Culture Club
Seite 1 von 2435 Neuester Beitrag: 03.11.24 12:48 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.12 21:13 | von: Fillorkill | Anzahl Beiträge: | 61.866 |
Neuester Beitrag: | 03.11.24 12:48 | von: Fillorkill | Leser gesamt: | 6.427.685 |
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Ich begreife Musik eher als Kunst, denn als bloße Unterhaltung und genieße sie auch als solche. Wenn man aus der ganzen Sache keine Lebenseinstellung macht, sehe ich ehrlich gesagt nicht ganz das Unglück, dass davon ausgehen könnte.
So wird man beispielsweise auch die Bilder von Vincent van Gogh, Beuss oder auch dem Strassenkünstler aus der City, bedenkenlos genießen können.
Dabei muss es nicht immer experimentell und sperrig werden. Auch sanfte Singer-Songwriter-Sachen können mich begeistern. Sowas zum Beispiel: Bon Iver
Dein Clip ist toll, Fill
eine grosse Kraft erzeugt werden kann. Ist eben ambivalent wie so ziemlich alles..
Als Beispiel mal ein Lieblingssong von Armi...
Freut mich, dass Dir Bon Iver gefallen hat.
Musik ist bei mir ebenfalls eine Leidenschaft.
Kunst - Unterhaltung... mhm... das eine kann sicher auch zugleich das andere sein, der Unterschied ist dabei allerdings nicht kleiner als der von Kunst und Design.
Das eine möchte gefallen, und verbindet Funktionalität mit einer ansprechenden und zeitgemäßen Form. Auch dies kann von einer gewissen Philosophie und Weltanschauung getragen sein. Das Objekt selbst verzichtet zumeist aber auf jegliche weitergehende Aussage.
Das andere legt hingegen auf Funktionalität und jede Form von Zweckgebundenheit, Mode etc. hingegen keinen besonderen Wert.
Kunst ist in meinen Augen letzlich nichts anderes als ein ideeller und zutiefst subjektiver Selbstausdruck, der vom Moment des Aussergewöhnlichen und seiner Umsetztung lebt.
Das soll selbstverständlich keine erschöpfende Definition des Kunstbegriffes darstellen. Da haben sich schon andere die Zähne dran ausgebissen. Es soll vielmehr das grobe Feld abstecken, und die Unterscheidung zwischen Kunst und Unterhaltung ein bisschen mit Inhalt füllen.
Die Sache möchte ich dabei keineswegs überdehnen. Meine Herangehensweise an Musik ist letzlich viel weniger intellektuell geprägt, als dies gerade klingen mag.
Am Ende braucht es einfach dieses gewisse Etwas, das nur schwer in Worte zu fassen ist, und mit dem was in den Charts und im Radio läuft meistens so wenig zu tun hat.
Musik geht vermutlich wie kaum eine andere Kunstform über die Emotion. Insofern verstehe ich auch, was Du mit dem emotionalen "all in" meinst.
Um eine bestimmte Resonanz auszulösen, muss dabei m.E. allerdings auch der geeignete Boden in einem selbst vorhanden sein.
Die eigene Stimmung aber auch persönliche Assoziationen, spielen beim Erleben von Musik immer eine große Rolle.
Die vermeintlich "depressive Hochkultur" ist dabei m.E. in großen Teilen eher Pose als eine wirklich authentische Haltung.
Große (Kunst)Werke werden bekannter Maßen nur selten aus einem Zustand der Zufriedenheit geschaffen, sondern vielmehr aus einem Mangel an irgendetwas.
Dies mag einer der Gründe sein, weshalb manche Künstler sich selbst und ihren Werken gerne einen gewissen Anstrich geben.
Auf der anderen Seite wird dieses Etikett oftmals auch sehr voreilig vergeben.
Mit Portishead hast Du der ganzen Sache natürlich gleich die Spitze aufgesetzt.
