Rot-Grüne Chaoschronik 2002-2006:
Seite 36 von 137 Neuester Beitrag: 18.09.05 23:03 | ||||
Eröffnet am: | 22.09.02 22:29 | von: SchwarzerLo. | Anzahl Beiträge: | 4.404 |
Neuester Beitrag: | 18.09.05 23:03 | von: Karlchen_I | Leser gesamt: | 166.641 |
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Trotz der geplanten Gesundheitsreform wollen einige Krankenkassen ihre Beitragssätze erhöhen. Mehr als 20 Betriebskrankenkassen (BKK) wollten die Lasten für die Versicherten zum 1. August anheben, berichtet die "Bild"-Zeitung. So wolle die BKK KarstadtQuelle von 12,8 auf 14,9 Prozent erhöhen, die BKK Essanelle plane einen Anstieg von derzeit 11,9 auf 14,2 Prozent. Der Sprecher des BKK-Bundesverbandes, Lanz, bestätigte in der "Berliner Zeitung", es sei "nicht auszuschließen", dass trotz Reform einzelne Kassen ihre Beiträge erhöhen müssten. Durch die Gesundheitsreform würden aber grundsätzlich Beitragssenkungen möglich. Der bayerische Ministerpräsident Stoiber mahnte unterdessen eine zügige Umsetzung der von Union und SPD ausgehandelten Gesundheitsreform an und warnte davor, die Bürger mit einer neuen Reformdiskussion zu überfordern.
Kassen lenkten gegenüber Bundesregierung ein
Gestern noch hatten die Krankenkassenn im Streit mit der Bundesregierung über Beitragssenkungen zum nächsten Jahr eingelenkt. Die Beitragssätze würden im Jahr 2004 gesenkt, erklärten die Spitzenverbände der Krankenkassen nach einem Gespräch mit Gesundheits-Staatssekretär Klaus Theo Schröder. Bedingung sei aber, dass es tatsächlich Einsparungen in Milliardenhöhe gebe. Die Kassen legten sich nicht auf einen bestimmten Umfang fest. Das Maß der Senkung sei abhängig von der finanziellen Situation der einzelnen Krankenkasse, hieß es.
Kassen dürfen Schulden langsamer abbauen
Im Gegenzug will die Bundesregierung den Kassen erlauben, ihren Schuldenberg langsamer abzubauen als bisher vorgesehen. Die Kassen sollen ihre Finanzlöcher von insgesamt rund sieben Milliarden Mark nun schrittweise über mehrere Jahren verteilt decken dürfen. Staatssekretär Schröder sagte entsprechende Gesetzesänderungen zu. Dagegen erhoben allerdings Verbraucherschützer Einspruch: Die Beitragssenkung werde über die Streckung der Schulden teuer erkauft. Versicherte müssten jetzt auch noch die zusätzlichen Zinslasten der Kassen tragen, erklärte die Verbraucherinitiative.
AOK: Senkung um 0,7 Punkte realistisch
Ziel der von Regierung und Opposition verabredeten Gesundheitsreform ist es, die Beitragssätze in 2004 von derzeit durchschnittlich 14,4 Prozent auf 13,6 Prozent zu senken. Der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Hans Jürgen Ahrens, sagte nach dem Spitzengespräch mit Schröder, eine Verringerung des Beitragssatzes von 14,3 Prozent um 0,7 Punkte sei realistisch.
Stand: 31.07.2003 06:14 Uhr
Quelle: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/...AVSPM11172_REF2,00.html
ARBEITSLOSENGELD II
Jedes zehnte Kind in Deutschland wird bald von der Sozialhilfe leben
Von Matthias Lohre
Jedes zehnte Kind in Deutschland wird bald von der Sozialhilfe leben. Nach Untersuchungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und des Kinderschutzbundes führen die Pläne der Agenda 2010 eine halbe Million Kinder in die Armut. Schon jetzt gelten nach Auffassung der Verbände eine Million Kinder als arm.
Vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr klang alles noch ganz anders: "Keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau" versprach die SPD in ihrem Wahlprogramm. Diesen vollmundigen Versicherungen folgten die Empfehlungen der Hartz-Kommission und Pläne für das "Arbeitslosengeld II", die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe auf dem niedrigeren Sozialhilfe-Niveau. Maßnahmen mit dramatischen Konsequenzen für Kinder und Alleinerziehende.
Für den "massivsten sozialpolitischen Kahlschlag seit Bestehen der Bundesrepublik" hält Barbara Stolterfoht, die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, die Agenda 2010. Nach ihren Schätzungen sind schon heute eine Million Kinder in Deutschland von Sozialhilfe betroffen. Werden die Pläne der Bundesregierung umgesetzt, steigt deren Zahl auf 1,5 Millionen an. "Sozialhilfe schützt längst nicht mehr vor Armut", sagte Stolterfoht. Nach Verbands-Berechnungen ist die Sozialhilfe um sechs Prozent zu niedrig bemessen, um tatsächlich den Mindestbedarf abzudecken.
Allein Erziehende sind besonders betroffen
Das Arbeitslosengeld II hätte dramatische Folgen. Heute beziehen 2,8 Millionen Menschen Leistungen auf Sozialhilfe-Niveau. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe führt laut Stolterfoht zu einem Anstieg um 60 Prozent auf 4,5 Millionen. Mehr als die Hälfte der Kinder, die von Sozialhilfe-Leistungen abhängig sind, wachsen bei Alleinerziehenden auf. Auch Familien, die zwar über ein normales Einkommen verfügten, aber mehr als vier Kinder hätten, bekommen dann noch mehr Probleme. Sie bräuchten häufig ergänzende Sozialhilfe, sagte Heinz Hilgers, der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes.
Arme Kinder seien häufiger krank, schlechter ernährt und lebten oft in vernachlässigten Stadtvierteln. Mit Folgen für ihre Schul-Leistungen: "Mit leerem Bauch lernt sich verdammt schlecht", sagte Hilgers. Die Bildungs- und Aufstiegs-Aussichten sind entsprechend. Eltern "vererben" damit ihre Armut an ihre Kinder.
"Moralisch verwerflich"
"Wann kommen denn endlich die Ganztagsschulen und Kindertagesstätten, die seit 20 Jahren versprochen werden?" fragt der Chef des Kinderschutzbunds. Stattdessen stünden viele Eltern unter dem starken Druck, durch die Arbeit ihre Kinder zu vernachlässigen. Das Arbeitslosengeld II werde diese Situation noch verschärfen: "Das halte ich für moralisch verwerflich", donnerte Hilgers.
Der Ausweg aus Sicht der Wohlfahrtsverbands-Chefin Stolterfoht: Die neuen Fürsorgeleistungen Arbeitslosengeld II und Sozialgeld müssten um 16 Prozent über dem heutigen Sozialhilfesatz liegen. Eine Grundsicherung soll Kinder vor Armut bewahren. Hilgers forderte, das Kindergeld mittelfristig auf 300 Euro zu verdoppeln.
Nur ein müdes Lächeln hat der Kinderschutzbund-Chef für den am Mitwoch bekannt gewordenen Plan des Bundesfinanzministeriums übrig. Ab dem kommenden Jahr sollen demnach Alleinerziehende einen monatlichen Zuschlag von 20 Euro pro Kind erhalten. Das Geld soll den für 2004 vorgesehenen Wegfall des Haushaltsfreibetrags ausgleichen. Hilgers kontert: Der Zuschuss werde durch die vorgezogene Steuerreform und den fehlenden Freibetrag gleich wieder aufgefressen. "Schließlich verlieren allein Erziehende mit einem Jahreseinkommen von 20.000 Euro dadurch pro Monat genau diese 20 Euro."
Spiegel online, 31.07.2003
Schröder will Gewerbesteuer-Streit in Spitzentreffen beilegen
Bundeskanzler Gerhard Schröder will in einem Spitzengespräch mit Bundesfinanzminister Hans Eichel und SPD-Fraktionschef Franz Müntefering versuchen, eine Lösung im Streit um die Gewerbesteuer zu finden. Dabei wird eine Richtungsentscheidung erwartet.
Regierungssprecher Thomas Steg sagte am Freitag in Berlin, Thema des Treffens am Montag seien die Gemeindefinanzreform, die Gewerbesteuer sowie die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. In Koalitionskreisen hieß es, die finanziellen Auswirkungen der diversen Reformen auf Länder und Kommunen sollten aufeinander abgestimmt werden. Eine Richtungsentscheidung im koalitionsinternen Streit um die Neuregelung der Gewerbesteuer sei zu erwarten.
