Berlin ist pleite
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Eröffnet am: | 19.10.06 09:17 | von: ostseebrise. | Anzahl Beiträge: | 143 |
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Entscheidung im Machtkampf um 61.000.000.000 Euro
Berlin hat 61 Milliarden Euro Schulden. Heute entscheidet das Bundesverfassungsgericht über die Klage der Hauptstadt: Sie will, dass der Bund einen Teil tilgt. Das Urteil könnte tief in die Bund-Länder-Beziehungen eingreifen - und Protest im Süden provozieren.
Von Sebastian Fischer, Severin Weiland
Berlin/München - Für Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin dürfte es einer der spannendsten Tage seiner Amtszeit sein. Vier Jahre lang hat der Sozialdemokrat auf diesen Tag hingearbeitet, der Hauptstadt einen eisernen Sparkurs verordnet. "Es wird sich zeigen, ob wir die Ernte einfahren oder eine große Enttäuschung erleben", sagte er im Frühjahr, als die Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts über die Klage des Landes begannen. Am Donnerstag um zehn Uhr vormittags werden die Richter ihre Entscheidung bekanntgeben: Bekommt die mit derzeit 61,6 Milliarden Euro verschuldete Hauptstadt Bundeshilfen - oder geht sie leer aus?
Sarrazin hat in Berlin einen Mentalitätswechsel geschafft. Bei den Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung liegt die Großstadt mit ihren knapp 3,4 Millionen Einwohnern zwar immer noch vor Hamburg - hat aber aufgeholt. Nur noch fünf Prozent höher ist die Ausgabenlast pro Kopf. Tausende Stellen wurden in den vergangenen Jahren abgebaut, Zehntausende weitere sollen folgen, Kita-Gebühren wurden erhöht, die Förderung im sozialen Wohnungsbau gestoppt.
2007 könnte Berlin einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren - wäre da nicht die enorme Zinslast, die für die Schuldentilgung künftige Spielräume einengt. 2,4 Milliarden Euro muss Berlin jedes Jahr für die Schulden an Zinsen zahlen. Deshalb will Berlin, dass der Bund einen Teil der Schulden übernimmt. Auch aus historischer Verantwortung, weil die Stadt wie keine andere nach der Deutschen Einheit deindustrialisiert wurde. Die Zahl der Beschäftigten im Produktionssektor liegt mittlerweile bei unter 100.000 - einst war West-Berlin die größte Industriestadt der Bundesrepublik.
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Die Entscheidung des Verfassungsgerichts wird nicht nur in Berlin gespannt erwartet - nicht nur in Berlin. Das Urteil könnte tief in das föderale Finanzsystem eingreifen.
Erste Variante: Das Gericht entscheidet gegen Berlin. Dann böte sich dem Senat bei einer Nullregelung zwei Möglichkeiten: Weitere Schulden zu machen und die Last auf künftige Generationen zu übertragen. Oder noch härter zu kürzen, was am Ende auf überdeutliche Einschnitte in die Substanz der Hauptstadt hinausliefe - besonders auf zwei Feldern, auf denen Berlin noch Vorzeigbares zu bieten hat: bei den Universitäten und der Kultur. So stünde wohl die Fusion von Freier Universität und Humboldt-Universität, von Theater und Opern an. Auch der Verkauf der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wäre kaum vermeidbar. Ehrgeizige Projekte wie das kostenlose letzte Kita-Jahr, das der alte und neue Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit im Wahlkampf versprach, dürfte dann zur Disposition stehen - obwohl die Kosten für die Kita-Pläne, rund 37 Millionen Euro pro Jahr, übersichtlich sind. Eine weitere mögliche Folge: Berlins Bonität würde durch Finanzinstitute herabgestuft, Kredite würden schwerer zu bekommen, die Zinslast für die Schulden würde steigen.
Zweite Variante: Das Gericht verpflichtet den Bund zur Übernahme von einer immer noch großen, im Vergleich zur Schuldenlast aber kleineren Summe von 10 bis 15 Milliarden Euro. Die Schuldentilgung würde dadurch geringfügig sinken, Berlin aber nicht wirklich entlasten. Auch in diesem Fall müsste stärker gespart werden.
