Rot-Grüne Chaoschronik 2002-2006:
Seite 60 von 137 Neuester Beitrag: 18.09.05 23:03 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.02 22:29 | von: SchwarzerLo. | Anzahl Beiträge: | 4.404 |
Neuester Beitrag: | 18.09.05 23:03 | von: Karlchen_I | Leser gesamt: | 166.716 |
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PSA: Neue Pleiten erwartet
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss sich neuen Vorwürfen stellen. So weisen die Verträge mit den rund 1000 Personal-Service-Agenturen (PSA), dem Herzstück der Hartz-Reformen, offenbar schwere handwerkliche Mängel auf.
Diese traten im Zusammenhang mit der Insolvenz von Maatwerk Deutschland zutage. Die deutsche Tochter des niederländischen Unternehmens, die rund 200 PSA betrieb, hatte Anfang der Woche Insolvenz beantragt. Maatwerk hat offensichtlich regen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, Arbeitslose am Monatsende einzustellen und am Anfang des folgenden Monats wieder zu entlassen, um mehrere Monatspauschalen von der Bundesagentur einzustreichen. Die Pauschalen betragen je Arbeitsloser zwischen 800 und 1300 Euro. „Im Extremfall können die PSA für zwei Tage zwei Monatspauschalen kassieren“, moniert Hermann Scherl, Professor für Sozialpolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg.
Fachleute vermuten: Maatwerk ist mit der Strategie gescheitert, vor allem mit den Subventionen der Bundesagentur Geld zu verdienen und nicht mit dem Verleih von Arbeitskräften. Durch diesen und andere Konstruktionsfehler in den Verträgen würden die PSA zu Missbrauch regelrecht eingeladen, sagen Experten. Sie rechnen jetzt mit weiteren Insolvenzen von PSA. Scherls Schlussfolgerung: „Man sollte sie am besten gleich wieder abschaffen.“
Quelle: http://www.wiwo.de/pswiwo/fn/ww2/sfn/buildww/cn/...depot/0/index.html
Berlin (vwd) - Das Gepräch der Bundesminister Jürgen Trittin und Wolfgang Clement am Dienstag in Bundeskanzleramt zum Thema Emissionshandel hat noch kein abschließendes Ergebnis gebracht. Am frühen Abend teile das Bundespresseamt mit, dass das Gespräch am Montag fortgesetzt werden solle. Offenbar einigen konnten sich die Teilnehmer auf das Ziel, dass die nationale Umsetzung der europäischen Richtlinie zum Emissionshandel sowohl klimaschutzpolitischen Zielen als auch wirtschaftspolitischen Belangen Rechnung tragen solle. +++ Stephan Kosch
vwd/24.2.2004/sk/apo
Quelle: http://www.finanztreff.de/ftreff/...=wirtschaftpolitik&awert=&u=0&k=0
Clement schützt Gaswirtschaft durch Energiegesetz
Von Birgit Marschall, Berlin
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement will die Gaswirtschaft vor einer zu harten Gangart der neuen Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post (REGTP) schützen. Hintergrund ist die Öffnung der Energiemärkte.
Das geht es dem Entwurf des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) hervor, der noch vor der Sommerpause Bundestag und Bundesrat passieren soll. Er liegt der FTD vor. Danach müssen künftig Betreiber von Energieversorgungsunternehmen "jedermann nach objektiven Kriterien diskriminierungsfrei" Zugang zu ihren Leitungsnetzen gewähren. Die Entgelte, die Dritte den Unternehmen für den Netzzugang bezahlen müssen, sollen "auf der Grundlage einer energiewirtschaftlich rationellen Betriebsführung kostenorientiert gebildet werden", heißt es im Entwurf des EnWG. Für die Gaswirtschaft enthält er an dieser Stelle jedoch einen einschränkenden Zusatz: "Bei Gasversorgungsnetzen kann als Folge bestehenden Leitungswettbewerbs davon abgewichen werden, sofern dies nicht zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung anderer Netznutzer führt."
Kritik der Grünen
Mit dieser und anderen Ausnahmeregelungen kommt Clement Forderungen der Gaswirtschaft entgegen. Sie hatte sich mit der Marktöffnung bisher schwerer getan als die Stromwirtschaft. Die Berücksichtigung gaswirtschaftlicher Interessen stößt vor allem bei den Grünen auf Kritik: "Der Gassektor wird viel zu zögerlich liberalisiert. Hier wünschen wir uns einen wesentlich mutigeren Ansatz", heißt es in einer Stellungnahme der Grünen-Fraktion im Bundestag. Das EnWG soll möglichst bis zum 1. Juli Vorgaben einer EU-Richtlinie umsetzen. Deutschland hatte sich jahrelang als einziges EU-Mitglied gegen eine Regulierungsbehörde gewehrt und auf Selbstverpflichtungen der Unternehmensverbände gesetzt. Es war damit nicht gut gefahren, so dass nun mit dem EnWG diese Linie aufgegeben und die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zusätzlich mit der Kontrolle der Gas- und Strommärkte betraut wird. Sie wird umbenannt in Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post.
Begünstigung der kleinen und mittleren Betriebe
Dem Entwurf zufolge sollen Versorger, die gleichzeitig Energie produzieren und Netze betreiben, diese Geschäftsbereiche voneinander trennen. Das so genannte Unbundling soll aber nicht für Unternehmen gelten, an deren Netz "weniger als 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind". Clement begünstigt damit kleinere und mittlere Unternehmen, denn das Unbundling verursacht Kosten. Zur Vermeidung von Quersubventionierungen sollen Energieunternehmen "jeweils getrennte Konten für jede ihrer Tätigkeiten" nachweisen.
Der REGTP räumt der Entwurf umfangreiche Prüf- und Sanktionsrechte ein. Die Grünen kritisieren hier, dass der Entwurf keine Hinweise bietet, wie umgekehrt Entscheidungen der REGTP für Betroffene nachprüfbar werden. "Es gibt keine Berichtspflicht der Behörde. Hier muss nachgebessert werden", sagte die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Michaele Hustedt. Auch müssten Rechte der Verbraucher stärker verankert werden. Das Verbraucherministerium müsse an der Fachaufsicht der REGTP beteiligt und der Behörde ein Verbändeausschuss angegliedert werden, der bei verbraucherschutzrelevanten Themen angerufen werden könne.
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1077345915972.html?nv=hpm
KANZLER IN AMERIKA / Berlin und Washington reden wieder. Aber nicht über ihr Zerwürfnis
Kartell des Vergessens
Gerhard Schröder geht unbeirrt den deutschen Weg. Damit spaltet er Europa und fügt der Wertegemeinschaft mit den USA Schaden zu.