An dem Spitzengespräch sollen auch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und SPD-Generalsekretär Olaf Scholz teilnehmen. Die Grünen werden von ihrer Fraktionschefin Krista Sager vertreten. Nachdem Schröder zunächst nur SPD-Politiker eingeladen hatte, hätten die Grünen auf ihre Beteiligung gedrungen, berichtete die "Tageszeitung". Ort und genauer Zeitpunkt des Treffens wurden von der Regierung nicht mitgeteilt.
"Optimiertes Kommunal-Modell"
Die Gemeindefinanzreform sowie die Arbeitsmarkt-Reformen sollen am 13. August vom Kabinett beschlossen werden. Das Spitzentreffen mit Schröder diene der Vorbereitung der Kabinettssitzung, sagte Steg. Bei der Gewerbesteuer werde an einem "optimierten Kommunal-Modell" gearbeitet. Die Kommunen hatten gefordert, Freiberufler künftig der Gewerbesteuer zu unterziehen. Diesen Punkt trägt auch das Finanzministerium mit. Zudem wollen die Kommunen die Gewerbebesteuerung auf Gewinn unabhängige Ausgaben wie Mieten, Pachten und Leasingausgaben ausweiten. Die SPD-Fraktion unterstützt diese Forderung. Das Bundesfinanzministerium hingegen will auf diese Ausweitung verzichten.
Im Ministerium wird zudem erwogen, den Kommunen im Zuge der Gewerbesteuer-Reform einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer zu überlassen. Zu Verschiebungen bei der Umsatzsteuer-Verteilung kommt es nach bisheriger Planung auch durch die Reform der Arbeitslosenhilfe.
Der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek, forderte in einem Brief an die NRW-Bundestagsabgeordneten der SPD, weiter am Ziel festzuhalten, die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer zu verbreitern. Wer das Paket aufschnüre und es zudem mit einer Mehrwertsteuer-Komponente belaste, "gefährdet den Konsens und schafft neues Konfliktpotenzial in der Partei", schreibt Groschek.
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1059240559004.html?nv=hpm
Reform ohne Biss
Die Tricks bei der privaten Zahnversicherung
4,5 Milliarden Euro zahlen Kassen und Patienten zurzeit jährlich für Zahnersatz in Deutschland - eine lückenlose Zahnreihe hat eben ihren Preis. Und den werden gesetzlich Krankenversicherte ab 2005 besonders zu spüren bekommen: Dann sollen sie ihre Zähne komplett aus eigener Tasche versichern.
von Norbert Hansen, Herbert Klar, Reinhard Laska, Astrid Randerath, 29.07.2003
Reformstreit in Deutschland
Die Praxis von Zahnarzt Dr. Jochen Bauer aus Lohmar im Rheinland: Seit der angekündigten Gesundheitsreform hört er täglich besorgte Fragen seiner Patienten. Viele fürchten, dass sie sich in Zukunft den Zahnersatz nicht mehr leisten können und mehr bezahlen müssen.
Dr. Bauer ist von der groß angekündigten Gesundheitsreform sehr enttäuscht. Denn seiner Meinung nach gibt es gravierende Mängel in der Zahnmedizin. Die würden alle nicht angepackt, nur der Patient zahle drauf.
Zu Lasten der Patienten
"Negativ finde ich, dass der Patient deutlich benachteiligt wird, indem er den Arbeitgeberanteil selbst bei seiner Versorgung abführen muss, indem er er einen Obolus in Höhe von zehn Euro entrichten muss und dass er seinen Versicherungsschutz verliert, der bisher in Form von Gutachterwesen, Mängelrügen und so weiter von der Krankenkasse geleistet wurde", so Bauer.
Für die Zahnbehandlung gibt es nach wie vor keine einheitlichen Richtlinien. Dr. Bauer hält das für einen schweren Mangel zu Lasten der Patienten. Als Vorstandsmitglied in der Vereinigung Demokratische Zahnmedizin hat er deshalb, gemeinsam mit einem Verbandskollegen und in Zusammenarbeit mit einer Krankenkasse, eine Studie erstellt. 20 Patienten wurden bundesweit zu unterschiedlichen Zahnärzten geschickt. Das Ergebnis ist unglaublich: Völlig unterschiedliche Diagnosen und Preise, die zwischen 1487 und 5562 DM schwanken - bei ein und demselben Patienten.
Große Unterschiede bei den Zahnbehandlungen
Große Preisunterschiede
"Es war so, dass wir bei einem Patienten von zehn verschiedenen Zahnärzten, zehn verschiedene Heil- und Kostenpläne bekommen haben, wobei sich die Zahnärzte untereinander völlig uneinig darüber waren, was denn überhaupt zu machen war", so Bauer über die Studie. "Der Eine schlug mal hier eine Krone vor, mal da eine Krone, der Andere sagte, nein, nicht im Oberkiefer, sondern im Unterkiefer. Es war überhaupt kein einheitliches Bild herzustellen. Daran hat sich bis heute überhaupt nichts geändert."
Zehn Zahnärzten gaben zehn unterschiedliche Preise an und stellten zehn verschiedene Diagnosen. Das Ergebnis der Studie: Zahnbehandlungen in Deustchland sind willkürlich, schwer überprüfbar und mit großen Preisunterschieden verbunden. Daran ändert auch die Gesundheitsreform gar nichts.
"Keine wirklichen Kosteneinsparungen"
Als Mitglied der Rürup-Kommission meint Professor Bernd Raffelhüschen zur Gesundheitsreform: "Dass es keine wirklich nachhaltige Reform sein kann, sieht man schon an den Regierungsstatements. Denn wenn man schon für 2007 die nächste Reform anvisiert, dann scheint das offensichtlich nicht ausreichend zu sein." Frontal21 fragt genauer nach: "Was ist Ihre hauptsächliche Kritik?"
"Die wesentliche Kritik ist, dass man ein paar Kosteneinsparungen gemacht hat, die wahrscheinlich keine wirklichen Kosteneinsparungen sind, und dass man die Strukturreform schlichtweg vernachlässigt hat", so Raffelhüschen.
Quelle: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/7/0,1872,2057063,00.html
Wird der Streit um die Gewerbesteuer nun abgelöst von einem Streit über die Grundsteuer? Kaum meldete das Münchener Nachrichtenmagazin "Focus" unter Berufung auf Mitglieder der rot-grünen Koalition, dass Finanzminister Hans Eichel über eine kräftige Anhebung nachdenken würde, dementierte Eichels Ministerium die Geschichte prompt als "Unsinn". Solche Überlegungen gebe es im Finanzministerium nicht, sagte ein Sprecher.
Grund- statt Gewerbesteuer?
In der Diskussion um eine Gemeindefinanzreform erwägt Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) auch eine Anhebung der Grundsteuer. Das berichtet das Magazin "Focus" unter Berufung auf Koalitionskreise. Eine höhere Grundsteuer sei für den Fall geplant, dass sich die bislang geplante Ausweitung der Gewerbesteuer nicht durchsetzen lässt.
Drei bis vier Milliarden für Kommunen
Der "Focus" hatte berichtet , eine höhere Grundsteuer sei für den Fall geplant, dass sich die bislang geplante Ausweitung der Gewerbesteuer nicht durchsetzen lässt. Die Grundsteuer, also die Abgabe auf Grundbesitz, sollte demnach um bis zu 30 Prozent steigen und damit drei bis vier Milliarden Euro in die Kassen der Städte und Gemeinden spülen. Allerdings wolle Eichel den Vorschlag erst nach der bayerischen Landtagswahl öffentlich machen. Auch die Bundesländer hätten zu den Plänen Eichels Zustimmung signalisiert, schreibt der "Focus".
Regelung soll Mieter schonen
Eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bayern und Rheinland-Pfalz arbeitet nach Informationen des Magazins bereits an einem Modell zur Neubewertung von Grundstücken. Die Neuregelung solle Mieter schonen, aber Besitzer von Einfamilienhäusern und unbebauten Grundstücken stärker belasten.
Spitzengespräch mit Schröder
Den Streit um die Gewerbesteuer will Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Montag in einem Spitzengespräch mit Eichel und SPD-Fraktionschef Franz Müntefering beilegen. In Koalitionskreisen hieß es, die finanziellen Auswirkungen der diversen Reformen auf Länder und Kommunen sollten aufeinander abgestimmt werden. Eine Richtungsentscheidung im koalitionsinternen Streit um die Neuregelung der Gewerbesteuer sei zu erwarten.
Kabinett beschließt Mitte August
An dem Spitzengespräch sollen auch Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und SPD-Generalsekretär Olaf Scholz teilnehmen. Die Grünen werden von Fraktionschefin Krista Sager vertreten. Die Gemeindefinanzreform soll am 13. August vom Kabinett beschlossen werden.
