Israel -Es wird gebaut,schnell und in aller Stille
Und alle schweigen mal wieder...
Das bedeutet die Gewalt wird wieder stark zunehmen. Wie man ja schon sehen
kann.
Israel redefiniert die Roadmap: Es wird gebaut - schnell und in aller Stille
Die Population in den jüdischen Siedlungen wächst; Scharon nimmt sich mehr von der Westbank, als er in Gaza zurückgab.
von Chris McGreal
The Guardian / ZNet 21.10.2005
Am Nordende Jerusalems - auf der wichtigsten Straße in die Palästinenserstadt Ramallah -, stehen drei hohe Wälle aus Beton, die einen Irrgarten aus Käfigen, Drehkreuzen und bombensicheren Bunkerräumen umschließen. Dieser Irrgarten entstand in aller Schnelle.
In den kommenden Wochen werden die Bauarbeiten um Qalandiya abgeschlossen. Die Lücken, die jetzt noch in der 8 Meter hohen Mauer existieren, werden dann geschlossen sein. Wem noch erlaubt ist, zwischen Ramallah und Jerusalem zu reisen, wird sich durch ein Labyrinth aus Ausweis- und Sicherheitskontrollen schleusen lassen müssen. Er wird sich vorkommen wie an einer ausländischen Grenze.
Errichtet wurde der Übergang in den vergangenen Monaten - ohne großes Brimborium und durch das israelische Militär. Und es wurden weitere Posten dieser Art gebaut - auf der gesamten Strecke der großangelegten neuen ?Sicherheitsbarriere?, die Jerusalem umschließt. Die Aufmerksamkeit der Welt hatte sich derweil auf Premierminister Scharons Abzug der jüdischen Siedler aus Gaza gerichtet.
Die Posten - de facto Grenzposten - sind nur ein Element einer vernetzten Baumaßnahme, deren offensichtlicher Zweck es ist, die Grenzen Israels neu zu ziehen und zwar tief in Palästinenserland. Ganz Jerusalem soll Hauptstadt Israels bleiben. Alles soll möglichst schnell vor sich gehen, um Verhandlungen zu vermeiden. Während ausländische Regierungschefs - einschließlich Tony Blair - letzten Monat den ?Mut? Ariel Scharons, aus Gaza abzuziehen, priesen, beschleunigte Israel seine Bauarbeiten am Westbank-Wall. Der palästinensischen Westbank wurde mehr Land entzogen, als Israel in Gaza aufgegeben hat. In den jüdischen Westbank-Siedlungen entstanden Tausende neuer Wohneinheiten.
?Es ist ein Deal: Den Gazastreifen für die Siedlungsblocks; den Gazastreifen für noch mehr Palästinenserland; den Gazastreifen für einseitig aufoktroyierte Grenzen?, so Dror Etkes, Direktor der israelischen Organisation ?Settlement Watch?. ?Sie wissen nicht, wie viel Zeit sie noch haben. Daher bauen sie wie die Verrückten?.
Im Zentrum dieser Strategie steht die 420 Meilen lange Westbank-Mauer. Viele israelische Politiker sehen in ihr eine künftige Landesgrenze. Der Mauerlauf lässt den wichtigsten jüdischen Siedlungen - Ariel, Maale Adumim und Gush Etzion - reichlich Spielraum für Erweiterung. Große Flächen Palästinenserland werden enteignet, indem man die Besitzer einfach von ihrem Land abschneidet.
Gleichzeitig nahm die Bauaktivität in den jüdischen Siedlungen im ersten Quartal 2005 um 83% gegenüber dem Vorjahr zu. In Israels jüdischen Westbank-Kolonien entstehen derzeit rund 4 000 neue Wohnhäuser. In den Blocks von Ariel und Maale Adumim liegen Baugenehmigungen für Tausende weitere Häuser vor. Die Blocks dringen tief in die besetzten Gebiete vor. Die Zahl der jüdischen Westbank-Siedler ist in diesem Jahr erneut gestiegen. Geschätzte 14 000 Juden zogen 2005 in die Westbank. Zum Vergleich: 8 500 jüdische Siedler mussten Gaza verlassen.
Israel beansprucht immer mehr Territorium - um es nicht mehr zurückzugeben. Allein im Juli nahm sich Israel mehr Westbank-Land, als es in Gaza aufgab: Um Maale Adumim herum wurden 23 Quadratmeilen Westbank-Land abgeriegelt, während man sich nur aus rund 19 Quadratmeilen zurückzog.
Die Strategie Israels ist es, ?die Kontrolle über Gebiete zu verstärken, die ein untrennbarer Bestandteil des Staates Israel sein werden?, so Premierminister Scharon nach dem Gaza-Rückzug.
Im vergangenen Monat sagte er auf einem Treffen seiner Likud-Partei, wie wichtig es sei, die Siedlungen zu vergrößern, ohne dabei die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit zu erregen. ?Es besteht keine Notwendigkeit für Gespräche. Wir müssen bauen, und wir bauen, ohne zu reden?, so Scharon. Einige Tage später trat Eyal Arad, einer von Scharons Senior-Beratern, öffentlich für ?eine Strategie der einseitigen Festlegung der permanenten Grenzen des Staates Israels? ein.
Am massivsten werden sich die neuesten israelischen Aktionen auf Jerusalem und Umgebung auswirken. Israel beschleunigt seine Baumaßnahmen am kontroversesten Abschnitt des Mauerverlaufs.
?Was wir hier sehen, sind beschleunigte Baumaßnahmen an der Barriere?, so David Shearer, Leiter des ?Office for the Coordination of Humanitarian Affairs in Jerusalem? der Vereinten Nationen.
?Durch diese Barriere wird Jerusalem vom Rest der Westbank abgeriegelt. Bewegen wird man sich in Jerusalem (dann nur noch) mit einer Magnetkarte und einem ausgeklügelten System der Tore. Der Zugang, den die Palästinenser jetzt noch zu ihren heiligen Andachtsstätten, zu einigen ihrer besten Schulen und zu Krankenhäusern haben, wird sehr eingeschränkt sein?. Die Betonmauer, die durch Jerusalem verläuft, isoliert die arabischen Enklaven der Stadt, die Ausdehnung nicht-jüdischer Stadtviertel wird eingeschränkt, und rund 200 000 palästinensische Stadtbewohner werden von den besetzten Gebieten abgetrennt.
Ost-Jerusalem wird noch intensiver von der übrigen Westbank isoliert sein. Man versucht, Jerusalem an die jüdische Siedlung Maale Adumim anzubinden, wobei die Barriere als Grenzmauer dient. Folge: Erstens, die arabischen Viertel Jerusalems werden komplett von jüdischen Großsiedlungen eingeschlossen, zweitens, die Grenze Jerusalems wird massiv in die Westbank vorgetrieben - nahezu bis zu deren Mitte. Auf diese Weise werden die palästinensischen Gebiete an ihrer schmalsten Stelle de facto in einen Nord- und einen Südteil abgetrennt.
Organisationen wie die ?International Crisis Group? sagen potentiell explosive Folgen voraus. ?Die aktuelle Politik in und um die Stadt (Jerusalem) wird künftige Versuche, den Konflikt zu lösen, massiv verkomplizieren, eventuell sogar unmöglich machen, da sie die Entstehung einer lebensfähigen palästinensischen Hauptstadt in Ost-Jerusalem verhindert beziehungsweise einen zusammenhängenden palästinensischen Staat behindert?, steht in einem kürzlichen Report der Organisation.
?Die Maßnahmen, wie sie derzeit umgesetzt werden, bedeuten Krieg für jede lebensfähige Zweistaaten-Lösung und werden der Sicherheit Israels wenig dienlich sein; in Wahrheit unterminieren sie diese sogar. Sie schwächen die Pragmatiker auf palästinensischer Seite, Hunderttausende Palästinenser werden auf der israelischen Seite des Zauns festsitzen. Gesät wird der Same eines wachsenden Radikalismus.?
In den vergangenen Jahren herrschte auf beiden Seiten allgemeiner Konsens, dass - sollte es zu einer Verhandlungslösung kommen -, die israelischen Hauptsiedlungsblocks nahe Jerusalem in israelischer Hand bleiben müssen. 2004 versicherte US-Präsident Bush Scharon in einem Schreiben, man werde von Israel nicht erwarten, sich auf die Grenzen von 1967 zurückzuziehen - ?im Lichte neuer Realitäten vor Ort, einschließlich bereits bestehender großer israelischer Bevölkerungszentren?.
Demgegenüber sagt Daniel Seidemann, ein israelischer Rechtsanwalt, der mit rechtlichen Mitteln gegen die Barriere kämpft, die israelische Regierung habe gezielt darauf hingearbeitet, diese Realitäten vor Ort so exzessiv wie möglich zu gestalten. Gleichzeitig hätten ausländische Regierungen davor zurückgeschreckt, Scharon zu kritisieren, um den Gaza-Rückzug nicht zu gefährden.
?Es ist ganz klar, was hier vor sich geht. Ganz klar, die Mauer wird zur Grenzziehung genutzt, Scharon glaubt, er kann diese Grenze mithilfe der Amerikaner bekommen?, so Seidemann.
Scharon scheint sich darauf zu verlassen, dass das Schweigen in Europas Hauptstädten bzw. in Washington anhält. Im nächsten Jahr stehen für ihn in Israel Nationalwahlen an. Washington sähe Scharon gern als Sieger über seinen Hauptrivalen Binyamin Netanyahu, auf der extremen Rechten.
Die palästinensische Führung glaubt, Scharon werde wenig von Verhandlungen halten, da die Palästinenser ihren Anspruch auf Ost-Jerusalem bzw. auf jene großen Gebiete, die Scharon annektieren will, nicht aufgeben werden.
