Rot-Grüne Chaoschronik 2002-2006:
Seite 44 von 137 Neuester Beitrag: 18.09.05 23:03 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.02 22:29 | von: SchwarzerLo. | Anzahl Beiträge: | 4.404 |
Neuester Beitrag: | 18.09.05 23:03 | von: Karlchen_I | Leser gesamt: | 166.663 |
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SPD fürchtet um die Macht
Von ULRIKE BRENDLIN
Berlin – Im Streit um die Reformen am Arbeitsmarkt hat die SPD-Spitze jetzt eine Sondersitzung der Bundestagsfraktion für den kommenden Montag angeordnet! Bis dahin sollen die meisten der rund 20 Abweichler auf Linie gebracht werden. Ex-SPD-Chef Hans-Jochen Vogel warnte die Reformkritiker gestern, „dass ihr Stimmverhalten auch das Ende der sozialdemokratischen Regierungsverantwortung bewirken könnte“. Vogel rief die Partei auf, bei den geplanten Sozialreformen „standhaft“ zu bleiben: „Ein Einknicken wäre die schlimmste Option.“
SPD-Fraktionschef Franz Müntefering kündigte an, die SPD-Spitze wolle hart bleiben: „Die Reformen dürfen auf keinen Fall verwässert werden!“ SPD-Generalsekretär Olaf Scholz zeigte sich ungeachtet der Kritik aus den eigenen Reihen zuversichtlich, dass die rot-grüne Koalition bei der entscheidenden Abstimmung über das Reformpaket am 17. Oktober im Bundestag eine eigene Mehrheit auf die Beine stellen werde.
Der niedersächsische SPD-Chef Wolfgang Jüttner warnte die Parteispitze dagegen, den Unmut der Basis zu unterschätzen: „Die Leute haben den Eindruck, wir haben keinen Plan und wir reagieren nur auf aktuelle Kosten- und Krisensituationen. Die Vermittlung ist zu wenig gepflegt worden, Anregungen von unten ist nicht genug zugehört worden.“ Deutliche Kritik übte der niedersächsische SPD-Chef an Kanzler Schröder: Dessen Rücktrittsdrohungen seien inzwischen „abgenutzt“. Jüttner: „Wir sind eine Partei, die auf Freiwilligkeit und Motivation angewiesen ist. Und da ist das überzeugendste Konzept Führung durch Diskurs und Integration.“
Quelle: http://www.bild.t-online.de/BTO/index.html
SPD-Leute, merkt's doch endlich mal: Ihr HABT keinen Plan!
2. Totschlagaussage ohne jeglichen Wert. Mehr als flüssig = überflüssig.
3. Wenn dem so wäre, dann attestiere ich dir wiederum eine Beweglichkeit im Kopf, die dir jedwede Orientierung nimmt. Beliebigkeit und Offenheit (angeblich!) ohne Grenzen steht für = keine feste Position = kein Ziel = politische Desorientierung.
Fazit: Dir muß geholfen werden!
Geheime Briefe gegen Hartz
Von Horst von Buttlar
Rund 30 Briefe stapeln sich auf dem Schreibtisch von Franz Müntefering. Der Inhalt: Änderungswünsche von Abgeordneten an der Hartz-Reform. Ist jeder Brief eine potentielle Gegenstimme? Natürlich nicht, heißt es eilig aus der Fraktion.
Die Kritik schlug plötzlich in Lob um. "Man darf nicht vergessen, dass die Hartz-Reform ein gutes Gesetz ist", betonte die SPD-Abgeordnete Karin Roth, die SPD-Fraktionschef Franz Müntefering erst vor einigen Tagen einen Brief voll mit Hartz-Kritik geschickt hat. Zum Beispiel kämen Sozialhilfeempfänger mit dem geplanten Arbeitslosengeld II endlich in die Rentenversicherung. Der Kinderzuschlag für Frauen mit Kindern würde dazu anregen, wieder zu arbeiten. Sozialhilfeempfängern werde bisher nur in Einzelfällen bei der Jobsuche geholfen, mit Hartz würde dieser Anspruch nun flächendeckend. Die Liste des Lobes der ehemaligen Hamburger Senatorin übertraf plötzlich die Kritikpunkte.
Karin Roth ist eine der rund 30 Abgeordneten, die in einem Brief an Müntefering Änderungswünsche an der Hartz-Reform mitgeteilt haben. Manche Briefe werden gehütet wie Tagebücher. Auch wenn die Kernpunkte längst diskutiert werden und die Hartz-Vorlage je nach Interpretation nun "geglättet" oder "verwässert" wird - rausrücken wollen viele Abgeordnete ihre Zeilen nicht.
Eine erstaunliche Form neuer Diskretion ist das, bietet doch gerade in diesen Tagen eine eifrige Hartz-Kritik und Rebellentum die willkommene Möglichkeit, sich auch als Hinterbänkler ins Gespräch und in die Zeitung zu bringen. Die Vorsicht ist dennoch klug: besonders Privatanliegen einiger Parlamentarier sollen wohl nicht zerredet oder zerfasert werden. Auch SPD-Fraktionschef Franz Müntefering wollte nicht sagen, wie viele Briefschreiber ihre Zustimmung im Bundestag an die Änderungen geknüpft haben.
Der Streit dreht sich um die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Zuweilen reichen die Änderungswünsche tief in das Hartz-Dickicht hinein. Es geht um Nuancen, Formulierungen und Seitenparagraphen. Den zentralen Vorschlägen haben sich inzwischen auch die Grünen angeschlossen. "Unsere Forderungen sind gar nicht so unterschiedlich", hatte Grünen-Chefin Angelika Beer bereits verlauten lassen. Im Kern - so liest es sich in einem internen Brief an die Fraktion, den der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD, Klaus Brandner, verfasst hat - kristallisieren sich folgende Punkte heraus:
- Bei dem geplanten Arbeitslosengeld II wird diskutiert, welche Art von Vermögen bei der staatlichen Hilfe angerechnet werden soll. Im Zentrum stehen die Lebensversicherungen. Es soll verhindert werden, dass gerade ältere Arbeitnehmer ihre Altersvorsorge verlieren. Hinzu kommt, dass es unterschiedliche Verträge und Policen gibt, die schwer in einem Gesetz zu erfassen sind.
- Es soll keine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung von Eltern und Kindern geben, wenn ein Familienmitglied in die Sozialhilfe rutscht. Der Gesetzentwurf, so das interne SPD-Papier, sei "missverständlich, zumindest nicht ganz eindeutig" und soll geändert werden.
