Verteilungsfragen - Börsen- und Politik-Aspekte
Seite 1 von 286 Neuester Beitrag: 21.07.23 22:24 | ||||
Eröffnet am: | 08.01.19 13:41 | von: Anti Lemmin. | Anzahl Beiträge: | 8.125 |
Neuester Beitrag: | 21.07.23 22:24 | von: Shlomo Silbe. | Leser gesamt: | 1.758.112 |
Forum: | Börse | Leser heute: | 561 | |
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Themen-Schwerpunkte:
(1) Probleme neoliberaler Globalisierungs-Politik
(2) Kritik an geopolitischen Strategien zur Umsetzung von (1)
(3) Umverteilungs-Ungerechtigkeiten (speziell Kritik an der grassierenden Umverteilung von unten nach oben auf allen Ebenen).
(4) Kritik an der Politik der Zentralbanken und deren überstarke Einflussnahmen auf Wirtschaft und Börsen - sowie an der "kalten Enteignung" von Sparern durch Nullzinspolitik trotz Inflationsraten von über 2 %
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Unerwünscht sind rassistische und neonazistische Kommentare. Wer Ethnien oder Religionsgemeinschaften verunglimpft und/oder die Nazi-Gewaltherrschaft verherrlicht, kommt ohne Wenn und Aber auf die Ignore-Liste.
Flüchtlingspolitik kann thematisiert werden, die Diskussion sollte sich jedoch auf deren ökonomische Aspekte beschränken. Werbung für Parteien (speziell AfD) ist untersagt. Der Schwerpunkt liegt auf grundlegendem Ideenaustausch.
Da ökonomische Themen (mit Börsenbezug) im Vordergrund stehen, habe ich diesen Thread im Börsen-Forum von Ariva eröffnet (statt im Talk-Bereich).
Ich bezweifle allerdings, dass man über Makroökonomik wirklich "wertneutral" (und damit "offen") diskutieren kann.
Ökonomie bzw. Wirtschaftswissenschaft zählen bekanntlich zu den "weichen" Sozialwissenschaften, im Gegensatz etwa zu "harten" Naturwissenschaften wie Physik und Chemie. "Weich" bedeutet, dass es keine absolute Richtigkeit geben kann (wie z. B. bei Newtons Fallgesetzen), sondern immer nur eine relative Richtigkeit, die von politischen, sozialen, historischen Prämissen und zig anderen Parametern abhängt.
Das beste Gegenbeispiel für "Neutralität" ist das Standardwerk "The Holy Grail of Macroeconomics" des Ökonomen Richard C. Koo, der in Japan an "Quantative Easing"-Maßnahmen der BoJ beteiligt war - und dessen Buch letztlich eine Rechtfertigung für QE darstellt. Kritiker monierten, dass QE in Japan nichts gebracht habe, weil Japans Wirtschaft auch Jahrzehnte nach dem 1990-Crash noch deflationär vor sich hindümpelt. Koo hält dagegen, dass Japan ohne QE in einer zweiten Großen Depression versunken wäre, und genau die sei durch Japans QE verhindert worden. Das heißt: Das Seitwärts-Siechtum seit 1990 betrachtet Koo bereits als relativen "Gewinn" im Vergleich zur sonst angeblich eingetretenen, ökonomisch weitaus schlimmeren zweiten Großen Depression.
Inzwischen verklären auch Zentralbanker wie z. B. Bernanke rückblickend die Wirkmacht ihrer QE-Maßnahmen mit ähnlichen Argumenten. Da spielt jedoch mMn eine Menge politische Augenwischerei und Selbstbeweihräucherung mit rein.