Der frühere israelische Minister und Friedensverhandler Yossi Beilin vertritt die Meinung, fehlender Druck aus Washington bzw. vonseiten der drei anderen Mitglieder des sogenannten Quartetts, die den ?Roadmap?-Friedensplan überwachen sollen, lasse Scharon freie Hand, die Grenzen Israels neu zu ziehen.
?Die Verpflichtung zur Roadmap ist ein großer Witz?, so Beilin. ?Nichts als heiße Luft, schon die ganze Zeit. Ich bin äußerst pessimistisch. Ich sehe eine große Kluft zwischen dem, was in Reden gesagt wird - dass die Roadmap ganz oben auf der Agenda stehe, dass ausländische Regierungen sagen, sie müssten so und so damit umgehen -, aber hier vor Ort passiert nichts. Nichts. Scharon macht, was er will?.
Dieser Artikel erschien am 18. Oktober 2005 im britischen The Guardian.
Krieg ist eine Geisteshaltung
Vortrag in Berlin bei einer Fachtagung über Gewaltfreie Kindererziehung
von Uri Avnery
uri-avnery.de /
Vor ein paar Jahren sprach ich mit einer jungen israelischen Autorin. Ich war erstaunt, dass von ihr trotz ihres Erfolges und des Lobes ihrer Rezensenten - und das in relativ jungem Alter - solche Unsicherheit ausging.
Als ich sie direkter befragte, brach sie zusammen. ?Das habe ich noch nie jemandem erzählt. Meine ganze Kindheit war eine Hölle. Ich wusste nicht, dass meine beiden Eltern in Auschwitz gewesen waren. Sie sprachen nie davon. Ich wusste nur, in unsrer Familie gibt es ein schreckliches Geheimnis - es war so schrecklich, dass es mir verboten war, sogar danach zu fragen. Ich lebte in ständiger Angst, unter ständiger Drohung. Ich hatte nie ein Gefühl der Sicherheit."
Das ist Gewalt ? keine physische Gewalt, aber trotzdem Gewalt. Viele israelische Kinder haben diese Erfahrung gemacht, auch als der Staat Israel immer mächtiger geworden war und Sicherheit ? großgeschrieben ! - schließlich zu einem Fetisch geworden ist.
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Wir Israelis und Palästinenser leben in einem Dauerzustand von Krieg. Er hat nun mehr als 120 Jahre gedauert. Eine fünfte Generation von Israelis und Palästinensern ist in diesen Krieg hineingeboren worden, wie ihre Eltern und Lehrer. Ihre ganze psychische Einstellung ist vom Krieg von frühester Kindheit an beeinflusst worden. Jeder Tag ihres Lebens wird von den täglichen Nachrichten von Gewalt beherrscht.
In vielen Hinsichten ist der israelische Konflikt einzigartig. Um einen komplizierten historischen Prozess in vereinfachter Weise darzustellen, war er etwa folgendermaßen:
Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde vielen europäischen Juden klar, dass der wachsende Nationalismus aller Völker fast immer von einem bösartigen Antisemitismus begleitet war und auf eine Katastrophe hinführte. Sie entschieden, selbst eine Nation zu werden und einen Staat für Juden zu gründen. Sie wählten Palästina, die alte Heimat ihres Volkes, um dort ihren Traum zu verwirklichen. Der Slogan hieß: ?Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land.?
Aber Palästina war nicht leer. Das Volk, das dort lebte, war natürlich dagegen, dass ein anderes Volk von irgend woher kam und Ansprüche auf sein Land erhob.
Der Historiker Isaak Deutscher beschrieb den Konflikt auf diese Weise: Eine Person lebt in der oberen Etage eines Gebäudes, in dem ein Brand ausgebrochen ist. Um sich selbst zu retten, springt sie aus dem Fenster und landet auf einem zufällig Vorbeigehenden und verletzt ihn schwer. Zwischen beiden wächst eine tödliche Feindschaft. Wer ist schuld daran?
Jeder Krieg schafft Angst, Hass, Misstrauen, Vorurteile, Dämonisierung. Um so mehr, wenn ein Krieg generationenlang dauert. Jedes der beiden Völker hat ein eigenes Narrativ entwickelt. Zwischen den beiden Narrativen ? dem israelischen und dem palästinensischen ? gibt es nicht die geringste Ähnlichkeit. Was ein israelisches Kind und ein palästinensisches Kind von frühester Kindheit an über den Konflikt lernt - zu Hause, im Kindergarten, in der Schule und in den Medien ? ist total verschieden.
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Nehmen wir ein israelisches Kind : selbst wenn seine Eltern und Großeltern keine Holocaust-Überlebenden sind, erfährt es, dass Juden während der ganzen Geschichte verfolgt worden sind. Es lernt tatsächlich, dass die Geschichte nichts anderes als eine endlose Reihe von Verfolgung, Inquisition und Pogromen war, die zur entsetzlichen Shoa führten.
Ich las einmal die Berichte von israelischen Schulkindern, die nach einem Besuch in Auschwitz zur Aufgabe bekamen, aufzuschreiben, welche Schlüsse sie nun ziehen würden. Etwa ein Viertel von ihnen schrieb: Meine Schlussfolgerung ist, dass nachdem, was die Deutschen uns angetan haben, wir Minderheiten und Ausländer besser als andere behandeln müssen. Aber drei Viertel schrieben: ?Nachdem, was die Deutschen uns angetan haben, ist es unsere höchste Pflicht, die Existenz des jüdischen Volkes zu schützen, und zwar mit allen erdenklichen Mitteln, ohne Begrenzung."
Dieses Gefühl, das ewige Opfer zu sein, besteht hartnäckig, auch nachdem wir eine mächtige Nation geworden sind. Dies steckt tief in unserm Bewusststein.
Schon im Kindergarten und dann in jedem Schuljahr erlebt ein jüdisches Kind in Israel eine Reihe jährlicher nationaler und religiöser Feiertage (zwischen beiden gibt es kaum einen Unterschied). Es sind Gedenktage, an denen Juden Opfer wurden und um ihr Leben kämpften.
- Chanukka: man erinnert sich an den Kampf der Makkabäer gegen die griechischen Unterdrücker.
- Purim: der Sieg über die Perser, die die Juden ausrotten wollten.
- Pessach: die Flucht der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei.
- Der Gedenktag für die israelischen Soldaten, die in unsern vielen Kriegen gegen die Araber gefallen sind.
- Der Unabhängigkeitstag, unser verzweifelter Kampf ums Überleben im 1948er-Krieg, in dem unser Staat gegründet wurde.
- Der Holocausttag;
- Der 9. im Monat Av, als der Tempel zweimal zerstört wurde, einmal von den Babyloniern und fünf Jahrhunderte später von den Römern;
- Der Jerusalemtag, als wir im Sechstagekrieg außer dem östlichen Teil der Stadt ganz Palästina, die Sinai-Halbinsel und die syrischen Golan Höhen eroberten.
- Nur Yom Kippur ist ein rein religiöser Feiertag, aber in unserm Gedächtnis ist er unweigerlich mit dem schrecklichen Krieg von 1973 verknüpft.
Für jede dieser Gelegenheiten gibt es - jahrein, jahraus - besondere Unterrichtseinheiten, die ihre Bedeutung erklären und ihre Bedeutsamkeit unterstreichen. Der Höhepunkt ist der Sederabend am Pessachabend, bei dem man des Auszugs aus Ägypten gedenkt. In jeder jüdischen Familie rund um den Globus findet dieselbe Zeremonie statt. Jedes Mitglied der Familie vom Ältesten bis zum Jüngsten spielt seine Rolle, und alle fünf Sinne - sehen, hören, schmecken, riechen, fühlen - nehmen daran teil. Jeder Jude, so säkular er auch sein mag, erinnert sich an dieses hypnotisierende Geschehen in seiner Kindheit, die er jedes Jahr in der Wärme und Herzlichkeit der versammelten Familie verbracht hat.
Im Bewusstsein der Kinder vermischen sich all diese Ereignisse. Meine Frau Rachel, die viele Jahre lang Lehrerin der 1. und 2. Klasse der Grundschule war, sagte, dass die Kinder nicht verstehen, wer vor wem kam: die Römer oder die Briten, die Babylonier oder die Araber.
Der summierende Effekt davon ist eine Weltansicht, in der Juden in jeder Geschichtsphase und in jedem Land von der Vernichtung bedroht gewesen sind und um ihr Leben kämpfen mussten. Die ganze Welt ist, war und wird immer ?gegen uns? sein. Gott ? ob es ihn gibt oder nicht ? hat uns unser Land versprochen, und niemand sonst hat ein Recht auf dieses. Das schließt auch die palästinensischen Araber ein, die hier seit mindestens 1300 Jahren leben.
Mit solch einer Gesinnung ist es schwer, Frieden zu schließen.
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Nun lassen Sie mich ein palästinensisches Kind nehmen. Was lernt es?
- Dass es zum arabischen Volk gehört, das im Mittelalter ein ruhmreiches Reich mit einer blühenden Zivilisation hatte, während die Europäer noch Barbaren waren. Die Araber lehrten die Europäer Wissenschaften und brachten ihnen die Aufklärung.
- Dass die barbarischen Kreuzfahrer ein entsetzliches Blutbad in Jerusalem anrichteten und Palästina schändeten, bis sie von dem großen muslimischen Helden Salah-al-din (Saladin) vertrieben wurden .
- Dass die Palästinenser Jahrhunderte lang von räuberischen Fremden gedemütigt und unterdrückt wurden ? zuerst von den Türken, dann von den europäischen Kolonialherren, die die Zionisten nach Palästina brachten, um alle Hoffnung der Araber, in den eigenen Ländern frei zu werden, zu unterdrücken.
- Dass während der Nakba (Katastrophe) von 1948 das halbe palästinensische Volk aus seinen Häusern und seinem Land von den Zionisten vertrieben wurde und dass seit 1967 fast alle Palästinenser entweder als Flüchtlinge oder als Opfer einer endlosen und grausamen Besatzung dahinvegetieren.