- Es wird gestritten, welche Arbeit als zumutbar gelten soll. Einige Abgeordnete der SPD und der Grünen befürchten, dass es insbesondere bei den Mini-Jobs zum Lohndumping kommt und Arbeitslose gezwungen werden, schlecht bezahlte Stellen anzunehmen. Besonders hier zeigt sich die SPD-Führung allerdings hartnäckig.
"Da wird eine Schraube nach unten aufgemacht", vermutet der Hartz-Kritiker Klaus Barthel gerade in diesem letzten Punkt. Barthel gehört unter anderem mit Ottmar Schreiner zu den so genannten sechs Abweichlern, die Ende September bereits gegen die Gesundheitsreform gestimmt haben. Neben den Hauptpunkten existieren mehrere Änderungsanträge, die ins Detail gehen. Karin Roth von der parlamentarischen Linken will beispielsweise erreichen, dass Frauen einfacher Zugang zu ABM-Maßnahmen und Fortbildungen erhalten. Auch Frauen, so Roth, bei denen das Einkommen der Männer über der Verdienstgrenze liegt und die deshalb keine staatlichen Hilfen bekommen, sollen in den neuen Job-Centern betreut werden.
Am Mittwoch soll der Wirtschaftsausschuss des Bundestages über die Bedenken diskutieren - noch in dieser Woche soll ein Kompromiss her. Bis Freitag nächste Woche kann um die Hartz-Paragrafen noch gepokert werden. Dann stimmt der Bundestag über die Arbeitsmarktreform ab. Und Schröder möchte natürlich, anders als bei der Abstimmung zur Gesundheitsreform Ende September, Gegenstimmen aus dem eigenen Lager vermeiden. Aussicht auf Einigung? "Die Fachleute sitzen dran", verriet Kritiker Barthel.
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,268680,00.html
dem Arbeitsmarkt
4,207 Millionen Arbeitslose - Ifo: Miserable Lage - Clement: Erfreuliches Signal
Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im September binnen eines Monats saisonbedingt um 107.400 auf 4.207 Millionen gesunken. Das waren noch 265.000 mehr als vor einem Jahr, berichtete die Bundesanstalt für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg. Die Arbeitslosenquote sank von 10,4 auf 10,1 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie bei 9,5 Prozent gelegen.
09.10.2003
Der Trend der ständig wachsenden Arbeitslosigkeit ist nach Aussage von BA-Chef Florian Gerster durch erste Erfolge der Reformen am Arbeitsmarkt gebrochen. "Die Arbeitslosigkeit stagniert, saisonbereinigt geht sie sogar leicht zurück", betonte Gerster am Donnerstag. Der Chef der Bundesanstalt sprach von einer "schwarzen Null" in der Arbeitsmarktbilanz. Da in der Wirtschaft der Stellenabbau nach Gersters Worten, wenn auch abgeschwächt, anhält, sei die Entwicklung vor allem auf neuen Instrumente der Arbeitsmarktpolitik zurückzuführen. "Das heißt fördern, vor allem aber fordern", betonte Gerster.
Keine fünf Millionen Arbeitslosen mehr
Ein Erreichen der Marke von fünf Millionen sei auch in den Wintermonaten zu Beginn des kommenden Jahres nicht mehr zu erwarten. "Es werden deutlich weniger nach meiner Einschätzung", betonte Gerster. Ein konjunktureller Aufschwung am Arbeitsmarkt sei erst bei einem Wirtschaftswachstum von deutlich über einem Prozent möglich. "Wir sind immer noch deutlich entfernt von einem Beschäftigungsaufbau, sind aber erfreulicherweise auch nicht mehr in einem eindeutigem wachsenden Bereich der Arbeitslosigkeit", erklärte Gerster.
Gerster: Neue Arbeitsmarktpolitik
Die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl ging um 14.000 auf 4,392 Millionen zurück. Im Westen sank sie um 11.000, im Osten um 3000. Unbereinigt waren Ende September im Westen 2.653.000 Männer und Frauen ohne Beschäftigung. Das waren 69.800 weniger als im August und 213.400 mehr als vor zwölf Monaten.
Im Osten gab es 1. 553.900 Arbeitslose, 37.600 weniger als im August, aber 51.600 mehr als im September 2002. Im Westen lag die Quote bei 8,1 Prozent, im Osten bei 17,8 Prozent. BA-Vorstandsmitglied Frank-Michael Weise erklärte den Rückgang in der September-Statistik mit der üblichen Herbstbelebung.
Ifo: Die Lage ist miserabel
Der Präsident des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), Hans-Werner Sinn hält die aktuelle Lage am deutschen Arbeitsmarkt für wenig erfreulich. "Der saisonbereinigte Rückgang der Arbeitslosenzahl im September um 14.000 auf 4,392 Millionen ist zu vernachlässigen", sagte Sinn am Donnerstag. "Die Reformen der Regierung zeigen keine Ergebnisse, die Lage ist noch immer miserabel." Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) sieht im Rückgang der Erwerbslosenzahl ein "erfreuliches Signal". Die Entwicklung zeige, dass die ersten beiden Hartz-Gesetze und weitere Maßnahmen bereits Wirkung entfalten, heißt es in einer Stellungnahme des Ministers vom Donnerstag in Berlin. Nun müsse der von der Bundesregierung eingeschlagene Reformweg "konsequent" weiter gegangen werden.
Merkel: Kein Aufschwung
Die aktuelle leichte Entspannung am deutschen Arbeitsmarkt ist nach Auffassung von CDU-Chefin Angela Merkel "kein Anzeichen für einen konjunkturellen Aufschwung". Mit gut 4,2 Millionen Arbeitslosen gebe es immer noch 200.000 Erwerbslose mehr als vor einem Jahr, sagte Merkel am Rande des Internationalen Volksbanken-Kongresses in Berlin. "Also für den Arbeitsmarkt kann ich keinen guten Tag erkennen", sagte sie.
Kaum Hoffnung auf Besserung
Arbeitsmarktforscher rechnen - trotz einer erwarteten Konjunkturbelebung - auch im nächsten Jahr nur mit einem leichten Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Im Jahresdurchschnitt werde die Zahl der Erwerbslosen 2004 allenfalls um etwa 20.000 auf rund 4,38 Millionen sinken, prognostizierte das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Donnerstag. Die Prognose fuße auf der Annahme eines Wirtschaftswachstums von 1,5 Prozent, sagte IAB-Arbeitsbereichsleiter Eugen Spitznagel. Für dieses Jahr rechnen die Wissenschaftler im Jahresschnitt mit einer Arbeitslosigkeit von rund 4,4 Millionen.
