstädtische Publikum tun, von dem sie sich Wahlanalysen zufolge entfernt habe. Versäumt Ihre Partei gerade diese Debatte, während sie die Blößen des politischen Gegners ausnutzt?

Kauder: Ich kenne keine Partei, die in den letzten zwölf Monaten so viele inhaltliche Debatten geführt hat wie die Union. Wir verhandeln mit der Koalition zum Beispiel gerade darüber, was wir bei Hartz I und II machen können, damit die Reformen wirken. Wenn aber die Zeitungen nur noch darüber spekulieren, wie lange der Kanzler noch bleibt – das ist kein Vorwurf an die Presse –, dann kommen alle inhaltlichen Überlegungen zu kurz. Selbst davon, dass es in diesen Tagen beispielsweise im Vermittlungsausschuss um die Substanz geht, ist kaum die Rede.

Netzeitung: Einige in der Union sprechen der Regierung die Kompromissfähigkeit ab. Ist das die rhetorische Vorbereitung der Strategie: Maximalforderungen stellen und die Einigung blockieren, um die anderen schlecht aussehen zu lassen?

Kauder: Die Union hat Alternativen aufgezeigt. Wir haben gesagt, wir machen bestimmte Dinge mit, aber wir beschließen keinen Unsinn. Das ist keine Blockadehaltung. Wir meinen aber, es ist ein absoluter Unsinn, Personalserviceagenturen zu gründen und die Arbeitslosen dort aufzunehmen, auch wenn sie keine Arbeit haben, um sie auf diese Weise aus der Statistik zu nehmen. Da kann ich mir keinen Kompromiss vorstellen, es sei denn, die Bundesregierung ist bereit, bei den Personalserviceagenturen das gelten zu lassen, was für alle privaten Agenturen auch gilt. Das wäre ein Beispiel. Das größte Problem ist aber, dass die Arbeitgeber unsicher sind, wie sich die Wirtschaft weiterentwickelt, und deshalb nicht einstellen. Da wäre eine flexible Zeitarbeitsregelung sinnvoll, damit Einstellungen nach aktuellen Marktbedürfnissen vorgenommen werden können. Wenn uns die Regierung da entgegen kommt, einverstanden. Wir werden auch nicht die Ich-AG akzeptieren, weil sie den kleinen Handwerkern den Garaus macht. Arbeitslose sollen Selbstständige werden mit Vergünstigungen bei der Steuer und der Sozialversicherung: Entweder alle vergleichbaren Betriebe erhalten dieselben Vergünstigungen, oder die Ich-AG fällt. Nach den jüngsten Äußerungen von Herrn Clement scheint die Regierung sich zu bewegen. Wir sind bereit.

Netzeitung: Die dringliche Rentendebatte ist nun bei Ihnen wie bei der Regierung in Kommissionen abgewandert. Finden Sie das richtig?

Kauder: Wir haben kein Erkenntnis, sondern ein Umsetzungsproblem. Deshalb glaube ich, die Kommissionen werden nicht lange tagen müssen, um zu Ergebnissen zu kommen. Die entscheidende Frage wird sein: Beteiligen sich alle Generationen an der Finanzierung der schwer gewordenen Rentenversicherung? Die Regierung hat nur die junge Generation belastet und die Rentner außen vor gelassen. Dabei wissen wir, dass die Rentner, wenn es gerecht zugeht, durchaus bereit wären zu akzeptieren, dass die Renten nicht mehr so steigen wie früher. Unser demographischer Faktor, der das bewirken sollte, ist aber 1998 von der Regierung Schröder zurückgenommen worden. Das hat das System ins Schlingern gebracht. Bei der Gesundheitspolitik ist das Problem eine Ministerin, die sich nichts traut und sich vielleicht auch nichts trauen darf.

Netzeitung: Die Regierung beruft sich auf von der Vorgängerin geerbte Probleme...

Kauder: Diese Perspektive kommt von politischen Profis. Wähler schauen nie in die Vergangenheit, die schauen in die Zukunft. Da haben sie auch Recht. Ich habe keine Lust mehr, darüber zu diskutieren, was die Regierung Kohl falsch gemacht hat. Wir haben jetzt konkrete Bedingungen, und die Regierung muss sagen, wie sie damit fertig werden will. Wenn sie sagen, weil alles so dramatisch war, packen wir es nicht, sollen sie in die Wüste gehen. Unsere Rentenreform wurde ja auch von Herrn Rürup gemacht, den jetzt die SPD wieder an die Spitze der Kommission gerufen hat. Aber Kriegsgeschichten sind für Veteranen.

