Devisenspekulanten legten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit dem Fall des Euro unter die als Kursuntergrenze festgelegte Marke von 1,20 Franken ein dickes Ei ins Osternest. Denn zum ersten Mal konnte die SNB ihr Ziel, die Untergrenze bedingungslos zu verteidigen, nicht einhalten.
"Diese Unterschreitung ist sicher nicht hilfreich für die Glaubwürdigkeit der Nationalbank", sagt Janwillem Acket, Chefökonom der Bank Julius Bär, gegenüber cash. Aber nicht nur das: "Dies ist ein Warnschuss des Marktes an die zögerliche Haltung des Bundesrats", betont Acket.
Er spricht damit das "Providurium" an der Spitze der Nationalbank an. Seit dem Rücktritt von Philipp Hildebrand am 9. Januar 2012, der über die Dollar-Affäre gestolpert war, fungiert das Direktoriumsmitglied Thomas Jordan als Interims-Präsident. Damit ist seit über drei Monaten unklar, wer neuer SNB-Präsident wird.
"Loch" im SNB-Devisensystem
Acket appelliert an den Bundesrat: "Die Vakanz muss nun möglichst schnell geschlossen werden." Das fordern Politiker und Ökonomen bereits seit Wochen. Ende Februar sagte Economiesuisse-Präsident Gerold Bührer in einem cash-Interview: "Das SNB-Präsidium muss möglichst schnell besetzt werden. Eine Ernennung erst im April ist viel zu spät."
Thomas Flury, Devisenspezialist bei der UBS, ortet ein Glaubwürdigkeitsproblem bei der Schweizer Notenbank vor allem auf technischer Ebene. "Banken haben ein Loch im Devisensystem der SNB gefunden und konnten so die Kursuntergrenze kurzzeitig unterschreiten", sagt Flury gegenüber cash. "Diese Panne ist peinlich für die SNB und kratzt an ihrer Glaubwürdigkeit, die Kursuntergrenze ohne Wenn und Aber zu halten. Die Schweizerische Nationalbank ist nun gefordert, dieses technische Defizit möglichst schnell zu beheben, ansonsten verliert sie weiter an Glaubwürdigkeit", warnt Flury.
Das Bundeshaus beschwichtigt: Es sei schon länger bekannt, dass im April die Vakanzen bei der SNB besetzt