Eine Million Arbeitslose weniger?
Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist einem Zeitungsbericht zufolge in Wahrheit um "reichlich eine Million Menschen" geringer als offiziell ausgewiesen. Woher die eine Million kommt, die angeblich nicht in die Statistik gehört, erläutert der Arbeitsmarkt-Experte des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Herbert Buscher, dem Berliner "Tagesspiegel": "Diese Leute suchen nicht wirklich eine neue Stelle und sind an einer Vermittlung durch die Arbeitsämter nicht interessiert", sagte der . Betroffen seien etwa Schwarzarbeiter oder Menschen, die nicht mobil genug seien. Damit diese Leute die Arbeitslosenzahlen nicht verfälschten, müssten die Arbeitsämter die Statistiken genauer unter die Lupe nehmen, sagte Buscher. "Dazu fehlt ihnen aber das Personal - daran wird auch die Reform der BA nichts ändern."
Mit Material von dpa, REUTERS, AP, AFP
Quelle: http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/artikel/20/...0-2071732,00.html
Rot-Grün muss weiter bangen - Koalitionsspitzen beim Kanzler
Berlin - In der rot-grünen Koalition tragen nach wie vor nicht alle Abgeordneten die anstehenden Arbeitsmarktreformen mit. Zum harten Kern gehören in der SPD-Fraktion drei bis vier Abgeordnete, hieß es gestern aus Fraktionskreisen. Angesichts der nicht gesicherten Mehrheit hat Bundeskanzler Gerhard Schröder die Spitzen von SPD und Grünen für Montag zu einem Treffen im Kanzleramt geladen.
Dabei wollen die Koalitionäre die Verhandlungen mit den Abweichlern in den eigenen Reihen auswerten und vor den Probeabstimmungen über die Hartz-Gesetze und die Gemeindefinanzreform in den Fraktionen am Montag und Dienstag über mögliche inhaltliche Zugeständnisse beraten. Zu dem Spitzentreffen werden auch die zuständigen Minister Wolfgang Clement (Arbeit) und Hans Eichel (Finanzen) erwartet.
Reformgegner Ottmar Schreiner machte deutlich, dass bestimmte soziale Einschnitte, die das Armutsrisiko verschärften, für ihn eine Gewissensfrage seien. Die Fraktionsdisziplin will er als einziges Argument nicht gelten lassen. "Ich bin gern bereit, mich in aller Härte auseinander zu setzen. Wenn Beschimpfungen und Beleidigungen dazukommen, dann macht das Ganze wenig Sinn." Fraktionschef Franz Müntefering hatte die Reformkritiker als "feige und kleinkariert" bezeichnet.
Zwei weitere Reformkritiker wollen sich entgegen aller Appelle der Fraktionsführung noch nicht in der Sondersitzung der SPD-Fraktion am kommenden Montag auf ihr Abstimmungsverhalten festlegen. "Das wird eher bis zur letzten Minute dauern", sagte der Abgeordnete Rüdiger Veit. Auch der Abgeordnete Klaus Barthel, der wie Veit zu den Abweichlern bei der Abstimmung über die Gesundheitsreform gehörte, erklärte zu seinem Stimmverhalten, er werde nach der Sitzung am Montag noch Zeit für eine Entscheidung brauchen.
Der Grünen-Wirtschaftspolitiker Werner Schulz drohte am Donnerstag für die entscheidende Abstimmung in der kommenden Woche ein Nein an, falls die Hartz-Gesetze zur Umgestaltung der Bundesanstalt für Arbeit und zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe nicht noch deutlich verändert würden. Er befürchte durch die Reform einen massiven finanziellen Abbau bei Weiterbildungsträgern. Dies sei nicht akzeptabel. "Ich erwarte, dass in diesem Punkt noch korrigiert wird", erklärte er der "Berliner Zeitung". Ohne deutliche Veränderungen könne er der Reform nicht zustimmen.
Der ostdeutsche Grünen-Abgeordnete Peter Hettlich verlangte einen besseren Schutz für öffentlich geförderte Beschäftigungsinitiativen sowie Quoten bei der Arbeitsmarktförderung für strukturschwache Gebiete. Regionen mit besonders viel Arbeitslosigkeit müssten besonders unterstützt werden.
Beide Reformen (Hartz III und Hartz IV) stehen am 17. Oktober zur Schlussabstimmung im Bundestag an. Da auch SPD-Abgeordnete Nachbesserungen fordern, wird in der Koalition noch verhandelt, um das Paket für alle zustimmungsfähig zu machen. Schröder will eine eigene Mehrheit.
Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz zeigte sich überzeugt, dass es bei der Abstimmung zu einer rot-grünen Mehrheit kommen werde. Es gebe keine Alternative zu dem jetzt eingeschlagenen Reformweg, sagte Wiefelspütz im Sender Phoenix. "Es gibt nur eine Chance, es jetzt anzupacken, es möglichst gut zu machen und es hoffentlich gut genug zu erklären." Schröder wisse, dass er scheitern könne. "Ein Politiker, der Format hat, der muss bereit sein, dieses Risiko zu gehen." Bei der Abstimmung zur Gesundheitsreform am 26. September hatten sechs SPD-Abgeordnete gegen den Entwurf der eigenen Fraktion gestimmt. Der Grünen-Politiker Schulz hatte sich der Stimme enthalten. MLU/has.
Artikel erschienen am 10. Okt 2003
Quelle: http://www.welt.de/data/2003/10/10/180512.html
HAUSHALTSDEFIZIT
Eichels rote Zahlen brechen alle Rekorde
Offenbarungseid für den Finanzminister: Hans Eichel muss eingestehen, dass die Neuverschuldung weit mehr als 40 Milliarden Euro betragen wird - die höchste Summe in der Geschichte der Bundesrepublik und mehr als doppelt soviel wie ursprünglich geplant. Fast die Hälfte der Deutschen fordert seinen Rücktritt.