In (4) des Eingangspostings habe ich in der Tat schon implizit selber (wertend) Stellung bezogen, weil ich den Zentralbanken aktuell eine größere Wirkmacht (als etwa im letzten Jahrtausend) zugestehe, denn sonst würde ja eine Kritik daran auch gar keinen Sinn machen. Ich stimme auch Koo zu, dass QE nicht wirkneutral ist. Allerdings weigere ich mich, die vielen von den Zentralbank-"Rettern" totgeschwiegenen negative Nebenaspekte zu übersehen, als das wären: Vermögenspreis-Inflation, die das Wohnen in Großstädten wegen explodierender Mieten inzwischen fast unbezahlbar macht; kalte Enteignung der Sparer durch Nullzinsen trotz merklicher Inflation, bei der EZB außerdem klammheimliche verbotene Staatsfinanzierung der Südperipherie-Staaten und damit Verletzung der Maastricht-Regeln. Und man weiß nicht einmal genau, ob diese vielen Nebenaspekte für manchen Zentralbänker nicht vielleicht sogar die Hauptaspekt waren ;-)
Mir ist bekannt, dass Du (Fillorkill) Notenbanken für "neutral" hälst. Dir wiederum ist bekannt, dass ich sie nicht für nicht neutral, d.h. für sehr wirkmächtig mit noch mehr Nebenwirkungen halte. Es ist mMn legitim, über diese Nebenwirkungen, zu denen eben auch Umverteilung von unten nach oben zählt (Enteignung der Sparer bei Mästung der Aktionäre) hier zu streiten, und das wird niemals "neutral" vonstatten gehen können. Schon allein deshalb, weil diejenigen, die davon profitieren, diese Diskussion scheuen wie der Teufel das Weihwasser.
Hier im Thread dürfen solche gegensätzlichen Grundeinschätzungen gern aufeinanderprallen. Sie sollten allerdings der ziemlich komplizierten Faktenlage hinreichend Rechnung zollen. (So ist das profane Argument" Gelddrucken" zu simpel, wenn auch nicht grundfalsch)
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P.S: Ebenso illusorisch wäre es, einen wirklich "neutralen" Thread zu Politikwissenschaften aufmachen zu wollen. Denn jeder, der Politikwissenschaften studiert, hat auch eine eigene politische Meinung, die zugleich die Prämissen für die eigene Forschung, Interessenschwerpunkte und Politikempfehlungen vorgibt.
(KI = Künstliche Intelligenz)
Es ist mMn ein Unding, das wissenschaftliche Errungenschaften wie die "Künstliche Intelligenz", die dem Gemeinwohl dienen und die Menschheit voranbringen sollten, von den amtierenden Machthabern prompt für "niedere Zwecke" - d.h. für die Überwachung und Kontrolle - eingesetzt werden.
Für mich ein weiteres Indiz, dass wir - trotz aller demokratischen Lippenbekenntnisse - in Wahrheit von "Big Brother" regiert werden.
EU-Kommission will künstliche Intelligenz zur Überwachung nutzen
Ein EU-Dokument vergleicht das Maschinenlernen mit der Erfindung der Elektrizität. Insgesamt sollen 20 Milliarden Euro in Forschungen zu "KI made in Europe" fließen Ein Koordinierter Plan für künstliche Intelligenz der Europäischen Union sieht vor, Algorithmen verstärkt in den Bereichen "Migration und Infrastrukturüberwachung" einzusetzen. So steht es im Anhang der Mitteilung der EU-Kommission, die der Generalsekretär kurz vor Weihnachten an den Rat gerichtet hat. KI-basiertes maschinelles Lernen soll demnach vor allem in den Bereichen Geoinformation und Erdbeobachtung genutzt werden.
Die EU betreibt das Programm Copernicus, das aus zunächst sechs optischen und radarbasierten Satelliten besteht. Die aus dem All generierten Bilder und Geodaten werden für Umwelt- und Sicherheitsbelange genutzt. Als wichtigster Abnehmer im Sicherheitsbereich gilt Frontex, die über "Copernicus" Satellitendaten für ihr Grenzüberwachungssystem Eurosur anfordert. Auch die Überwachung des "Grenzvorbereichs" erledigt die EU-Grenzagentur unter anderem mit Satellitendaten...
usa und china stehen angeblich vor einem deal zum handelsstreit eine - winwin - einigung wird es nicht geben. für beide steht viel auf dem spiel. in den kommenden 2-5 jahren wird sich entscheiden wer die
nr. 1 ist/ wird. china hat sich stark zum hightech standort entwickelt, es ist schon lange nicht mehr nur werkbank der westlichen industriestaaten. ( siehe link zum seidenstraßenprojekt) ich sehe hier wie ich schon im "ökonomenthread" schrieb, die wahl zwischen pest oder cholera...
https://www.n-tv.de/mediathek/bilderserien/...ze-article20790737.html
was meint ihr dazu ?
https://www.heise.de/tp/features/...g-Un-erneut-in-China-4268806.html
Der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Un ist heute früh ohne Vorankündigung in China eingetroffen - ... (auf) Einladung des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping...