Netzeitung: Themenwechsel: In den letzten Tagen ist der EU-Beitritt der Türkei sehr stark debattiert worden. Roland Koch will mit dem Thema in Hessen Wahlkampf machen. Halten Sie das für richtig?

Kauder: In einem Wahlkampf kann kein Thema ausgeschlossen werden, das die Menschen interessiert. Das Türkei-Thema ist so eins. Die Verweigerung eines Themas führt in der Demokratie zur Radikalisierung. Nach unserer Auffassung gehört die Türkei nicht in die Europäische Union.

Netzeitung: Warum? Kultur, Religion?

Kauder: Wir müssen aufpassen, dass aus der EU nicht eine Freihandelszone wird, sondern dass sie eine Wertegemeinschaft bleibt. Ein Türkei-Beitritt würde die Integrationskraft der EU sprengen, auch wenn wir eine ganz enge Verbindung zur Türkei wollen. Das sollten wir auch klipp und klar sagen. Wir haben außerdem mit vielen Türken in Deutschland schon jetzt ein erhebliches Integrationsproblem, das der EU-Beitritt nur verschärfen würde.

Netzeitung: Im letzten hessischen Wahlkampf ist die Doppelpass-Kampagne bei den Leuten inhaltlich nicht angekommen. Es hieß immer wieder: «Wo kann ich gegen die Ausländer unterschreiben?» Ist es der CDU recht, wenn es am Ende nicht gegen den EU-Beitritt der Türkei, sondern gegen die Türken geht?

Kauder: Eine solche Argumentation finde ich scheinheilig. Rot-Grün fordert doch mehr Volksentscheide: Nun aber soll so eine wichtige Frage wie der EU-Beitritt der Türkei nicht Wahlkampfthema sein. Bitte keine Heuchelei!

 

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Von "Nichtswissern" und Nichtskönnern

 
  
    #11
20.12.02 06:56

Eichels langer Weg zur Wahrheit


Berlin -  Am 16. Oktober kurz nach 20.30 Uhr platzte die Bombe. Versteckt in einem Nebensatz, tat Bundesfinanzminister Hans Eichel in einem TV-Interview kund, dass es wohl nicht gelingen werde, das gesamtstaatliche Defizit unter der im Stabilitätspakt erlaubte Grenze von drei Prozent zu halten. Tatsächlich werde der laufende Etat ein „deutliches Loch“ aufweisen. Entsprechend sei ein Nachtragshaushalt unausweichlich.


All das hatte der Kassenwart bis dahin immer bestritten. 2,5 Prozent Defizit, 21,1 Milliarden Euro Neuverschuldung und das feste Vorhaben, gesamtstaatlich bereits 2004 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, waren Eckdaten, mit denen Eichel ins Wahljahr startete. Plus der Zuversicht, dass der Konjunkturmotor alsbald wieder ins Laufen kommen würde. Immerhin hatten nahezu alle namhaften Auguren Wachstumsraten von bis zu 1,1 Prozent prophezeit.


Was das Defizit betraf, zeigte sich die EU-Kommission jedoch bereits Anfang des Jahres skeptisch. Sie rechnete mit 2,8 Prozent und empfahl daher am 30. Januar, Deutschland offiziell zu rügen. Doch das wusste Eichel am 11. Februar im Rat der EU-Finanzminister zu verhindern. Im Gegenzug versprach er seinen Kollegen, bis 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.


Erste Zweifel kamen am 16. Mai hoch, als die Steuerschätzer ihr jüngstes Rechenergebnis vorlegten. Im Vergleich zur Novemberschätzung machten die Experten ein dickes Minus aus. Und der Konjunkturmotor stotterte weiter.


Im Sommer dann ließen sich die ersten Experten damit öffentlich zitieren, was bislang nur hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wurde: Deutschland wird vermutlich über die Drei-Prozent-Grenze hinausschießen. „Alles reine Spekulation“, wehrte das Bundesfinanzministerium ab und warnte davor, anhand der vorhandenen Zahlen auf das Gesamtjahr hochzurechnen. Schließlich käme ja noch der Aufschwung.