Gewerbesteuer für Freiberufler?
Die Kommunen hatten gefordert, Freiberufler künftig der Gewerbesteuer zu unterziehen. Diesen Punkt trägt auch das Finanzministerium mit. Zudem wollen die Kommunen die Gewerbesteuer auf gewinnunabhängige Ausgaben wie Mieten, Pachten und Leasingausgaben ausweiten. Die SPD-Fraktion unterstützt diese Forderung. Das Bundesfinanzministerium hingegen will auf diese Ausweitung verzichten.
Quelle: http://www2.t-news.t-online.de/dyn/zone/news/inla/...grundsteuer.html
Geld vom Gönner
Landwirtschaftsminister Backhaus hat sich von einem Millionär ein Gutachten sponsern lassen. Jetzt droht Ärger - im Parlament und mit dem Finanzamt.
Wer verstehen will, warum Mecklenburg-Vorpommern als Armenhaus der Republik gilt, kommt an der Landtagsdrucksache 3/1420 vom Juli 2000 nicht vorbei. Dort sind alle "Zuwendungen und Vergünstigungen" aufgezählt, die den Abgeordneten zuteil wurden.
Wolfgang Riemann (CDU) meldete "1 Wurst von der Polizei" sowie "10 Tassen Kaffee und 5 Eis vom Bürgermeister von Koserow". Auch die Angaben des Ministerpräsidenten Harald Ringstorff (SPD) lassen ahnen, dass es im Norden des Ostens nur wenig zu holen gibt: "500 DM Honorar für Buchbeitrag (gespendet an Arbeitslosenverband Parchim e. V.)".
Den traurigsten Beleg für die fortschreitende Verelendung der Region aber lieferte Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD). Er erhielt lediglich "Blumensträuße" und "Kalender". So jedenfalls steht es in der Drucksache. Tatsächlich aber verfügte Backhaus offenbar noch über heimliche Zuwendungen, wie dem SPIEGEL vorliegende Dokumente nahe legen: Demnach stand dem Minister ein Gönner zur Seite, ein Millionär, der 1999 die Karriere des Ostpolitikers absichern half, indem er Anwalts- und Gutachterhonorare übernahm - ein unter Umständen geldwerter Vorteil, der Landtag und Finanzamt gemeldet werden musste.
Sollte sich bestätigen, dass Backhaus falsche Angaben gemacht hat, muss der frisch gewählte SPD-Landesvorsitzende, den Regierungschef Ringstorff gern als Nachfolger sähe, wohl mit ernsten Konsequenzen rechnen - nicht nur politisch: Die Affäre könnte auch ein Steuerstrafverfahren nach sich ziehen. Exakt 29 948,71 Mark hat der ehemalige Saatguthändler Friedrich Harms 1999 zu Backhaus' Gunsten lockergemacht, für den 86-Jährigen aus dem westfälischen Herford ein überschaubarer Betrag: Als "Maiskönig" hat Harms ein Vermögen gemacht, mehr als 6,5 Millionen Euro hat er seit der Wende allein für gemeinnützige Zwecke in Mecklenburg-Vorpommern gespendet.
Damals hielt der alte Herr den jungen Minister für "einen tüchtigen Burschen" und wollte helfen, als der kurz nach dem Wahlsieg 1998 Probleme bekam. Mitglieder eines Bürgervereins hatten die Landtagswahl angefochten. Begründung: Backhaus, SPD-Direktkandidat für den Wahlkreis Ludwigslust I, sei gar nicht wählbar gewesen; er sei zwar im mecklenburgischen Boizenburg gemeldet, habe aber tatsächlich im benachbarten Neuhaus in Niedersachsen gelebt.
Als sich neben dem Landeswahlleiter auch der Rechtsausschuss des Landtags und sogar die Staatsanwaltschaft Schwerin mit der Angelegenheit beschäftigten, schlug Harms vor, ein Rechtsgutachten erstellen zu lassen. Backhaus beteuert, er habe dafür "keine Notwendigkeit gesehen". Bereits vor der Wahl sei das Problem von einem Schweriner Anwalt in seinem Auftrag gelöst worden. Er hätte damals befürchtet, dass sein "väterlicher Freund" es "als Beleidigung ansehen könnte, wenn ich sein Vorhaben zurückweisen würde". Deshalb habe er ihn gewähren lassen. Über eine Münchner Kanzlei sei dann der damalige Direktor des Instituts für Öffentliches Recht der Universität Bonn, Professor Fritz Ossenbühl, beauftragt worden.
Dennoch will Backhaus Harms "mehrfach nach den Kosten gefragt" haben, um sie selbst zu übernehmen, doch der habe "die Auskunft stets verweigert". Harms widerspricht: "Davon war nie die Rede." Auch von einer generellen Skepsis seines Schützlings hat der Mäzen nichts bemerkt. "Im Gegenteil, Backhaus setzte große Hoffnungen in das Gutachten, denn er hatte Sorge, sein Mandat zu verlieren." Das liest sich auch in den Akten so. Im Februar 1999 unterschrieb der Politiker gar eine Prozessvollmacht für die Münchner Rechtsanwälte. Und: Die Feinheiten wurden in enger Kooperation mit einem Juristen der Landesregierung erarbeitet, der den Minister regelmäßig unterrichtete.
Der Beamte sorgte sogar dafür, dass Backhaus im Schriftverkehr nur als Anonymus auftauchte. In einem Brief an die Münchner Kanzlei schrieb er am 15. November 1998: "Grundsätzlich überdenken sollten wir, ob der Name des Klienten so ungeschützt genannt werden sollte." Fortan lief die Korrespondenz unter der Rubrik "Persönlich/vertraulich". Im September 1999 empfahl der Rechtsausschuss des Landtags, den Einspruch der Boizenburger Lokalpatrioten abzulehnen. Backhaus blieb in Amt und Würden und ist sich keiner Schuld bewusst. Er habe das Gutachten "nie verwendet und keinen Nutzen daraus gezogen". Ein Hintertürchen hält er sich aber offen: "Sollte ich ... seinerzeit dennoch gegen die Verhaltensregeln eines Mitglieds des Landtags verstoßen haben, so bedaure ich dies." Dass Wohltäter Harms den Vorgang jetzt öffentlich macht und seinen Ex-Schützling in die Enge treibt, liegt daran, dass er an dessen Integrität inzwischen erhebliche Zweifel hegt.
Als der Mäzen erfuhr, dass Backhaus trotz der Bürde des Amtes eine Dissertation verfasste, wunderte er sich. Als er aber herausfand, dass der Doktorvater als Berater einer dem Ministerium nachgeordneten Einrichtung fast 14 000 Euro kassiert hat, platzte ihm der Kragen: "Ein Politiker muss Vorbild sein", sagt Harms empört. "Wenn ich überlege, was junge Menschen an Entbehrungen auf sich nehmen, um einen Doktortitel zu erwerben, ist Backhaus als Minister nicht länger tragbar."
GUNTHER LATSCH
Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,259726,00.html
"Schröder-Regierung es erst in ihren Koalitionsvertrag und sabotierte es dann nach Kräften.
Das begann mit der bisher peinlichsten Lobby-Sünde der Grünen. Deren Ministerin Andrea Fischer gab dem Drängen der Esoteriker in ihrer Partei nach und sorgte dafür, dass aller Schnickschnack der "besonderen Therapierichtungen" im Entwurf zur Positivliste als verschreibungsfähig deklariert wird, ohne den Wirksamkeitskriterien normaler Medikamente genügen zu müssen. Darum wird es auch künftig Schweinehoden oder "Anus bovis", den Darmausgang der Kuh, in gemahlener und verdünnter Form auf Rezept geben, ebenso die millionenfach verdünnten Lösungen der Homöopathen, deren Wirkung nie im harten Vergleich gegen Placebos bewiesen werden musste."
wer legt diesen wahnsinnigen endlich das handwerk?
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gruß
proxi
Reformpfusch made in Germany
Lkw-Maut, Dosenpfand, Steuerrecht und Zuwanderung. Mit großem Elan geht die Bundesregierung an notwendige Reformen - und scheitert jedes Mal kläglich
von Sonja Banze und Cornelia Schmergal
Post aus Berlin kommt in Brüssel am liebsten ganz unten in den Stapel. Vielleicht hat man Glück und wird krank oder geht in Urlaub. Die Vertretung muss sich dann kümmern. Post aus Berlin bedeutet Arbeit. Viel Arbeit und meist noch mehr Ärger.