Der deutsche Kanzler im Weißen Haus. Man schüttelt sich die Hände, lacht in die Kameras und spricht über die Zukunft. Das ist die neue Geschäftsgrundlage der deutsch-amerikanischen Beziehungen: Never explain, never complain – keine Rechtfertigungen, keine Beschwerden, sagte Gerhard Schröder schon im vergangenen Jahr. Und George W. Bush sekundierte beim letzten Treffen am Rand der UN-Generalversammlung: „Wir hatten Differenzen; sie sind vorbei, und jetzt werden wir zusammenarbeiten.“
Pragmatisch, praktisch, gut: Die Weltpolitik hat der unerwartet schnellen Annäherung das Drehbuch geschrieben. Bush benötigt Alliierte im Irak, um die eigenen Truppen zu entlasten und das Legitimitätsdefizit der faktischen Besatzungsmacht zu lindern. Schröder hat keine Verbündeten mehr, die – wie noch vor einem Jahr – bereit wären, eine Gegenmacht zu Washington zu bilden. Sogar Frankreich bereitet sich auf den Einsatz im Zweistromland vor, die eigenen Machtambitionen nüchtern mit den Interessen der heimischen Wirtschaft abwägend.
Miteinander zu sprechen ist allemal besser als übereinander – so viel sollte klar sein. Und wenn es nicht anders geht, muss die Vergangenheit eben ausgeklammert bleiben. Gleichwohl: Eine dauerhafte und vertrauensvolle Beziehung wird sich so niemals entwickeln. Die Triebkräfte, welche im Sommer 2002 zu einem Zerwürfnis sondergleichen geführt haben, mögen zwar gezähmt sein. Sie könnten aber jederzeit wieder politische Erdbeben erzeugen.
George W. Bush steht ein Wahlkampf gegen John Kerry bevor, jenen demokratischen Herausforderer, der als Einziger die Führungsstärke des „Kriegspräsidenten“ herausfordern kann. Der Amtsinhaber benötigt schnelle Erfolge im Zweistromland, um das Thema Irak zu neutralisieren. Würde er auch dann auf die Europäer zugehen, wenn der innenpolitische Druck geringer wäre? Und was ist mit den Falken in der Regierung, von Verteidigungsminister Rumsfeld über seinen Stellvertreter Wolfowitz bis zu Vizepräsident Cheney? Alle drei teilen die Überzeugung, dass das windelweiche Europa – mithin auch Deutschland – kein ernsthafter Partner mehr für das kraftstrotzende Amerika sein kann. Neben ihnen gibt es noch die kleinere Fraktion derer, die im alten Kontinent die größte Bedrohung der eigenen Handlungsfähigkeit sehen – Europa als „Heckenschütze“. Dass die Protagonisten dieser Richtungen derzeit schweigen, ist noch kein Beleg für einen Einstellungswandel.
Dem Hang zu einem unilateralen Imperialismus in Teilen des Washingtoner Establishments korreliert die sich verfestigende Tendenz zu klassischen Großmacht-allüren in Berlin. Der Kanzler redet wieder von einem „stolzen Land“, deutschem „Selbstbewusstsein“, „eigener Kraft“ und „nationalen Interessen“, die man nicht verstecken müsse. Das Wort vom „deutschen Weg“ verwendet er nicht mehr; allerdings nicht aus Einsicht in die Irrnis eines solchen Weges, sondern weil er selbstverständlich längst auf ihm unterwegs ist.
Schröders Politik spricht ihre eigene Sprache. Da wurde in wenigen Wochen der europäische Stabilitätspakt zertrümmert, jenes Vertragswerk, für das die deutsche Diplomatie jahrelang gekämpft hatte. Das war nicht nur ökonomisch falsch. Es sandte auch ein verheerendes Signal an die Beitrittskandidaten: Regeln gelten in Europa nur so weit, wie sie den Großen passen. Dann der Brief der sechs zur Begrenzung des EU-Haushalts auf ein Prozent des europäischen Bruttosozialprodukts. Natürlich kann Brüssel nicht die Mitglieder zum Sparen auffordern und selbst das Geld mit beiden Händen ausgeben. Doch müssen die Einzelstaaten auch zahlen, was sie bestellen. Darüber haben sie gemeinsam zu befinden, im Kreis der bald fünfundzwanzig – ohne von einer Gruppe unter deutscher Führung das Resultat ihrer Beratungen vorgeschrieben zu bekommen.
Auch das jüngste Berliner Werben um Ankara trägt Züge der neuen Lust am eigenmächtigen Entscheiden. Zweifellos hat ein Land mit mehr als zwei Millionen türkischstämmigen Einwohnern ein vitales Interesse an guten Beziehungen zur Türkei. Über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entscheiden jedoch alle EU-Staats- und Regierungschefs im Konsens. Wie viel Spielraum bleibt ihnen noch, wenn der Kanzler samt Außenminister Ankara schon heute auf ein positives Signal einstimmt? Die Frage stellt sich umso dringender, bedenkt man, dass ausgerechnet der deutsche Erweiterungskommissar Günter Verheugen der Regierungskonferenz den Bericht zur Beitrittsreife der Türkei vorlegen wird – ein Mann von Schröders Gnaden. Verheugen sagt nun, er sei es „wirklich leid, dass ununterbrochen der Türkei gesagt wird, was sie noch machen muss“. Dabei ist genau das sein Auftrag.
Derzeit scheint das Spielfeld für Berliner Sonderwege auf Europa beschränkt zu sein. Daher bekommen die unmittelbaren Nachbarn zu spüren, was vor Jahresfrist noch der Supermacht widerfuhr. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten arbeitet die Bundesregierung aber weiterhin auf jene multipolare Weltordnung hin, die in der Achse der Irak-Kriegsgegner für kurze Zeit aufflackerte. Des Kanzlers neue Freunde heißen Hu Jintao und Wladimir Putin, zwei Regenten, die amerikanische Dominanz – und westliche Werte – niemals akzeptieren werden.
Wer ein solches Streben nach mehreren Machtpolen ablehnt, redet keineswegs einer willfährigen Anbiederung an den Hegemon USA das Wort. Zwischen Deutschland und Europa auf der einen und Amerika auf der anderen Seite gibt es nicht zu leugnende Interessenkonflikte: über die Reduzierung von Treibhausgasen, über die Biowaffenkonvention, über den Internationalen Strafgerichtshof, über den Rechtsstatus der Gefangenen in Guantanamo Bay, auch über die Voraussetzungen und Bedingungen des Einsatzes militärischer Gewalt. In allen diesen Konflikten beruft sich Europa aber auf dieselben Werte, die Amerika selbst in Anspruch nimmt: die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, Rechtsstaatlichkeit, Fairness und die Pflicht der Regierung, die Freiheit gegen Angriffe von außen zu schützen.