Doch der blieb aus. Und so fing ein ums andere Institut an, seine Prognosen nach unten zu korrigieren. Im September ging das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) von 0,8 Prozent auf 0,6 Prozent runter. Die Kollegen in Kiel drückten ihre Prognose von 1,2 Prozent auf nur noch 0,4 Prozent. Einen Monat später rechnete die Deutsche Bank gar nur noch mit einem Plus von 0,1 Prozent. Einzig die Bundesregierung hielt an ihrem prophezeiten Plus von 0,75 Prozent fest. Zugleich aber musste Eichel in den monatlichen Finanzberichten ein-räumen, dass die Steuereinnahmen weit hinter den Ansätzen zurückblieben und die Ausgaben weit übers Ziel hinausschossen.


Nicht ohne Grund hatte die EU-Kommission daher bereits am 28. August vermutet, dass das deutsche Defizit über drei Prozent liegen dürfte. Den Beweis dafür lieferte zwei Tage später das Statistische Bundesamt. Doch Eichels Haus ließ weiter dementieren. Erst wenn die Septemberzahlen auf dem Tisch lägen, könnten verbindliche Aussagen gemacht werden. Und dann müssten auch noch die Flutfolgekosten ermittelt werden.


Dafür nahm sich Eichel bis nach der Wahl Zeit. Am 24. September, drei Wochen später als üblich, kabelte der Kassenwart dann sein Rechenergebnis nach Brüssel: 2,9 Prozent Defizit für das laufende Jahr. Eine Zahl, an die zu diesem Zeitpunkt keiner mehr glaubte. Sichtlich ungehalten kündigte EU-Währungskommissar Pedro Solbes daraufhin an, die Zahlen sehr genau zu prüfen.

Dann begannen die Koalitionsverhandlungen, und mit ihnen wurde das ganze Ausmaß der Misere deutlich. Nicht nur im laufenden, sondern auch im Etat 2003 klafft ein Riesenloch. Zusätzliche 14,2 Milliarden Euro müssen gespart werde. Eine Summe, vor der die Koalitionäre schließlich kapitulierten. So geriet ihr Finanzpaket zu einem Mix aus Einsparungen, Streichen von Steuervergünstigungen und noch höheren Schulden. Nach Vorlage des Herbstgutachtens und vor der Novemberschätzung korrigierte dann auch die Bundesregierung ihre Prognose und ging von da an nur noch von einem Wachstum um 0,5 Prozent aus.



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3286 Postings, 8367 Tage PRAWDANett anarch,

 
  
    #12
20.12.02 08:10
dass es mit Dir noch jemanden gibt,
der diese Superflaschen vorführt.
Aber die vielen rot-grünen Socken hier
werden Dich nicht lesen.
Die sind einfach bescheuert.
Weiter so



 

2728 Postings, 8110 Tage anarch.@Prawda : Damit kann ich leben.

 
  
    #13
20.12.02 09:15

7089 Postings, 8264 Tage MützenmacherEin Privatmann wäre schon längst weg vom Fenster

 
  
    #14
20.12.02 09:25
bzw. wäre schon längst hinter Gittern. Nur unsere Politis laufen noch frei rum.

Mütze
 

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Vielleicht wird Gabriel im März Finanzminister...

 
  
    #15
20.12.02 09:45

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Na also, geht doch:

 
  
    #16
20.12.02 12:15
Bundestag setzt Untersuchungsausschuss «Wahlbetrug» ein

Der Bundestag hat die Einsetzung des Untersuchungsausschusses zum rot-grünen «Wahlbetrug» beschlossen. SPD und Grüne hatten zuvor mehrere Änderungen des ursprünglichen Unionsantrags durchgesetzt. Im Vorfeld hatte der designierte Vorsitzende Klaus-Uwe Benneter von der SPD das Gremium als «überflüssig wie einen Kropf» bezeichnet. Der designierte CDU-Obmann im Ausschuss, Peter Altmaier, warf der Bundesregierung vor, den Ausschuss durch Verfahrenstricks zu verzögern.


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2728 Postings, 8110 Tage anarch.Präludium

 
  
    #17
06.01.03 12:53

Oberstudienrat Eichel beginnt mit den Vorbereitungen - Erhöhung unmittelbar nach den Wahlen?



Eichel: Union ist schuld an Mehrwertsteuererhöhung
Bundesfinanzminister Eichel (SPD) wirft Unionsländern Pläne zur Erhöhung vor, weil sie seine Vorhaben blockierten. Die Beschuldigten weisen den Vorwurf zurück


Berlin -  Die Spekulationen um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer reißen nicht ab. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) warf der Union am Wochenende vor, insgeheim auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer hinzuarbeiten. Die Union wies die Vorwürfe Eichels zurück und bekräftigte ihre Ablehnung einer höheren Mehrwertsteuer. Ökonomen befürchten unterdessen, die Steuer müsse erhöht werden, falls es zu einem Irak-Krieg kommen sollte.