Dosenpfand, Lkw-Maut, Steuerrecht - die Beamten auf Brüsseler Fluren schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn "l'Allemagne" wieder eine Reform vorhat. "Die Deutschen sind oft schlecht vorbereitet", heißt es. "Die Deutschen sind bei Kritik immer gleich eingeschnappt und spielen beleidigte Leberwurst", heißt es. Wie neulich, als Bundesumweltminister Jürgen Trittin mit seinem Dosenpfand bei der EU-Kommission in Brüssel aneckte und gleich eine Kampagne gegen die Deutschen mutmaßte. "Quatsch", rüffelten die Brüsseler zurück. Nur: Die Franzosen seien halt besser vorbereitet.
Reformpfusch made in Germany. Wenn deutsche Technokraten erst eine gut gemeinte Reform in die Finger kriegen, wird an ihr bis zur Unkenntlichkeit gezerrt und gezogen.
Wie damals bei der Riester-Rente, die zum Flop wurde, weil niemand den Dschungel aus Regelung und Ausnahmeregelung verstand. Im Jahr 2000 wollte die Regierung die Rentenversicherung zukunftsfit machen - die Reform hielt gerade drei Jahre lang. Schon im Herbst steht die nächste Notoperation an.
Wie damals bei der Green Card. Keine klare Arbeitserlaubnis ohne Wenn und Aber. Ein Monstrum. Die Folge: Die Green Card wurde zur Roten Karte.
Am Donnerstag dieser Woche war es wieder so weit. Ein deutscher Minister musste zurückrudern. Sein Rücktritt wird gefordert. Diesmal ist es Manfred Stolpe, der Verkehrsminister. Kurz vor dem wahrscheinlich schwersten Verkehrsinfarkt auf deutschen Autobahnen hatte der gerade noch die Kurve gekriegt und die viel gescholtene Lkw-Maut verschoben - vom ursprünglich geplanten 31. August auf den 2. November. Volkswirtschaftliche Kosten: mindestens 400 Millionen Euro Einnahmeausfall.
Nicht, dass der Minister nicht gewarnt worden wäre. Seit Wochen hatte ihn die Industrie bekniet. Die Zahl der zur Verfügung stehenden, so genannten On-Board-Units (OBU) für die Satelliten-Übertragung reiche nicht. Die Zeit für deren Einbau in die Lkw reiche nicht. Die Software funktioniere nicht. Und weil deshalb die Fahrer anfangs die Maut massenweise manuell an den kompliziert zu bedienenden Maut-Automaten berappen müssten, seien Mega-Staus an Tankstellen und Grenzübergängen vorprogrammiert.
Auch die immer gereizteren Briefe aus Brüssel, mit der Maut abzuwarten, bis man die Sache mit den Ausgleichszahlungen für die deutschen Spediteure geklärt habe, blieben ungelesen. Am 31. August dann endlich der Rückzug aus dem Chaos. Zumindest pünktlich.
Darauf pfiff ein Kabinettskollege. Umweltminister Jürgen Trittin führte ein, was besser nicht hätte eingeführt werden sollen. Das Dosenpfand. Wohl das deutlichste Beispiel, warum Brüssel Berlin nicht mag. Und in diesem Fall hat es die deutschen Trinker auf seiner Seite. Die können ihre Dosen und Flaschen nämlich noch immer nur dort zurückgegeben, wo sie sie gekauft haben - und haben allenfalls noch die Wahl, ob sie ein Rückgabe-, Marken- und Zettel-Chaos im Portemonnaie wollen, ein neues Sammel-Regal in der Küche anschrauben oder die Dosen und damit das Pfand ganz einfach wegschmeißen.
Brüssel ist Letzteres zwar gleichgültig. Aber als Hoffnung für den deutschen Verbraucher gibt es hier zufällig auch wettbewerbsrechtliche Einwände.
Bis zu Kommissionspräsident Romano Prodi wanderte die Akte "Dosenpfand"; der hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder jüngst in einem Brief aufgefordert, die "Aussetzung des Dosenpfands in seiner gegenwärtigen Form zu erwägen". Jetzt droht Brüssel mit einem Verfahren, sollte bis zum 1. Oktober kein bundeseinheitliches Rücknahmesystem existieren, das den EU-Regeln entspricht. Das heißt nachsitzen oder die deutsche Dose kommt vor Gericht.
Beleidigte Leberwurst: Bundesumweltminister Trittin raunzte am vorvergangenen Freitag öffentlich, Brüssel messe mit zweierlei Maß. "Wir haben ein echtes Problem mit der Art und Weise, wann einzelnen Kommissaren einfällt, dass ein Vorgang in einem Mitgliedsland mit dem EU-Recht kollidiert", klagte der Grünen-Politiker. Finnland, Schweden und Dänemark hätten seit Jahren ein Dosenpfand - ohne dass die Kommission etwas dagegen unternommen habe.
Lkw-Maut, Dosenpfand - kleine Reförmchen. Nicht so schlimm, kann vorkommen. Aber auch wenn's ums Große, ums Ganze geht, reformiert Deutschland sich in Grund und Boden.
Beispiel Zuwanderungsgesetz. Von Ökonomen dringend befürwortet, um angesichts des demographischen Weges, den die Deutschen nehmen, Arbeitnehmer ins Land zu bekommen und die Zuwanderung an der Bedarfslage des Arbeitsmarktes orientieren zu können. Das Zuwanderungsgesetz wird seit zwei Jahren zerpflückt. Es passierte den Bundestag, es passierte nach dem "Theater" (an dem wieder Stolpe beteiligt war, damals noch nicht Herr über den Verkehr, sondern über Brandenburg) den Bundesrat, scheiterte im Verfassungsgericht aus formalen Gründen, kam durch die Hintertür unverändert wieder in den Bundestag, passierte diesen, scheiterte mit Ansage im Juni im Bundesrat und liegt jetzt vor einem sechsköpfigen Ausschuss des Vermittlungsausschusses. Mit 128 Änderungswünschen der Union am Rand. Entscheidung: nicht vor Oktober. Zwei Jahre und 128 Anmerkungen für 300 000 Zuwanderer, denn nur so viele müssten nach Schätzung von Arbeitsmarktexperten netto jedes Jahr nach Deutschland kommen.
Ähnlich das Theater um die größte Reform aller Zeiten, Hartz-Reform genannt. Groß verkaufte Hoffnung, die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu halbieren. Wortneuschöpfungen wie Minijobs, Ich-AG, Job-Floater, Personal-Service-Agenturen (PSA) machten die Runde - ein Gesamtkunstwerk, 1:1 sollte es umgesetzt werden. Es endete fein säuberlich zerlegt in Hartz I, II, III und IV, dafür aber um einige Kilo Akten schwerer. Das schlichte Vorhaben "Zeitarbeit" wurde zu Tarifvertragsverhandlungen und einer derart komplizierten und unwirtschaftlichen Konstruktion, dass die mit dem Vermittlungsgeschäft bestens vertrauten Zeitarbeitsfirmen schnell abwinkten. Ergebnis: Statt 780 000 Arbeitslosen helfen die PSA derzeit gerade mal 2340.
Das Vorhaben, dass Arbeitgeber frühzeitig die Arbeitsämter über eine Kündigung informieren, endete damit, dass die Bundesanstalt für Arbeit unterschiedliche Fälle konstruierte, die zu jeweils unterschiedlichen Meldezeitpunkten des gekündigten Arbeitnehmers führen. Ergebnis: Seit Jahresanfang laufen Hartz I und II - ohne nennenswerten Erfolg.
In diesen Tagen ist die Politik dabei, ein weiteres schlichtes Vorhaben, nämlich die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, kompliziert zu machen, indem sie über "abpuffernde Zuschüsse" nachdenkt, die den fortan weniger bekommenden Arbeitslosenhilfeempfängern überwiesen werden sollen. Ganz zu schweigen davon, dass die Verwaltung des Ganzen der BA aufgetragen wird, die eigentlich eine "schlanke Arbeitsvermittlungsagentur" werden sollte.
Und dann - Deutschland und die Steuern. Eine traurige Geschichte, die so motiviert begann. Das Vorziehen der Steuerreform? Geht nicht! Wollen wir nicht! Nicht finanzierbar! So hieß es lange in Regierungskreisen. "Hirngespinste", kommentierte Bundesfinanzminister Hans Eichel am 27. Januar Gerüchte, die Bundesregierung plane ein Vorziehen der Steuerreform. "Dafür ist kein Geld da", sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement am 6. März. Alles "Falschmeldungen", so Bundeskanzler Gerhard Schröder am 5. Juni.