Wenn Schröder und Bush ein echtes Gespräch unter Freunden führen, dann müssten sie darüber reden, wie sich diese Interessengegensätze vermitteln lassen: offen, ehrlich und unbequem. Auf „gleicher Augenhöhe“, wie Berlin stets verlangt, ist das allerdings nicht möglich. Denn anders als Deutschland besitzt Amerika nicht nur den Willen, sondern auch die Ressourcen, um Ordnungsvorstellungen selbstständig durchzusetzen.
merkur.de, 26.2.4
Prominenten-Initiative will Hanau-Export auf ganz eigene Art verhindern
Vom 27.02.2004
BERLIN/HANAU (dpa/lhe) Aus Protest gegen den geplanten Export der Hanauer Atomfabrik nach China will eine Initiative von Politikern und anderen Prominenten die Anlage selbst erwerben und dann verschrotten. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) starteten gestern die Initiative "Hanau selber kaufen". Bei der Aktion sollen 50 Millionen plus ein Euro zusammen kommen. Der Kaufpreis, den Siemens von China erhalten würde, beträgt angeblich 50 Millionen Euro.
Zu den Erstunterzeichnern der Initiative, die von Umweltverbänden unterstützt wird, gehören die Bundestagsabgeordneten Hermann Scheer (SPD), Winfried Nachtwei und Hans-Christian Ströbele (Grüne), der Sänger Konstantin Wecker, der Schauspieler Peter Sodann, der Schriftsteller Erich Loest, der Kabarettist Martin Buchholz und SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles. Das Auswärtige Amt hatte am Mittwoch mitgeteilt, die Prüfung des umstrittenen Atomgeschäfts mit China sei noch nicht abgeschlossen. Mit einer Entscheidung wird erst nach der Hamburger Bürgerschaftswahl am Sonntag gerechnet.
Quelle: http://www.wormser-zeitung.de/politik/objekt.php3?artikel_id=1384633
Die Bundesregierung und das Betreiberkonsortium Toll Collect haben den Vertrag über ihre Maut-Zusammenarbeit gleich dreimal unterschrieben. Anders als sie der Öffentlichkeit weismachen wollten, fand die Beurkundung dabei nicht in Berlin statt, sondern in der Schweiz. Zunächst unterschrieben die Vertreter der beteiligen Parteien das 17 000 Seiten dicke Dokument am 20. September 2002 in Zug. Weil an der Gültigkeit dieses Abschlusses Zweifel aufkamen, musste die Prozedur sieben Tage später wiederholt werden, diesmal in Basel. Doch die beteiligten Juristen waren sich nun nicht sicher, ob das Baseler Stadtrecht tatsächlich in ganz Europa gültig ist. Deshalb wurde die Unterzeichnung am 14. November 2002 erneut wiederholt. Diesmal nach Baseler Landrecht. Zu der Schau-Unterzeichnung am 20. September 2002, sagte der damalige Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig: "Das war keine Vertragsunterzeichnung, das war eine Erklärung über eine Vertragsunterzeichnung". Man habe ein "politische Dokumentation" abliefern wollen.
Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,288420,00.html
TOLL COLLECT UND ANDERE BEISPIELEAlle reden von Pleiten, Pech und Pannen - vielleicht wäre politische Korruption das passendere Stichwort
Ein viel zu geduldiger Stolpe hat sich von einem unverschämten Industriekonsortium an der Nase herumführen lassen. So oder ähnlich lauten fast alle Reaktionen auf das vorläufige Ende von Toll Collect. Dass Stolpe schneller und entschlossener hätte handeln müssen, dass die beteiligten Unternehmen immer wieder die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschritten haben, wer wollte das bestreiten. Aber ist das der Kern jener Angelegenheit, die einen passenden Namen noch nicht gefunden hat. Mautaffäre? Stolpeaffäre? Desaster für die deutsche Industrie? Vielleicht hat die Sache doch viel mehr als es scheint mit dem Kanzler selbst zu tun, und vielleicht wäre dann Staatsaffäre der richtige Titel. Denn eine ganz andere und zu den Fakten viel besser passende Interpretation würde lauten: Toll Collect ist ein für das System Schröder typischer Fall politischer Korruption.
Dabei geht es nicht, jedenfalls nicht primär, um persönliche Bereicherung durch Mandatsträger, nicht darum, sich zugunsten des eigenen Kontos bestechen zu lassen. Politische Korruption ist vielmehr ein Deal der besonderen Art: Den Gewählten, vor allem jenen, die aus den unteren Schichten stammen, wird Akzeptanz, Renommee, Vertrauen und freundliche Begleitung gewährt, wenn sie dem Establishment finanziell zu Diensten sind. Die einen bekommen den Ritterschlag, die anderen das Geld - zu Lasten aller anderen, versteht sich.
Ein Beispiel ist das Verhältnis zwischen Helmut Kohl und Leo Kirch. Kohl protegiert die Privatsender von Leo Kirch, wo er nur kann, und erhält im Gegenzug eine Berichterstattung über sich und seine Regierung, die angenehmer kaum sein könnte. Das Interesse der Allgemeinheit an kritischem, distanziertem Journalismus bleibt auf der Strecke. Aber im System Kohl war diese Art des Gebens und Nehmens eher eine Ausnahme. Das wichtigste Fundament seiner Regentschaft war die innerparteiliche Korruption: Wer brav dem Dicken folgt, wird gefördert.
Schröder dagegen pflegt einen ganz anderen Stil. Adressat seiner Verlockungen sind nicht die Soldaten der Partei, sondern die Spitzen der Gesellschaft. Nichts gegen sie zu unternehmen, ist gut. Ihre Interessen aktiv zu fördern, ist noch besser. Am besten aber ist es, ihnen handfeste Vorteile zu verschaffen und im Gegenzug kulturelles Kapital zu ernten. So jedenfalls scheint er seine Spielregeln zu definieren.
Ein erstes Beispiel ist die Rettung des konkursbedrohten Holzmann-Konzerns im Spätherbst 1999. Nach einem Gespräch des Kanzlers mit den Vorständen der finanzierenden Banken ist plötzlich die Kuh vom Eis. Schröder lässt sich feiern. Vier Wochen später beschließt die Bundesregierung in einem vorweihnachtlichen Coup die Steuerfreistellung der sogenannten Veräußerungsgewinne. Davon profitieren in erster Linie die Großbanken und Großversicherungen, die nun ihre umfangreichen Unternehmensbeteiligungen steuerfrei verkaufen können. Der Verdacht, dass hier ein Zusammenhang besteht, liegt nahe, aber lässt sich wie fast immer, wenn es um politische Korruption geht, nicht beweisen.