...Begleitet wird Kim Jong Un außer von seiner Ehefrau Ri Sol Ju von ranghohen Vertretern der nordkoreanischen Staatsführung. Unter ihnen befindet sich auch Kim Yong Chol, der nordkoreanische Chefunterhändler für die Verhandlungen mit den USA. Beobachter gehen deshalb davon aus, dass bei dem Staatsbesuch auch diese Verhandlungen und insbesondere ein zweites Treffen zwischen Kim Jong Un und dem amerikanischen Staatspräsidenten Donald Trump besprochen werden...
...Medienspekulationen, dass die US-Administration erwartet, China könnte diesen Handelsstreit mit der Nordkoreafrage verbinden, wollte Außenminister Mike Pompeo am Montag gegenüber CNBC nicht bestätigen....
https://www.reuters.com/article/...panies-in-iran-syria-idUSKCN1P21MH
Exclusive: New documents link Huawei to suspected front companies in Iran, Syria
LONDON/HONG KONG (Reuters) - The U.S. case against the chief financial officer of China’s Huawei Technologies, who was arrested in Canada last month, centers on the company’s suspected ties to two obscure companies. One is a telecom equipment seller that operated in Tehran; the other is that firm’s owner, a holding company registered in Mauritius.
U.S. authorities allege CFO Meng Wanzhou deceived international banks into clearing transactions with Iran by claiming the two companies were independent of Huawei, when in fact Huawei controlled them. Huawei has maintained the two are independent: equipment seller Skycom Tech Co Ltd and shell company Canicula Holdings Ltd.
But corporate filings and other documents found by Reuters in Iran and Syria show that Huawei, the world’s largest supplier of telecommunications network equipment, is more closely linked to both firms than previously known....
...Mit diesem dreckigen Deal knebelte China Malaysia
https://www.n-tv.de/wirtschaft/...China-Malaysia-article20802098.html
Herr Koo, in Japan läuft seit 2013 ein Experiment namens "Abenomics". Funktioniert es?
Richard Koo: ...wenn eine Zentralbank QE betreibt, kauft sie Wertpapiere am Markt auf. Sie erhöht damit die Geldmenge im Bankensystem. Soll dieses Geld in die echte Welt fließen, so braucht es jedoch auch Kreditnehmer, also Privatleute oder Unternehmen, die Geld borgen und ausgeben wollen. Aber in Japan gibt es schon seit 25 Jahren keine solchen Borger mehr - selbst bei Zinsen von null Prozent! ...(Wir sind..) in einer Phase, in der Haushalte und Firmen kein Geld aufnehmen, sondern sparen, um Schulden abzuzahlen. In dieser Situation muss ein anderer Akteur als Kreditnehmer einspringen, damit die Wirtschaft nicht einbricht. Dieser Akteur ist der Staat....
https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/...waere-sinnlos-34-4917529
Herr Koo, soll Japan noch mehr Schulden machen?
Richard Koo: ...der japanische Privatsektor legt notorisch mehr Geld zur Seite, als er ausgibt. Der Sparüberschuss liegt zwischen fünf und sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In dieser Situation sollte der Staat auch versuchen, zwischen fünf und sechs Prozent Schulden zu machen. Sonst schrumpft die Wirtschaft. ..Die Geldpolitik hilft - aber nur, wenn man auch staatliche Defizite zulässt. Werden aber immer wieder Forderungen nach einem ausgeglichenen Budget laut und wird...
https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/...waere-sinnlos-34-4917529
wer auch immer von diesen beiden die kommende wirtschaftskrise schneller und besser übersteht gibt die regeln vor. das werden regeln sein an die wir uns dann erst mal gewöhnen werden müssen. die welt wird dann ein neues kapitel aufschlagen - digitalisierung, vorherrschaft, KI, big brother...