Vielleicht war aber gerade ein Gerücht schuld, dass die Steuerreform dann doch so schnell vorgezogen wurde. Nur, von Voraussetzungen und Finanzierungsbedingungen war da längst keine Rede mehr. Stille Post. Das Vorziehen der Steuerreform - mit dem der Kanzler die Konjunktur doch eigentlich anregen wollte - muss kommen, sofort, schließlich rechneten jetzt alle damit.
Die Regierung gab auf. Nach der eilig angesetzten Klausurtagung des Bundeskabinetts in Neuhardenberg verkündete Schröder am 29. Juni, die Steuerreform werde vorgezogen. Irgendwie wolle man Subventionen abbauen, irgendwie auf Privatisierungseinnahmen hoffen, irgendwie auch neue Schulden in Kauf nehmen.
Ausgerechnet Bundesfinanzminister Hans Eichel, der seine Konsolidierungspläne jetzt auf lange Zeit beerdigen muss, sollte flugs ein Finanzierungskonzept ausarbeiten. Knapp 16 Milliarden Euro wird das Steuergeschenk schließlich kosten, allein sieben Milliarden davon muss der Bund schultern. Der Plan steht. Die Finanzierung längst nicht. Das muss wie Porsche-Kaufen sein. Es macht gute Laune. Um das Geld dafür sollen sich andere kümmern. Nur nicht die Stimmung verderben lassen.
Das trifft auch zu für den Zauber der Gesundheitsreform. Unions-Verhandlungsführer Horst Seehofer pries sie als "Jahrhundertwerk" an. Doch die Euphorie hielt gerade vier Tage. Es war Sonntagnacht, als sich die Unterhändler von Union und SPD auf einen Kompromiss zur Gesundheit einigten. Schon am Donnerstag erklärte Seehofer, im Jahr 2007 sei wohl die nächste große Reform fällig. Drei Tage später zog Ulla Schmidt nach: "Die nächste große Reform muss spätestens 2010 stehen."
Die Reform ist schon überholt, der Kompromiss ein kleiner Wurf, der die Patienten zur Kasse bittet, doch die Strukturen im Gesundheitssystem kaum ändert. Um überhaupt irgendwie im nächsten Jahr Beitragssatzsenkungen zu produzieren, bedurfte es eines mehrstündigen Gespräches mit den Chefs der Krankenkassen im Bundesgesundheitsministerium. Auf zehn Milliarden Euro hatten die Unterhändler das Einsparpotenzial für die Kassen aus der Reform geschätzt - und dabei verdrängt, dass die Kassen ihrerseits auf sieben Milliarden Euro Schulden sitzen. Zu dumm auch. AOK und Co. hatten deshalb daran gezweifelt, ihre Beitragssätze wie politisch gefordert auf im Schnitt 13 Prozent senken zu können. Auch dieser Krach endete schließlich mit einem Kompromiss: Die Kassen versprechen, ihre Beitragssätze im nächsten Jahr um etwa ,7 Prozentpunkte zu senken und können im Gegenzug ihren Schuldenabbau über vier Jahre strecken. Erst bis 2007 werden die Beitragssätze demnach auf 13 Prozent sinken.
Und wenn das mit den Steuern und den Sozialfinanzen dann doch wieder alles nicht so funktioniert, dann gibt es bald zur Abwechslung mal Post aus Brüssel nach Berlin. Im blauen Umschlag.
Mitarbeit: Ulrich Porwollik, Michael Schneider
Welt am Sonntag, 03.08.2003
Die Tricks bei der privaten Zahnversicherung (Teil 2)
Frontal21
Im zahntechnischen Labor von Herbert Stolle in Cuxhaven wird auf höchstem Niveau gearbeitet. Qualität hat ihren Preis. Doch das jetzige Abrechnungssystem ist nach Meinung von Laborbesitzer Stolle für Missbrauch offen und undurchsichtig.
von Norbert Hansen, Herbert Klar, Reinhard Laska, Astrid Randerath, 29.07.2003
Stolle ist überzeugt: "Würde man ein liberales Gesundheitswesen etablieren, würde sich die Versuchung zu betrügen von allein erledigen. Der Patient muss mehr in den Mittelpunkt des Geschehens rücken, das heißt, dass der Patient von seinem Arzt eine Rechnung bekommt, die er kontrollieren kann und die er an seine Kasse weitergibt und dann natürlich sehr darauf bedacht ist, dass auf dieser Rechnung keine Leistungen stehen, die nicht erbracht worden sind."
Betrügen leicht gemacht
Doch das jetzige Abrechnungssystem macht das Betrügen leicht. Zwei Beispiele: Da taucht bei außervertraglichen Leistungen eine Position 299, "Zusätzliche Verblendung", auf. Jene Position 299, so Experten, taucht in der Gebührenordnung überhaupt nicht auf, genauso wenig wie eine Inspektionstechnik nach einem gewissen Prof. Dr. Kim. Für die nicht vorhandene Leistung "Kim" kassiert ein anderer Arzt dennoch 204 Euro.
Diese Missstände sind lange bekannt. Schon 2001 ist eine Studie des Sachverständigenrates für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen im Auftrag der Bundesregierung erstellt worden. Sie kommt zu diesem Ergebnis: "Bei der Nachfragesteigerung geht es nicht immer in erster Linie um die Erfüllung individueller Patientenbedürfnisse, sondern um die systematisch durchgeführte Umsetzung medizinisch nicht mehr hinreichend begründbarer Verkaufsstrategien."
"Allianz gegen das Gemeinwohl"
Auch im Gesundheitsministerium kennt man die Studie und ihre Warnungen. Geändert hat sich nichts. Nur: Der Patient bekommt jetzt die Kosten des ineffizienten Systems durch eine Zusatzversicherung aufgebürdet.
Herbert Rebscher vom Verband der Angestellten-Krankenkassen ist der Ansicht: "Hier werden zwei Lobbygruppen bedient, einmal die Zahnärzte, die schon Jahre nach höheren Honoraren und privaten Liquidationsmöglichkeiten Ausschau halten, und die private Versicherungswirtschaft und das dahinter stehende Kapitalinteresse in Deutschland. Und beide zusammen wahren eine unselige Allianz gegen das Gemeinwohl."
Neue Zusatzversicherung
Gemeinwohl und Transparenz, sie müssen warten. Einzelheiten der neuen Zusatzversicherung kennt keiner. Sicher ist nur: Alle müssen sie abschließen, bei gesetzlichen Krankenkassen oder bei privaten Anbietern, angeblich zum Preis von 7, 50 Euro.
Und so erklärt Christian Weber vom Verband der Privaten Krankenversicherer: "Dieses Leistungspaket umfasst präzise den Versicherungsschutz, der bisher bei den gesetzlichen Krankenversicherungen enthalten war. Das heißt, bei Zahnersatz gibt es einen Versicherungsschutz je nach eingehaltener Prophylaxe zwischen 50 und 65 Prozent. Diese Bonusansprüche würden übrigens von uns auch übernommen werden. Das heißt, die neu zu konzipierende Pflichtversicherung deckt genau das ab, was bisher bei den gesetzlichen Krankenkassen enthalten war."
"Mehr Geld für die gleiche Leistung"
"Die Politik will den Bürgern erklären, dass sie fünf Euro Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung sparen und die gleichen Leistungen pro Kopf für 7,50 Euro zukünftig bezahlen sollen", so Rebscher. "Das nennt man dann privat und Wettbewerb. Es ist aber ein Beitragsaufschlag von schon mal 50 Prozent, und alle Experten gehen davon aus, dass diese 7,50 Euro ein politischer Dumpingtarif der Privaten sind, also auch höchstens ein Jahr hält und dann die realistische Größenordnung kommen wird. Das heißt, die Leute zahlen dann noch mehr Geld für die gleiche Leistung, und das ist nicht nur unökonomisch, das ist auch unpolitisch, das den Menschen als Reform zu verkaufen."
Steht der Patient noch im Mittelpunkt?
Strukturreform - Fehlanzeige. Die Lobbyisten haben sich gegen die Patienten verbündet.
Quelle: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,2057327,00.html
Millionen gehen durch die Lappen
Die Mautstationen stehen schon
Durch die verspätete Lkw-Maut drohen dem Bund gigantische Einnahmeverluste. Wegen der Erhebung erst ab dem 2. November müsse auf rund 360 Millionen Euro an Mauteinnahmen verzichtet werden, berichtet FOCUS. Zudem verliert die Staatskasse zusätzliche 66 Millionen Euro, da die bisher gültige Lkw-Vignette für Ende August angekündigt wurde und deren Gültigkeit bis November nicht mehr verlängert werden kann. Wie FOCUS weiter berichtet, droht auch dem Betreiberkonsortium von Deutscher Telekom und DaimlerChrysler ein zweistelliger Millionen-Verlust, weil ein Teil der Systemvergütung durch den Bund von rund 80 Millionen Euro zwei Monate lang ausfällt.