Nach der Holzmann-Episode hält Schröder an seinem Kurs fest. Die ganz Großen zu begünstigen, wird zu einer Konstante seiner Regierung. Dass die Körperschaftssteuern radikal und pauschal auf 25 Prozent gesenkt werden, mag noch als ganz normale Standort-Förderung gelten, der sich moderne Sozialdemokraten nicht verschließen wollen. Beim Kleingedruckten zeigt sich allerdings wieder, dass vor allem die Konzerne profitieren. Denn nur sie können mit ihrer Manpower, mit ihren versierten Bilanzabteilungen, das nahezu uneingeschränkte Recht, Verluste und Gewinne vor- und zurückzutragen, auch nutzen. So werden Zustände geschaffen, die in keinem Steuerparadies zu finden sind. Kapitalgesellschaften zahlen im Jahr 2001 per saldo keinen Cent Körperschaftssteuer und bekommen vom Staat 426 Millionen Euro erstattet. Später brechen die Gewerbesteuern ein. Wahrend Allianz und Deutsche Bank feiern, bluten die Kommunen.
In der Spätphase der ersten rot-grünen Legislaturperiode mehren sich die Anzeichen, dass dem System Schröder auch eine ganz persönliche Komponente nicht fremd ist. Im Sommer 2002 lässt Wirtschaftsminister Müller gegen die Bedenken des Bundeskartellamtes die Übernahme der Ruhrgas AG durch E.ON genehmigen. Hat Müller verstanden, dass er ohne Vorleistung kaum Chancen hat, später, nach seiner schon damals absehbaren Demissionierung, einen Millionen-Vertrag von der Industrie zu bekommen? Der Verdacht liegt nahe, aber Beweise gibt es wiederum nicht. Heute jedenfalls ist Müller Chef der E.ON-Tochter Ruhrkohle.
Passt womöglich auch Toll Collect in dieses Schema? Die FAZ stellt "Perspektiven privater Alterssicherung" in den Raum: "... und damit ist nicht ein schon vergessener Herr Bodewig gemeint." Bislang gibt es allerdings keine belastbaren Hinweise, nur Fragen, die viel zu wenig gestellt werden. Warum wurde der Vertrag, der angeblich 6.000 Seiten umfasst, innerhalb weniger Wochen ausgehandelt und zwei Tage vor der Bundestagswahl am 20. September 2002 abgeschlossen? Wie ist der Druck zu erklären, der offenbar für die Wahrung öffentlicher Interessen keinerlei Zeit ließ? Hat die Bundesregierung die einseitige Risikoverteilung und den weitgehenden Haftungsausschluss möglicherweise nicht fahrlässig, sondern bewusst akzeptiert? Gab es im Gegenzug Versprechungen der besonderen Art?
Diese Fragen werden vermutlich nie beantwortet. So geheim die Spitzengespräche im kleinen Kreis bleiben, so offenkundig ist allerdings auch, dass in diesem Fall die Kalküle beider Seiten, welche sie auch immer gewesen sein mögen, nicht aufgegangen sind. Ausnahmsweise ist nicht das Wohl der Allgemeinheit der alleinige Verlierer. Nun könnte Toll Collect Anlass sein, mit dem System wechselseitiger Vorteilsgewährung zu Lasten Dritter Schluss zu machen. Dazu kommt es natürlich nicht. Wer sollte das auch fordern und durchsetzen? Denn immer wenn die Mächtigsten mit von der Partie sind, muss auch die Opposition still halten. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Kauder hat das verstanden: "Ein Untersuchungsausschuss ist jetzt nicht das Thema, da er die aktuellen Probleme nicht löst."
schön wäre es noch wenn der rest dieser "grünen" fundamentalisten, über den Unsinn ihres politischen auftrages nachdenken würden.
sl mach weiter so!
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gruß
proxi
wir haben gerade dieses Posting wegen Verstoßes gegen die Forumrichtlinien aus dem ARIVA.DE-Diskussionsforum gelöscht.
Ihr ARIVA.DE-Team
aber satyr contenance, bitte!
auch als verlierer, muß man nicht gleich unter die niveauschwelle eines normalen deutschen sinken.
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gruß
proxi
Schröder räumt „schmerzliche“ Niederlage ein
01. März 2004 Nach dem überwältigenden CDU-Wahlsieg in Hamburg hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Niederlage seiner Partei eingestanden.
„Keine Frage, das Ergebnis in Hamburg ist schmerzlich für die SPD“, sagte Schröder am Montag vor einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin, an der auch der Hamburger SPD-Spitzenkandidat Thomas Mirow teilnahm. Schröder plane auch weiterhin keine Kabinettsumbildung. „Hier gilt das Kanzler-Wort: Jeder bleibt an seinem Platz“, sagte Regierungssprecher Bela Anda am Montag in Berlin. Diese Festlegung Schröders sei „von Dauer“. Der Hamburger SPD-Wahlverlierer Thomas Mirow wird möglicherweise in die Bundespolitik wechseln. Schröder sagte, er erwarte, daß er mit Mirow auch künftig zusammenarbeiten werde, „in welcher Funktion auch immer“. Der SPD-Spitzenkandidat hatte nach dem Wahlabend angekündigt, er werde sich aus der Hamburger Politik zurückziehen.
Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust mahnte seine Partei, nach dem Gewinn der absoluten Mehrheit „nicht übermütig“ zu werden. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sprach mit Blick auf die in diesem Jahr noch anstehenden Europa-, Landtags- und Kommunalwahlen von einem „guten Start“ der CDU.
Historischer Sieg
Ole von Beust kann künftig in der Hansestadt allein regieren. Bei dem vorgezogenen Urnengang errang die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Beust am Sonntag die absolute Mehrheit der Sitze. SPD und Grüne verfehlten ihr Ziel, wieder die Macht in Hamburg zu übernehmen. Die Liberalen werden nicht mehr im Landesparlament vertreten sein, ebenso wie die neue Gruppierung ProDM/Schill und die Partei Rechtsstaatlicher Offensive.
Stärkste politische Kraft wurde nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit Zuwächsen von rund 20 Prozent die CDU mit 47,2 Prozent. Die SPD kam auf 30,5 Prozent. Die Grünen (GAL) verbesserten sich auf 12,3 Prozent. Die FDP kam nur auf 2,8 Prozent. Den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde verpaßten auch die Partei Rechtsstaatlicher Offensive (0,4 Prozent) sowie Pro DM/Schill (3,1 Prozent).