Berlin - Die Formulierungen waren gewunden, ihr Kern offenbarte ein Desaster: "Wir überschreiten die Marke, weil die wegbrechende Konjunktur uns die Einnahmen weggenommen hat und uns gleichzeitig gezwungen hat, viel mehr Geld für die Finanzierung der Arbeitslosigkeit zur Verfügung zu stellen", gestand Eichel am heutigen Samstag bei der Aufzeichnung der für morgen geplanten ZDF-Sendung "Berlin direkt". Die Fernsehjournalisten hatten den Finanzminister eine einfache Frage gestellt: Ob das Defizit höher als 40-Milliarden Euro ausfallen werde?
Deutlicher wurde Eichel gegenüber dem DeutschladRadio: Am Rande eines SPD-Landesparteitages erklärte er ohne Umschweife: "Ein Überschreiten der Marke von 40 Milliarden Euro ist denkbar."
Noch kein Finanzminister musste sich soviel Geld pumpen. Selbst der von Helmut Kohls Finanzchef Theo Waigel (CSU) 1996 gehaltene Minusrekord von umgerechnet rund 40 Milliarden Euro wird überschritten, die Neuverschuldung ist ein trauriger Spitzenwert in der Geschichte der Bundesrepublik.
Mit Blick auf die Defizitquote von 3,8 Prozent, mit der das Finanzministerium bislang für das Jahr 2003 offiziell rechnet, sagte er dem Radiosender: "Es kann auch sein, dass es dann mehr als die 3,8 Prozent sind." Er gehe davon aus, dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr unter den Annahmen der Steuerschätzer vom Mai bleiben werden.
Damit ist nun offiziell, was Finanzexperten bereits seit einigen Tagen kolportieren. Der Haushalt wird 2003 endgültig aus dem Ruder laufen, geplant waren ursprünglich neue Kredite des Bundes in Höhe von 18,9 Milliarden Euro. Bereits 2002 hatte Deutschland die von der Europäischen Union (EU) im Stabilitätspakt festgelegte Höchstgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschritten. Für dieses Jahr hatte das Bundesfinanzministerium eine Defizitquote von 3,8 Prozent prognostiziert.
Mit den Schulden wächst auch der Unmut in der Bevölkerung. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "Infratest dimap" im Auftrag von "Welt am Sonntag" fordert inzwischen fast die Hälfte der Bundesbürger, Eichel solle von seinem Posten zurücktreten.
Lage bei den Steuereinnahmen bleibt angespannt
Für 2004 geht die Bundesregierung offiziell immer noch davon aus, das Limit einhalten zu können. Allerdings hat Eichel bereits früher eingeräumt, dies werde verdammt schwer. Selbst Sanktionen von Seiten der EU-Kommission will der Minister inzwischen nicht mehr ausschließen: "Das erwartete Defizit hat im Moment keine Auswirkungen, aber wenn alles auf dem Tisch liegt, wird man auch diese Frage sicherlich neu bewerten und dann auch neu mit Brüssel diskutieren."
Trotz der überraschend hohen Steuereinnahmen im September sieht Eichel keine Entspannung der finanziellen Situation des Bundes: "Die Steuereinnahmen bleiben immer noch hinter den Zahlen zurück, die im Mai veranschlagt worden waren." Zwar sind die Steuereinnahmen von Bund und Ländern im September gegenüber Vorjahresmonat um 2,8 Prozent höher ausgefallen. In den gesamten ersten neun Monaten 2003 nahmen dagegen die Steuereinnahmen nur um 0,3 Prozent zu und damit deutlich weniger als erwartet.
Deswegen könne das Defizit noch größer ausfallen als die von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bereits vor Monaten befürchtete Verdopplung der im jetzigen Haushalt angesetzten Schulden, sagte Eichel. Er warnte allerdings vor voreiliger Panikmache: "Es hat keinen Zweck, jetzt Zahlen in die Welt zu setzten, wenn wir sie definitiv noch gar nicht haben".
Brüssel dementiert Berichtet über noch größeres Defizit
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" will Eichel am 23. Oktober einen Nachtragshaushalt vorlegen. Eine Sprecherin seines Ministeriums sagte dazu, ein genauer Termin stehe noch nicht fest. Am 23. Oktober will die Bundesregierung auch ihre Wachstumsprognose voröffentlichen. Sie wird wohl für das laufende Jahr von 0,75 auf Null Prozent und für das kommende Jahr von bisher zwei Prozent auf 1,5 Prozent gesenkt werden. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums wollte dies nicht kommentieren.
Spiegel, 12.10.2003
Hans Eichel auf Rekordkurs
11. Oktober 2003 Der Bund steuert in diesem Jahr auf eine Rekord-Neuverschuldung zu. Wie das ZDF am Samstag unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, geht das Bundesfinanzministerium inzwischen von einer Neuverschuldung von 41,9 Milliarden Euro aus. Die bisherige Rekordmarke von etwa 40 Milliarden Euro wurde 1996 unter Theo Waigel (CSU) erzielt.
Finanzminister Hans Eichel (SPD) bestätigte nach ZDF-Angaben erstmals, daß die Neuverschuldung Deutschlands für 2003 mit über 40 Milliarden Euro höher als jemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik liege. In der Sendung „Berlin Direkt“ (Ausstrahlung am Sonntag abend) sagte der Minister: „Wir überschreiten die Marke, weil die wegbrechende Konjunktur uns die Einnahmen weggenommen hat und uns gleichzeitig gezwungen hat, viel mehr Geld für die Finanzierung der Arbeitslosigkeit zur Verfügung zu stellen.“ Er fügte hinzu: „Wenn wir in allen anderen Bereichen so lasch geblieben wären, wie ich es 1999 vorgefunden habe, hätten wir noch viel höhere Schulden.“
Bislang ging der Minister ungefähr von einer Verdopplung der im Haushalt vorgesehenen 18,9 Milliarden Euro aus. Die FDP forderte den Rücktritt Eichels. Im Streit mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will Eichel nicht nachgeben. Schmidt sieht bisher keine Möglichkeit, beim Bundeszuschuß zur Rente zwei Milliarden Euro einzusparen. Eichel betonte: „Wir haben einen Kabinettsbeschluß. Der gilt.“
Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ stiegen im September überraschend die Steuereinnahmen von Bund und Ländern. Sie lagen um 2,8 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, berichtete die Zeitung am Samstag unter Berufung auf Regierungskreise. Im Jahresverlauf lägen die Steuereinnahmen aber nach wie vor deutlich unter den Erwartungen: Die Steuerschätzer hatten noch im Mai ein Plus von 2,3 vorausgesagt; nach neun Monaten liege das Plus aber nur bei 0,3 Prozent. Aufs Jahr gerechnet fehlten dadurch acht bis neun Milliarden Euro, berichtete das Blatt weiter. Der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin warf Eichel vor, er sei „haushalts- und finanzpolitisch gescheitert“. Die Schulden werde die nächste Generation durch höhere Steuern bezahlen müssen, erklärte Koppelin in Berlin. „Dieser finanzpolitische Offenbarungseid wird dafür sorgen, daß die Tage von Hans Eichel gezählt sind“, betonte der FDP-Politiker.