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Klaus Lippold übte scharfe Kritik an der Politik von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD). „Stolpe hat das deutsche Mautsystem vom möglichen Exportschlager zur Lachnummer degradiert“, sagte Lippold zu FOCUS. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle kritisierte die mangelnde Kontinuität in der Verkehrspolitik: „Diese Regierung hat ihre Verkehrsminister so oft gewechselt, wie die Formel 1 die Reifen.“ Nach dem Transrapid werde nun ein zweites deutsches Hochtechnologieprojekt beschädigt.
Quelle: http://news.focus.msn.de/G/GN/gn.htm?snr=122867&streamsnr=8
Preisdumping - Arbeitgeber gegen Personal Service Agenturen
Die BDA stellt sich einem Pressebericht zufolge gegen ein Kernstück der Hartz-Reformen: Die Arbeitgeber-Vereinigung fordert die Abschaffung der neuen Personal Service Agenturen (PSA).
Die Arbeitgeber setzen sich nach Informationen der «Berliner Zeitung» dafür ein, dass ein wichtiger Bestandteil der Hartz-Reformen wieder rückgängig gemacht wird. Demnach verlangt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die «zügige Abschaffung» der Personal Service Agenturen (PSA). Die Agenturen waren erst in diesem Jahr geschaffen worden, um die Arbeitsvermittlung zu verbessern.
Wie die Zeitung am Dienstag berichtet, forderte BDA-Hauptgeschäftsführer Reinhard Göhner die Abschaffung der PSA in einem Schreiben an Vertreter der führenden Zeitarbeitsfirmen und des Bundesverbandes Zeitarbeit (BZA).
Für den 12. August lud das Mitglied der Unions-Bundestagsfraktion die Adressaten seines Briefes zu Beratungen nach Berlin ein. Auf dem Treffen solle gegen die PSA Front gemacht werden, hieß es. Den Agenturen wird demnach vorgeworfen, mit Hilfe der von den Arbeitsämtern bereit gestellten Subventionen Preisdumping zu betreiben.
Subventionsmissbrauch vorgeworfen
Die Bundesanstalt für Arbeit will erreichen, dass die PSA bis Ende 2003 mindestens 50.000 Arbeitslose betreuen und möglichst rasch in dauerhafte Jobs vermitteln. Dafür erhalten die Agenturen für jeden Arbeitslosen durchschnittlich 1000 Euro im Monat. Die Hartz-Gesetze sehen vor, dass die PSA ähnlich arbeiten wie Zeitarbeitsfirmen. Unternehmen wie Randstad, Adecco und Manpower vermitteln Arbeitnehmer allerdings nur in zeitlich begrenzte Jobs und werden deshalb nicht bezuschusst.
Göhner hielt in dem Brief einzelnen PSA-Betreibern Subventionsmissbrauch vor. Die betreffenden Agenturen vermittelten Arbeitslose «zu weitaus geringeren Preisen (...), als dies Zeitarbeitsfirmen ohne Förderung möglich ist», berichtet die »Berliner Zeitung«. Der BDA-Hauptgeschäftsführer warnte davor, dass «gewachsene Strukturen mit Hilfe öffentlicher Gelder dauerhaft zerstört werden». Das PSA-Konzept sei «in seiner jetzigen Form zu stoppen und dringend neu auszurichten». (nz)
netzzeitung, 05.08.2003
Mehrheit der Bundesbürger glaubt nicht an Aufschwung
Eine große Mehrheit der Bundesbürger glaubt noch nicht an ein Ende der wirtschaftlichen Talfahrt. 71 Prozent der Bundesbürger bezweifeln, dass es mit der Wirtschaft wieder aufwärts geht. Obwohl der Ifo-Geschäftsklimaindex bereits zum dritten Mal in Folge angestiegen ist, bezweifeln 71 Prozent der Deutschen, dass es mit der Wirtschaft wieder aufwärts geht. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Ifo-Instituts exklusiv für die WirtschaftsWoche. Nur 27 Prozent der Befragten sind der Meinung, es gehe jetzt wieder aufwärts. Zwei Prozent machten keine Angaben. Befragt wurden am vergangenen Wochenende 1.000 Bundesbürger ab 16 Jahren.
Quelle: http://www.wiwo.de/pswiwo/fn/ww2/sfn/buildww/cn/...depot/0/index.html
Höchste Juli-Arbeitslosigkeit seit dem Mauerfall
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt düster: Die Zahl der Arbeitslosen ist im Juli um rund 95.000 auf 4,35 Millionen gestiegen. Dies ist der höchste Juli-Stand seit der Wiedervereinigung.
DDP
Arbeitsamt: Dieses Jahr keine Erholung mehr am Arbeitsmarkt
Berlin/Nürnberg - Die Arbeitslosenquote kletterte binnen Monatsfrist von 10,2 auf 10,4 Prozent. Dies berichten mehrere Nachrichtenagenturen mit Verweis auf gut unterrichtete Kreise. Der Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, will am heutigen Mittwoch in Nürnberg die Juli-Arbeitslosenzahlen bekannt geben.
Bei dem Anstieg um 100.000 Erwerbslose im Vergleich zum Vormonat Juni sprachen die Fachleute am Dienstag von einer saisonüblichen Entwicklung. Häufig nutzten Unternehmen die Urlaubszeit, um ihre Belegschaften den Sommer über zu verkleinern. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre ist die unbereinigte Zahl der Erwerbslosen im Monat Juli um rund 115 000 gestiegen.
Weiterhin leicht gesunken ist hingegen nach Einschätzung von Bernd Weidensteiner von der Frankfurter DZ-Bank im Juli die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl. Der Analyst geht von einem Rückgang von 15.000 aus. "Das ist allerdings weniger auf die Konjunktur als vielmehr auf die Auswirkungen des Hartz-Pakets Zurückzuführen", erläuterte der Arbeitsmarkt-Beobachter.
Ähnlich wie Gerster sehen die Fachleute in dieser Entwicklung aber noch keine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt. "Die derzeit leichte konjunkturelle Besserung schlägt im Moment auf dem Arbeitsmarkt noch nicht durch. Damit ist frühestens im Jahr 2004 zu rechnen", so Weidensteiner. "Aber früher oder später springt auch der älteste Motor wieder an", fügte er optimistisch hinzu. Im Juni war die Zahl der Erwerbslosen überraschend um 85.000 auf 4,257 Millionen gesunken. Dies waren dennoch 303.100 mehr als im Juni 2002.
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,260131,00.html
Sozialpolitik
Rekorddefizit in Pflegeversicherung erwartet
07. August 2003 Die gesetzliche Pflegeversicherung wird in diesem Jahr voraussichtlich ein Rekorddefizit von bis zu einer halben Milliarde Euro ausweisen. Davon geht der Ersatzkassenverband VdAK aus, der bei den gesetzlichen Kassen für die Pflegeversicherung verantwortlich ist. "Nach vorsichtiger Einschätzung auf Basis der vorliegenden Halbjahreszahlen erwarten wir ein Defizit von 450 bis 500 Millionen Euro", sagte der zuständige Abteilungsleiter, Paul-Jürgen Schiffer, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Donnerstag auf Anfrage.
Weder das Bundessozialministerium noch das Bundesversicherungsamt, das den Finanzausgleich der Pflegekassen regelt, wollte sich zur finanziellen Lage der Versicherung äußern. Mit Rücklagen in Höhe von knapp 5 Milliarden Euro sei die Versicherung ausreichend gegen die Anforderungen der nächsten Jahre gewappnet, sagte eine Ministeriumssprecherin. Der Beitragssatz von 1,7 Prozent müsse nicht erhöht werden, hieß es bei den Pflegekassen.
Zum vierten Mal in Folge Verlust
Im vergangenen Jahr hatte die 1995 eingeführte Pflegeversicherung ein Defizit von 400 Millionen Euro und damit zum vierten Mal in Folge einen Verlust ausgewiesen. Grund für den Ausgabenüberhang sind wachsende Leistungen aus der Versicherung bei stagnierenden Einnahmen als Folge der Wirtschaftsflaute. Vielfach würden Zahlungen an Beschäftigte gekürzt, was sich dann auch negativ auf die an die Lohnsumme gebundenen Beiträge auswirke, sagte Schiffer. Zudem seien die Leistungen der Kasse für Demenzkranke ausgeweitet worden, was sich 2003 vermutlich in Mehrkosten von bis zu 300 Millionen Euro niederschlage.