„Signal für das lange Wahljahr"
Die CDU-Vorsitzende Merkel nannte das Hamburger Ergebnis ein "Signal für das lange Wahljahr". Beust habe gezeigt: "Mut rentiert sich." Die Union werde künftig klar Position beziehen. Merkel führte das Ergebnis zwar auf die Beliebtheit Beusts zurück, sagte aber auch: "Beust ist ganz unstreitig in der CDU." Sie kündigte an, daß die Union nun im Bund verstärkt klare Konzepte vorlegen werde, so in der Steuer- und Rentenpolitik. Dabei werde die CDU bevorzugt mit der FDP zusammenarbeiten. Zur Bundespräsidentenwahl sagt Merkel, die Entscheidung werde in den nächsten Tagen fallen. Es bleibe dabei, daß die Union mit der FDP einen gemeinsamen Kandidaten stellen wolle. Beust sagte, die Hamburg-Wahl sei "insoweit interessant gewesen, weil es sich gezeigt hat, daß die CDU sich auch Bereichen öffnen kann, wo sie sonst nicht so hinkommt". Das Ergebnis zeige, wie die CDU auch in Großstädten erfolgreich sein könne. Die Strategie, auf eine absolute Mehrheit zu setzen und keine Leihstimmenkampagne zugunsten der FDP zu fahren, sei wohlüberlegt und auch mit der Partei abgesprochen gewesen. Eine solche Hilfe für einen möglichen Koalitionspartner wäre nach seinen Worten auch durch das Wahlrecht erschwert gewesen, das keine Zweitstimme vorsehe; das soll sich, wie die Bürgerschaft bereits beschlossen hatte, bei der nächsten Wahl ändern.
Der designierte SPD-Vorsitzende Müntefering dankte dem Spitzenkandidaten seiner Partei. Mirow habe einen "guten, großen Wahlkampf" geführt und - gemessen an den zwischenzeitlich noch schlechteren Umfragewerten - "aufgeholt auf der Strecke". Das Ergebnis sei "nicht befriedigend", doch sah Müntefering darin einen "Hoffnungsschimmer, daß es vorangehen kann". Die Personalisierung sei der CDU "hervorragend gelungen". Müntefering gestand auch ein, daß die Bundespolitik seiner Partei keinen "Rückenwind" gegeben habe, "dessen sind wir uns bewußt". Müntefering kündigte an, daß die Regierung die Reformen fortsetzen werde. Doch wies er darauf hin, daß die Verhältnisse in Stadtstaaten "etwas anders" seien als anderswo, und äußerte die Erwartung, daß sich das bei den 13 anderen in diesem Jahr bevorstehenden Wahlen in Ländern, Kommunen und vor allem bei der Europawahl im Juni ändern werde.
„Erste Ohrfeige für die SPD der Müntefering-Ära"
Nach Auffassung des CSU-Vorsitzenden Stoiber ist die SPD in Deutschland nicht mehr mehrheitsfähig. "Die Menschen vertrauen vielmehr der Union", sagte der bayerische Ministerpräsident. Selbst in ihren einstigen Hochburgen sei die SPD im 30-Prozent-Tal angekommen. Der CDU-Generalsekretär Meyer sagte: "Das Ergebnis ist der größte Zuwachs, den die CDU je in einer Wahl erzielen konnte." Meyer bezeichnete es als die "erste Ohrfeige für die SPD der Müntefering-Ära". Der Hoffnungsträger der SPD sei "entzaubert, bevor er überhaupt in sein neues Amt gewählt ist." Die Lehre für die Sozialdemokraten müsse lauten: "Personalrochaden alleine bringen nichts; die Menschen in diesem Land brauchen einen Politikwechsel." Schon am Sonntag abend erhoben sich in der SPD kritische Stimmen gegen die Regierungspolitik. Der niedersächsische Landesvorsitzende Jüttner forderte "mehr Sorgfalt im Reformprozeß". Die Notwendigkeit, vor den Reformen sorgfältig die sozialen Folgewirkungen zu klären, sei durch das Wahlergebnis "noch mal unterfüttert worden", sagte Jüttner. Doch fügte er hinzu, generell gelte für die SPD: "Jetzt erst recht."
Die FDP-Generalsekretärin Pieper gestand ein, ihre Partei habe "ihr Ziel nicht erreicht." Pieper sagte auch, das Ergebnis laufe gegen den Trend, den die Umfragen im Bund widerspiegelten; dort werde die FDP derzeit bei neun Prozent gesehen. Pieper sagte, die Wahl des Bundespräsidenten solle nicht zum Spielball parteipolitischen Kalküls gemacht und deshalb nicht mir der Wahl in Hamburg verknüpft werden. Dies würde das Amt beschädigen. Die Möglichkeit eines eigenen FDP-Kandidaten bleibe weiter bestehen, das müsse in Ruhe besprochen werden.
CSU-Generalsekretär Söder sagte hingegen: "Wir brauchen einen Politikwechsel in Deutschland, und der Bundespräsident ist dafür ein Symbol." Er nannte das Wahlergebnis ein "absolutes Debakel" für die SPD. Egal, wer Parteivorsitzender der Sozialdemokraten sei, "die Menschen wollen diese Bundesregierung nicht mehr", sagte Söder. Das Wahlergebnis sei ein erster Denkzettel für Bundeskanzler Schröder im "Superwahljahr". Der niedersächsische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vorsitzende Wulff bezeichnete das Ergebnis als "klare Absage an Rot-Grün in Deutschland" und forderte den Rücktritt Schröders.
„Beispiellose Diffamierungskampagne der Medien"
Die Grünen-Bundestagsfraktionsvorsitzende Sager bewertete das gute Abschneiden ihrer Partei als "schöne Bestätigung für die Politik der Grünen im Bund". Sie sei erleichtert, "daß die Hamburger klug genug gewesen sind und nicht mehr auf Schill hereingefallen sind". Die GAL-Spitzenkandidatin Goetsch sagte: "Wir haben nach gerade mal zwei Jahren in der Opposition wieder deutlich zugelegt, das ist erst einmal ein Grund zur Freude." Der amtierende SPD-Generalsekretär und Hamburger Landesvorsitzende Scholz sagte, bei der Wahl habe es den durch den geplanten Wechsel an der Parteispitze im Bund erhofften Rückenwind nicht gegeben.
Der CDU-Landesvorsitzende Fischer sprach von "einem Traum, der in Erfüllung gegangen ist". Er stehe "voller Bewunderung vor der Weisheit der Hamburger Bürger". Der Vorsitzende der Hamburger SPD-Fraktion, Zuckerer, führte das Ergebnis für seine Partei auf die "ganz harten" Rahmenbedingungen zurück. Es sei "wochenlang über Bundespolitik diskutiert" worden.