Koo unterscheidet in dem Buch die normale, klassische Phase des ökonomischen Zyklus, die er als "Yang-Phase" bezeichnet. In der Yang-Phase funktionieren die üblichen Konjunkturmaßnahmen wie Zinspolitik noch. Nach dem Platzen großer Blasen (1929 und 2008 in USA, 1990 in Japan) fällt die Wirtschaft jedoch in eine anormale "Yin-Phase", die durch Bilanzrezession gekennzeichnet ist.
In dieser "Yin-Phase" befindet sich der Privatsektor (Firmen und Verbraucher) auf dem Rückzug. Verbraucher sparen, statt zu konsumieren, und Firmen bauen Altschulden ab, statt zu investieren. Dadurch entstehe, so Koo, eine Liquiditäts-Falle. Dies ändere sich auch dann nicht, wenn der Staat die Zinsen auf Null setzt (Japan war das weltweit erste Nullzins-Land).
Seit 2009 befinden sich auch USA und Europa in dieser Yin-Phase, die "Bondkönig" Bill Gross vor Jahren als "New Normal" bezeichnet hat.
Koo erklärt, dass Keynes in der Großen Depression mit "aggregate demand" (Investitionen durch den Staat) ein Konzept zur Abhilfe ersonnen hat. Was Du oben in # 12 erzählst, ist praktisch "klassisch Keynes" (und nicht Koo), nämlich dass der Staat in Krisen als eine Art "Ersatzinvestor" einspringt und so einen Extraschub für den Wiederaufschwung liefert.
Koo kritisiert jedoch Keynes' Konzept, weil dieser fälschlicherweise unternehmerische "Gier" als Konstante annimmt: "Keynes... was unable or unwilling to break away from the most basic, long-held assumption of economics: that businesses everywhere and always seek to maximize profit. The Keynesian Revolution ultimately ran aground...." (S. XIV).
Mit dem Konzept der Bilanzrezession glaubt Koo diese Mängel des Keynes-Konzepts überwunden zu haben.Koo gesteht den Firmen zu, dass Schuldenminimierung phasenweise Vorrang vor Profitmaximierung habe. In der Yin-Phase funktioniere selbst Keynes-Stimulus nicht, und lange ökonomische Dürrezeiten (wie in Japan von 1990 bis 2000) seien die Folge. (Japan-QE begann erst 2010).
Kurz: Koos Buch handelt von der Wirkungslosigkeit klassischer Zinspolitik und von Keynes-Stimulus in der Yin-Phase, die man auch als Post-Bubble-Phase bezeichnen könnte.
Auf S. 230 merkt Koo an, dass USA in den 1990er Jahren die staatliche Rettung von Japans Banken scharf kritisiert hatten. Die Amis meinten, Japans Banken müssten die faulen Schulden sofort abschreiben und die Banken dem freien Markt überlassen (statt staatlicher Hilfen für die Banken). Im Gefolge der Subprime-Krise haben die Amis jedoch genau dasselbe wie die Japaner gemacht: Sie haben die Banken auf Kosten der Sparer rekapitalisiert, statt sie ihrem "Marktschicksal" (Massenpleiten auch großer Banken) zu überlassen. Zu diesen Hilfen zählten damals langlaufende Gratiskredite der Fed an die Banken. Die Banken kauften davon US-Staatsanleihen, die mit 3 % rentierten. Bei einem Hebel von 10 ergibt das schon 30 % pro Jahr. Kein Wunder also, dass die US-Banken sich relativ "schnell von der Krise erholten". Normale Amis hingegen haben KEINE Fed-Gratiskredite für Staatsanleihenkäufe erhalten (klassisches Beispiel für Ungerechtigkeit in einer kapitalistischen Klassengesellschaft, in welcher der Staat auf Kosten der Gemeinschaft das Kapital [hier: die Banken] ausbailt). Auch QE zählt zu diesen Stimulusmaßnahmen.
In dem Sinne (Befürwortung von Banken-Rettung via TARP und QE) ist Koo auch sicherlich kein ökonomischer Linker, als der Keynes ja gern (u.a. von Dir und Spon-Frícke) verkauft wird.
