London - Die britische Regierung bereitet offenbar Notfallpläne für ein Auseinanderbrechen von BP vor. Vertreter des Wirtschafts- und Finanzministeriums arbeiten an Krisenplänen für den Fall eines Zusammenbruchs des Ölkonzerns, berichtet die "Times". BP war bis zur Katastrophe am Golf von Mexiko Großbritanniens größtes Unternehmen. Seit dem Unfall hat sich der Börsenwert von BP jedoch halbiert. In Bezug auf die Marktkapitalisierung liegt der Ölkonzern nur noch auf Platz fünf der größten britischen Unternehmen.
Da die Folgekosten der Ölpest immer astronomischer werden, will sich die britische Regierung offenbar für den Ernstfall vorbereiten. Eine Zerschlagung des Konzerns gefährde demnach britische Interessen. So gehört BP der größte Teil der Energie-Infrastruktur im Land. Dazu zählt unter anderem ein Leitungssystem, das mehr als 50 Öl- und Gasfelder in der Nordsee miteinander verbindet. Auch im Ausland hat BP strategisch wichtige Investments wie die transkaukasische Pipeline, die Rohöl von Aserbaidschan und Kasachstan nach Europa transportiert.
Nicht nur aus politischen, auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkt macht sich die Regierung Sorgen um die Zukunft des Konzerns. Schließlich erwirtschaftet BP jährliche Steuern von 5,8 Mrd. Pfund (6,9 Mrd. Euro) und beschäftigt allein in Großbritannien 10 105 Arbeitnehmer direkt. Von einem etwaigen Zusammenbruch wären aber auch die meisten britischen Rentenfonds betroffen, die in BP-Aktien investiert haben. Angeblich diskutiert die Regierung sogar, BP notfalls mit Staatsgeld zu retten. Die britische Regierung wollte die Berichte der Zeitung nicht kommentieren.
BP dementierte derweil die Gerüchte vom Montag, der Ölkonzern wolle durch eine Kapitalerhöhung neues Geld in die eigenen Kassen bekommen. Als sicher gilt dagegen, dass das Unternehmen auf Staatsfonds im Nahen Osten zugegangen ist und diese zum Kauf von Aktien überreden wollte. Offenbar führten BP-Manager Gespräche mit Vertretern von Staatsfonds in Abu Dhabi, Kuwait, Katar und Singapur, berichtet Reuters. Als Quelle nennt die Nachrichtenagentur eine "hochrangige Person aus den Vereinigten Arabischen Emiraten". Diese Person habe gesagt: "BP sucht einen strategischen Partner, damit es nicht von anderen großen Ölgesellschaften wie Exxon und Total übernommen wird." Auch Libyen signalisierte Interesse am Kauf von BP-Aktien. "BP ist mit seinem halbierten Börsenwert jetzt interessant, und ich habe noch immer Vertrauen in BP", sagte Shokri Ghanem, Verwaltungsratschef der libyschen Nationalen Ölgesellschaft, der Nachrichtenagentur Dow Jones. Die Gerüchte über eine mögliche Übernahme von BP ließen die BP-Aktie zeitweise auf den höchsten Stand seit zwei Wochen steigen.
Am Golf von Mexiko warten die Menschen dagegen weiterhin vergeblich auf gute Nachrichten. Die Tests des Supertankers "A Whale" sind immer noch ergebnislos. Hohe Wellen hätten schlüssige Resultate verhindert, sagte ein Sprecher der Eignerfirma TMT. Seit dem Wochenende ist der 335 Meter lange Tanker im Golf und soll bis zu 80 Mio. Liter Wasser-Öl-Gemisch täglich aufsaugen und trennen. Es wäre der erste Einsatz des gigantischen Schiffs, das von der taiwanesischen Firma TNT extra für die Ölkatastrophe umgebaut wurde.
BP versucht derweil offenbar erstmals, die Miteigentümer der Bohrinsel "Deepwater Horizon" in die Pflicht zu nehmen. Der US-Senat veröffentlichte Dokumente, denen zufolge BP von dem US-Konzern Anadarko und dem japanischen Minderheitseigner Mitsui 400 Mio. Dollar Kostenbeteiligung verlangt. Die Briten setzten den Firmen eine Frist bis zur nächten Woche, um die Summe zu begleichen.
http://www.welt.de/die-welt/wirtschaft/...et-Zerschlagung-von-BP.html
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