Jedes palästinensische Kind wächst mit einem tiefen Gefühl von Groll und Demütigung auf und dem Gefühl, Opfer einer großen Ungerechtigkeit zu sein, nur fähig, sein Volk allein durch gewalttätigen Kampf, Heldentum und Selbstopfer zu erlösen.
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Wie kann Frieden zwischen zwei Völkern gemacht werden, deren beide Narrative derart entgegen gesetzt, scheinbar unvereinbar und unversöhnlich sind?
Sicherlich nicht durch diplomatische Manöver. Diese können die Situation vorübergehend erleichtern, aber sie können selbst dem Konflikt kein Ende setzen. Die Geschichte des Oslo-Abkommens zeigt: wenn man sich nicht mit den Wurzeln des Konfliktes, die tief in der Psyche beider Völker stecken, befasst, dann ist ein Abkommen nichts als ein kurzlebiger Waffenstillstand.
Frieden ist ein Geisteszustand. Die Hauptaufgabe beim Friedenmachen ist mental: man muss die beiden Völker und jedes einzelne Individuum dahin bringen, das eigene Narrativ in einem neuen Licht zu sehen und ? was noch wichtiger ist ? das Narrativ der anderen Seite zu verstehen. Man muss den Tatbestand verinnerlichen, dass die beiden Narrative wie die zwei Seiten ein und derselben Münze sind.
Das ist vor allem ein pädagogisches Unterfangen. Als solches ist es unglaublich schwierig, weil es zuerst von den Pädagogen begriffen werden muss, die ja selbst von der einen oder anderen dieser Weltanschauungen durchdrungen sind.
Lassen Sie mich eine kleine Geschichte erzählen: Meine Frau Rachel unterrichtete in ihrer Klasse die biblische Geschichte von Abraham, wie er ein Stück Land in Hebron von Ephron, dem Besitzer, kaufte, um seine Frau Sarah dort zu beerdigen. Zuerst bot Ephron das Stück Land als Geschenk an. Und erst nach vielem Bitten nannte er einen Preis: 400 Schekel und sagte: ?Was ist das zwischen dir und mir?? (Genesis 23).
Rachel erklärte ihren Kindern, dass dies die Art sei, in der Beduinen in der Wüste ihre Geschäfte bis heute machen. Es wäre unhöflich und grob, gleich mit dem Preis zu kommen, man muss die Ware erst einmal als Geschenk anbieten. So wird der Handel höflich und das Leben zivilisierter.
Während der Pause fragte Rachel ihre Kollegin von der Parallelklasse, wie sie ihrer Klasse das biblische Kapitel erklärt habe. ?Ganz einfach!?, antwortete diese, ?dies ist ein typisches Beispiel für arabische Heuchelei. Man kann ihnen kein Wort glauben. Sie bieten dir ein Geschenk an, und dann verlangen sie einen hohen Preis!?
Damit Frieden möglich wird, muss die ganze Mentalität verändert werden. Das ist es, was meine Freunde und ich im israelischen Friedensblock Gush Shalom versuchen zu tun. ( vgl. 101 Thesen )
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Ist das überhaupt möglich?
Während ich hier im Zentrum dessen spreche, das einmal die Hauptstadt Preußens war, erinnere ich mich an meine Kindheit, als ich ein Schüler im ehemaligen Preußen war, das zu jener Zeit noch von Sozialdemokraten regiert wurde.
Als ich 9 Jahre alt war und im Vor-Hitler-Hannover lebte, erzählte die Lehrerin vom Denkmal des Hermanns des Cheruskers im Teutoburger Wald : ?Hermann steht mit dem Gesicht zum Erzfeind,? sagte sie und fragte: ?Wer ist unser Erzfeind?? Die Kinder antworteten wie aus einem Munde: ?Frankreich! Frankreich!?
Heute nach einem Krieg, der Jahrhunderte dauerte, sind Deutschland und Frankreich nicht nur Verbündete, sondern Partner in dem wunderbaren Unternehmen eines vereinigten Europa.
Wenn dies hier geschehen konnte ? dann ist Frieden überall möglich.
von Conn Hallinan
Auf den ersten Blick ergibt George Bushs Rückendeckung für Ariel Sharons Landnahme in den besetzten Gebieten wenig Sinn. Der Plan, den Gaza-Streifen aufzugeben und zugleich den größten Teil der Westbank auf Dauer zu annektieren, ist fast einhellig verurteilt worden.
Er hat Wut in der arabischen Welt ausgelöst, in der, dem ägyptischen Präsidenten und US-Verbündeten Honsi Mubarak zufolge, "ein nie da gewesener Hass auf die Amerikaner besteht."
Der außenpolitische Sprecher der Europäischen Union, Brian Cowen, erklärte: "Die EU wird nur eine Änderung der Grenzen von vor 1967 anerkennen, die von den Betroffenen vereinbart wurde."
52 ehemalige hohe britische Diplomaten haben in einem Brief die Unterstützung des Premierministers Tony Blair für Washington in dieser Sache für "einseitig und rechtswidrig" erklärt und vorausgesagt, dass sie "noch mehr israelisches und palästinensisches Blut kosten wird." Ein Leitartikler der Financial Times nannte den Brief "die schärfste Rüge, die das außenpolitische Establishment je einer britischen Regierung erteilt hat."
Die USA bemühen sich verzweifelt um internationale Ablösung im Irak. Warum sollte jetzt das Weiße Haus ein übriges tun und Verbündete vor den Kopf stoßen?
Die häufigsten Erklärungen lauten:
Der Einfluss der Israel-Lobby und der Versuch der Republikaner, jüdische Wähler und Geld von den Demokraten abzuwerben; eine Verneigung der Bush-Regierung vor ihrem christlich-protestantischen Flügel, der fanatisch für Israel eintritt, weil er überzeugt ist, dass die Wiederkehr des Herrn naht.
Ohne Frage hat die Gunst der Evangelikalen bei der Regierung hohe Priorität, und bestimmt würden die Republikaner gern die traditionelle jüdische Unterstützung für die Demokraten beschneiden. Aber diese Erklärung unterstellt, in der Außenpolitik ginge es um Wähler und Gott.
Bush hat sicher einen Vorsprung bei den Evangelikalen. Was Israel anlangt, besteht aber praktisch kein Unterschied zwischen Republikanern und Demokraten. Wenn überhaupt, sind unter letzteren mehr Falken.
Es gibt eine einfachere Erklärung für die Haltung des Weißen Hauses, eine, die sie vier Monate nach Amtsantritt verbreitete. Im Mai 2001 empfahl die National Energy Policy Development Group von Vizepräsident Dick Cheney, der Präsident möge "der Energiesicherheit Priorität in Handel und Außenpolitik einräumen."
Die Empfehlung kam nicht aus heiterem Himmel, und die Republikaner haben die Idee nicht entwickelt. Der jüngste Schritt der Ölfirmen und der US-Streitkräfte nach Mittelasien ist ein treffendes Beispiel. Es war Präsident Bill Clinton, nicht George W. Bush, der diese Strategie ausgearbeitet hat. Nicht die Republikaner haben Halliburton und Cheney in die Kaspische Region gebracht, sondern der Clinton-Berater Richard Morningstar, jetzt einer der Viehtreiber von John Kerry.
Eine Heerschar späterer Schwergewichte der Bush-Regierung folgte Cheney. Condoleezza Rice half Chevron Texaco Bohrrechte in den Tengiz-Ölfeldern von Kasachstan zu sichern. James Baker, der für Bush den Großen Florida-Wahldiebstahl durchzog, half British Petroleum, in die Region vorzustoßen.
Wenn's um Öl geht, hört Parteipolitik an der US-Küste auf. Und wenn es um Öl geht, geht es um den Nahen Osten.
Die Ölförderung in den USA, in Mexiko und der Nordsee nimmt ab. Eine Studie der schwedischen Universität Uppsala legt nahe, dass die Reserven weit geringer sein könnten als die 18 Billionen Barrel, von denen die Industrie gegenwärtig ausgeht. Wenn die neue Zahl von 3,5 Billionen Barrel zutrifft, wird die Weltförderung irgendwann zwischen 2010 und 2020 anfangen zu sinken.[1]
Da die meisten Öl-Geologen glauben, dass nur noch wenige Felder, wenn überhaupt welche, unentdeckt sind, dürfte die Abnahme anhalten.
Demnach könnte der Ölpreis von jetzt 41,65 Dollar je Barrel - ein Sprung von 32 Dollar seit 1997 - kein vorübergehender Ausschlag sein. Die Ölpumpen der Welt fahren auf Hochtouren, aber eine Verknüpfung aus Wirtschaftswachstum und Knappheit an Investitionsmitteln haben das Angebot knapp gehalten. Nur während der iranischen Revolution und dem Iran-Irak-Krieg kostete Öl mehr.
Bei einem voraussichtlichen Anstieg des US-Verbrauchs um ein Drittel in den nächsten zwanzig Jahren - zwei Drittel davon werden 2020 Importöl sein - dreht sich alles um die Reserven. Die Masse davon liegt im Nahen Osten. Die Golfstaaten Saudi-Arabien, Irak, Vereinigte Arabische Emirate und Kuweit besitzen 65 Prozent der Weltreserven, nahezu 600 Milliarden Barrel. Zum Vergleich die US-Reserven: etwas unter 23 Milliarden.[2]
Wer über diese Reserven verfügt, hat die Weltwirtschaft praktisch in der Hand. Stellen Sie sich vor, die USA würden ihre Macht im Nahen Osten und ihren wachsenden Einfluss in Mittelasien dafür nutzen, der explodierenden chinesischen Wirtschaft die Ölzufuhr zu drosseln.
China verbraucht augenblicklich nur acht Prozent des Weltöls, sein Verbrauch wächst aber um 37%.
