Malaysia GP: Die Lehren des 2. WM-LaufsZwei Rennen sind absolviert und die F1-Hackordnung ist mächtig auf den Kopf gestellt worden. Was wir noch in Malaysia lernten, sagen wir Ihnen hier.Das war er also der zweite Formel 1 Grand Prix des Jahres. Und ob man es glauben mag oder nicht: Die Vorhersagen der Experten waren tatsächlich einmal entgegen der alljährlichen roten Dominanz korrekt: "Wir werden eine der spannendsten Saisons seit Jahren sehen", hieß es zu Jahresbeginn. Und tatsächlich: Wenn man Spannung rein durch neue Sieger und andere Podestbesucher definiert, dann ist die Saison 2005 das spannendste was uns seit der Einführung der Rillenreifen über die Fahrbahn gerollt ist. Aber es gab noch andere Lehren an diesem zweiten Rennwochenende des Jahres. Die Lehre von der KühlungEs ist jedes Jahr das selbe Spiel: Vor dem Großen Preis von Malaysia stöhnen Fahrer, Verantwortliche und Journalisten über den härtesten und vor allem heißesten Grand Prix des Jahres, weshalb sie alles dafür geben ihrem Fahrzeug oder sich selbst nur einen zusätzlichen Hauch kühler Luft zuzuführen. Was bei den Fahrern noch mit eisgekühlten 'Halskrausen' wie bei Ralf Schumacher oder Eis-Westen wie bei Red Bull umgesetzt wird, zieht bei den Fahrzeugen in Form von eingeschnitzten Kiemen, vergrößerten Kaminen oder gar von Hand 'gelochten' Bodywork-Bereichen die Aufmerksamkeit auf sich. Doch während viel Geld in die Entwicklung der aerodynamischen Kühlmittel fließt, scheint das Budget für funktionsfähige Trinkflaschen nicht auszureichen, weshalb sich sowohl Fernando Alonso als auch Nick Heidfeld über funktionsgestörte Flaschen beschwerten. Die Lehre von den FinnenMit seinem Wechsel von McLaren zu Red Bull machte der schottische Gentlemen David Coulthard eine Wandlung zu einem unrasierten und erfrischend anders wirkenden DC mit. Und während der alte PR-geschulte silberne Mr. Coulthard die Frage danach, was mit einem österreichischen und italienischen Teamkollegen anders als mit einem finnischen Teamkollegen sei, schlicht und ergreifend mit einer PR-tauglichen Phrase wie "Es ist auch nicht anders. Aber ich mag alle meine Teamkollegen wahnsinnig gerne, egal woher sie kommen." beantwortet hätte, sorgte der neue, Herz erfrischende David in der Donnerstags-Pressekonferenz für einige Lacher. Wie fühlt DC sich also in einem Team ohne Finnen? "Ich muss mir jetzt meinen Wodka selber kaufen." Die Lehre vom FreitagEinen heißen Freitag erlebte die F1 in Malaysia. Allerdings nicht dank viel Action auf der Rennstrecke, sondern nur dank des wie üblich hitzigen Klimas. Entsprechend folgten die Teams auch am zweiten Freitag der neuen Saison dem Motto: "Schonen, sparen und ja nicht fahren." Demzufolge werden die Freitags-Pressemitteilungen der Teams immer kürzer, liegt die Aussagekraft der Ergebnisse immer mehr bei Null und erreicht die Spannung bereits tiefe Minuswerte. Sogar Jean Todt musste dies eingestehen: "Die heutigen Ergebnisse machen es schwierig, die wahre Rangordnung der Teams herauszulesen." Bernie Ecclestone ging sogar noch weiter: "Das Freitags-Training ist ein Desaster. Die Autos fahren kaum, die Zuschauer an der Strecke sehen nichts." Na dann tut etwas dagegen! Die Lehren des PaulDie Maßnahmen gegen den ausufernden Rundengeiz und die inflationäre Einführung von Weltspartagen auf dem Reifen- und Motorensektor sollten aber bitte nicht solche sein, wie sie Paul Stoddart vor zwei Wochen in Australien zelebrierte. Sprich: Keine Selbstdarstellung oder Theaterinszenierungen vor diversen Gerichten und Kameras beinhalten. Und obwohl der Vielschreiber aus dem australischen Coburg versprach in Malaysia nicht noch einmal solche Probleme zu machen, konnte er es sich nicht verkneifen am Freitag dennoch gegen seinen Lieblingsbrieffreund Max Mosley zu schießen: So wären die neuen Regeln "für alle sichtbar" ein "durchschlagender Erfolg", da "Minardi um drei Sekunden" eingebremst wurde, während die Top10 "ohne Ausnahme schneller als im letzten Jahr waren". Aber ob da nur die Regeln dran schuld sind, lieber Paul? Die Lehren vom AnschiebenWas lernt ein Streckenposten am ersten Tag der Einschulung? Okay, wir wissen es nicht hundertprozentig, aber wir