Text: AFP
Bildmaterial: AP
Quelle: http://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4
/Doc~E3AF3BC8FDB5245FAAC711ED0ED451CC8~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Und was geschieht wenn Eichel geht?
Dann kommt doch wieder ein Schwarzer und alles bleibt beim alten!
( ungefragt ausgeliehen von Bilanz :)
Untersuchungsausschuss stößt auf Ungereimtheiten
Düsseldorf · 13. Oktober · fri · Im Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags zur Aufklärung von Missständen bei Landesgesellschaften sind erste Ungereimtheiten bekannt geworden. Dabei geht es um den Umzug der Staatskanzlei in das gläserne "Stadttor" am Rhein 1999. An den Umzugsvorbereitungen war Christian Langer, ein enger Freund des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Wirtschaftsministers Wolfgang Clement (SPD), nach eigener Aussage unentgeltlich beteiligt. Langer hatte im ZDF erklärt, dass er auf Bitten Clements inkognito die Mieten im Stadttor sondiert habe, um überhöhte Preise zu vermeiden. Die CDU- und FDP-Opposition vermutet, dass Langer dafür später mit Aufträgen des Landes belohnt wurde. Ein Abteilungsleiter des Finanzministeriums sagte aus, Langer habe bei seiner persönlichen Vorstellung erzählt, er arbeite zunächst unentgeltlich, beabsichtige aber, für die weitere Tätigkeit entlohnt zu werden.
Das Finanzministerium habe festgestellt, dass Langer und seine Medienagentur "Noventa" nicht bezahlt würden und ab Mitte Juni 1998 nicht mehr an Verhandlungen teilgenommen habe. Es habe auch keinen sachlichen Beitrag gegeben, "der uns Geld wert gewesen wäre", sagte der Zeuge. Anhand von Vermerken und Schreiben, die nach Juni 1998 datiert sind, sowie der Aussage eines weiteren leitenden Beamten der Staatskanzlei wurde deutlich, dass Langer beziehungsweise "Noventa"-Mitarbeiter regelmäßig an Besprechungen zum Umzug der Staatskanzlei teilnahmen. Dabei sollen Langer und "Noventa" als Vertreter der Vermieter-Seite aufgetreten sein. Langer und Clement sollen zum Jahresende im Landtag aussagen.
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/ressorts/..._politik/deutschland/?cnt=320993
Geringe Belastung durch schrittweise Umstellung / Steuerfreiheit für Lebensversicherungen fällt
Timot Szent-Ivanyi
BERLIN, 14. Oktober. Die von der Bundesregierung geplante Umstellung der Rentenbesteuerung wird die Mehrzahl der Ruheständler zunächst gar nicht oder nur gering belasten. Viele Arbeitnehmer können sich dagegen bereits ab 2005 über eine Steuerentlastung freuen. Das ergibt sich aus der Vorlage von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) für eine Reform der Rentenbesteuerung, die im Wesentlichen auf den Empfehlungen einer Expertenkommission unter Leitung des Ökonomen Bert Rürup beruht.
Entlastung der Arbeitnehmer
Anlass für die Reform ist ein Verfassungsgerichtsurteil zur unterschiedlichen Behandlung von Renten und Beamtenpensionen. Letztere müssen derzeit voll versteuert werden, während bei Renten nur ein geringer Anteil steuerpflichtig ist. Das Bundesverfassungsgericht sah darin eine Ungleichbehandlung und verlangte bis 2005 Änderungen. Das Grundprinzip der nun geplanten Reform, mit der das Urteil umgesetzt werden soll, ist die so genannte nachgelagerte Besteuerung: Während die Einzahlungen in die Rentenversicherung steuerfrei gestellt werden, müssen künftig alle Rentenzahlungen versteuert werden. Da eine Umstellung auf einen Schlag für die jetzigen Rentner und den Staat zu hohen Belastungen führen würde, soll sie schrittweise bis 2040 vorgenommen werden.
Ab 2005 wird die Besteuerung der gesetzlichen Renten zunächst von rund einem Viertel auf 50 Prozent angehoben. Damit bleibt die Standardrente - jene Rente, die ein Arbeitnehmer mit einem Durchschnittseinkommen nach 45 Versicherungsjahren bekommt - von rund 14 430 Euro jährlich weiterhin steuerfrei. Erst ab rund 18 500 Euro beginnt die Steuerpflicht. Der Besteuerungsanteil steigt dann bis 2020 auf 80 Prozent. 2040 wird schließlich eine komplette Besteuerung erreicht. Im Gegenzug werden die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ab 2005 schrittweise von der Besteuerung freigestellt. Vorgesehen ist zunächst ein Anteil von 60 Prozent. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Arbeitgeberanteil von 50 Prozent bereits heute steuerfrei ist. Dennoch profitieren auch Durchschnittsverdiener von diesem ersten Schritt, wenn auch nur geringfügig: Bei Jahreseinkommen von 30 000 Euro beträgt die Entlastung rund 30 Euro. Sie steigt bei Einkommen ab 65 000 Euro auf maximal 330 Euro. Die Steuerfreistellung wächst anschließend in Zwei-Prozent-Schritten bis 2025 auf 100 Prozent. Dann wird beispielsweise ein Durchschnittsverdiener mit 30 000 Euro Jahreseinkommen um 2 000 Euro entlastet. Unterm Strich profitieren die Bürger von der Umstellung. Der Staat verliert aber Steuereinnahmen in Milliardenhöhe.