Schill beklagte eine "beispiellose Diffamierungskampagne der Medien" gegen seine Person. Er kündigte an: "Wenn ich nichts verändern kann in dieser Stadt und in diesem Land, dann wandere ich in der Tat aus." Als wahrscheinliches Auswanderungsziel nannte der ehemalige Amtsrichter Südamerika. Schill beklagte sich bitter über das Verhalten seines ehemaligen Koalitionspartners Beust, dem er 2001 trotz seines damaligen schlechten Wahlergebnisses zur Regierung verholfen hatte. Schill warf ihm sogar "Aufruf zu Straftaten" vor, weil Beust gesagt habe, er freue sich über jedes Plakat von Schill, das er nicht sehen müsse. Schill schrieb sich und seiner Amtszeit als Innensenator zugute, daß in der Kriminalitätsstatistik der "stärkste Rückgang in den letzten fünfzig Jahren zu verzeichnen gewesen" sei. Das sei nicht honoriert worden. Der FDP-Spitzenkandidat Soltau hielt sich zugute, erst wenige Monate in seinem Amt als Bildungssenator gewesen zu sein: "Für mich kam die Wahl etwas früh."
Die Wahl war nötig geworden, weil das seit 2001 regierende Bündnis zwischen CDU, FDP und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive wegen verbaler Attacken Schills gegen Beust im vergangenen Dezember zerbrochen war. Beust hatte Schill schon im August 2003 als Senator entlassen, nachdem dieser ihn persönlich diffamiert und angeblich erpreßt hatte. Schill verließ seine Partei und trat in einer neugegründeten Partei ProDM/Schill an. Beust hatte während des kurzen Wahlkampfes als Ziel die absolute Mehrheit für die CDU genannt. SPD und GAL wollten das 2001 abgewählte rot-grüne Bündnis wiederbeleben, hatten aber beide eine Koalition mit der CDU nicht ausgeschlossen.
Anders als vor zwei Jahren, als die innere Sicherheit wichtigstes Wahlkampfthema war, das Schill und seiner von ihm gegründeten Partei fast 20 Prozent der Stimmen brachte, standen dieses Mal Bildungs- und Gesundheitspolitik im Vordergrund. Die Wähler lehnten am Sonntag auch in einer Volksabstimmung den Verkauf der Hamburger Mehrheitsanteile an den überschuldeten Landeskrankenhäusern ab.
Die CDU hatte ihre Wahlkampagne ganz auf Beust zugeschnitten. Der Bürgermeister genießt persönlich trotz schlechter Umfragewerte für die Arbeit des von ihm geführten Senats eine hohe Beliebtheit. Um seine Popularität für die CDU zu nutzen, hatte Beust schon kurz nach dem Ende der Koalition im Dezember die Wahl als Abstimmung über seine Person bewertet. Falls er nicht wieder zum Bürgermeister gewählt werde, ziehe er sich aus der Politik zurück. Die SPD hatte ihrem auf Hamburger Sachthemen setzenden Spitzenkandidaten Mirow ein "Kompetenzteam" möglicher Senatoren zur Seite gestellt. Bei der Wahl 2001 hatte sich die SPD, auch wenn sie die Macht nach mehr als vier Jahrzehnten im Senat verlor, noch mit 36,5 Prozent als stärkste politische Kraft behaupten können.
Text: FAZ.NET / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. März 2004
Bildmaterial: AP, FAZ.NET
Quelle: http://www.faz.net/s/...36815F5B84570FCDAC~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Die "Nachdenklichen"
Renate Schmidt (SPD) als Bundespräsidentin
Sisyphos ist Sozialdemokrat
Franz Müntefering weiß natürlich, dass er die Hamburg-Wahl nicht verschweigen darf. Gerade vor einem solchen Publikum nicht. Die vielen Sozialdemokraten, die am Montag bei einer Parteikonferenz im Berliner Roten Rathaus über ihre Strategie für die Europawahl diskutieren, erwarten Aufmunterung. Und da Genossen-Motivation nun mal die wichtigste Aufgabe des künftigen SPD-Vorsitzenden ist, versucht er es mit Humor.
Es sei eine schlimme Wahlniederlage gewesen, gibt Müntefering unumwunden zu, "aber damit haben wir unsere Pflicht für dieses Jahr getan". Von nun an werde alles besser werden, verspricht er vor allem jenen im Saal, die in den kommenden Monaten bei den Wählern um einen Platz im Europaparlament werben müssen. Auch Sisyphos sei klar gewesen, erinnert der designierte Parteichef an den "von uns allen in unserer Jugend so gerne gelesenen Albert Camus", dass der Stein den Berg hinunterrollt. Und trotzdem habe Sisyphos ihn immer wieder hinaufbefördert. Kämpfen, lautet die Botschaft Münteferings, auch wenn es sinnlos erscheint.
Kritik der Linken
Ein ähnliches Signal hatte kurz zuvor in der Parteizentrale Olaf Scholz ausgesendet. Das Ergebnis zeige erste Spuren eines positiven Müntefering-Effekts, die Stimmung verbessere sich, die SPD habe zu ihrer Kampfkraft zurückgefunden, zog der noch amtierende Generalsekretär seine Schlussfolgerung aus der Hamburg-Wahl.
Hinter verschlossenen Türen fiel die Analyse aber deutlich differenzierter aus. Die Lage der SPD sei "sehr nachdenklich" diskutiert worden, wie ein Teilnehmer im Anschluss an die Präsidiumssitzung berichtete. Zwar seien alle sich einig gewesen, dass der Reformkurs beibehalten werden müsse. Auf der anderen Seite dürfe die Partei diesem Kurs auch nicht geopfert werden. Die SPD-Spitze könne nicht zusehen, wie die Basis sich aufreibe.
Vertreter der Parteilinken in der Runde wie Andrea Nahles und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul wiesen in diesem Zusammenhang besorgt auf die "Sozialdemokratisierung" der CDU-Spitzenpolitiker hin. Während einige Ministerpräsidenten der SPD sich im Moment eher wie kalte Neoliberale gebährdeten - gemeint war offenbar Nordrhein-Westfalens Regierungschef Peer Steinbrück -, gäben sich Amtskollegen von der CDU wie Christian Wulff (Niedersachsen) oder der Wahlsieger von Hamburg, Ole von Beust, als smarte Konsenspolitiker.
Die Vertreter der Parteilinken kritisierten zudem, dass einige SPD-Länderchefs und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement nach wie vor die geplante Ausbildungsumlage der Wirtschaft öffentlich in Frage stellten. Dies sei für die eigene Anhängerschaft sehr problematisch und müsse endlich eingestellt werden, verlangten Nahles und Wieczorek-Zeul. Müntefering, der die Ausbildungsumlage vorantreibt, unterstützte die Kritik nachdrücklich. Eine grundlegende Kursänderung oder Nachbesserungen an bereits angestoßenen Reformen kamen hingegen nicht zur Sprache.