Eichel kritisierte „die „Sorglosigkeit“, mit der unionsregierte Länder seine Vorschläge zum Abbau von Steuervergünstigungen im Bundesrat „vom Tisch gewischt“ hätten. Er habe die Vermutung, dass die „Besitzstandswahrer der Republik“ auf eine Erhöhung der Mehrwertsteuer setzten. Diese lehne er jedoch ab.


Hessens Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) kritisierte Eichels Äußerungen als „dreistes Ablenkungsmanöver von der katastrophalen Politik der Bundesregierung“. Diese habe die Konjunktur mit unzähligen Steuererhöhungen zum Erliegen gebracht, meinte Weimar. „Im Gegensatz zur Bundesregierung hat die CDU Steuererhöhungen stets als Todesstoß für die Konjunktur abgelehnt.“ Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Michael Glos, sagte der „Leipziger Volkszeitung“, auch höhere finanzielle Belastungen durch einen Irak-Krieg änderten an der Ablehnung einer höheren Mehrwertsteuer nichts. „Jede Steuererhöhung ist in dieser schwierigen Wirtschaftslage Gift für Konsum und Investitionen und damit eine ökonomische Geisterfahrt.“


Als „in hohem Maße abwegig“ wies SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler Spekulationen über eine Mehrwertsteuererhöhung im Falle eines Irak-Krieges zurück. Die rot-grüne Koalition werde sich „nicht an einem Irak-Krieg beteiligen“, bekräftigte Stiegler in Berlin. Darüber hinaus wäre es „besonders pervers“, zusätzlich zu den negativen Auswirkungen eines Krieges auf die Wirtschaft die Konjunktur mit einer Steuererhöhung „weiter abzubremsen“.




"Steuererhöhungen wären in dieser Situation das ..." Gerd S., August 2002  

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Brüssel macht Aua, Genossen!

 
  
    #18
1
07.01.03 00:02

Brüssel gibt Berlin für die Sanierung des Staatshaushalts fünf Monate Zeit

Die EU-Kommission hat der Bundesregierung eine Frist von fünf Monaten gesetzt, um die öffentlichen Etats zu sanieren. Zugleich wird Berlin offiziell ein «übermäßiges Defizit» in 2002 bescheinigt.


Deutschland bekommt nach dem Willen der EU-Kommission fünf Monate Zeit, um das Defizit im Staatshaushalt in den Griff zu bekommen. Die bis Ende Mai laufende Frist sei in den Empfehlungen an die Berliner Regierung enthalten, die Brüssel am Mittwoch absegnen wolle, meldete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf EU-Kreise.

Zugleich wolle die Kommission der Bundesregierung offiziell ein «übermäßiges Defizit» für 2002 bescheinigen, nachdem die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte in diesem Jahr deutlich die Drei-Prozent-Marke überschritten hat. Laut Maastricht-Kriterien ist eine stärkere Verschuldung von EU-Staaten untersagt.

Darüber hinaus verlangt die Kommission nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» von Deutschland «dringende Reformen» des Sozialstaates, die über den Umbau des Arbeitsmarkts hinausgingen. Nötig sei auch ein Umbau der sozialen Sicherung und der Leistungssysteme.


Brüssel: Unfähig zu dauerhaftem Wachstum

Ohne Einschnitte sei Deutschland «unfähig», aus eigener Kraft «dauerhaftes Wachstum zu schaffen», kritisieren nach Angaben der Zeitung die Empfehlungen der Kommission. Die Empfehlungen der Kommission müssen noch von den europäischen Finanzministern gebilligt werden.

Sollte Berlin den Empfehlungen der EU-Finanzminister nicht folgen, droht im äußersten Fall eine Geldbuße in Milliardenhöhe. Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums lehnte auf Anfrage der Zeitung eine Stellungnahme «zu inoffiziellen Papieren» ab.
 

2728 Postings, 8110 Tage anarch.Up, zum Nachlesen

 
  
    #19
07.01.03 13:06

12104 Postings, 8281 Tage bernsteinwenn "pinoccio" eichel nen arsch in der hose hätte

 
  
    #20
07.01.03 13:16
wäre er schon längst von selbst verschwunden.so geht wahrscheinlich der eier-
tanz bis 2006 weiter.  