Bei der Riester-Rente weicht Eichel von den Rürup-Vorschlägen ab. Dieser hatte vorgeschlagen, den Umfang der staatlichen Förderung zu erhöhen und auf alle Steuerpflichtigen auszuweiten. "Das ist nicht finanzierbar", hieß es jedoch im Finanzministerium. Geplant sind allerdings einige Änderungen, um den bürokratischen Aufwand der Riester-Rente zu reduzieren. Neben der gesetzlichen Rente und der staatlich geförderten Altersvorsorge soll als dritte Ebene die steuerliche Behandlung von weiteren Anlageprodukten fürs Alter neu geregelt werden. Eichel greift hier den Vorschlag Rürups auf, das Steuerprivileg für Kapitallebensversicherung abzuschaffen. Die Erträge aus diesen Versicherungen sind derzeit steuerfrei, wenn die Laufzeit mehr als zwölf Jahre beträgt. Die Steuerfreiheit widerspricht aber dem Prinzip der nachgelagerten Besteuerung. Bereits bestehende Verträge werden nach dem Willen Eichels jedoch nicht angetastet. Eichel will seine Vorschläge bei der Rentenklausur des Kabinetts am Wochenende präsentieren. Der Gesetzentwurf soll erst im nächsten Jahr verabschiedet werden. Spätestens zum 1. Januar 2005 muss die Reform jedoch in Kraft treten.
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/politik/284623.html
Eichel angeblich auf dem Absprung
Gerhard Schröder befürchtet offenbar wegen der Auseinandersetzung um die Rentenfinanzen den Rücktritt von Hans Eichel. Auch im Finanzministerium wird es laut „Financial Times Deutschland“ für möglich gehalten, dass Finanzminister Eichel sein Amt aufgibt, wenn er den von Sozialministerin Ulla Schmidt (beide SPD) zugesagten Sparbeitrag von zwei Milliarden Euro aus der Rentenkasse nicht erhält. Bundeskanzler Schröder wolle deshalb unbedingt vermeiden, dass Eichel aus der Rentenklausur am Wochenende als Verlierer hervorgehe, meldete das Blatt am Donnerstag unter Berufung auf das Kanzleramt. Im Frühsommer hatte Eichel die Kürzung des Bundeszuschusses zu den Renten um zwei Milliarden Euro durchgesetzt. Schmidt versucht seither, dies wegen der Finanznot der Rentenkassen abzuwenden, weil sonst der Rentenbeitrag steigen müsste.
In Eichels Umgebung hieß es, der Minister sei zunehmend verbittert. Eine nochmalige Demütigung werde er sich nicht bieten lassen. „Da geht es jetzt ums Prinzip“, sagte ein enger Berater der Zeitung. Im Kanzleramt hieß es: „Wir wissen, dass Eichel in einer schwierigen Situation ist.“ Die Kürzung des Bundeszuschusses an die Rentenkasse soll an diesem Freitag mit dem Vorziehen der Steuerreform vom Bundestag beschlossen werden. In Schmidts Umfeld hieß es, die Ministerin werde nicht zwei Tage danach das ganze Geld zurückfordern. „Das geht nicht.“
16.10.03, 7:26 Uhr
Quelle: http://news.focus.msn.de/G/GN/gn.htm?snr=125557&streamsnr=7
IG Metall droht SPD mit Ende der Partnerschaft
IG-Metall-Chef Peters hat den Reformkurs von Bundeskanzler Schröder erneut heftig kritisiert. Möglichen Einschnitten bei der Tarifautonomie erteilte er eine scharfe Absage - und drohte der SPD mit dem Ende der jahrzehntelangen Bündnispartnerschaft.
Hannover - Die von Rot-Grün vorgelegte Agenda 2010 sei "wirtschaftspolitisch unsinnig und sozialpolitisch verantwortungslos", sagte Peters am Donnerstag vor rund 600 Deligierten auf dem IG-Metall-Gewerkschaftstag in Hannover. Der neue Chef der weltgrößten Industriegewerkschaft kündigte Proteste gegen die geplanten Kürzungen aus der Agenda 2010 von Bundeskanzler Gerhard Schröder an. "Zu dieser Politik sagen wir nein, und das werden auch weiter tun", sagte Peters. Der SPD warf er vor, sich von den Arbeitnehmerinteressen zu verabschieden und die gemeinsame Tradition von Gewerkschaften und Sozialdemokratie in Frage zu stellen. Wenn die SPD diesen Weg weiter gehe, werde sie für die IG Metall in "absehbarer Zeit als politischer Bündnispartner nicht mehr zur Verfügung stehen", sagte Peters. Die SPD solle wissen, dass sie ohne die breite Zustimmung der Arbeitnehmer schlechte Karten habe.
Peters wandte sich insbesondere gegen Angriffe auf die Tarifautonomie: "Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung dieser Stützpfeiler des Sozialstaates in Gefahr gerät." Die IG Metall nehme zudem zur Kenntnis, "mit welcher Energie" die Bundesregierung die Kürzung der Arbeitslosenhilfe verfolge. Ein ähnliches Engagement wünsche er sich bei der Schaffung von Ausbildungsplätzen. Besorgt äußerte sich Peters über die Rentenpolitik von Bundesregierung und Opposition. In der Alterssicherung habe sich eine "große Koalition gegen die soziale Rentenversicherung zusammengebraut". So seien die Vorschläge der Rürup-Kommission "Rentenpolitik mit der Abrissbirne". Die Vorschläge der Herzog-Kommission seien schlichtweg untauglich, um die sozialen Sicherungssysteme zu erhalten und würden mit sozialstaatlichen Prinzipien brechen.
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,270020,00.html
Anstieg der Rentenbeiträge auf 20,3 Prozent droht
Die Chancen schwinden, dass die Bundesregierung den Beitragssatz zur Rentenversicherung stabil halten kann. Der Schätzerkreis befürchtet 2004 sogar einem Anstieg auf mindestens 20,3 Prozent. Ver.di-Chef Frank Bsirske will den Arbeitnehmern sogar noch mehr abverlangen, damit die Renten bleiben, wie sie sind.
Berlin - Die Experten von Rentenversicherern und Bundesregierung, die im Schätzerkreis zusammenarbeiten, erwarten für 2004 eine Finanzlücke in der Rentenkasse von rund acht Milliarden Euro. Sollte es bei der von Finanzminister Hans Eichel geplanten Kürzung des Bundeszuschusses um zwei Milliarden Euro bleiben, fehlten insgesamt zehn Milliarden Euro. Um den Fehlbetrag zu schließen, müsste der Beitragssatz rein rechnerisch auf 20,3 Prozent angehoben werden, unter Berücksichtigung von Eichels Sparplänen sogar auf 20,5 Prozent. Die Fachleute des Schätzerkreises hatten im Sommer noch einen Beitragssatzanstieg auf 19,9 Prozent für das nächste Jahr prognostiziert.