Ein lebhaftes Echo riefen die Forderungen der Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zur Abschaffung der Pflegeversicherung und Integration einzelner Pflegeleistungen in die Krankenversicherung hervor. Während die Präsidentin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Barbara Stolterfoht, Mitglied der Rürup-Kommission, dies lobte und die Umstellung auf ein steuerfinanziertes System verlangte, wandten sich die SPD-Gesundheitspolitiker Klaus Kirschner und Helga Kühn-Mengel dagegen. Auch die Spitzenverbände der Pflegekassen lehnten die Forderungen Göring-Eckardts ab, die diese unter anderem damit begründet hatte, daß die Pflegeversicherung die Leistungsfähigkeit der Familien nicht ausreichend berücksichtige.
Pflegeversicherung mit Eigenversorung ergänzen
Die Versicherung habe sich bewährt, erklärten die Kassen. Unabgestimmte Schnellschüsse setzten das Vertrauen der Menschen in die Sicherheitssysteme unnötig aufs Spiel. Zwar seien Anpassungen notwendig, eine Abschaffung sei aber nicht angebracht. Auch die Rürup-Kommission habe es abgelehnt, die Pflegeversicherung über Steuern zu finanzieren oder in die gesetzliche Krankenversicherung zu integrieren. Eine Zusammenlegung mache keinen Sinn: Während die Krankenversicherung eine Vollversicherung mit Wettbewerb sei, ist die Pflegeversicherung als einheitliche Teilkasko-Versicherung angelegt.
Die Arbeitgeber lehnten die Übernahme der Pflegeleistungen durch die Krankenversicherung ab. Dies sei kein Ersatz für die notwendigen Reformen. Die Pflegeversicherung bleibe nur als Basissicherung mit Kernleistungen finanzierbar. Sie müsse mit Eigenvorsorge ergänzt werden.
FAZ, 08.08.2003
Sehnsucht nach Voscherau
Nord-SPD sucht Kandidaten
SPD-Generalsekretär Olaf Scholz verliert zunehmend den Rückhalt in seinem Hamburger Landesverband. Nach der Wahlniederlage vor zwei Jahren wurde Scholz als künftiger Bürgermeister-Kandidat für die Wahl 2005 gehandelt. Doch nun sehnt sich die Partei immer mehr nach einem, der in Hamburg fast ein Jahrzehnt lang ein angesehener und beliebter Bürgermeister war: Henning Voscherau.
Von Jörn Breiholz (Hamburg)
Es könnte ein "typischer Voscherau" sein. Einer der Partei-Granden stößt die Diskussion mitten im Sommerloch an und Voscherau sagt zunächst zögerlich "vielleicht". Und die Debatte um die Bürgermeisterkandidatur der Hamburger SPD ist entbrannt. Henning Voscherau, der langjährige machtvolle erste Mann der Hamburger SPD, liebt große und kleine Gesten. Der Schauspieler-Sohn zelebrierte nach dem schlechtesten SPD-Wahlergebnis der Nachkriegszeit 1997 einen Abgang so recht nach Shakespearescher Dramatik. Noch am Wahlabend legte er Amt und Bürgerschaftsmandat nieder und zog sich, sichtlich beleidigt ob der entzogenen Wählerliebe, in sein Notariatsbüro an der Alster zurück. Seitdem ist es ruhig geworden um ihn, dem fleißigstes Aktenstudium auch zu Bürgermeister-Zeiten beschieden wurde, und der eigentlich mit seinen 61 Jahren viel zu jung ist, um nur noch Grundbücher zu wälzen. In Berlin wollte ihn keiner haben - Schröder hat Scholz geholt, ihn aber mit keinem Job bedacht.
Scholz oder Voscherau? Wer diese Frage stellt und das Machtbewusstsein der Hamburger SPD kennt, weiß, dass es darauf nur eine Antwort gibt: Voscherau. Scholz sei ein Apparatschik, sagt etwa Ingo Kleist, einer der ewigen SPD-Bürgerschaftsabgeordneten und langjähriger Fraktionsvize. "Olaf Scholz ist mir zu nassforsch und kommt bei den Bürgern nicht gut an", sagt Kleist. "Er ist eben kein Sympathieträger." Daher will er "möglichst noch im Herbst" einen SPD-Gegenspieler zu Bürgermeister Ole von Beust (CDU) benennen. Ein Affront gegen seinen Landesvorsitzenden, denn Scholz will die Kandidatenkür erst Anfang 2005. Es gäbe nur einen, der dem bei den Hamburgern beliebten "Sonnyboy" von Beust das Wasser reichen könne, sagt Kleist: "Voscherau."
"Scholz wird es nicht werden", kündigte nun Hamburgs ehemaliger SPD-Bausenator Eugen Wagner im Hamburger Abendblatt an und eröffnete damit eine Diskussion, zu der sich der Abgewatschte persönlich nicht äußern will, schon seit Monaten nicht. Bereits im Mai hatte Günter Elste, der zu Voscheraus Bürgermeister-Zeiten SPD-Fraktionschef war, Scholz öffentlich desavouiert, indem er seine Wiederwahl zum Landeschef im kommenden Jahr in Frage stellte. Seitdem prasselt es munter aus der Partei auf ihn ein. Mal kanzelt SPD-Landesvize Jutta Blankau den von Scholz gelobten Kompromiss in der Gesundheitspolitik als "unsozial" ab, mal wird in SPD-Blättern Scholz' Parteivorsitz in Frage gestellt. Und die Agenda 2010, Scholz Gesellenstück beim Kanzler, konterten schon Anfang April alle sieben Hamburger Kreisvorsitzenden mit der Forde-rung nach einem Sonderparteitag. Es treten erstaunlich viele gegen Scholz auf. Bloß für ihn spricht keiner.
Das tut auch Henning Voscherau nicht, als er die Debatte um die Spitzenkandidatur am Mittwochnachmittag schließlich zurückweist. Er habe keinen Grund, sich mit einer Rückkehr in das Rathaus zu beschäftigen, sagt er. Das hört sich nach Absage an. Endgültig muss die nicht sein. Wenn die Partei den alten König ruft, wird sich der Schauspieler-Sohn dem Applaus des Publikums nicht verschließen wollen.
Quelle: http://www.fr-aktuell.de/ressorts/..._politik/deutschland/?cnt=266392
... zünd' andere an.
Druck auf Regierung wächst
Bundesanstalt soll für schlechte Jobvermittlung bestraft werden
Von Helmut Hauschild, Handelsblatt
Im Streit um die Finanzierung der geplanten Arbeitsmarktreformen gehen Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsam auf Konfliktkurs zur Regierung. Sie werfen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) vor, den Beitragszahlern zur Arbeitslosenversicherung ungerechtfertigt mehrere Milliarden Euro aus der Tasche zu ziehen.
BERLIN. Anlass ihrer Kritik ist eine neue Regelung im Zuge der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Die Regierung will für jeden neuen Langzeitarbeitslosen die Bundesanstalt für Arbeit zur Kasse bitten. Wenn ein Arbeitsloser vom regulären, beitragsfinanzierten Arbeitslosengeld in das steuerfinanzierte Arbeitslosengeld II rutscht, in der Regel ist das künftig nach zwölf Monaten der Fall, dann soll die BA dem Bund eine Abgabe leisten, die der neuen Leistung einschließlich Sozialabgaben für drei Monate entspricht. Diese „Aussteuerungsbeträge“ addieren sich zu riesigen Summen. Denn allein 2004, so schätzt das Wirtschaftsministerium, werden rund 700 000 Arbeitslose in das Arbeitslosengeld II wechseln. Für das zweite Halbjahr 2004 – die Regelung soll im Juli kommenden Jahres in Kraft treten – sieht der Gesetzentwurf eine Abschlagszahlung der BA von 2,8 Mrd. Euro vor. Die Regierung will mit den Aussteuerungsbeträgen den Arbeitsämtern Druck machen, damit diese Arbeitslose möglichst schnell vermitteln.