Was die Amis aktuell machen, ist mMn kompletter fiskalpolitischer Unsinn (ich nenne es auch in Anlehnung an die Reagan-Ära "Voodoo"-Wirtschaft"). Denn unter Trump ist keynsianischer "Krisenstimulus" irrsinnigerweise zu einer Dauermaßnahme geworden. Dass Trump bei boomender US-Wirtschaft sein riesiges Infrastruktur-Programm durchboxte, ist jedenfalls nicht im Sinne von Keynes. Dieser wollte in solchen Zeiten nämlich lieber sparen, um staatliche Investitionsrücklagen für kommende Krisen zu bilden. Auch Trumps zu Boomzeiten durch neue Staatsverschuldung refinanzierte Steuersenkungen für Reiche dürfte eher dazu führen, dass Keynes sich tieferschrocken im Grabe umdreht. Koo dürfte da schon eher applaudieren, befindet sich USA doch immer noch in der Post-Bubble "Yin"-Phase.
Frage: Ist es irgendwann zu spät für die Medizin? Zu spät für Fiskalstimuli?
Koo: Es ist niemals zu spät. Die Entscheidung über einen Haushaltsüberschuss oder ein Defizit sollte nicht davon abhängig sein, wie hoch die Schulden zum BIP sind. Nur Kommunisten fällen Entscheide anhand einer Mengenkennzahl! Relevant in einer Marktwirtschaft ist der Preis. Also der Zinssatz auf Staatsanleihen. Er fiel schon vor QE auf lächerlich niedrige Niveaus. Der Finanzmarkt signalisiert so, dass ein Staatsdefizit eine gute Sache ist! Schlecht wäre es, wenn der Zins bei 15 Prozent steht. Warum ignorieren das so viele Leute und reden stattdessen wie Kommunisten?
Der Chart unten (von Koo, Nomura) zeigt die Entwicklung 10-jähriger Staatsanleihen-Renditen in der Post-Bubble-Ära (Yin-Phase) mit und ohne QE. Mit QE steigen die Staatsanleihen-Renditen - langfristig betrachtet - schneller (rote Linie), als es ohne QE (schwarz) der Fall gewesen wäre.
Grund sei die Angst der Marktteilnehmer vor einem QE-Ende, bei dem die Langlaufrenditen wieder (überproportional) hochschießen könnten. Und diese Angst soll offenbar bereits im Vorfeld vom Bondmarkt eingepreist werden.
QE ist für Koo also (Stand 2013) auch nicht (mehr) der Heilige Gral. Vielmehr scheint der Heilige Gral für Koo die Umverteilung von unten nach oben zu sein, also etwa bedingunglose Rekapitalisierung bankrotter Großbanken durch den Staat und Trumps Steuersenkungen für Reiche, refinanziert aus neuer Staatsverschuldung.
Ich halte Koo nach dem, was ich inzwischen neu über ihn und von ihm gelesen habe, für einen rechten Aufschneider und Blender, der sich wichtiger macht, als er faktisch ist. Und der natürlich von den Eliten gestützt und gern zitiert wird, weil er das Hohelied der Reichen singt, gepaart mit den immer gern gehörten antikommunistischen Ressentiments.
https://www.businessinsider.com/...an-refute-the-qe-trap-2013-10?IR=T
Koo wird in obigem Link wie folgt zitiert (langes Zitat):
The QE "trap" happens when the central bank has purchased long-term government bonds as part of quantitative easing. Initially, long-term interest rates fall much more than they would in a country without such a policy, which means the subsequent economic recovery comes sooner (t1). But as the economy picks up, long-term rates rise sharply as local bond market participants fear the central bank will have to mop up all the excess reserves by unloading its holdings of long-term bonds.
Demand then falls in interest rate sensitive sectors such as automobiles and housing, causing the economy to slow and forcing the central bank to relax its policy stance. The economy heads towards recovery again, but as market participants refocus on the possibility of the central bank absorbing excess reserves, long-term rates surge in a repetitive cycle I have dubbed the QE "trap."
In countries that do not engage in quantitative easing, meanwhile, the decline in long-term rates is more gradual, which delays the start of the recovery
"In countries that do not engage in quantitative easing, meanwhile, the decline in long-term rates is more gradual, which delays the start of the recovery"
https://www.capital.de/wirtschaft-politik/...n-keine-gute-loesung-ist
Aus "Capital"-Interview (link in # 19)
Capital: Professor Bofinger, wann muss spätestens eine Lösung gefunden werden, um in der Causa Italien eine Katastrophe zu verhindern?