2728 Postings, 8110 Tage anarch."Inoffizielle Papiere" nun auch offiziell

 
  
    #21
1
08.01.03 14:20

DEUTSCHES HAUSHALTSDEFIZIT

EU-Kommission stellt Eichel Ultimatum

Der für Wirtschafts- und Währungsfragen zuständige EU-Kommissar Pedro Solbes erhöht den Druck auf die Regierung von Gerhard Schröder. Falls Deutschland bis zum 21. Mai 2003 keine Maßnahmen zur Sanierung seiner maroden Staatsfinanzen eingeleitet hat, will die Kommission die Gangart verschärfen.


Brüssel - Die Frist läuft. Solbes sagte, Deutschland solle sich "zu seinem Defizit bekennen". Die aktuelle Wachstumsprognose der deutschen Regierung, nach der Deutschland die Neuverschuldung unter die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts drückt, bezeichnete der EU-Kommissar bei einer Pressekonferenz als optimistisch.
Solbes bekräftigte erneut, dass er das 3-Prozent-Kriterium für unantastbar halte. Für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, Frankreich, sieht er nach wie vor ein hohes Risiko das Stabilitätskriterium nicht zu erreichen. Zuvor hatte ein französischer Regierungssprecher erklärt, dass Frankreich die Marke von drei Prozent "unzweifelhaft" unterschreiten wird.

Eine Reform des Arbeitsmarktes und des Gesundheitswesens sei in Deutschland erforderlich, da zu befürchten sei, dass Deutschland die im Stabilitätspakt festgeschriebene Defizitgrenze auch im Jahr 2003 erneut verfehlen werde.

Bereits am Dienstag hatte Kommissionssprecher Gerassimos Thomas gesagt: "Es gibt immer eine Frist, innerhalb der der betroffene Mitgliedstaat Schritte unternehmen muss. Üblicherweise liegt diese Frist bei vier Monaten ab der Entscheidung des Finanzministerrats, die im Falle Deutschlands für den 21. Januar erwartet wird."

Die EU-Kommission hatte im November ein Defizit-Verfahren gegen Deutschland eröffnet, da sie für 2002 ein Staatsdefizit von 3,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) prognostiziert hatte, das damit deutlich über der im Stabilitätspakt festgesetzten Obergrenze von drei Prozent des BIP lag.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) senkte am Dienstag seine Wachstumsprognose für 2003 auf 0,6 von zuletzt 0,9 Prozent. Düstere Zahlen präsentierte auch der Einzelhandel, dessen Umsätze im November überraschend stark eingebrochen sind. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) bekräftigte zwar erneut die Wachstumsprognose 2003 der Regierung von 1,5 Prozent, räumte aber ein, dass jede Art von Prognose wegen der unkalkulierbaren Irak-Krise derzeit sehr waghalsig sei. Solbes bezeichnete die Regierungsprognose am Mittwoch als "optimistisch".


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Hintergrund: EU-Stabilitätspakt

Der Stabilitätspakt soll sicherstellen, dass der Euro auf Dauer eine harte Währung bleibt. Im Vertrag von Maastricht waren zwar die Regeln für die Aufnahme in den Euro-Club festgelegt. Doch die Vorschriften für die Einhaltung nach dem Start der Währungsunion blieben vage. Unter dem Druck des damaligen deutschen Finanzministers Theo Waigel wurde nach langen Verhandlungen im Dezember 1996 der Stabilitätspakt beschlossen.

Im Kern sind hohe Bußgelder für Länder, deren Haushaltsdefizit drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschreitet, vorgesehen. Die Strafe beträgt je nach Höhe der Überschreitung 0,2 bis 0,5 Prozent des BIP. Lange wurde um Ausnahmen gerungen. Keine Strafen brauchen gezahlt werden, wenn es unvorhersehbare Ereignisse gibt wie Naturkatastrophen oder eine schwere Rezession mit einem Rückgang des BIP um mehr als zwei Prozent in einem Jahr.
 

13475 Postings, 9271 Tage SchwarzerLordWie ein Boomerang zurück ...

 
  
    #22
08.01.03 16:51
Wie bei vielen anderen Dingen macht der- oder diejenige Ehepartner(in) den "Job" als Gatte am besten, wenn man nichts von ihr/ihm hört. Das geht bei Schröders kräftig daneben. Wer seine Ehe für geistig arme Wähler instrumentalisiert, muß sich nicht wundern, wenn es bei Problemen wie ein Boomerang zurückkommt. Ich zumindest weiß nicht, wie die Frau von Herrn Koch oder Herrn Stoiber aussieht. Und um SPDler mal in Schutz zu nehmen: Von Simonis, Beck & Co. weiß ich ebenfalls nicht, mit wem sie verheiratet sind.  