Dritte Variante: Der Bund übernimmt die Hälfte der Schuldenlast. Sarazzin hat vor geraumer Zeit ausrechnen lassen, dass Berlin rund 35 Milliarden Euro erhalten müsste, wenn es wie Bremen behandelt würde, das mit dem Saarland 1992 Bundeshilfen erhielt. Was, wenn Berlin 30 Milliarden Euro erhielte? Die Richter könnten die konkrete Ausgestaltung der Zahlung Bund und Land überlassen. Der Bund könnte die Zinslast pro Jahr übernehmen; oder Berlin erhielte eine bestimmte Rate pro Jahr, die in die Schuldentilgung fließen muss.
Vierte Variante: Die Richter nennen keine Summe, gestehen aber Berlin eine besondere Lage zu und überlassen die Verhandlungen über die Höhe der Finanzhilfen dem Bund-Länder-Finanzausgleich. Die Folge: langwierige und schwierige Gespräche. Es wäre aus Sicht der Richter die einfachste Lösung, weil es die Politik zum Handeln zwänge und damit ein altes Spiel umdrehen würde: In den vergangenen Jahren musste das Verfassungsgericht oft verfahrene Probleme an Stelle der Politik lösen - weil die Politik sie nicht lösen konnte oder wollte.
Fünfte Variante: Ein Sparkommissar wird eingesetzt. Dies gilt als unwahrscheinliches Modell, zumal laut Gesetz kein unmittelbarer Bundeszwang zwischen Bund und Ländern im Finanzbereich vorgesehen ist. Ein Bundestagsgutachten hatte eine solche Lösung nur für möglich erklärt, falls Sparauflagen nicht eingehalten würden. Das ist aber nicht zu erwarten.
Druck aus dem Süden
Wenn sich Berlin vor Gericht durchsetzt, werden vor allem die südlichen Bundesländer verärgert reagieren - und ihrerseits gegen den Beschluss vorgehen. Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) hat angekündigt, dass sein Land dann den Länderfinanzausgleich mit einer eigenen Klage angreifen wird. Stratthaus erwartete gestern allerdings, dass Berlin vor Gericht weder vollständig siegt noch vollständig verliert. "Berlin hätte noch mehr sparen können", sagte Stratthaus zu SPIEGEL ONLINE. Die Hauptstadt hätte Studiengebühren einführen, die Hebesätze der Gewerbesteuer verändern und über Wohnungsverkäufe nachdenken können.
Stratthaus erinnerte an das Jahr 1992, als Bremen und das Saarland mit einer ähnlichen Klage Erfolg hatten - ihnen aber von den Verfassungsrichtern Aufgaben mitgegeben wurden. "Ich wünsche mir, dass die Politik ein Instrumentarium findet, damit es nicht zu solchen Haushaltsschwierigkeiten wie in Berlin kommt", sagte Stratthaus. Als letztes Mittel gehöre ein Eingriff in die Haushaltskompetenz der betroffenen Länder erwogen. Allerdings wollte der Minister aus Baden-Württemberg nicht so weit gehen wie der sächsische Regierungschef Georg Milbrandt (CDU), der hochverschuldeten Bundesländern sogar mit Zwangsverwaltung durch einen "Sparkommissar" drohte. In Baden-Württembergs Finanzministerium heißt es, man wolle erst einmal "schonend agieren". Klar sei aber auch: Stratthaus' Gedanke der haushälterischen Kompetenzeinschränkung sei in der Richtung ein ähnlicher Eingriff wie Milbrandts Sparkommissar.
Stratthaus nannte SPIEGEL ONLINE mögliche Maßnahmen gegenüber Ländern wie Berlin: Man könne "zum Beispiel Sanktionen von einem unabhängigen Gremium aussprechen lassen", das vom Sachverständigenrat oder Bundesrat besetzt werden könnte. Stratthaus' große Befürchtung: Wenn das Bundesverfassungsgericht dem Land Berlin das Schuldenmachen "so durchgehen lässt, dann werden es auch andere probieren".
