beiden obersten Bankenkontrolleure in Deutschland, die Finanzaufsichtsbehörde BaFin und die Bundesbank, befanden sich in der entscheidenden Phase der HRE-Rettung in einem schweren Interessenkonflikt. Das geht aus einem als „Geheim amtlich geheimgehalten“ eingestuften Bericht der Bundesbank hervor, der dem Handelsblatt vorliegt.
BERLIN. Die Danach hatte die Bundesbank ausgerechnet zum Zeitpunkt des Rettungswochenendes im September 2008 selbst rund 2,3 Mrd. Euro bei dem Hypo-Real-Estate-Konzern angelegt, davon fünf Mio. Euro für die BaFin.
BaFin-Chef Jochen Sanio und Bundesbank-Chef Axel Weber müssen heute vor dem HRE-Untersuchungsausschuss aussagen. Seit zwei Monaten versuchen elf Bundestagsabgeordnete, die teuerste Bankenrettung in der Geschichte der Bundesrepublik zu durchleuchten. Kosten für den Steuerzahler durch Kredite und Bürgschaften: rund 100 Mrd. Euro.
Die Bankenaufseher Sanio und Weber waren Teilnehmer an dem ersten entscheidenden Rettungswochenende für die HRE vom 26. bis 28. September 2008, an dessen Ende ein Konsortium von Geldinstituten und Versicherungen sich mit der Bundesregierung auf ein Rettungspaket einigte. Anwesend waren zudem Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen (SPD) und der Präsident des Bankenverbands, Klaus-Peter Müller.
Brisant ist auch das Datum des geheimen Bundesbankberichts: Er stammt vom 28. September 2008, also genau dem Rettungswochenende. Nur einen Tag zuvor hatten Sanio und Weber zudem einen Brandbrief an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück geschrieben, in dem sie den Einstieg des Staates bei der Bankenrettung als alternativlos bezeichneten. In dem als „persönlich streng vertraulich“ von Weber und Sanio unterschriebenen Brief heißt es: „Nach unserer Einschätzung sind die infrage kommenden Banken und die Einlagensicherung des BdB nicht in der Lage, aus eigener Kraft die HRE zu stützen und die notwendige Liquidität ohne Bürgschaft zu stellen.“
Die Bundesbank wollte auf Anfrage keinen Kommentar dazu abgeben. „Finanzkreise“ bestätigen aber, dass es bei den von der Bundesbank aufgelisteten Portfolios in Höhe von rund 2,3 Mrd. Euro um Vermögen geht, die das Institut im Auftrag anlegt und betreut. Es sind hauptsächlich Pensionsrückstellungen der Kunden, darunter auch 265 Mio. Euro der Bundesagentur für Arbeit.
Eine Sprecherin der BaFin sagte zu der Anlageentscheidung der Bundesbank: „Die Bundesbank legt nach einer Vereinbarung aus dem Jahr 2004 die Pensionsrückstellungen der BaFin an. Die Bundesbank trifft eigenverantwortlich ihre Entscheidungen, die auf bestimmten Kriterien beruhen.“ Es gelte der Grundsatz des passiven Managements – vorzugsweise soll in Papiere investiert werden, die mit der guten Bonitätsnote „AA-“ bewertet sind, oder in Pfandbriefe.
Die Aufseher von BaFin und Bundesbank wussten im Herbst vergangenen Jahres, dass sich die Refinanzierungsstruktur der HRE nach der 2007 erfolgten Übernahme der Depfa kräftig verschlechtert hatte, und haben das in ihren Berichten regelmäßig dokumentiert. Das haben Mitarbeiter der BaFin und Bundesbank dem HRE-Untersuchungsausschuss in den vergangenen Wochen ausführlich beschrieben.
BaFin-Chef Sanio warnte bereits 2007 davor, dass ein Zusammenbruch der Mittelstandsbank IKB die erste große Bankenkrise seit 1931 hätte auslösen können. Offensichtlich nahm das die Bundesbank nicht selbst zum Anlass, ihre Anlagepolitik zu ändern. 13 Tage nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 hatte die Bundesbank noch 2,3 Mrd. Euro bei der HRE im Feuer.
Im Lichte der Fastpleite der HRE stellt sich nach Ansicht von Finanzexperten die Frage, ob die Bundesbank nicht in einem institutionalisierten Interessenkonflikt stehe. Sie lege Mittel als Treuhänder bei Banken an, die sie gleichzeitig kontrolliere. Hätte sie Konsequenzen aus der instabilen Lage der HRE gezogen, hätten Investoren das als Signal deuten können, ebenfalls auszusteigen. Das habe die Bundesbank nicht getan, was mit Blick auf das treuhänderisch verwaltete Vermögen nicht ungefährlich gewesen sei.