Ver.di-Chef Bsirske hat mit dem Anstieg wenig Probleme. "Ein Beitragssatz von 24 Prozent ist doch kein Drama und dann akzeptabel, wenn man die Alternativen bedenkt", sagte er der "Welt". Seiner Ansicht nach müssen die Arbeitnehmer ohne die Beitragserhöhung mit einer steigenden Altersarmut rechnen und mit Altersbezügen auf Sozialhilfeniveau auch nach 30 Beitragsjahren. Bsirske forderte die Abgeordneten der rot-grünen Regierungskoalition auf, eine Erhöhung des gesetzlichen Rentenbeginns von 65 auf 67 Jahre zu verhindern. "Die Rente mit 67 ist kein Sachzwang, allemal in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, sondern eine falsche politische Entscheidung." Kürzungen für die heutigen Rentner müssten abgewendet werden.
Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, den Beitragssatz zur Rentenversicherung im nächsten Jahr bei 19,5 Prozent stabil zu halten. Bundeskanzler Gerhard Schröder will deshalb am Sonntag mit dem Kabinett und den Spitzen von SPD und Grünen kurzfristige Sparmaßnahmen beschließen. Unklar ist, um welches Sparvolumen es gehen wird. Sozialministerin Ulla Schmidt wird dem "Handelsblatt" zufolge bereits am Wochenende eine Erhöhung der Beitragssätze ankündigen.
Probleme gibt es nach Angaben der "Stuttgarter Zeitung" auch mit der so genannten Schwankungsreserve der Rentenversicherer. Sie soll im September um mehr als eine Milliarde auf 5,9 Milliarden Euro gesunken sein. Im August hatte die Reserve noch bei 7,0 Milliarden Euro gelegen. Damit entfernten sich die Rentenversicherer immer weiter von der gesetzlichen Vorgabe, bis zum Jahresende mindestens eine halbe Monatsausgabe vorzuhalten. Im September habe sich die Schwankungsreserve auf 38 Prozent einer Monatsausgabe belaufen, im August auf 44 Prozent. Allein schon wegen dieser Schieflage hielten SPD-Abgeordnete eine Anhebung der Rentenbeiträge für unvermeidlich, heißt es in der Zeitung.
Spiegel online, 17.10.2003
Jetzt droht eine Rentenkürzung!
Von ULRICH DEUPMANN und CHRISTOPH SCHMITZ
Die Bundesregierung will Ausbildungszeiten bei der Berechnung der Renten nicht mehr anerkennen. Dieser Beschluss soll nach Informationen der BamS aus Regierungskreisen an diesem Sonntag bei der Rentenklausur des Bundeskabinetts fallen. Bislang erhält jeder Arbeitnehmer für seine Ausbildungszeit pauschal drei Beitragsjahre angerechnet.
Die Änderung hat zur Folge, dass die Renten für die heutigen Beitragszahler noch über den Nachhaltigkeitsfaktor hinaus, den die Regierung mit der Rentenreform einführen will, reduziert werden. Für die Jüngeren wird es damit noch schwieriger, 45 Beitragsjahre zu erreichen, damit die Rente ohne Abschläge ausgezahlt wird.
Ursprünglich hatte die Rentenversicherung den Beitragszahlern 13 Jahre für Ausbildungszeiten angerechnet, bis dieser Bonus auf zunächst sieben und dann auf drei Jahre gekürzt wurde. Beim Stopfen der Löcher in der Rentenkasse für 2004 erwägt die Regierung erstmals eine geringe Rentenkürzung. Ein solcher Schritt wäre in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) drängte Sozialministerin Ulla Schmidt am Wochenende, dass der Rentenbeitrag von 19,5 Prozentpunkten im kommenden Jahr stabil bleiben müsse. Für diesen Fall muss sie im nächsten Jahr zehn Milliarden Euro einsparen.
Der Kanzler folgt mit seiner Linie dem Druck von Wirtschaftsverbänden, weiten Teilen des Kabinetts und des grünen Koalitionspartners: Sie alle warnten davor, den Beitragssatz anzuheben, der je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgebracht wird. „Wenn wir die Beiträge jetzt erhöhen“, so ein Grünen-Unterhändler, „dann ist der positive Impuls der Agenda 2010 ganz schnell wieder verschwunden.“
Um die Einsparsumme zu erreichen, muss die Bundesregierung alle Register ziehen:
Die Rentenerhöhung (geplant zum 1. Juli 2004) kommt erst sechs Monate später.
Die Rente für Neurentner wird erst zum Monatsende statt wie bisher zum Monatsanfang ausgezahlt. Der Notgroschen der Rentenkasse (Schwankungsreserve) sinkt von 50 Prozent eines Monatsbeitrags auf höchstens 20 Prozent.
Der Beitrag der Rentner zur Pflegekasse wird teurer. Das Sozialministerium überlegt eine Anhebung von 0,85 auf 1,2 Prozentpunkte, der Chef des Verbands der Rentenversicherer (VdR), Franz Ruland, plädierte intern sogar für eine noch stärkere Steigerung. Das bedeutet: Für mindestens sechs Monate kommt auf die Rentner eine geringe Rentenkürzung zu.
Der Plan, den Rentnern auch höhere Krankenbeiträge aufzubürden, ist dagegen vom Tisch. Durch die Gesundheitsreform, so der Kommentar aus Regierungskreisen, seien die Rentner in diesem Bereich schon genügend belastet worden. Die SPD-Linke sprach sich vor der Rentenklausur für einen weniger harten Sparkurs in der Rentenkasse und eine Anhebung der Rentenbeiträge aus. Man sehe „eine Erhöhung des Rentenbeitrags als unumgänglich an“, heißt es in einer Erklärung der „Parlamentarischen Linken“, der rund 120 Abgeordnete angehören. Schon am Freitag sollen die Rentenpläne der Regierung im Bundestag beraten werden.
Quelle: http://www.bild.t-online.de/BTO/index.html
Schröder kann Eichel vorerst nicht entlassen
Wenn man Angehörige und Nahesteher der rot-grünen Bundesregierung in diesen Tagen öffentlich zum Thema „Kabinettsumbildung“ befragt, erntet man verärgertes Augenrollen, Kopfschütteln oder bestenfalls einen Satz wie: „Das ist kein Thema“.