Wenn jemand das Szenario für paranoid hält, so lese er die West-Point-Rede von Präsident Bush aus dem Juni 2002 nach. Sie besagt eindeutig, dass die USA den Auftritt "gleichrangiger Wettbewerber" auf der Welt nicht dulden werden.
Das ist es, was Cheneys Energy Policy Group meinte, als sie "Energiesicherheit" zum Eckpfeiler der US-"Handels- und Außenpolitik" erklärte.
Was hat das mit Israel und den besetzten Gebieten zu tun?
Israel hat zwar kein Öl, aber es ist der stärkste Spieler im Nahen Osten. Auf dem großen Schachbrett der Ölpolitik stehen den US-Plänen zur Beherrschung der Ölreserven im Nahen Osten nur noch zwei Steine im Wege: Syrien und Iran.
Hier kommt Ariel Sharon ins Spiel.
Sharons Regierungskoalition brennt auf einen Kampf mit Syrien und dem Iran. Die Israelis haben Syrien Ende letzten Jahres bombardiert, und führende Mitglieder der Sharon-Regierung haben sich angewöhnt, den Iran zu bedrohen.
Kabinettminister Gideon Ezra hat damit gedroht, den in Damaskus ansässigen Hamas-Führer Khaled Meshaal zu ermorden, und Sharon sprach die gleiche Drohung gegen Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah aus. Am 11. Mai 2005 hat die Bush-Regierung wirtschaftliche Sanktionen gegen Syrien verhängt.
Die Sharon-Regierung ist auf Streit mit dem Iran ebenso versessen. Der israelische Stabschef, Generalleutnant Moshe Ya'alon sagt, er hoffe, internationaler Druck auf den Iran werde dessen Entwicklung von Atomwaffen aufhalten, fügt aber unheilvoll hinzu: "Ist das nicht der Fall, so werden wir die Alternative erwägen."
Neokonservative in der Bush-Regierung zielen schon lange auf den Iran. Richard Perle, ehemaliges Mitglied des Verteidigungsrats, und David Frum vom neokonservativen Weekly Standard verfassten "An End to Evil", das zum Sturz der "terroristischen Mullahs des Iran" aufruft. Michael Ledeen vom einflussreichen American Enterprise Institute führt an: "Teheran ist eine Stadt, die nur auf uns wartet."
Dem irischen Journalisten Gordon Thomas zufolge haben die USA bereits Raketen auf iranische Kraftwerke in Natanz und Arak gerichtet. Ein israelischer Geheimdienstler sagte der Financial Times: "Es könnte ein Wettlauf darum werden, wer zuerst den Knopf drückt - wir oder die Amerikaner."
Wenn Syrien und/oder Iran vom Brett verschwinden, bedeutet das Matt.
Die Amerikaner können sich schwer einen weiteren Krieg im Nahen Osten leisten, aber die Israelis könnten überzeugt werden, das Feld zu übernehmen. Ist Sharon freie Hand auf der Westbank geben die Gegenleistung für einen eventuellen amerikanisch unterstützten israelischen Angriff auf die letzten beiden Länder in der Region mit einem gewissen Anschein von Unabhängigkeit?
Natürlich ist die Welt kein Schachbrett, und die Steine tun nicht immer, was sie sollen.
Sharon könnte tatsächlich einen Krieg mit Syrien oder dem Iran anfangen, aber nicht weil die Israelis der Bush-Regierung den Speer tragen. Der "Groß-Israel"-Block hat seine eigenen strategischen Interessen, die gegenwärtig gerade mit den amerikanischen übereinstimmen.
Sharon indes ist kaum ein zuverlässiger Verbündeter. Während des ersten Golfkrieges tat er sein Bestes, um die Koalition gegen den Irak zu sabotieren, denn er fand, ein Sieg könnte verwendet werden, um Israel zu Konzessionen in den besetzten Gebieten zu drängen.
Auch sind nicht alle Israelis an Bord. Die jüngste Mordrunde hat zur Wiederbelebung der Friedensbewegung beigetragen. Sie brachte am 17. Mai 2005 in Tel Aviv 120.000 Menschen auf die Straße.
Manche Israelis sind unglücklich über das, was sie aus der Westbank werden sehen. "Sharon hat Washington dazu gedrängt, einen beschleunigten Prozess der Bildung eines bilateralen Staates Israel zu akzeptieren, der auf Apartheid beruht", sagte Meron Benvenisti, früherer stellvertretender Bürgermeister von Jerusalem, dem britischen Guardian.
Anderen ist bei der Unterstützung durch die christlichen Evangelikalen unbehaglich. Rabbi David Rosen, dem internationalen Direktor für interreligöse Angelegenheiten des Jerusalemer Büros des American Jewish Committee zufolge, unterstützen die Evangelikalen "einige der extremsten politischen Positionen in der israelischen Gesellschaft."
Eine dieser "extremen Positionen" ist der Plan, den islamischen Felsendom auf dem Tempelberg in Jerusalem abzureißen und dort den von den Römern zerstörten jüdischen Tempel wieder aufzubauen, eine Vorbedingung, wie die Evangelikalen glauben, für die Wiederkehr des Herrn.
Zur Zeit sind das amerikanische Streben nach der Verfügungsgewalt über die Masse der Weltölreserven und das der Sharonregierung nach einem Groß-Israel und der Ausschaltung regionaler Rivalen vereinbar. Andererseits, wenn Israel den US-Interessen in die Quere kommt, dann werden Sie sehen, wie schnell die Lobby und die Wiedergeborenen kalt gestellt sind.
Die Krise im Nahen Osten ist kein Clash of Civilizations, noch gar entert eine sogenannte "jüdische Lobby" mit christlichen Fundamentalisten zusammen die amerikanische Außenpolitik. It's business as usual.
Anmerkungen
Conn Hallinan ist Verwaltungsleiter an der University of California in Santa Cruz.
[1] Laut Uppsala Hydrocarbon Depletion Study Group, UHDSG: Gesicherte und geschätzte Weltreserven an Gas und Öl in Barrel-Äquivalenten. CNN Graham Jones, October 2, 2003 http://www.cnn.com/2003/WORLD/europe/10/02/global.warming/ (T:I:S)
[2] Gemeint sind nur "gesicherte" Ölreserven. Die Angaben in der Literatur sind sehr unterschiedlich (T:I:S)
Abbas und die lahme Ente
von Uri Avnery
Nur 20 Minuten Fahrzeit liegen zwischen dem Büro des Ministerpräsidenten in Jerusalem und dem des palästinensischen Präsidenten in Ramallah. Praktisch scheint die Mukatah in Ramallah aber wie auf dem Mond zu liegen. Vorgestern erklärte Ariel Sharon zum ich-weiß-nicht-wievielten Male, dass er das geplante Treffen mit Mahmoud Abbas abgesagt habe. Der Grund: Abbas ?tue nicht genug gegen den Terrorismus!?. Das ist ein Routinevorwand ? aber es scheint, dass der Akt selbst nicht mehr nur Routine ist. Die lange Kampagne der Eliminierung Mahmoud Abbas? tritt in ihre letzte Phase ein.
Sehr zum Bedauern von Sharon & Co kann Abbas nicht auf die übliche Weise ?eliminiert? werden, wie man es mit Sheikh Ahmed Yassin und vielen anderen palästinensischen Führern getan hat. Im Fall von Abbas, darf man nicht einmal das Wort ?Eliminierung? verwenden ? ein offizieller Terminus der israelischen Armee, der direkt aus dem Mafia-Lexikon stammt.
Abbas? Aufstieg nach Yasser Arafats Eliminierung - die ja immer noch vom Geheimnis umwittert ist ? ließ in Sharons Büro die Warnlichter aufleuchten; denn seine Pläne basieren alle auf dem Slogan: ?Es gibt niemanden, mit dem man reden kann?. Abbas andrerseits wird von der Welt ? ja, sogar von einem bedeutenden Teil der israelischen Öffentlichkeit - wie ein palästinensischer Führer angesehen, mit dem man außerordentlich gut ins Gespräch kommen kann. Und was noch schlimmer ist, er wird sogar von Präsident Bush so wahrgenommen .
Da ist vorsichtiges Vorgehen angesagt. Mit sorgfältig versteckter Wut schüttelte Sharon in Aqaba in Gegenwart von Bush Abbas Hand. Er sah mit wachsender Sorge, wie der palästinensische Führer im Weißen Haus empfangen wurde und wie Bush die demokratischen Wahlen der Palästinenser pries. Eine wachsende Gefahr wurde sichtbar: die Amerikaner könnten einen alten Alptraum israelischer Regierungen realisieren: einen ?auferlegten Frieden?, der Israel zwingen würde, mehr oder weniger zu den Grenzen von vor 1967 zurückzukehren.
Deshalb wählte Sharon eine vorsichtige Taktik: Zeit gewinnen, auf die Veränderung der Umstände warten und in der Zwischenzeit sich mit Nadelstichen in Abbas Bild zufrieden geben. Es war unmöglich, eine Kampagne der Dämonisierung gegen ihn anzufangen, wie es gegen Arafat geschehen war, an der sich die israelischen und jüdischen Medien in aller Welt voll beteiligten. Aber in allen Medien wurde täglich eine Botschaft eingegeben: Abbas ist ein Putzlappen, Abbas ist nichts wert, Abbas ist nicht in der Lage, die ?Terrorinfrastruktur? zu zerstören, es ist einfach sinnlos, mit ihm zu reden.
In dieser Woche wurde die Methode verschärft. Kein Mitleid mehr mit dem armen Abbas, der sein Bestes versucht, was ihm aber misslingt. Nun ein direkter Angriff gegen ihn: Abbas wolle dem Terror gar nicht wirklich ein Ende bereiten, sagt man. Die Nachrichtenseiten aller Zeitungen von Maariv bis Haaretz wurden für diese Kampagne mobilisiert. Das Radio und das Fernsehen schlossen sich dem begeistert an.
Gleichzeitig brach die gewalttätige Konfrontation mit voller Kraft wieder aus.