„Das ist eine willkürliche Maßnahme, die es dem Gesetzgeber erlaubt, sich fast grenzenlos aus den Beiträgen der Versicherten zu bedienen“, sagte Christoph Kannengießer, Arbeitgebervertreter und alternierender Verwaltungsratschef der Bundesanstalt für Arbeit (BA), dem Handelsblatt. Kannengießer stört sich vor allem daran, dass die „Strafabgabe“ aus Beitragsmitteln finanziert werden soll. Die Versicherten würden damit für Probleme auf dem Arbeitsmarkt zur Kasse gebeten, die sie nicht zu verantworten hätten. „Wenn Arbeitslose keinen neuen Job finden, dann liegt das primär an der schwierigen Wirtschaftslage und an den Strukturproblemen des Arbeitsmarkts“, sagte er. Daran könnten auch die Arbeitsämter durch stärkere Vermittlungsbemühungen kaum etwas ändern. Kannengießer unterstellt der Regierung deshalb vor allem fiskalische Interessen. „Der Bund versucht auf willkürliche Weise, die finanziellen Lasten aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe so gering wie möglich zu halten.“
Wilhelm Adamy, Vertreter der Gewerkschaften im BA-Verwaltungsrat, unterstützt die Kritik. „Die Regierung schafft einen neuen Verschiebebahnhof zwischen beitragsfinanziertem Arbeitslosengeld und steuerfinanzierter Fürsorgeleistung“, sagte er. Dies stehe im Widerspruch zu ihrem Ziel, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung und damit die Lohnnebenkosten zu senken. Adamy plädierte dafür, die Arbeitsämter statt über „Strafen für die Beitragszahler“ über Zielvereinbarungen zu schneller Vermittlung anzuhalten. Kannengießer unterstützt diesen Weg. Die schuldhafte Verfehlung einer bestimmten Vermittlungsquote könnte mit persönlichen Konsequenzen für die Spitze der BA oder die Direktoren der Arbeitsämter verbunden sein, sagte er.
Clement verteidigte die Abgabe für jeden neuen Langzeitarbeitslosen: „Wir brauchen eine Interessenquote der BA“, sagte er am Donnerstag. Auch SPD und Grüne stellten sich hinter den Plan: „Ich halte das für sinnvoll“, erklärte die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Thea Dückert. Es wäre falsch, aus rein systematischen Gründen von einem Anreiz zur schnelleren Vermittlung abzusehen. In der SPD-Fraktion hieß es, ein Aussteuerungsbetrag sei der praktikabelste Weg. Es müsse verhindert werden, dass die Arbeitsämter schwierige Fälle auf die lange Bank schieben.
Die Bundesanstalt selbst will sich offiziell zu der Abgabe nicht äußern. Intern habe BA-Vorstandschef Florian Gerster aber deutliche Kritik geäußert, hieß es. Ein hochrangiger BA-Vertreter nannte das Argument der Regierung, die Arbeitsämter bräuchten diesen Druck, „dümmlich“. Vielmehr wolle sich Eichel durch die Abgabe zurückholen, was er der BA an anderer Stelle gebe.
HANDELSBLATT, 08.08.2003
gemacht, aber sie sagen selbst, sie hätten aus den Fehlern gelernt, deshalb sind sie wieder regierungsfähig, das ist wieder typisch, hahaha
das der Karren irgendwann an die Wand fährt hat natürlich keiner gewußt alle Parteien waren vollkommen überrascht. Was ich damit sagen will Schwarzer Lord
die Chaos-Chronik mußt du aber dann auf 1983 - 1998 ausweiten sonst ist es nicht ganz korrekt mein schwarzer Freund, oder wir weiten das ganze noch ein bißchen aus
ach gleich bis 1900, da gabs aber deine christlichen Freunde noch nicht, wenn hättest du da gewählt, oder warst du da Hofnarr, hihi
gruß werweiß
bleib doch ein bißchen fairer und nimm die Parteibrille ab
Da nehmen wir doch Herbert Ernst Karl Frahm (Künstlername: Willy Brandt) und Helmut Schmidt auch noch mit rein. Was soll der Geiz? Genau genommen ist ja der alte Fritz an allem schuld.
;O)
nicht doch so aufregen, das hast du doch nicht nötig, hast recht ich hab mir nicht alles durchgelesen, ist mir zu viel gelabbere dabei, fakt ist doch das es uns nicht so schlecht geht, wie in den Medien immer geschrieben wird, war gestern das erste mal im Freibad und musste feststellen, dass jeder 3. enorm übergewichtig ist. Du fragst dich jetzt was das mit dir zu tun hat, naja da mußt du schon überlegen ob das mit dem Unsinn Sinn macht, denn in jedem Unsinn steckt ein bißchen Wahrheit
gruß werweiß
Internetzugangssteuer (je Einwahl), eine Internetnutzungssteuer (Bemessungsgrundlage: Zeit der Internetnutzung) und eine Internetvergnügungssteuer (wird bei der Nutzung bestimmter Seiten erhoben: Sexseiten - aber auch Ariva).
CDU warnt: Die Steuerpläne von Rot-Grün entlasten Bürger und Unternehmen nicht, sondern kosten sie 2,7 Milliarden Euro
von Günther Lachmann und Friedemann Weckbach-Mara
Berlin - Über 30 Milliarden Euro will Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) im nächsten Jahr an neuen Schulden aufnehmen.
Das steht in der Vorlage für die Kabinettssitzung am kommenden Mittwoch. Dabei ist noch völlig offen, wie viele Milliarden es mehr werden, denn die geplante Gemeindefinanzreform mit der Neuordnung der Gewerbesteuer ist selbst in der SPD so umstritten, dass die eingeplanten Mindereinnahmen von 4,5 Milliarden Euro im nächsten Jahr mit großer Wahrscheinlichkeit überschritten werden. Außerdem geht die Bundesregierung mit ihren Berechnungen davon aus, dass die Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt 2004 nicht über 4,4 Millionen liegt, sonst müsste der geplante Zuschuss von 5,2 Milliarden Euro für die Bundesanstalt für Arbeit weiter erhöht werden. Bis 2006 soll dieser Zuschuss für die Bundesanstalt für Arbeit sogar auf null sinken.
Insgesamt sieht der Haushalt Ausgaben in Höhe von 251,2 Milliarden Euro und Einnahmen von 201,4 Milliarden Euro vor. Neben der Neuverschuldung sollen noch sonstige Einnahmen wie Verwaltungsgebühren und Münzeinnahmen mit 18,9 Milliarden zum Haushalt beitragen. Der Kreditaufnahme von 30,9 Milliarden Euro stehen 24,8 Milliarden für Investitionen gegenüber. Gleichzeitig beträgt die Zinszahlung für angehäufte Schulden im nächsten Jahr 40,2 Milliarden, in diesem Jahr sind es 39,9 Milliarden Euro.
Den größten Rückgang gibt es im Haushalt für Verbraucherschutz- und Landwirtschaft. Der Etat der Grünen-Ministerin Renate Künast sinkt von 5,6 auf 5,2 Milliarden Euro, besonders durch Kürzungen bei der Landwirtschaft. Im Familienministerium entfallen Ausgaben für (abgeschlossene) Investitionen in Pflegeheime. Dadurch sinkt der Etat von 5,1 auf 4,7 Milliarden Euro. Heftige Kritik an Eichels Finanzplanung übt die CDU-Mittelstandsvereinigung (MIT). Auf Bürger und Unternehmen kämen Mehrausgaben in Milliardenhöhe zu, sagte ihr stellvertretender Bundesvorsitzender, Hans Michelbach, WELT am SONNTAG. Die MIT errechnete, dass der von der Bundesregierung geplanten Steuerentlastung in Höhe von 15,5 Milliarden Euro zusätzliche Steuern und Abgaben in Höhe von 18,244 Milliarden Euro gegenüberstehen.
"Das Vorziehen der Steuerreform wird für die Bürger und Betriebe nicht nur ein Nullsummenspiel, sie zahlen im Gegenteil noch 2,7 Milliarden Euro drauf", sagte Michelbach. Die mittelfristige Finanzplanung enthalte folgende Zusatzbelastungen für Bürger und Unternehmen: 9,4 Milliarden Euro auf Grund der Zuzahlungen durch die Gesundheitsreform und der Tabaksteuererhöhung; 1,57 Milliarden durch die Einführung der Gemeindewirtschaftsteuer; 0,858 Milliarden Euro durch die Kürzung der Eigenheimzulage; 1,116 Milliarden Euro auf Grund der Kürzung der Entfernungspauschale; 1,5 Milliarden Euro fehlten wegen der Steuererhöhungen aus dem "Steuervergünstigungsabbaugesetz"; 0,6 Milliarden Euro würden auf Grund von Steuer- und Abgabenerhöhungen in der Forst- und Landwirtschaft fällig; zwei Milliarden Euro kassiere der Staat durch die Erweiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und den geplanten Subventionsabbau; 0,7 Milliarden Euro verlören Unternehmen wegen der gekürzten Abschreibungsbeträge für bewegliche Wirtschaftsgüter; 0,5 Milliarden Euro fehlten den Bürgern wegen gekürzten Sonderzuwendungen wie Weihnachtsgeld.
Quelle: http://www.wams.de/data/2003/08/10/150400.html