gehen stark davon aus, dass er unter anderem lernt ein stehendes F1-Auto, dessen Motor noch läuft, nicht an den Hinterreifen anzufassen geschweige denn es dort anschieben zu wollen. Was passiert, wenn man es trotzdem macht, erlebten einige der malaysischen Marshalls, die vor allem von Giancarlo Fisichella nach dessen Abflug im Qualifying mit Steinen und heißen Fingern beschenkt wurden. Als ob es nicht schon heiß genug gewesen wäre... Die Lehre von der HärteDer Malaysia GP ist der "härteste", "anstrengendste", "herausforderndste" und einfach "schwierigste" Grand Prix des Jahres. Dies jedenfalls bekommen die Diktiergeräte an allen Ecken und Enden des Fahrerlagers geradezu unaufhörlich eingehämmert. Aber nicht nur für die Fahrer ist das Rennwochenende im Glutofen von Sepang hart. Auch für die Zuschauer ist es nicht minder schwer. Schließlich schlafen die einen zu nächtlicher Stunde wegen fehlender Fahraction fast vor dem Fernseher ein, während die anderen wegen fehlender Fahraction in der Gluthitze auf den Tribünen braten. Die Lehre vom SportsgeistNebelschwaden standen über dem Sepang International Circuit. Allerdings nicht wegen dutzender Motorschäden an den Zwei-Wochenend-Motoren, sondern wegen der schwelenden Waldbrände ringsherum. Dennoch verrauchten schon zu Rennbeginn zwei Motoren. Eigentlich keine Überraschung, wenn man die erhöhten Anforderungen an die Triebwerke bedenkt. Doch die besagten Aggregate waren an diesem Rennwochenende neu eingebaut worden, da British American Racing durch seinen 'taktischen Doppelausfall' in Melbourne das mittlerweile behelfsmäßig geschlossene Regelschlupfloch ausgenutzt hatte. Diesmal bestand jedoch keine Gefahr eines taktischen Hintergedankens. Man könnte aber fast meinen, dass es in der Formel 1 doch noch eine Gerechtigkeit gibt: Wer beim letzten Rennen freiwillig ausfiel, fiel diesmal richtig aus. In Anlehnung an ein Filmzitat könnte man sagen: Der Sportsgeist findet immer einen Weg... Die Lehre von der ActionWährend der Rundengeiz am Freitag und Samstag sowie die noch immer geringen Chancen von Überholmanövern im Rennen nicht gerade Garanten für viele packende Aktionen sind, lehrten uns einige der Beteiligten wie Ralf Schumacher, Mark Webber und Nick Heidfeld, dass es auch in der modernen F1 noch echtes Racing gibt! Hier noch einmal zum Genießen und in Erinnerungen schwelgen: Webber attackiert den vor ihm fahrenden Fisichella, scheitert allerdings mit seinem Überholversuch, weshalb ihn seinerseits Ralf Schumacher angreift. Die beiden berühren sich und werden weit hinaus getragen. Dadurch schließt Webbers Teamkollege Nick Heidfeld auf und nutzt die Gunst der Stunde um den direkt hinter Webber fahrenden Ralf Schumacher zu überholen. Zudem attackiert er im gleichen Atemzug den Australier, scheitert jedoch. Dies wiederum nutzt Ralf um gegen Quick Nick zu kontern und beinahe auch noch Webber zu erwischen. Heidfeld kann allerdings kontern und noch einmal an Schumacher vorbeigehen. Und das alles innerhalb weniger Sekunden - Das ist Racing! Die Lehre von den Zyklen"Die Formel 1 verläuft in Zyklen." Diese Weisheit predigen die Ferrari-Jäger schon seit Jahren gebetsmühlenartig herunter, wenn es darum geht wann die erdrückende Ferrari-Dominanz denn endlich ein Ende finden würde. Nach dem heutigen Stand muss man diese Frage mit einem 'Jetzt' beantworten. Der überlegene rote Zyklus scheint vorbei zu sein. Ferrari erlebte in Malaysia ein wahres Debakel, bei welchem selbst die immer wieder zitierte Konstanz der Bridgestone-Reifen auf Long Runs gnadenlos versagte. Spätestens seit Malaysia wissen wir: Ferrari ist derzeit nicht mehr die Nummer 1. Die Lehre von ToyotaNoch nicht die Nummer 1, aber immerhin die Nummer 2 von Sepang ist Toyota. Und auch hier gilt es eine alte Weisheit zu berücksichtigen. Denn seit dem F1-Einstieg des zweitgrößten Automobilherstellers der Welt heißt es: "Toyota wird eines Tages Erfolg haben. Die Frage ist nur wann." Zumindest vorerst darf auch diese offene Frage seit diesem Wochenende als abgehakt betrachtet werden. Mit dem ersten Podestplatz in der noch jungen Teamgeschichte wurden die Weiß-Roten erstmals ihrem Slogan gerecht: Nichts ist unmöglich... |