Von Kurt Kister
(SZ vom 20.102003) - In vertraulichen Gesprächen aber breiten Parteiobere, Berater, führende Landespolitiker und sogar Kabinettsinsider relativ bereitwillig ihre Gedanken dazu aus, wie, wann und warum der Kanzler eigentlich auch an der Personalfront handeln müsse. Unmittelbarer Anlass für solche Spekulationen ist das Schicksal zweier gebeutelter Minister, nämlich von Hans Eichel und Manfred Stolpe. Der brave Eichel, der Schuldenhans, steht für das Scheitern des Konsolidierungskurses der Bundesregierung. Manfred Stolpe, der sanfte Senior aus Brandenburg, thront über dem Maut-Desaster. In der Politik ist es nun einmal so, dass Minister – und selbstverständlich auch der Bundeskanzler – für Misserfolge haftbar gemacht werden, auch wenn sie selbst manchmal nur in Maßen Schuld tragen.
Folgt Struck dem glücklosen Eichel?
Schröder und Eichel haben, so wissen die gern zitierten „gut informierten Kreise“, am Donnerstag auch über den Verbleib Eichels im Amt miteinander geredet. Schröder habe Eichel dabei seine volle Rückendeckung zugesichert, wobei, wie ein meistens Kundiger weiß, sogar von einem gewissen Junktim zwischen Schröders und Eichels Zukunft die Rede gewesen sein soll.
Beim grünen Koalitionspartner wiederum nimmt man an höherer Stelle des Kanzlers Liebe zu seinem Finanzminister nicht ganz so ernst. „Das Problem ist doch auch, dass die SPD keinen geeigneten Nachfolger für Eichel aufbieten kann“, meint ein Grüner, der die Kabinettsfährnisse aus größerer Nähe kennt. Unter den Spekulanten gilt als möglicher Nachfolger Eichels der gegenwärtige Verteidigungsminister Peter Struck. Struck übernahm nach Scharpings Rausschmiss im Sommer 2002 das ihm eigentlich wesensfremde Verteidigungsministerium und genießt im Kabinett, trotz kleinerer Stolperer, große Reputation.
Die Personaldecke der SPD, dünn und glanzlos
Neben dem 71-jährigen Otto Schily und dem eigentlich unversetzbaren Wolfgang Clement ist Struck derzeit einer der wenigen herausragenden SPD-Minister. Seinen treuen Paladin Franz Müntefering braucht Schröder an der Spitze der Fraktion. Jenseits der genannten Herren fallen selbst Wohlmeinenden keine Kandidaten für die Eichel-Nachfolge ein – jedenfalls nicht solche, die so bekannt und kompetent wären, dass sie nicht von vornherein als Not-Minister gälten. Die Personaldecke der SPD ist sehr dünn, und früher als ministrabel geltende Landespolitiker wie Niedersachsens Sigmar Gabriel oder Brandenburgs Matthias Platzeck haben erheblich an Glanz verloren.
Abgesehen davon, dass es Schröder an Kandidaten mangelt, hat er auch noch ein Terminproblem. Eine Kabinettsumbildung ist der Versuch, Neues mit neuen Leuten zu starten. Dafür aber muss erst einmal das Alte – also die Agenda 2010 – so weit wie möglich unter Dach und Fach gebracht sein. Sollte dies gegen den Widerstand der Union überhaupt gelingen, wird es nicht vor Weihnachten der Fall sein. In den kommenden Wochen also wird der Kanzler noch reichlich Gelegenheit haben, alle Personalfragen mit verärgerter Miene als „pure Spekulationen“ abzuschmettern.
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/881/19862/
Wütende Kritik an rot-grünen Renten-Beschlüssen
Opposition und Rentner-Vertreter wettern gegen Kürzungen - Kanzler verhindert Rücktritt von Finanzminister Eichel
Berlin - Opposition, Gewerkschaften und Interessenvertreter der Rentner haben die Rentenbeschlüsse der rot-grünen Koalition scharf kritisiert. Sozialverbände kündigten am Montag an, sie würden alle Pläne auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen und gegebenenfalls vor Gericht gehen. Der Präsident des Sozialverbands VdK Deutschland, Walter Hirrlinger, drohte gar mit einem Wahlboykott der 20 Millionen Rentner in Deutschland: "Die Rentner sind die Opferlämmer der Nation."
Die Parteispitzen von SPD und Grünen stellten sich dagegen hinter die Beschlüsse vom Wochenende, die den Rentnern 2004 reale Kürzungen bringen werden. Die Union kündigte Widerstand im Bundesrat an. Die Länderkammer kann die meisten der Renten-Beschlüsse zwar nicht verhindern, die Regierung aber zwingen, mit der Kanzlermehrheit von 302 Stimmen im Bundestag die Einsprüche zurückzuweisen. Rot-Grün hat im Bundestag 306 Sitze. "Das bedeutet, dass die Bundesregierung die Kanzlermehrheit im Bundestag mobilisieren muss", sagte Stoiber der WELT.
Mit ihren Entscheidungen zur Deckung des Milliardenlochs in der Rentenkasse hatte Rot-Grün zugleich einen Beschluss gekippt, den der Bundestag nur zwei Tage vorher gefasst hatte. Das gestand Gesundheitsministerin Ulla Schmidt am Montag in Berlin ein. Sie muss nun nicht wie geplant, allein zwei Milliarden Euro im Jahr 2004 einsparen. Stattdessen solle die Summe durch zusätzliche Subventionskürzung und Einsparungen von insgesamt je einer Milliarde Euro in allen Einzeletats erbracht werden.
Immerhin erhielt Eichel die Zusage, dass diese "globale Minderausgabe" mit einem für die Minister bindenden Stichtag versehen wird, was als äußerst ungewöhnlich gilt. Diese Zusage ist Teil des mittlerweile offenkundigen Bemühens, Finanzminister Hans Eichel im Amt zu halten. Während der Renten-Klausur am Sonntag hatte Eichel in einem Dreiergespräch mit Schröder und Außenminister Joschka Fischer deutlich gemacht, dass er für einen Kurs immer weiterer Verschuldung nicht unbegrenzt zur Verfügung stehe. Koalitions- und Regierungskreise werteten das als verdeckte Rücktrittsdrohung. "Fischer und Schröder haben auf ihn eingeredet, um ihn vom Rücktritt abzuhalten", hieß es.
Bei einem weiteren Gespräch Eichels mit dem Kanzler am Montag holte sich der Finanzminister neuerliche Zusicherungen, dass die zugesagten Einsparungen tatsächlich vollzogen würden. In der SPD war von einer "schwierigen Hängepartie" die Rede, die sich bis Montag früh gezogen habe. has/nik./MLU
Die Welt, 20.10.2003