Wer begann damit? Das hängt vom Standpunkt des Befragten ab. Wie immer behauptet jeder, die neue Runde habe mit Gräueltaten der anderen Seite begonnen. Wenn man will, kann man 120 Jahre zurückgehen: zum ersten Stein, den ein Palästinenser auf den ersten jüdischen Siedler geworfen habe ? oder zum ersten Schlag, den der erste jüdische Siedler dem Kopf eines palästinensischen Hirten versetzte, weil seine Ziegen in seinem Feld grasten.
Tatsächlich hat die Konfrontation keinen Augenblick aufgehört. Die Palästinenser hatten vor kurzem wohl eine Tahidiya ( ?Ruhe?) ausgerufen, doch war dies nur ein Abkommen unter sich. Die israelische Armee hatte keinen Teil daran und machte mit Volldampf weiter, in palästinensische Städte und Dörfer einzufallen, ?gesuchte? Militante zu verhaften und hier und da einige von ihnen zu töten.
Die neue Runde begann mit dem Töten von Luay Saadi, einem Mitglied des islamischen Jihad im Raum Tulkarem, der schon fünf von seinen 25 Jahren im israelischen Gefängnis verbracht hatte. Die Armee beschrieb ihn als ranghohen Kommandeur, als große ?tickende Bombe?. Der Jihad nahm diese lächerliche Behauptung mit Eifer auf, weil dies einen größeren Racheakt rechtfertigte. In Wirklichkeit war er nur einer von vielen lokalen Aktivisten.
Als Sharon ? zwischen Frühstück und Mittagessen ? seine Zustimmung zu der Exekution gab, wusste er, dass er damit auch einige Israelis zum Tode verurteilte; denn es war sicher, dass der Jihad mit einem Racheakt reagieren würde. Da gibt es kein Entrinnen vor der Schlussfolgerung, dass dies tatsächlich der Zweck der Aktion war.
Es wurde dann auch mit großer Eile bestätigt. Einer der Jihadisten aus einem nahen palästinensischen Dorf beging auf dem Markt von Hadera einen Selbstmordanschlag, bei dem fünf Israelis umkamen ( in der Terminologie der israelischen Medien heißt es ? nach einer Order von oben ? Israelis werden immer ?ermordet?, während Araber ?zu Tode kamen oder höchstens ?getötet? wurden.). Zwischen dem Dorf des Selbstmordattentäters und Hadera liegt die hohe Trennungsmauer; aber es scheint, dass diese ihn nicht gehindert hat. Vor seinem Tod wurde er noch mit einem Video aufgenommen. Er erklärte, dass er Rache am Mord von Saadi nehmen wolle ? was die Behauptung der Armee, das Attentat sei schon vor dem Töten vorbereitet worden und habee nichts damit zu tun, widerlegt.
Als ob die Armee nur auf diese Gräueltat gewartet habee, trat sie sofort in eine wohl geplante Aktion. Eine erwürgende Allgemeinblockade wurde über die nördliche Westbank verhängt. Städte und Dörfer in der ganzen West Bank wurden wieder abgeschnitten, zuweilen nur Stunden, nachdem Kontrollpunkte rund um sie auf Condololeeza Rice?s Nachdruck gerade beseitigt worden waren. Eine allgemeine Menschenjagd gegen die Jihad-Aktivisten begann ? mit einem deutlichen Wink, dass die Hamas- und Fatah-Aktivisten auch bald dran kämen.
Im Gazastreifen begann eine parallele Gewaltrunde. Aus Solidarität mit den Kameraden in der West Bank wurden ein paar Kassam-Raketen zu israelischen Örtlichkeiten abgeschossen, ohne jemanden zu treffen. Die Antwort war im voraus vorbereitet worden: die Armee schnitt den Gazastreifen von der Außenwelt völlig ab, alle Passagen wurden geschlossen. Der Gazastreifen wurde bombardiert und beschossen vom Land, aus der Luft und vom Meer . Eine vom Hubschrauber abgeschossene Rakete tötete den Jihad-Aktivisten Shadi Muhanna zusammen mit seinem Assistenten und vier Passanten, einschließlich eines Jungen ? ein Akt, der den Generalstabschef Dan Halutz noch ein wenig näher an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bringen kann. Rache ist sicher und so auch die Rache für die Rache.
Während die ganze Welt Lob über den ?Abzug? und über Sharon, den Mann des Friedens, ausschüttete, begann er mit einer allgemeinen Offensive, um den größten Teil der Westbank zu annektieren. In der letzten Woche wurden überall in den besetzten Gebieten die miserablen Lebensbedingungen noch schlimmer. Das sieht nach kollektiver Bestrafung aus, was nach der Vierten Genfer Konvention verboten ist. Aber in Wirklichkeit ist es etwas viel Schlimmeres: es ist das Ziel, unter den Palästinensern Verzweiflung zu säen, sie auf die Knie zu bringen und so zu zwingen, Sharons Diktat anzunehmen: mit 42 % der Westbank (weniger als 11% des Palästinas von 1948) in mehreren Enklaven zufrieden zu sein und letzten Endes sie davon zu überzeugen, dass sie auswandern.
Sharon benimmt sich wie ein Stierkämpfer, der seinen Spieß zwischen die Schultern des Stieres stößt, um ihn in Rage zu bringen und so zu reizen, dass er nach allen Seiten hin ausschlägt.
Während die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von ausgedehnten Militäraktionen abgelenkt wird, werden Siedlungen in unglaublicher Geschwindigkeit erweitert, und neue Siedlungen sprießen wie Pilze aus dem Boden. Der Bau der Mauer geht kräftig voran, obwohl das Attentat in Hadera gezeigt hat, dass ihr Sicherheitswert zweifelhaft ist. Das von der Road Map verlangte Auflösen von hundert ?Außenposten?, die nach 2001 entstanden waren, steht nicht auf der Tagesordnung. Alles was die Armee tat, war das Entfernen von fünf in dieser Woche neu erstellten ?Außenposten? ? mit viel gegenseitigem Stoßen und Schlagen, doch ohne Tränengas, Gummigeschosse und Lärmgranaten zu benützen, die scheinbar für israelische Friedensaktivisten reserviert werden.
Die Forderung des Sonderbotschafters des Quartetts, James Wolfensohn, die absolut lebensnotwendige Passage zwischen dem Gazastreifen und der Westbank zu öffnen, wurde mit Verachtung behandelt. Da Wolfensohn von Bush und Condolezza Rice hoch geachtet wird, ist dies von besonderer Bedeutung.
Sharons Leute beobachten indessen genau, was in Washington jetzt vor sich geht. Sie wissen, dass Bush in großer Bredouille steckt und schnell zu einer lahmen Ente wird und Condoleeza Rice, das Entchen, hinkt hinter ihm drein. Für Sharon wäre das eine große Erleichterung. Schließlich kann er nun aufhören, Abbas zu loben und damit anfangen, ihn zu beerdigen.
Dein Mentor würde sich darüber im Grab umdrehen, wenn er das könnte, und er würde dich auf dem nächsten Baum aufknüpfen wegen deiner Sympathie mir den Hirnlosen Hetzern aus dem Iran.
MfG/Johannah
Übrigens würde ich gern sehen wo ich meine "Sympathie mit den Hirnlosen
Hetzern aus dem Iran" bekundet habe.
PS: Mods kann man 7 als Drohung verstehen?
von Noam Chomsky
Red Pepper 11.04.2002
Vor einem Jahr bemerkte Baruch Kimmerling, Soziologe an der Hebräischen Universität in Jerusalem: "Das was wir befürchtet haben, ist eingetroffen." Jüdische Israelis und Palästinenser "kehren zurück zum abergläubischen Stammestum ... Krieg scheint ein unvermeidbares Schicksal zu sein" - ein "furchtbarer kolonialer" Krieg. Nach dem israelischen Übergriff auf die Flüchtlingslager in diesem Jahr, schrieb Kimmerlings Kollege Ze'ev Sternhell: "Im kolonialen Israel ... ist Menschenleben billig". Die israelische Führung "ist nicht mehr beschämt darüber, von Krieg zu sprechen, denn all ihr agieren geschieht im Namen einer Kolonialpolitik, die der Besetzungen der Armenviertel der Schwarzen in Südafrika durch weiße Polizisten, während Zeiten der Apartheid, gleicht." Beide setzen auf das Offensichtliche: Es existiert keine Gleichheit zwischen den "ethnisch-nationalen Gruppen", die zum Stammestum zurück zu kehren scheinen. Der Konflikt konzentriert sich auf Gebiete, die seit 35 Jahren durch ein massives Militäraufkommen unter Besatzung stehen. Der Eroberer ist einer der Welt größten Militärmächte und agiert mit der aktiven, militärischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Unterstützung der Weltsupermacht. Seine Unterworfenen sind alleine hilflos, viele überlegen gerade noch in Elendslagern, die heute unter einem noch brutalerem Terror leiden, der sonst für Kolonialkriege üblich ist und nun ihrerseits aus Rache schreckliche Greueltaten verüben.
Das "Friedensabkommen" von Oslo veränderte zwar die Vorgehensweise der Besetzer, nicht aber ihr Grundkonzept. Kurz bevor der Historiker Schlomo Ben-Ami, der Regierung von Ehud Baraks beitrat, schrieb er folgendes: "Die Oslo Abkommen wurden auf einer neo-kolonialen Basis begründet, d.h. das Leben des einen steht in Abhängigkeit des anderen und dies für alle Zeiten." Bald darauf wurde Ben-Ami zum Architekten der US-israelischen Vorschläge von Camp David im Sommer 2000, die sich an o.g. Vorgaben hielten von amerikanischen Kommentatoren hoch gepriesen wurden. Die Palästinenser und ihre unadäquaten Führer wurden für die Nicht-Realisierung des Oslo-Abkommens und die folgenden Gewaltausbrüche verantwortlich gemacht - eine reine ?Irreführung" wie Kimmerling und andere namenhaften Reporter bestätigen.