Geheimplan Renate S.
Ein weiteres, politisch brisantes Thema dieser Woche wurde nur am Rande gestreift. Offenbar geht die SPD-Spitze davon aus, dass die Opposition sich auf Wolfgang Schäuble als Kandidat für die Bundespräsidenten-Wahl festlegen wird. Nach Angaben von Teilnehmern hielt der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck es jedenfalls für notwendig auszusprechen, was in der rot-grünen Koalition seit langem unumstritten ist: Die SPD würde Wolfgang Schäuble in der Bundesversammlung auf keinen Fall mitwählen.
Die Frage nach einem eigenen Kandidaten wurde nach der Sitzung von Generalsekretär Scholz zwar wie üblich verneint. Nach Informationen der Berliner Zeitung gibt es einen solchen Plan dennoch. Sollte die Union Schäuble tatsächlich ins Rennen schicken, wollen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Müntefering Renate Schmidt überreden, doch für das Amt zu kandidieren. Zwar hat die Bundesfamilienministerin immer wieder gesagt, dass sie dafür nicht zur Verfügung stehe. Aber wenn die Partei es von ihr erwartet, "und das tut sie", wie es in SPD-Kreisen hieß, dürfte ein konservativer Kandidat Schäuble wohl eine rot-grüne Konkurrentin bekommen.
BZ, 2.3.4
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Im Packeis
Ortstermin: Reformministerin Ulla Schmidt beim Solo-Auftritt in "Harry's New York Bar" in Berlin
Über ihr hängen die Bilder der US-Präsidenten, von George W. bis George W. In der fein verrauchten Lounge-Luft schwebt noch ein Rest Charlie Parker, "Barbados". An den Cocktailtischen lehnen 80, 90 Erfolgreiche, alle privat versichert, und Ulla Schmidt weiß, dass sie jetzt sehr allein ist.
"Bitte, Frau Ministerin", sagt der Herr neben ihr. Er sieht ein wenig aus wie Frank Steffel von der CDU, ist es aber nicht. Es ist Said Yasavoli, der die "berlinlounges" im Grand Hotel Esplanade organisiert. Treffen, um Business-Kontakte zu machen. Die Reden sind das Beiprogramm. Yasavoli hat die Ministerin eingeladen, weil niemand in Deutschland im Moment mehr Gegner hat als sie: "Bitte sehr."
"Danke schön." Schmidt trägt Schwarz und hat einen Schal um den Hals gelegt. Sie soll über Reformen reden. Über den Umbau von Deutschlands Sozialsystemen. Die Herren halten Gläser in der Hand.
Hinter der Ministerin liegt ein Tag dieser Reformen. Ein Tag voller Besprechungen, Gegengutachten, Lobbybriefen, Quartalszahlen und Referentenentwürfen, zwischendurch eine hochrangige Delegation aus Paris, unangenehme Telefonate und eine Pressemappe, in die sie schon gar nicht mehr hineinschauen möchte.
Sie redet. Ihre Referentin hat ihr ein paar Namen gezeigt, die hier irgendwo in den Anzügen stecken, Industrieleute, der BASF-Vertreter, die Frau von IBM. Ulla Schmidt redet einfach los. Sie sagt Sätze wie: "... müssen mehr Investitionen in die Köpfe unserer Jugend getätigt werden. Dass das ein Punkt ist." Zwischen den Sätzen senkt sie den Blick, als schaute sie auf etwas hinunter. Aber da ist nur die Tastatur des weißen Barflügels, kein Manuskript.
"... Rahmenbedingungen für Technologie verbessern, weil wir wissen, dass soziale Sicherungssysteme geschaffen oder verbessert werden ..."
Wenn nach einem Reformtag voller Termine im Amt frei geredet werden soll, dann verschachteln sich die Nebensätze, liegen vier-, fünffach gestaffelt und gesättigt mit "Ich sage mal"-Kanzlerismen, Zahlen und zigfach erprobten Bausteinen: "... was wichtiger war, der Man on the moon oder die Herzverpflanzung? Für Menschen, die krank sind, gewiss die Herztransplantation ..."
In der Linken hält sie das Mikrofon. Die rechte Hand ist ständig in Bewegung, greift, schneidet und ballt sich, schiebt, krallt und flattert wie außer Kontrolle. Manchmal bleibt Ulla Schmidt im Satz stecken und schaut auf ihre weiterredende Hand, als erwarte sie Hilfe.
"... das Zweite ist auch, wir müssen dann sagen, dass Wirtschaftswachstum nicht ausreicht zu Wohlstand wie früher, sondern dass auch Beschäftigung grundlegend ist ..."
Manchmal lächelt sie strahlend bei einem Wort, und man weiß nicht genau weshalb. Es heißt, Politiker tragen ihr Lächeln wie eine Stoßstange. Ulla Schmidts Lächeln ist der Bug eines Eisbrechers.
Sie redet und lächelt und weiß, dass selbst die Garderobenfrau draußen sie heimlich verwünscht. Nichts von dem, was sie macht, ist populär. Aber es ist richtig. Ulla Schmidt redet weiter. Sie hat sich vorgenommen, das durchzustehen.
Auf der anderen Seite des Barflügels, der Ministerin genau gegenüber, steht ein unauffälliger Mann in dunklem Anzug, die Arme verschränkt, und hört zu. Es ist Herr G. aus Essen. Er baut Schiffspropeller. Die größten des Kontinents. Er weiß alles über Gießverfahren. Er kann erzählen, dass U-Boote gern achtflügelige Schrauben haben, dass man den Typ eines Schiffes an der Gestalt seiner Schraube erkennen kann, dass es Speziallegierungen gibt, Verstellpropeller, und wie atemberaubend schön es ist, wenn 110 Tonnen flüssige Manganbronze in die Gussform stürzen. Herr G. ist in die Lounge gekommen, um zu hören, was die Superministerin über die Zukunft zu sagen hat.
"... dazu gehört eine Reihe Ziele, die wir brauchen. Wir haben aber immer mehr auch ältere Menschen ..." Ulla Schmidt spricht von Nachhaltigkeitsfaktoren, von einer "Herausforderung des hohen Wirtschaftsstandorts" und von der Arzneimittelpreisspannenverordnung. "... da wollen wir noch weiter gehen und das auch zusammen mit der Industrie. Ich sage das mal in zwei Punkten, die wirklich wichtig sind ..." Sie redet und redet, und jedem ist klar, was für ein trostloser Job es ist, Politiker zu sein.