PETER BOFINGER: Italien hat schon seit langem einen relativ hohen Schuldenstand, aber die Zinsbelastung ist durch die niedrigen Zinsen erheblich zurückgegangen. Das ist eine starke Entlastung, denn selbst wenn die Zinsen jetzt ansteigen, ist die Zinsbelastung im Vergleich zu früheren Zeiten deutlich geringer. Deswegen würde ich die Katastrophe noch nicht an die Wand malen.
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Bofinger bezieht sich offenbar auf die Leitzinsen der EZB. Entscheidend für Italien sind jedoch die Renditen, die bei der Neuemission auslaufender Staatsanleihen gezahlt werden müssen. (Denn es ist der Schuldendienst, der Staaten in die Knie bzw. den Staatsbankrott zwingt. Als Faustformal gilt: Wenn mehr als 40 % der Steuereinnahmen für den Schuldendienst aufgewendet werden müssen, ist ein Staat nicht mehr vor dem Bankrott zu retten.)
Und diese Langslaufrenditen sind in Italien im Zuge der letzten Rechtsregierung-Querelen deutlich nach oben geschossen.
Der Chart unten ist ein aktueller internationaler Vergleich von Bond-Renditen (staatlich und von Firmen). Die niedrigste Rendite bringen erstaunlicherweise 10j-US-Staatsanleihen (ca. 2,6 %). Die dunkelrote Laterne dieser Tabelle bilden 30j-italienische Staatsanleihen mit über 6 %. (im Chart oben)
Bofinger ist allerdings ein Gewerkschafts-naher Ökonom, und daher einer europäischen Transferunion sicherlich nicht abgeneigt. Diese würde bei akuter Gefahr einer italienischen Staatspleite ziemlich sicher auch offiziell etabliert werden (mit wohlklingenden Neukreationen wie "Europäischer Währungsfonds"). Wenn Bofinger Italiens Schuldenpolitik gutheißt bzw. schönredet (trotz obiger Gefahren), muss man unterstellen, dass die Transferunion zu Bofingers "Politikzielen" zählt.
https://www.zerohedge.com/news/2019-01-08/...d-here-surprising-answer
Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stiegen die Importe leicht, die Leistungsbilanz lag bei + 21,4 Milliarden €uro.
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/...1/PD19_008_51.html
https://www.wiwo.de/politik/konjunktur/...e-exporte-aus/23842902.html
Er formuliert vermutlich deshalb so wie er es tut, weil er auch einen Konfrontationskurs aus der anderen Richtung für wenig sinnvoll hält.
Das muß noch lange keine übergeordnete Agenda Transferunion enthalten, wenn man der EU nicht generell ablehnend gegenüber steht muß man nun mal politische Realitäten anerkennen und Lösungswege anstreben.
Ich halte die stärker werdenden Rufe nach einem Investionsprogramm für richtig, würde generlell Infrastrukturfonds auf nationales Ebene und seitens der EU befürworten, sinnvolle Projekte gäbe es Zuhauf, man müßte also nicht wie oft befürchtet mit Unsinn mafiöse Organisationsstrukturen füttern.
https://orf.at/stories/3102598/
...Beim Ausbau der 5G-Netze könne Europa nur schwer auf die Technologie von Huawei verzichten. Und das, obwohl viele Geheimdienste warnen, der chinesische Konzern könnte mit den Geheimdiensten zusammenarbeiten. Bei selbstfahrenden Autos oder künstlicher Intelligenz sei China in bestimmten Anwendungen sogar schon weiter als die USA. „Wir (Europa, Anm.) sind da hinterher. Und müssen uns fragen, wie wir da aufholen können“
[Italiens Vorhaben, die ] Priorität auf mehr Sozialleistungen, Steuersenkung und die Rücknahme von Rentenreformen zu setzen, geht in die falsche Richtung. Ich glaube außerdem, es ist generell nicht hilfreich, wenn Regierungen von Mitgliedsstaaten einen Konfrontationskurs zur Europäischen Kommission einnehmen.
Capital: Weshalb?