In der Tat näherte sich das Duo Clinton-Barak einer Einigung im gleichen Stile von ?Bantustan?. Kurz vor Camp David, wurden die Westbank-Palästinenser in über 200 verstreute Teilgebiete eingeschlossen und Clinton-Barak machten folgenden Verbesserungsvorschlag: Zusammenführung der Palästinenser in drei Hauptterritorien unter israelischer Kontrolle mit einer völligen Trennung voneinander und von der vierten Enklave, einem kleinen Teilgebiet von Ostjerusalem, dem Zentrum des palästinensischen Lebens und der Kommunikation in dieser Region. Im fünften Gebiet, Gaza, blieb das weitere Vorgehen unklar. Sicher war nur, dass die Bevölkerung weiterhin fast in völliger Gefangenschaft leben werde. Verständlicherweise wurden keine Karte und keine Details der Vorschläge in den amerikanischen Medien veröffentlicht.
Niemand wird daran zweifeln, dass die Rolle der USA auch weiterhin entscheidend sein wird. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, wie die USA in ihrer Rolle agierte und wie sie intern wahrgenommen wurde. Die Version der ?Tauben? präsentieren die Herausgeber der New York Times (7. April) und loben die "Bahn brechende Rede" und die "herausragende Vision" des Präsidenten. Zu einem der ersten Punkte gehört das "Ende des palästinensischen Terrorismus?" - sofort. Einige Zeit später folgen ?der Baustopp und die Räumung von jüdischen Siedlungen und das Verhandeln über neue Grenzen", um die Besetzung zu beenden und die Errichtung eines Palästinensischen Staates zu genehmigen. Wenn der palästinensische Terror endet, werden die Israelis sich ermutigter fühlen "das historische Angebot der Arabischen Liga zu einem völligen Frieden und der Anerkennung [Israels] im Austausch gegen den Rückzug Israels, anzunehmen." Aber zuerst müssen die palästinensischen Führer beweisen, dass sie "legitime, diplomatische Partner" sind.
Die Wirklichkeit hat mit dieser selbst verherrlichenden Darstellung wenig zu tun ? sie ist nahezu identisch mit den 80er Jahren, als die USA und Israel verzweifelt versuchten den Angeboten einer Verhandlung der PLO und politischen Vereinbarungen auszuweichen und gleichzeitig an ihren eigenen Bedingungen festhielten: keine Verhandlungen mit der PLO, kein "weiterer Palästinensischer Staat..." (Jordanien sei bereits ein Palästinensischer Staat) und "keine Änderung im Status von Judea, Samaria und Gaza, außer sie stehen im Einklang mit den Grundlinien der [israelischen] Regierung" ( Peres-Shamir-Koalitionsplan im Mai 1989, unterstützt von Bush I im Baker Plan, Dezember 1989). All dies blieb in der US-Presse unveröffentlicht, wie schon viele Male zuvor - stattdessen wurden die Palästinenser in den veröffentlichten Kommentaren für ihr unbeirrbares Festhalten am Terrorismus verurteilt, welche die humanistischen Bemühungen der USA und ihrer Verbündeten untergraben würden.
Tatsächlich aber war und ist das Haupthindernis zur Realisierung der "Vision", die einseitige Blockierung durch die USA. Es gibt wenige Neuerungen im "historischen Angebot der Arabischen Liga." Sie wiederholt lediglich die Grundsätze einer Resolution des Sicherheitsrates aus dem Januar 1976, die nahezu von der ganzen Welt mitgetragen wurden, einschließlich den führenden arabischen Staaten, der PLO, Europa und der damaligen Sowjetunion. Die Resolution wurde von Israel abgelehnt und die USA legten ihr Veto ein. Die Resolution verlangt nach einer politischen Einigung auf der Basis von international anerkannten Grenzen und "angemessenen Vorkehrungen ... um die Souveränität, die territoriale Integrität und die politische Unabhängigkeit aller Staaten in dem Gebiet zu garantieren, inklusive ihrem Recht in Frieden innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen zu leben" - im Grunde, eine Variante der UN-Resolution 242, die erweitert wurde um die Errichtung eines Palästinensischen Staates. Ähnliche Initiativen von arabischen Staaten, der PLO und Europa wurden seither von den USA blockiert und öffentliche Berichte hierüber unterbunden.
Die Blockierungen der USA begannen schon fünf Jahre zuvor im Februar 1971, als Anwar As Sadat, der damalige Präsident von Ägypten, Israel ein umfassendes Friedensabkommen im Austausch für einen Rückzug Israels aus dem ägyptischen Territorium anbot, ohne die nationalen Rechte der Palästinenser oder das Schicksal anderer besetzter Gebiete nur anzusprechen. Israels Arbeitspartei erkannte das ägyptische Angebot als einen aufrichtigen Friedensantrag an, lehnte ihn jedoch ab, da die jüdischen Siedlungen bis zum nordöstlichen Sinai ausgeweitet werden sollten - was kurz darauf auch mit extremer Brutalität durchgesetzt wurde und zu einem der Auslöser des Krieges von 1973 wurde. Israel und die USA meinten, dass Frieden mittels der offiziellen US-Politik möglich sei. Ezer Weizmann, der Parteivorsitzende der Arbeitspartei und spätere Präsident erklärte, dass Ägyptens Friedenspläne Israel nicht erlauben würde "in dem Maße, der Geisteshaltung und den Eigenschaften weiter zu existieren, wie es derzeit praktiziert würde." Der israelische Reporter Amos Elon schrieb, dass Sadat "Panik" unter der israelischen Politikführung auslöste als er seine Bereitschaft erklärte "ein Friedensabkommen mit Israel eingehen zu wollen und deren Unabhängigkeit und Souveränität innerhalb 'sicherer und anerkannter' Grenzen anzuerkennen."
Kissinger gelang es diesen Friedenantrag zu blockieren, und seine Präferenzen durchzusetzen, die er "Patt" nannte: keine Verhandlungen, nur Gewalt. Die jordanischen Friedensangebote wurden ebenfalls ausgeschlagen. Seit jener Zeit hielt sich die offizielle US-Politik an die internationalen Übereinkommen zum Rückzug - bis Clinton die UN-Resolutionen und Standpunkte der internationalen Gesetzgebung annullierte. In Wirklichkeit aber verfolgte die US-Politik die Richtlinien Kissingers und akzeptierte Verhandlungen nur, wenn sie dazu gezwungen wurden, wie z.B. nach dem beinahe-Debakel von 1973, für das Kissinger die Hauptverantwortung trug und Ben-Ami die Bedingungen diktiert hatte.
Die Pläne bezüglich der Palästinenser folgten jenen, die Moshe Dayan, einer der Parteivorsitzenden der Arbeitspartei, die gegenüber den Palästinensern noch als ?gemäßigt? galt, ausarbeitete. Er schlug vor, dass Israel den Flüchtlingen verständlich machen solle, dass es "keine Lösung gebe, dass ihr weiter wie Hunde leben werdet und jeder der gehen möchte, solle gehen und wir werden sehen wie sich die Zukunft entwickelt." Wenn man ihn herausforderte, antwortete er mit Zitaten Ben-Gurions: "Jeder, der das zionistische Problem aus einem moralischen Blickwinkel angehe, ist kein Zionist." Er hätte ebenso Chaim Weizmann zitieren können, der erklärte, dass das Schicksal der "einigen Hunderttausend Neger" im jüdischen Staat "nicht erwähnenswert sei".
Nicht überraschend sind die Leitprinzipien der Besatzer: anhaltende und herablassende Erniedrigungen, Folter, Terror, Zerstörung von Eigentum, Vertreibung, Besiedlung und die Beschlagnahmung lebensnotwendiger Ressourcen, vor allem von Wasser. All dies bedarf natürlich der entscheidenden Unterstützung der USA, die sich während der Clinton-Barak-Ära noch erhöhte. "Die Regierung Barak hinterließ der Regierung Sharon ein überraschendes Erbe," berichtete die israelische Presse während des Machtwechsels: "Der massivste Siedlungsbau in den Territorien begannen während der Zeit als Ariel Sharon ? noch vor Oslo - das Amt des Bau- und Siedlungsministers 1992 inne hatte" - finanziert von amerikanischen Steuerzahlern, die getäuscht wurden mit fantastischen Geschichten über "Visionen" und der "Großherzigkeit" der US-Führer, die von Terroristen wie Arafat und vielleicht auch von einigen israelischen Extremisten, die mit ihren Gewalttaten überreagierten, behindert wurden und "unser Vertrauen" verwirkt haben.
Wie Arafat handeln muss, um unser Vertrauen wiederzugewinnen, wurde von Edward Walker, dem offiziellen Vorsitzenden des State Departments der Region während der Regierung Clintons, kurz und bündig erklärt: Arafat, der Arglistige, muss unzweideutig bekennen "? wir legen unsere Zukunft und unser Schicksal in die Hände der USA" ? welche mitwirkende Drahtzieher sind, dass palästinensische Rechte seit über 30 Jahren untergraben werden.
Ernst zu nehmendere Kommentare erkannten, dass das "historische Angebot" größtenteils aus dem saudiarabischen Fahd Plan von 1981 übernommen wurde - der, wie oft behauptet, nicht realisiert werden konnte, aufgrund der arabischen Weigerung, Israels Existenzrecht anzuerkennen. Die Tatsachen sehen jedoch völlig anders aus. Der Plan von 1981 wurde auf eine israelische Reaktion hin unterminiert, die selbst von den Medien als "hysterisch" betitelt wurde: Shimon Peres hatte davor gewarnt, dass der Fahd Plan "die ganze Existenz Israels bedrohe." Präsident Haim Herzog behauptete, der "wahre Autor" des Fahd Planes sei die PLO, und dieser sei noch extremer, als die Resolution des UN- Sicherheitsrates aus dem Januar 1976, die auch von der PLO "ausgearbeitet wurde". Derartige Vorwürfe können nicht als wahr betrachtet werden (auch wenn die PLO beide Pläne öffentlich unterstützte) ? sie sind lediglich ein Hinweis auf die verzweifelten Ängste vor einer politischen Einigung mittels der israelischen ?Tauben? und der andauernden und entscheidenden Unterstützung der USA.