5501 Postings, 8405 Tage teppichkennst du denn

 
  
    #23
08.01.03 16:55
wenigstens guido's freund

aber den von wowereit, den kennst du, oder?  

4934 Postings, 9091 Tage n1608@anarch - vielen Dank für die chronologische

 
  
    #24
08.01.03 18:35
Zusammenstellung. So wird erst richtig deutlich, wie der Bürger von Rot-Grün verarscht wurde und wird. Die gleiche chronologische Zusammenstellung bzgl. einer Beteiligung Deutschlands am Irak-Krieg würde noch perverser ausfallen. Wir werden schon in wenigen Wochen erleben, wie eine strikte Anti-Kriegs-Haltung von Schröder und Fischer aussieht. Hätte ich Rot-Grün meine Stimme gegeben, ich würde mich vor Scham einbuddeln.  

2728 Postings, 8110 Tage anarch.@n1608: Mach' ich doch gerne ;O)

 
  
    #25
08.01.03 19:27

EICHELS KONJUNKTURPROGNOSE


Hans im Trotz

Fast alle Wirtschaftswissenschaftler halten die Konjunkturprognose der Bundesregierung für Makulatur. Auch die EU-Kommission hat Zweifel geäußert und Berlin ein Vier-Monats-Ultimatum zur Haushaltssanierung gestellt. Finanzminister Hans Eichel ficht das nicht an - er behauptet weiterhin, die Wirtschaft werde im laufenden Jahr um 1,5 Prozent wachsen.

 
Berlin/Brüssel - EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pedro Solbes hatte sichtlich Mühe, die Contenance zu wahren. Zu der Prognose der Bundesregierung, die für 2003 ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um 1,5 Prozent voraussagt, hatte Solbes am Mittwoch nur einen dürren Satz übrig. Diese Schätzung sei nach den Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre "optimistisch".
Trotz pessimistischerer Prognosen aller namhaften Institute hält die Bundesregierung an ihrer Vorhersage fest. Das gilt nach den Worten des Finanzministeriumssprechers Jörg Müller auch für die angestrebte Einhaltung des Defizitkriteriums des Maastricht-Vertrages. Gleichzeitig sagte jedoch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), dass wegen eines möglichen Irak-Kriegs Wirtschaftsprognosen momentan ohnehin eine waghalsige Sache seien. Das klingt nach Hintertürchen.


Déja vu in Berlin

Ist es vermutlich auch. In der Vergangenheit hat die Bundesregierung bereits des Öfteren an Prognosen festgehalten, die ganz offensichtlich bereits Makulatur waren. In den vergangenen Jahren senkten in schöner Regelmäßigkeit die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD), der Internationale Währungsfonds (IWF) und andere ihre Deutschlandprognosen - Berlin hielt hingegen stets noch einige Monate trotzig an seinen überholten Zahlen fest.

Für das Jahr 2002 etwa war die Regierung ursprünglich von 2,25 Prozent Wirtschaftswachstum ausgegangen. Erst im Oktober 2001 senkte Eichel seine Prognose auf 1,25 Prozent - nicht dass irgendjemand die alte zu diesem Zeitpunkt noch geglaubt hätte. Im Januar 2002 senkte das Finanzministerium seine Schätzung erneut - auf diesmal 0,75 Prozent. Noch kurz zuvor hatte es in Berlin geheißen, man halte an der bisherigen Prognose fest.


Angeblich steht die aktuelle Prognose - noch

Als letztes der sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hatte das Berliner DIW am Dienstag seine Schätzung für das Wachstum in diesem Jahr auf 0,6 Prozent gesenkt. Gleichwohl erklärte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, ihm lägen "keine Daten vor, die eine Aktualisierung rechtfertigen würden".

Glauben mag das kaum jemand. Eine Senkung der derzeitigen Prognose scheint im Lichte der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren nur noch ein Frage der Zeit. Die Sprecherin von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, Sabine Maass, verwies auf den Jahreswirtschaftsbericht, der am 29. Januar vorgestellt werden solle: "Darin wird die Prognose enthalten sein."
 

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