Herr G. schaut auf Ulla Schmidt. Er wird nachher eine Frage stellen, eine einfache Frage, weshalb Medikamente im Ausland billiger sind. Er wird ein eisweißes Lächeln als Antwort erhalten und viele Worte und nicht wissen, was eigentlich gemeint ist. Herr G. wird dann noch eine scherzhafte Frage stellen und merken, dass sie nicht verstanden wird. Dann wird er nichts mehr sagen. Er wird denken: Wieso tut die sich das an?
Herr G. könnte erzählen, wie elf Meter breite Schiffspropeller nachts im Sondertransport über die Landstraßen Mecklenburgs gekarrt werden, wie die Schrauben mit einer Speziallagerung um die Alleebäume herumgeschlängelt werden müssen, und wie lang es dauert, bis solch eine gewaltige Masse Metall abkühlt.
Doch wirklich staunen tut Herr G. über etwas anderes.
ALEXANDER SMOLTCZYK
Konjunktur Deutschland: Mit großem Abstand hinterher
Karneval scheint für die Konjunktur kein gutes Datum zu sein. Erst enttäuschte das Statistische Bundesamt an Weiberfastnacht mit der Meldung, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2003 real nur um magere 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen ist.
Am Karnevalsdienstag brach dann wider Erwarten der Ifo-Geschäftsklimaindex – der wichtigste Frühindikator für die deutsche Wirtschaft – um 1,1 auf 96,4 Punkte ein. War am Aschermittwoch schon alles vorbei? Der Aufschwung schon zu Ende, noch bevor Bürger und Unternehmen ihn richtig wahrgenommen haben?
Konjunkturexperten warnen zwar davor, den jüngsten Rückgang des Ifo-Index bereits als Signal für den Abschwung zu werten. Erst wenn der Index drei Monate in Folge sinkt, sei dies ein sicheres Signal für einen konjunkturellen Wendepunkt. Dass es so kommen könnte, ist jedoch nicht auszuschließen, da die Euro-Stärke die Exporte zunehmend bremst. Sinkt der Ifo-Index weiter, würde dies auf eine Abschwächung der Konjunktur im zweiten Halbjahr 2004 hindeuten. Wie gefährdet der Aufschwung noch ist, zeigt schon eine genaue Analyse der Wachstumskomponenten für das vierte Quartal 2003. War es im dritten Quartal allein dem kräftigen Anstieg der Exporte zu verdanken, dass die deutsche Wirtschaft nicht in die Rezession stürzte, so hat sich das Bild im Jahresschlussquartal umgekehrt: Die Exporte verloren unter dem Eindruck der Euro-Aufwertung deutlich an Schwung; diesmal war es die Inlandsnachfrage, die mit einem Zuwachs von 1,0 Prozent das BIP stützte. Vor allem die Lagerdispositionen der Unternehmen kurbelten mit einem Wachstumsbeitrag von 0,9 Prozentpunkten das BIP an – die Firmen reduzierten ihre Lagerbestände weniger stark als im dritten Quartal, was die Bremswirkung auf die Produktion minderte. Ein Zeichen für einen dynamischen Aufschwung ist dies jedoch nicht. Dazu müssten die Firmen in Erwartung einer anziehenden Nachfrage ihre Lager kräftig aufstocken.
Auch der Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen, die im vierten Quartal erstmals seit drei Jahren wieder zulegten (plus 1,9 Prozent), ist nur ein kleiner Hoffnungsschimmer. Noch immer stehen bei den Firmen Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen im Vordergrund. Neue Jobs entstehen jedoch erst dann, wenn die Firmen auch in die Erweiterung ihrer Kapazitäten investieren. Die aktuelle Diskussion um die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe und weitere Steuererhöhungen dürfte den Firmen jedoch die Lust rauben, ihre Kapazitäten hier zu Lande aufzustocken. Lieber gehen sie ins Ausland und schaffen dort neue Arbeitsplätze.
Für die deutschen Arbeitnehmer ist das keine gute Nachricht. Sie halten sich daher beim Konsum weiter zurück. Im vierten Quartal brach der private Verbrauch um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal ein. Neben der schrumpfenden Beschäftigung wirkten sich die Kürzungen beim Weihnachtsgeld und bei den Bonuszahlungen negativ auf das verfügbare Einkommen aus, es sank ebenfalls um 0,4 Prozent. Hinzu kommt, dass der Zickzackkurs der rot-grünen Bundesregierung bei den Reformen die Bürgern verunsichert und ihnen die Lust am Einkaufen nachhaltig verdorben hat. Die Nachrichten über immer neue Löcher in den Kassen der Sozialversicherungen und die wieder aufflammenden Debatten über Steuererhöhungen haben dazu geführt, dass die Bürger ihre langfristigen Einkommenserwartungen drastisch nach unten korrigieren und sich beim Einkaufsbummel zurückhalten.
Daran dürfte sich in den nächsten Monaten wenig ändern. Eine Besserung auf dem Arbeitsmarkt ist nicht in Sicht, in der Regierung haben die Reformgegner an Einfluss gewonnen, die versprochenen Beitragssenkungen in den Sozialversicherungen zum Ausgleich von Praxisgebühr und höheren Zuzahlungen rücken in weite Ferne. Eine Erholung des Konsums wird sich unter diesen Umständen nicht einstellen. Deutschland dürfte daher auch beim aktuellen Konjunkturaufschwung anderen Ländern mit großem Abstand hinterherfahren.
Quelle: http://www.wiwo.de/pswiwo/fn/ww2/sfn/buildww/cn/...depot/0/index.html
Entspannung auf dem deutschen Arbeitsmarkt gibt es auch zum Ende des Winters nicht: Die Zahl der Arbeitslosen ist im Februar auf 4,64 Millionen gestiegen. Dies bedeutete gegenüber dem Vormonat einen Anstieg um knapp 44.000, teilte die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mit. Die Arbeitslosenquote lag im Februar bei 11,1 Prozent nach elf Prozent im Januar. Der neue BA-Chef Frank-Jürgen Weise sagte, die jüngste ungünstige Entwicklung der Arbeitslosigkeit resultiere vor allem daraus, "dass die konjunkturellen Belastungen zuletzt nicht mehr durch Arbeitsmarktpolitik ausgeglichen wurden". Außerdem führte er die Zunahme auf die strenge Witterung zurück. Ein unmittelbarer Vergleich mit dem vergangenen Jahr ist wegen einer Änderung der statistischen Erfassung nur wenig aussagekräftig. So werden seit Jahresanfang die Teilnehmer so genannter Trainingsmaßnahmen (etwa 100.000 Personen) nicht mehr als arbeitslos gezählt. Das neue statistische Raster bei der Erfassung von Arbeitslosen hatte der Gesetzgeber vorgeschrieben. Die deutsche Statistik sollte damit an EU-Normen angepasst werden.
*lol*
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