Ein grundlegendes Problem führte damals wie heute zurück nach Washington, welches die israelische Weigerung zu einer politischen Einigung im Rahmen eines umfassenden internationalen Friedensabkommens nachhaltig unterstützte. Derzeitige Modifikationen in der Blockierung der USA geschehen aus taktischen Gründen und sind unbedeutend. Um die Pläne für einen Angriff auf den Irak nicht zu gefährden, stimmten die USA einer UN-Resolution zu, die einen "unverzüglichen" Rückzug Israels aus den neu-besetzten Gebieten forderte ? d.h. "so schnell wie möglich" wie Innenminister Colin Powell verbesserte. Der palästinensische Terror müsste "sofort" beendet werden, aber die Einstellung des weit extremeren israelischen Terrors, der seit 35 Jahren währt, wird mehr Zeit benötigen. Israel ließ die Anzahl der Angriffe noch verstärken und Powell bemerkte hierzu: ?Ich bin erfreut zu hören, dass der Ministerpräsident sein Vorgehen beschleunigen wird." Es sieht verdächtig danach aus, dass Powells seine Ankunft in Israel verzögerte, so dass die Aktionen weiter ?beschleunigt? werden konnten. Die Haltung der USA jedoch kann sich durchaus wieder ändern - aus taktischen Gründen.
Die USA stimmten einer UN-Resolution, die die Errichtung eines Palästinensischen Staates vorsah, ebenfalls zu. Diese entgegenkommende Geste, die viel Lob erntete, erreicht nicht den Stand von Südafrika vor 40 Jahren, als das Apartheid Regime seine "Vision" zu den Schwarzen Staaten durchsetzte, die mindestens ebenso lebensfähig und legitim waren, wie die neo-koloniale Abhängigkeit, welche die USA und Israel für die besetzten Gebiete planen.
Unterdessen fahren die USA fort, den "Terror auszudehnen", um sich der Worte des Präsidenten zu bedienen, und liefern Israel Waffen für Terror und Zerstörungen, einschließlich einer weiteren Lieferung neuester Kampfhubschrauber aus dem US-Waffenlager (Robert Fisk, Independent, 7 April). Dies sind tagtägliche Reaktionen auf die Greueltaten einer Regierung, die ihr Auftraggeber ist. Nur ein veranschaulichendes Beispiel stellt der Angriff Israels in den ersten Tagen der Al-Aksa-Intifada auf zivile Ziele mit US-Hubschraubern dar, welcher wohl kaum als ?Selbstverteidigung? bezeichnet werden kann und hierbei 10 Palästinenser ermordet und 35 schwer verletzte wurden. Clinton erzielte ?den größten Verkauf militärischer Hubschrauber an die israelische Luftwaffe in einem Jahrzehnt" (Ha'aretz, 3. Oktober 2001), inklusive Ersatzteilen für Apache Angriffshubschrauber. Die Presse unterstütze diesen Handel, indem sie Tatsachen verschwieg. Einige Wochen später begann Israel mit US-Hubschrauber Liquidierungen durchzuführen. Eine der ersten Amtshandlungen der Bush Regierung war, die Lieferung von Apache Longbow Hubschraubern, die mörderischste, die überhaupt lieferbar sind. Die amerikanische Presse berichtete hierüber in Randbemerkungen unter der Rubrik Wirtschaftsnachrichten.
Washingtons Richtlinie, den "Terror weiter auszudehnen" zeigte sich erneut deutlich im Dezember, als ein Veto gegen die Resolution des Sicherheitsrates eingelegt wurde, die zur Umsetzung des Mitchell Planes und zur Entsendung internationaler Beobachter aufforderte, um den Abbau der Gewalt zu beobachten, was allgemein als das effektivste Mittel anerkannt wird, und von Israel abgelehnt und Washington blockiert wurde. Das Veto wurde während einer 21-tägigen Ruheperiode eingelegt ? d.h. in jener Zeit wurde nur ein israelischer Soldat getötet, neben 21 Palästinensern (hiervon 11 Kindern) und 16 Übergriffe Israels auf Gebiete, die unter palästinensischer Selbstverwaltung stehen (Graham Usher, Middle East International, 25. Januar 2002). Zehn Tage zuvor boykottierten die US - und unterminierten somit - eine internationale Konferenz in Genf, die nochmals die 4. Genfer Konvention bestätigte, d.h. das Vorgehen der USA und Israel in den besetzten Gebieten als eine "massive Verletzung der Resolutionen" - ein "Kriegsverbrechen" bezeichnet. Die Konferenz erklärte, die von den USA finanzierten israelischen Siedlungen für gesetzeswidrig und verurteilte die Durchführung "willkürlichen Tötens, Folterungen, gesetzeswidrige Deportationen, willkürliche Aberkennung des Rechts auf eine faire Gerichtsverhandlung, ausgedehnte Zerstörungen und Enteignungen ... die ungesetzlich und willkürlich ausgeübt werden." Als ein hoher Vertragspartner sind die USA verpflichtet, jene zu verfolgen, die für derartige Verbrechen verantwortlich sind, einschließlich ihrer eigenen Führerschaft. Es herrscht jedoch Schweigen.
Noch haben die USA ihren offiziellen Zuspruch zur Anwendbarkeit der Genfer Konvention auf die besetzten Gebiete oder die Zensur des israelischen Vorgehens als "Besatzermacht" (wie es z. B. George Bush I als UN-Botschafter bestätigte) nicht zurückgezogen. Im Oktober 2000 bestätigte der Sicherheitsrat erneut das Übereinkommen und ermahnte "Israel als Besatzermacht, sich gewissenhaft an seine gesetzlichen Verpflichtungen unter der 4. Genfer Konvention zu halten." Das Abstimmungsergebnis stand 14-0. Clinton enthielt sich der Stimme, wahrscheinlich weil er kein Veto gegen eines der Kernpunkte des internationalen humanitären Gesetzes einlegen wollte - besonders angesichts des Rahmens in dem sie in Kraft traten: der Verurteilung der Greueltaten der Nationalsozialisten. Auch dies fiel schnell in Vergessenheit.
Solange derartige [wechselhafte und abwägenden] Standpunkte der US-Regierung nicht deutlich angesprochen und deren Folgen nicht verstanden werden, bleibt eine Aufforderung der USA nach mehr Engagement im Friedensprozess bedeutungslos und somit die Aussichten auf konstruktive Ergebnisse im Nahen Osten ebenfalls finster.
der König der (pöbelnden) Schwachmaten
Apartheid auf den Straßen der Westbank
von Gideon Levy
Ha'aretz / ZNet Deutschland 23.10.2005
Wir müssen diesen Luxus sofort stoppen: den Palästinensern muss es verboten werden, mit Autos auf allen Straßen der Westbank zu fahren, und nicht nur auf den Intercity-Straßen, wie nach der Schießattacke an der Gush-Etzion-Kreuzung letzte Woche entschieden wurde.
Eine andere ?menschlichere? Lösung wird die Terrorangriffe nicht verhindern. Auf jeden Fall haben sich die meisten Palästinenser daran gewöhnt, ohne Auto zu leben und ohne Bewegungsfreiheit. Deshalb sollten wir aufhören, mit hochtrabenden Worten und Teillösungen herumzuspielen: also, keine palästinensischen Autos mehr auf unseren Straßen, auch nicht in den besetzten Gebieten.
Ende letzter Woche waren die Leute hier über die amerikanische Kritik ein bisschen erschrocken, was die Sperrung der Hauptstraßen in der Westbank für Privatwagen betraf. Eine Quelle in Jerusalem beeilte sich, Haaretz mitzuteilen: ?Es gibt keinen neuen Plan für getrennten Verkehr auf den Straßen der Westbank.? Und der Verteidigungsminister kündigte von London aus an, es sei nur eine vorübergehende Maßnahme. So wurde noch einmal bewiesen, dass unsere letzte moralische Schranke nicht in Jerusalem gefunden wird, sondern in Washington. Der Gedanke, dass Leute wie George Bush und Condoleeza Rice die Wächter unserer Moral sind, sollte uns erschauern lassen ? aber so ist es tatsächlich.
Trotzdem gab eine Regierungsquelle zu, es gäbe einen möglichen Plan für getrennten Verkehr, der aber nur dann ausgeführt werde, wenn die Palästinensische Behörde zusammenbricht. Es ist schwer zu verstehen: welche Beziehungen gibt es denn zwischen dem Kollaps der PA und einem kompletten Kollaps von dem, was von unseren menschlichen Werten noch übrig blieb, wie sie sich z.B. in der Aufbürdung niederdrückender Kollektivstrafen auswirken? Inzwischen haben die IDF ?Teile des Planes als unmittelbare Reaktion auf den Terrorismus? schon erfüllt, erklärte die Quelle. Das Reiseverbot für private PKWs auf Intercity-Straßen jedoch ist Teil eines Systems von ethnisch begründeter Trennung, die schon seit einiger Zeit praktiziert wird und die sich auf den Straßen sehr deutlich bemerkbar macht. Seit fünf Jahren wurde den 2,5 Millionen Bewohnern der Westbank die Bewegungsfreiheit verweigert. Gelegentlich lockert Israel diese Bestimmungen, wie es während der letzten Monate der Fall war, dann werden sie wieder angezogen, wie es jetzt geschieht. Die Unterschiede sind allerdings geringfügig. Tatsache ist, dass die Bewohner der Westbank eingesperrt sind. Die Entscheidungen, den Griff dann und wann anzuziehen, sind nur dafür gedacht, den Siedlern eine Freude zu machen, und machen keinen großen Unterschied.