Schöner und reiner aber auch untröstlicher könnte Nihilismus kaum klingen. Bei Beth Gibbons ist es keine Pose, darin besteht wohl kaum ein Zweifel.
Dummy und Portishead waren dabei sicherlich 2 der wichtigsten Alben der 90er. Nichts für jeden Tag, aber man geht ja auch nicht jeden Tag in die Oper. Dabei ist trotz allem irgendetwas am Sound der 90er, das mir insgesamt nicht so liegt. Gibt natürlich auch ein paar Ausnahmen.
Ich fühle mich eher in den 80ern und vor allem auch im letzten Jahrzehnt zuhause und bin schon sehr gespannt, was nun in diesem Jahrezehnt neues entsteht.
(Hab übrigens einen Moment gebraucht, um zu erkennen, dass es sich bei deinem Bild um eine Szene aus 2001 handelt und nicht um einen misslungenen Versuch, Retro-Barocke Einrichtung in einen moderneren Kontext zu stellen)
Mal sehen wo die Reise hingeht:
Ich würde mich jetzt nicht mit Abgrenzungen Kunst vs Unterhaltungen aufhalten wollen. Denke, so ein Versuch hat spätestens in der Postmoderne seine Relevanz verloren - seine Legitimität aber spätestens mit Adornos elitärem Diktum, Kunst müsse möglichst 'grausam' sein, um ihre zugedachte Funktion als Statthalter 'des richtigen im falschen' zu erfüllen....
Das 'gewisse etwas', für das Dir im Moment die richtigen Worte zur Beschreibung fehlen, kann ich dir genau definieren: Es ist nichts als wahre Emotion. Das emotionale 'ALL In'......
Die depressive Hochkultur kürzt sich auf den Imperativ zusammen: Wir treten an, um zu scheitern ! Dass mit diesem Imperativ auch nur kokettiert wird - Gothic, Deathmetal usw - verweist letztlich nur auf dessen Anziehungskraft...
Und ja, dies ist es ja gerade, was mich so verrückt macht: Nur Typen mit eigenem Lebensdrama, mit gebrochener Biographie haben wirklich was zu sagen (I hurt myself today To see if I still feel I focus on the pain The only thing that's real)...
Und nein, das ist keine Szene aus 2001, sondern ich selbst in meinem Retro-Schlafzimmer. Mit dem schwarzen Quader diskutiere ich vor dem Einschlafen noch ein paar grundlegende Fragen menschlicher Existenz...
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nach authentischer Lebensbejahung wurde David Byrne bei den 'Natives' im mittleren Westen fündig:
Dream Operator (80's!)
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Individualität, Schönheit und Charme (zumindest der Möglichkeit nach) zu entdecken ist für mich grosse Kunst !
Straight Story
Der Film erzählt die wahre Geschichte des 73-jährigen Rentners Alvin Straight, der nach sehr langer Zeit seinen Bruder Lyle besuchen will, da dieser einen Schlaganfall erlitten hat. Die beiden liegen seit zehn Jahren im Streit und Alvin möchte diesen Streit nun beenden. Straight besitzt keinen Führerschein und möchte nicht gefahren werden. Deshalb legt er den 600 Kilometer langen Weg von Laurens, Iowa, nach Mount Zion, Wisconsin, auf seinem Aufsitz-Rasenmäher der Marke John Deere zurück. Seine Begegnungen und Erlebnisse auf der sechswöchigen Reise machen den Hauptteil des Filmes aus.
The Straight Story basiert, wie bereits der Titel besagt, auf einer wahren Begebenheit. Alvin Ray Straight (* 17. Oktober 1920; † 9. November 1996) war ein Einwohner der ebenfalls real existierenden Stadt Laurens im US-Bundesstaat Iowa und erlangte Berühmtheit, als er im Sommer 1994 eine Strecke von 470 km nach Blue River, Wisconsin zurücklegte, um seinen Bruder zu besuchen, nachdem dieser einen Schlaganfall erlitten hatte. Da er aufgrund seines Alters von 73 Jahren eine Sehschwäche hatte und keinen Führerschein besaß, legte er die Distanz mit Hilfe eines Rasenmähers zurück, an dem er einen Anhänger befestigte, in dem sich Benzin, Campingausrüstung, Bekleidung und Nahrungsmittel befanden. Das Gespann besaß eine Höchstgeschwindigkeit von 8 km/h. Sein Bruder, Henry Straight, erholte sich von seiner Erkrankung und zog wieder nach Iowa, um näher bei seiner Familie zu sein.