Wir haben im Fall Griechenlands ja erlebt, wie wenig [Protest] bringt. Der damalige Finanzminister Yanis Varoufakis und Regierungschef Alexis Tsipras, die auf Konfrontation zur Europäischen Kommission gegangen sind, haben ein erhebliches Misstrauen an den Finanzmärkten hervorgehoben. So wurden massive Probleme geschaffen: Der Aufschwung wurde abgewürgt, es kam zur Kapitalflucht und der Schließung von Banken. Am Ende musste Herr Tsipras einschwenken.
Capital: Die Reaktion der Finanzmärkte war also zu erwarten?
Es ist kontraproduktiv zu sagen „wir halten uns nicht an die Regeln“. Die Zinsen für italienische Anleihen sind auch deshalb gestiegen. Mit so einer Haltung macht man sich das Leben unnötig schwer.
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Kommentar A.L.:
Bofinger versucht bei der Gegenüberstellung Griechenland/Italien die Lage in Griechenland so hinzudrehen, als seien die erheblichen Probleme in Griechenland lediglich das Ergebnis der "kontraproduktiven" Verhandlungsstrategie von Tsipras/Varoufakis gewesen. Was suggeriert: Es hätte überhaupt keine Probleme gegeben, wenn die beiden gleich "konstruktiv" eingelenkt hätten.
Das ist leider hinten und vorn falsch. Selbst Ackermann (Deuba) hatte bereits 2010 im TV gesagt, dass Griechenland faktisch pleite ist. Zu dem Zeitpunkt war noch kein Cent an Hilfsgeldern geflossen. Grund für die faktische Staatspleite war, dass Griechenland in der Zeit zwischen der Euro-Einführung in GR und 2010 klammheimlich sehr hohe Staatsschulden aufgenommen hatte (weit mehr als die per Maastricht erlaubten 3 %), dies jedoch vor den Brüsseler Kontrolleuren durch kreative Buchführung verschleiert hatte. 2010 war jedoch die Diskrepanz zwischen Phantasie und fiskaler Realität so stark angewachsen, dass Griechenland den Betrug - das Wort ist keinesfalls übertrieben! - zugeben musste.
Mit der 2010 eingestandenen Überschuldung war Griechenland bereits ZU DIESEM ZEITPUNKT nicht mehr in der Lage, ohne Bailout auf eigenen Füßen zu stehen.
Seitdem sind gefühlt Dutzende EU-Hilfsgeld-Pakete für Griechenland geschnürt worden, und einmal gab es sogar einen großen Schuldenschnitt. Auch haben Tsipras/Varoufakis am Ende eingelenkt.
Das Ergebnis all dessen ist jedoch, dass Griechenland auch heute noch - nach zig "Rettungen" und dem Schuldenschnitt - eine ruinöse Staatsverschuldung von 178 % des BIP hat. Griechenland wird mMn "auf ewige Zeiten" (sprich: so lange es den Euro noch gibt bzw. Griechenland Mitglied der Eurozone bleibt) transferabhängig bleiben.
Das wäre zu entschuldigen, wenn es allein auf Misswirtschaft basierte, die es dort ja reichlich gibt (Fiskus treibt/trieb z. B. nur halbherzig Steuern ein, früher lief Vieles dort "schwarz"). Aber es basiert eben auch auf Betrug, und sogar auf einem doppelten: Der erste Betrug war, dass Goldman-Sachs die erheblichen Staatsschulden Griechenland mit Bilanztricks versteckt hatte. Ohne diesen Erstbetrug hätte GR überhaupt nicht in die Eurozone aufgenommen werden können. Der zweite Betrug war, innerhalb des Eurozonen-Gemeinschaft sofort eine grenzkriminelle Schattenschuldenwirtschaft aufzubauen und dabei weit mehr an Neuschulden aufzunehmen, als erlaubt war. Das ist nichts anderes, als würden die Griechen den anderen Eurozonen-Bürgern ungeniert ins Portemonnaie greifen.
Und nach diesen zwei grundlegenden Betrügereien hab ich z. B. mangels Vertrauen keine Lust mehr, mit den gewerbsmäßigen Staats-Kriminellen in Griechenland eine gemeinsame Währung zu teilen. In Italien droht unter der neuen Rechtsregierung ebenfalls Ungemach. Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens in Italien - auf Kosten der anderen Eurozonen-Staaten - ist ebenfalls eine Abzocke.