(Neu: Redaktionen aus China, Experteneinschätzung)
NEW/YORK/ WASHINGTON/PEKING (dpa-AFX) - Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) straft die USA angesichts des riesigen amerikanischen Schuldenbergs ab. Nur drei Tage nach der Einigung im monatelangen innenpolitischen Gezerre um die Erhöhung der US-Schuldengrenze stufte S&P die US-Bonität von der Bestnote "AAA" auf "AA+" herunter. Zugleich warnte die Agentur, der langfristige Ausblick sei negativ. Falls die USA ihre Schulden nicht in den Griff bekommen sollten, "könnten wir das langfristige Rating innerhalb der nächsten zwei Jahre auf "AA" herabstufen".
Aus China - dem größten Gläubiger der Vereinigten Staaten - kam postwendend eine deutliche Forderung: "Amerika muss für seine Schuldensucht und das kurzsichtige politische Gezerre bezahlen",hieß es am Samstag in einem Kommentar der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Als größter Gläubiger Amerikas habe China jedes Recht zu verlangen, "dass die USA ihre strukturellen Schuldenprobleme in den Griff bekommen und die Sicherheit chinesischer Dollar-Anlagen sicherstellen".
Außerdem wurde die bislang führende Rolle des Dollars infrage gestellt. Es müsse über Alternativen zum Dollar als Reservewährung nachgedacht werden. Kommentare der Agentur Xinhua spiegeln oft die Meinung der chinesischen Regierung wider. Nach dem Schritt von Standard & Poor's hatte die chinesische Ratingagentur ihrerseits die US-Bonität von "A+" auf "A" zurückgestuft. Weitere Schritte würden folgen, falls die USA ihre "riesigen Militärausgaben und aufgeblähten Sozialausgaben" nicht eindämmten, schrieb der Kommentator weiter.
REAKTION DER FINANZMÄRKTE MIT SPANNUNG ERWARTET
Die Herabstufung könnte für weitere Unruhe an den Finanzmärkten sorgen. Bereits in den vergangen Tagen hatte es in den USA sowie in Europa vor allem wegen der Sorgen über die riesigen Schuldenberge in den Vereinigten Staaten und einigen Staaten der Eurozone und der Furcht vor einem Rückfall in die Rezession. Eine Folge des schlechteren Ratings können mittelfristig höhere Zinsen für die Aufnahme frischen Geldes sein: Die USA müssten dann neben der Tilgung ihrer riesigen Schulden zusätzlich eine wachsende Zinslast schultern.
Wie sich der Schritt auf die Finanzmärkte auswirken wird, zeigt sich am Montag. Dabei dürfte weniger die Abstufung selbst als der Zeitpunkt der Bekanntgabe für Aufregung sorgen. Daher sei es jetzt besonders spannend, wie die Märkte darauf reagieren, sagte ein Händler. "Der Schritt an sich sollte keine Überraschung für die Märkte sein. Aber er kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Nerven an den Märkten nach dem Kursverfall in der vergangenen Woche schon arg strapaziert sind", sagte Ajay Rajadhyaksha, Experte bei Barclays, der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Seiner Einschätzung nach, kommt es jetzt vor allem darauf an, ob die Investoren ihr Vertrauen verlieren oder nicht. In der vergangenen Woche waren US-Anleihen nach der Einigung im US-Schuldenstreit gestiegen. "Das zeigt, dass US-Staatsanleihen von den Investoren erst einmal als sicherer Hafen eingeschätzt werden. Es kommt jetzt darauf an, ob das weiter so bleibt", sagte Rajadhyaksha. Alternativen - zumal mit einer so hohen Liquidität sind rar gesät.
Nach der Abstufung der USA gibt es nur noch 17 Staaten, die von S&P die Bestnote "AAA" erhalten, dazu zählen allerdings auch einige Steueroasen und Zwergenstaaten. Von den führenden Industrienationen (G7) werden jetzt nur noch Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Kanada von S&P mit der höchste Bewertung eingestuft.
KEINE REAKTION DER BUNDESREGIERUNG - STREIT ÜBER RECHENFEHLER
Die Bundesregierung wollte sich am Wochenende nicht äußern. "Einfach mal die Klappe halten" wäre ein gutes Motto der Stunde, hieß es aus deutschen Regierungskreisen lediglich. Frankreichs Wirtschaftsminister François Baroin sagte: "Frankreich hat ein uneingeschränktes Vertrauen in die Stabilität der amerikanischen Wirtschaft." Der Minister lobte die US-Regierung für ihr "entschlossenes Vorgehen", um die Schulden in den Griff zu bekommen.
Neben dem gigantischen Staatsdefizit ist die US-Ökonomie von weiteren Schuldenproblemen geprägt: Die Verbraucher - sie tragen die Wirtschaftsleistung der größten Volkswirtschaft zu 70 Prozent - konsumieren seit Jahren auf Pump. Und die Wirtschaft insgesamt verbraucht seit Jahren deutlich mehr als sie selbt produziert. Ergebnis: Ein riesiges Handels- und Leistungsbilanzdefizit - vor allem gegenüber China, das seinerseits auf massenhafte Exporte nach Amerika angewiesen ist.
US-Medien berichteten, die US-Regierung habe sich bis zuletzt vehement gegen die Herabstufung zur Wehr gesetzt. Dabei habe die Regierung der Agentur auch Rechenfehler vorgehalten, hieß es. S&P begründete ihren Schritt damit, dass die nach wochenlangen Ringen am Dienstag vom Kongress beschlossene Einsparungen nicht ausreichten, um eine langfristige Schuldenkonsolidierung zu erreichen. Auch die "Berechenbarkeit der amerikanischen Politikprozesses" (policymaking) müsse in Frage gestellt werden, heißt mit Blick auf das langwierige Gezerre zwischen Regierungslager und Opposition.
AUCH MOODY'S BLICKT BESORGT AUF US-SCHULDEN
Der nach wochenlangem Tauziehen zwischen Demokraten und Republikanern erreichte Schuldendeal sieht eine Erhöhung des Schuldenlimits von derzeit 14,3 Billionen Dollar (rund 10 Billionen Euro) vor. Dies solle mit Sparmaßnahmen in Höhe von 2,5 Billionen Dollar (1,7 Billionen Euro) einhergehen. S&P hatte aber bereits zuvor gewarnt, es seien Einsparungen in Höhe von vier Billionen notwendig.
Dagegen hatten die beiden US-Ratingagentur Moody's und Fitch die US-Kreditwürdigkeit nach dem Schuldendeal weiter die Bestnote "AAA" gegeben. Allerdings warnte Moody's, der weitere Ausblick sei negativ. Es bestehe das Risiko einer Herabstufung, falls die Haushaltsdisziplin in den USA im nächsten Jahr nachlassen sollte. Auch Fitch will die Schuldenentwicklung in den USA weiter scharf im Auge behalten./pm/DP/zb