'ZEIT ONLINE: Früher konnten solche Länder sich mit einer Abwertung ihrer Währung behelfen.
Fratzscher(DIW): Stimmt, aber ohne ihre strukturellen Probleme zu lösen! Eine Abwertung kauft Zeit, mehr nicht. Sie hilft einem Land nicht, sich an Veränderungen anzupassen und die Produkte herzustellen, die auf dem Markt gefragt sind. Hinzu kommt, dass Wechselkursanpassungen die globalen Handelsströme in einem immer geringeren Maß beeinflussen. Unternehmen sichern sich dagegen ab. Und ausgerechnet Exportprodukte haben häufig einen hohen Anteil an importierten Gütern. Wechselkursveränderungen bringen deshalb nicht viel: Die Hersteller können ihre Waren zwar im Ausland günstiger verkaufen, aber sie zahlen mehr für die Vorprodukte.
ZEIT ONLINE: Wäre eine Abwertung denn wenigstens als vorübergehende Krisenmaßnahme sinnvoll, um Strukturanpassungen zu erleichtern?
Fratzscher: Das wäre gefährlich. Europa braucht Vertrauen, gerade in der Krise. Privatleute, Unternehmen und Investoren müssen wieder glauben, dass die Euro-Zone intakt ist, eine gute Zukunft vor sich hat, und dass die Währung stabil ist. Um in einer solchen Lage den Wechselkurs zu beeinflussen, müsste man Investoren überzeugen, eigenes Kapital abzuziehen. Das hat aber fast immer zur Folge, dass die Zinsen steigen – und damit auch die Marktzinsen für Staatsanleihen. Das ist das Letzte, was Frankreich, Spanien oder Griechenland gebrauchen können. Höhere Zinsen würden das Wachstum abwürgen. Der Negativeffekt eines solchen Schrittes würde mit Sicherheit die positiven Effekte überwiegen.'
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