Was Die Relevanz von Kunstabgrenzung betrifft kann man durchaus geteilter Meinung sein.
Die meisten Kunstschaffenden würden Dir da sicher widersprechen. Dein Hinweis auf die Postmoderne, in der die Grenzen zwischen Kunst, Design, Pop-Kultur, Subkultur und Hochkultur verschwimmen ist dennoch berechtigt.
Die alten Merkmale Originalität, Ästhetisierung, Authenzität und Freiheit wurden und werden wieder in Frage gestellt.
Am Ende lässt sich Kunst vielleicht am ehesten durch eine Art umgekehrtes Ausschlussverfahren begreifen, festzustellen, was es nicht ist.
Die voyeuristischen Castingshow-kultur, die Popstars und Hits aus der Konserve erschafft, wobei es ihnen ähnlich den Geschmacksdesignern von Mc Donalds gelungen ist, so etwas wie den Durchschnittsgeschmack der Masse zu entschlüsseln, gehört z.B. ganz sicher nicht dazu.
Das emotionale "all-In" entsteht bei mir vor allem durch den Aspekt des "Besonderen" in der Musik.
Man wird nur schwerlich durch etwas ergriffen werden, dem die Authenzität fehlt, oder das völliger Banalität entspringt.
Wie tief könnte einen schon eine tongewordene Rosamunde Pilcher ergreifen?
Tiefe und Emotion entsteht oftmals erst durch Brüche und Widersprüche - durch die Vielschichtigkeit, durch das Menschliche, mit allem was dazu gehört - und nicht durch eine glattgebügelte ins ktischige idealisierte Version davon.
Brüche und Widersprüche müssen dabei nicht unbedingt gleichbedeutend mit Gebrochenheit sein.
Von gebrochenen und extremen Persönlichkeiten kann dabei mitunter schon eine besondere Faszination ausgehen. Chet Baker könnte hier ein treffendes Beispiel abgeben.
Das Harmonium errinert fatal an jenes von 'my heart is empty' Nico....'
Was soll es bringen, Kunst definieren zu wollen, Zanoni ? Am Triumph über den Geschmack der Massen bin ich jedenfalls nicht mehr interessiert...
Und nein, emotional starker Selbstausdruck sucht und findet unmittelbar die richtige Form, ganz ohne den Umweg über Kategorien. Theoretisch kann selbst der blödeste Schlager in ergreifender Weise vorgetragen werden, weil es immer die Person selbst ist, die die Botschaft ist....
Und nur ergänzend: Gebrochener Lebenslauf ist keine Garantie dafür, etwas mitzuteilen zu haben...
Gute Nacht, Fill
Schön gesagt.
"A Straight Story" gehört übrigens ebenfalls mit zu meinen Lieblingsfilmen. Dabei finde ich die Geschichte keineswegs normalo. Sie ist in den Alltag eingebettet, ohne alltäglich zu erscheinen.
Wenn diese Geschichte nicht tatsächlich passiert wäre, könnte sie auch der Feder Paulo Coelhos entlaufen sein.
Einen guten Soundtrack hat der Film noch dazu.
Muss da ein bisschen an Neil Young denken
(Übrigens einer meiner Lieblingsmusiker)
Unten eine Komposition von D. Schostakowitsch aus dem Jahre 1950, die er für die zu hörende russische Pianistin T. Nikolajewa komponiert hat - nach dem Vorbild von Bachs Wohltemperiertem Klavier.