"Mehr ist dem bayerischen Steuerzahler nicht zuzumuten"
Bayern macht genauso Druck wie Baden-Württemberg. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) spricht von "Grenzen der Solidarität" und fordert die Einführung einer Schuldengrenze für alle Bundesländer. Sein Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) machte am Dienstag während der Haushaltsberatungen im Landtag deutlich, dass er jede Finanzhilfe zur Entschuldung von Berlin ablehnt: "Ein nationaler Entschuldungsfonds ist mit uns nicht zu machen." Faltlhauser nannte es eine Strafe für die "nachhaltige und sparsame" Haushaltspolitik in Bayern, wenn hoch verschuldete Länder ihre Altlasten den solide wirtschaftenden zuschöben. Schon jetzt gebe Bayern mehr als zehn Prozent seines jährlichen Haushaltsvolumens per Länderfinanzausgleich an andere Länder ab: "Mehr ist dem bayerischen Steuerzahler nicht zuzumuten."
Eine Möglichkeit, um dem Problem Herr zu werden, wäre auch die Neugliederung der Bundesländer. Sie wird derzeit nicht offensiv vertreten. Dabei ist das von Baden-Württembergs Finanzminister Stratthaus angeführte Bremen-Saarland-Urteil von 1992 auch in dieser Hinsicht interessant. Zwar begründet dieses Urteil eine Nothilfepflicht des Bundes für Länder in extremer Haushaltsnot - doch wiesen die Richter darauf hin, man könne Deutschland "neu gliedern, um zu gewährleisten, dass die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können".
Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hatte zuletzt im August in der "Welt" gesagt, 16 Bundesländer seien zu viel. Schon im Mai trafen sich nach Informationen des SPIEGEL die Staatskanzleichefs der reichen Länder Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern am Tegernsee, um über die verfahrene Finanzlage zu sprechen.
Dort wurde eine Drohung an die Schulden-Bundesländer geheim abgestimmt: Kompetenzentzug für deren Regierungen, Sonderabgaben für deren Bürger, Kürzung von Sozialleistungen, am Ende möglicherweise die Auflösung dieser Länder. Starke Forderungen - von denen jedoch kaum einer glaubt, dass sie am Ende wahr werden.
© SPIEGEL ONLINE
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Wowereit bewirbt sich mit Berlin für Olympia 2020
Die beiden Regierungsparteien Berlins (SPD und Linkspartei) einigten sich darauf, Berlin ins Rennen um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2020 zu schicken. Klaus Wowereit stellt als Bedingung jedoch eine Unterstützung seitens des DOSB.
Die Linkspartei bricht ihren Widerstand, da durch die Bewerbung für 2020 keine Investitionskosten in ihrer jetzigen Legislaturperiode (bis 2011) anfallen würden.
Wowereit berät sich mit dem Deutschen Sportbund darüber, ob eine Bewerbung für Olympia 2016 taktische Vorteile bringen würde. Ein Erfolg für 2016 für ein europäisches Land sei seiner Meinung nach ausgeschlossen, da London bereits für 2012 feststeht.
länder finanzausgleich.
also offensichtlich können sie mehr als die hand auf halten wie die roten dumm schwätzer.
"Ich möchte sterben wie mein Oppa - friedlich schlafend...und nicht panisch kreischend wie sein Beifahrer"
Gruesschen
Der WOLF
nenn mir ein wertpapier, dass nach objektivierbaren kriterien bewertet ist. wie jeder klippschueler weiss, besteht boerse zu 90% aus hoffnungen, erwartungen und sonstigen "weichen" (psychologischen) faktoren.
objektiv gesehen stehen deinen tollen anleihen keine marktfaehigen vermoegensgegenstaende gegenueber. das ganze system beruht auf "vertrauen". und dass das ne ganz fragile sache ist, ist wohl evident.
mfg
GF
Nach den fetten Jahren kommen nun eben die mageren Zeiten!
MfG
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Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern das er nicht tun muß, was er nicht will.
Olympia ohne Geld will man haben! Was für ein kranker Senat ist das nur in Berlin?
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Alles im Leben braucht seine Zeit. Gras wächst auch nicht schneller,
wenn man daran zieht!
Gruß
KTM 950
- Wohnungsbestand verkaufen,
- Hochschulen zusammen legen,
- Opernhaus und Theater schließen,
- öffentlichen Dienst abbauen,
- zeitgemäße KITA- und Hochschulgebühren,
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Sollen sich andere Großstädte aus Süddeutschland zum Vorbild nehmen.
"Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewährleisten, dass die Länder nach Größe und Aufgabe die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können."
Allerdings vermute ich mal das Goethe eher recht behält wenn er behauptet:
"Die Zeit zum Handeln immer neu verpassen, heißt die Dinge sich entwickeln lassen."