Irland will seine Wirtschaft mit einem rigorosen Sparprogramm wieder auf Kurs bringen. Im Haushalt sparen die Iren für das kommende Jahr sechs Milliarden Euro ein. Unter anderem sollen drastische Kürzungen bei den Sozialleistungen, einschließlich Pensionen sowie Arbeitslosen- und Kindergeld, für Entlastung im Budget sorgen.
HB DUBLIN/BRÜSSEL. Die Finanzminister der EU billigten am Dienstag in Brüssel das Notpaket von 85 Milliarden EU für die bedrängte Inselrepublik. "Jeder zahlt, und wer mehr zahlen kann, zahlt mehr", sagte Finanzminister Brian Lenihan im Parlament zu den Sparmaßnahmen. So büßt auch der Ministerpräsident 14 000 Euro jährlich beim Einkommen ein, die Minister 10 000 Euro. Gehälter im öffentlichen Dienst erhalten generell eine Obergrenze von 250 000 Euro.
Steuerexperten gehen jedoch davon aus, dass die reicheren Iren vergleichsweise ungeschoren davonkommen. Am späten Abend segnete das irische Parlament die wesentlichen Punkte des Haushalts ab. Bei den kleinen Einkommen hat etwa ein durchschnittlicher Industriearbeiter wegen der steigenden Einkommensteuer rund 1400 Euro pro Jahr weniger in der Tasche - gut fünf Prozent seines Einkommens. Das Kindergeld sinkt um 10 Euro pro Kind und Monat. Pensionen über 12 000 Euro pro Jahr werden um vier Prozent gekürzt. Das Einkommen für Neueinsteiger im öffentlichen Dienst sinkt generell um zehn Prozent. Die Grunderwerbssteuer soll reformiert werden. Die umstrittene Körperschaftssteuer von 12,5 Prozent für Unternehmen bleibt dagegen unangetastet.
Lenihan hofft auch auf ein leichtes Wachstum zur Verbesserung der Haushaltslage. Einem nur ganz leichten Aufschwung im laufenden Jahr solle dann ein Plus von durchschnittlich 2,75 Prozent in den Jahren 2011 bis 2014 folgen. Die Vorsitzenden der Oppositionsparteien im irischen Parlament kritisierten den Haushaltsentwurf der Regierung scharf. Die Regierung wolle eine jahrelange Deflation in kurzer Zeit in Wachstum umdrehen. Dafür gebe es kein Beispiel in einer modernen Gesellschaft, sagte Joan Burton von der Labour-Partei. Pearse Doherty von Sinn Finn sagte: "Dieser Haushalt ist ökonomischer Selbstmord." Und er warf Premierminister Brian Cowen vor: "Sie verkaufen das irische Volk."
"Wir müssen den Teufelskreis durchbrechen", sagte dagegen Lenihan. Er betonte, dass nicht nur der irische Staat, sondern auch die Banken selbst und deren Anteilseigener für die Bankenkrise in Irland Milliardenbeträge aufbringen mussten. Irland war durch die Rettung seiner vor dem Kollaps stehenden Banken in eine finanzielle Schieflage geraten. In diesem Jahr wird das Haushaltsdefizit den Rekordwert von 32 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen - das größte Defizit im Euroraum. Im kommenden Jahr soll es auf zwölf Prozent reduziert werden.
Irland muss sein Rekorddefizit auch deshalb unter Kontrolle bringen, weil davon die Finanzhilfe der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) abhängt. Die Republik ist das erste Land, das unter den Euro-Rettungsschirm mit einem Volumen von 750 Milliarden floh. Für Griechenland war ein separates Rettungspaket vereinbart worden.
Dublin hat nach den Brüsseler Beschlüssen nun bis 2015 Zeit, sein Defizit unter die erlaubte Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu bringen - die bisherige Frist war 2014. Ab Januar kann Irland auf die Milliardenhilfen aus dem Notpaket bauen, das bereits Ende November auf den Weg gebracht worden war. Der Chef des Euro-Krisenfonds, Klaus Regling, zeigte sich überzeugt, dass hoch verschuldete Länder wie Irland und Griechenland nach schmerzhaften Einschnitten deutlich besser dastehen werden, "um sich wieder aus eigener Kraft refinanzieren zu können". Ein Drittel des Irland-Rettungspakets übernimmt der Euro-Rettungsfonds EFSF. Regling mahnte erneut: "Es ist klar: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt muss verschärft, konsequenter angewendet und ergänzt werden."
Die Einschnitte für die Iren beziehen sich nicht nur auf das kommende Jahr. Bereits im November hatte die Regierung einen Vier- Jahres-Plan vorgelegt, der Einsparungen von 15 Milliarden Euro bis 2014 vorsieht. Den Koalitionspartnern von der Fianna-Fáil-Partei und den Grünen brachte das heftige Kritik ein, in Dublin protestierten die Menschen auf der Straße und vor dem Parlament.