Es gibt nur wenige Israelis, die sich über die Auswirkungen der willkürlichen Entscheidungen des Establishments eine Vorstellung machen können. Wie viele Tage sind wir wohl in der Lage, ohne unsere privaten Autos auszukommen? Wer von uns hat eine Vorstellung, was ihn erwartet, wenn er oder sie durch den Hawara-Kontrollpunkt an Tagen gehen muss, an denen er angeblich offen ist und sich in die endlose Reihe am Qalandiakontrollpunkt hineindrängt? Oder wie lange eine Dialysepatient auf den Straßen zwischen Tulkarem und einem Krankenhaus in Ost-Jerusalem verbringen muss? Jede Fahrt auf den Straßen der Westbank ist zu einem unendlichen Alptraum der Demütigung und physischen Angst geworden.
Deshalb muss die Aufmerksamkeit der sich damit befassenden ( und verantwortlichen) Amerikaner darauf gelenkt werden: die Apartheid auf den Straßen besteht hier schon seit einiger Zeit ? mit oder ohne den Plan für alle Eventualitäten . Die meisten Straßen der Westbank sind verlassen, keine Menschen, keine Autos. An Tagen (Shabbat) und Stunden, an denen die Siedler nicht fahren, sind es Geisterstraßen. Wenn man auf der Straße zwischen dem J?bara-Kontrollpunkt, nahe Taibeh nach Tulkarem und Nablus fahren will, fragt man sich, wohin die hundert Tausenden der hier lebenden Bewohner verschwunden sind. Haben sie sich in Luft aufgelöst? Haben sie entschieden, auf ewig unter ihrem Feigenbaum und unter ihrem Weinstock zu sitzen? Wenn man auf der Straße 443 ? jetzt eine Schnellstraße zur Hauptstadt - von Modiin nach Jerusalem fährt, fragt man sich, wo die zehn Tausenden der Bewohner aus den Dörfern rechts und links der Straße sind? Hier die Information: ihre Straßen sind blockiert. Die Straße ist nur für Juden.
Wenn man seine Augen anstrengt, wird man neben der Straße Verkehrswege entdecken, die den Palästinensern zugewiesen wurden: Pfade die sich den Hügel hoch schlängeln, Ziegenpfade, über die Wagen stolpern, auch solche, die ihre Kranken transportieren, Frauen in Wehen, Schüler und gewöhnliche Leute, die entschieden haben, ihr Leben in die Hände zu nehmen, um zwei bis drei Stunden zu fahren, um das benachbarte Dorf zu erreichen.
Während der Ramadantage hat Israel ? eine eifriger Befürworter für die Freiheit des Gottesdienstbesuches ? Muslimen erlaubt, eine Pilgerreise zur Al-Aksa-Moschee zu machen. Und einige dieser Pilger mühen sich durch die Hügel, um diese Pilgerfahrt zu machen, wie das hebräische Wort für Pilger ( oleh regel) buchstäblich empfiehlt. Die Busse fahren nun z.B. täglich von Jenin ab mit Gläubigen die älter als 45 sind ? wie von Israel bestimmt wurde. Sie fahren früh um fünf Uhr morgens los und kehren etwa um acht Uhr abends wieder zurück - mit dem vollen Menu der Demütigungen und des Wartens unterwegs. All das hat nichts mit Sicherheit zu tun. Wenn ein Terrorist wünscht, nach Israel zu kommen, wird er einen Weg dorthin finden, wie die große Zahl der Palästinenser beweist, denen es ohne Passierschein gelungen ist. Allein die Tatsache, dass die Fahrt von Hebron nach Bethlehem Stunden dauert, verhindert keinen Terrorismus. Es ermutigt ihn. Und wenn es das Ziel ist, auf jeden Angriff zu ?reagieren? und zu ?strafen?, warum wurde dann den Bewohnern von Tapuah nicht die Bewegungsfreiheit verweigert, nachdem der Terrorist Eden Natan-Zada sich nach Shfaram begab, um dort seine Bewohner zu töten?
Die Wahrheit sollte nicht nur in Washington ausgesprochen werden, sondern vor allem hier: es gibt auf den Straßen der Westbank ein Apartheidsystem, das keine Verbindung hat zum Krieg gegen den Terror. Und die Entscheidung, diesen oder jenen Plan der Eventualitäten herauszuziehen ist sinnlos. Lange Zeit lebten die Palästinenser in diesem Land ohne Autos und es gibt keinen Grund, nicht in diese Zeiten zurückzukehren, besonders wenn Straßen ?nur für Juden? über ihr Land hinweg gebaut wurden. Aber verglichen mit den alten Zeiten ist es auch schwierig mit einem Esel oder zu Fuß voranzukommen.
von Amira Hass
Ha'aretz 30.10.2005
ZNet > Naher Osten > Israelisches Militär
Der Gouverneur von Nablus, Mahmoud Alloul, ist davon überzeugt, dass ein neuer massiver Kontrollpunkt vom israelischen Militär (IDF) südlich von Nablus gebaut wird, um die Distrikte von Nablus und Jenin von der restlichen Westbank zu trennen und so einen ?Kanton? der nördlichen Region zu schaffen.
Nach Alloul wird der Checkpoint die Bemühungen der letzten 5 Jahre der IDF dahin bringen, die Nablus- und Jenin-Region von der restlichen Westbank zu trennen, indem Straßen für den palästinensischen Verkehr geschlossen, Straßen 2. Grades blockiert werden und weitere vorübergehende und feste Straßensperren errichtet werden.
Alloul sagte zu Haaretz, dass auf Grund der Erfahrungen der letzten fünf Jahre ? besonders mit der Entwicklung des Kalandia-Kontrollpunktes südlich Ramallah - er den Schluss zieht, dass Israel nach und nach den Zaatara-Kontrollpunkt in einen ?internationalen Übergang? verwandeln will, der scheinbar zwischen dem palästinensischen und israelischem Gebiet liegt und genau wie der Kalandia-Kontrollpunkt sich von einem improvisierten Kontrollpunkt zu einem Übergang entwickelt, der wie ein Grenzterminal ( zwischen 2 Staaten) aussieht.
Der Kontrollpunkt liegt an der Zaatara/ Tapuach-Kreuzung und ist dafür bestimmt, den palästinensischen Verkehr, der von den nördlichen und westlichen Gegenden der Westbank kommt zu kontrollieren.
Dieser Kontrollpunkt wurde, nach militärischen Quellen, vom IDF-Kommando vor neun Monaten bestellt. Er soll 10 Fahrbahnen haben: 6 für den Verkehr vom Süden; 1 für den israelischen Verkehr, der nicht kontrolliert wird; eine Bahn für ?humanitäre? Fahrzeuge und zwei für den Verkehr nach Norden, der nur in besonderen Fällen kontrolliert wird.
Die IDF hat so noch keine Vorsorge für Fußgänger getroffen. Der Checkpoint soll unterhalb des Hügels, auf dem die Siedlung Tapuach liegt, errichtet werden ... und in etwa zwei Monaten operieren. Die IDF-Maßnahmen, um die Westbank von der zentralen Region zu trennen, sind nichts Neues. Sie werden als präventiv- oder reagierende Maßnahmen vorgestellt mit verschiedenen Graden von Härte ( bei der Kontrolle). Sie werden in den permanenten Plan integriert, von dem der neue Kontrollpunkt ein zentraler Teil ist. Eine diplomatische Quelle, die vor der Bewegungseinschränkung in der Westbank warnt, sieht den neuen Kontrollpunkt als Teil eines großen Planes, der durch die israelische Kontrolle über die Ost-West-Straßen ? und deren Erweiterung - und den Ausbau weiterer Siedlungen drei getrennte Blöcke in der Westbank schafft. Der neue Checkpoint passt so zur ständig wachsenden Trans-Samaria-Schnellstraße und einer Reihe von Straßensperren, die kleinere Straßen , die von Dörfern östlich von Tapuach kommen, abschneidet.
Westlich des Qalandiya-Kontrollpunktes ? im Zentrum der Westbank ? erstreckt sich die Modiin-Givat Zeev-Straße, auf der palästinensischer Verkehr durch viele Erdhaufen und gesperrte Tore am Eingang der Dörfer verhindert wird. So wurden die natürlichen direkten Verbindungen zwischen der nördlichen und südlichen Ramallah-Region getrennt.
Im Osten schaffen mobile Kontrollpunkte auf der Schnellstraße 60, die sog. ?Jerusalem-Umschlags-? Mauer, der Kontrollpunkt bei Abu Dis auf der Straße nach Bethlehem und der beschleunigte Siedlungsbau östlich von Jerusalem eine Barriere zwischen dem Westbankzentrum und dem Süden.
In den vergangenen fünf Jahren war die Tapuach-Kreuzung ein improvisierter Kontrollpunkt am Ende einer engen Straße mit zwei Fahrspuren. Wenn israelische PKWs, die gewöhnlich Siedlern gehören, oder Ambulanzen an der langen Reihe der palästinensischen Autos, die nach Süden wollten, vorbeifuhren, war die Straße blockiert. In diesem Jahr wurde die Straße verbreitet, damit die israelischen Autos keinen Verkehrstau verursachen. Das Warten an diesem Kontrollpunkt kann 10 Minuten bis zu einer oder zwei Stunden dauern. Es hängt von der Art der Kontrolle ab ( nur ein Blick, Kennkarten prüfen, Kontrolle des Autos oder Festhalten eines jeden Autos für längere Zeit), von der Haltung der Soldaten, ihrem Arbeitstempo und der Tageszeit. Manchmal gibt es einen provisorischen Kontrollpunkt, der die aus dem Westen kommenden Wagen kontrolliert ( einige von ihnen haben den regulären Kontrollpunkt umfahren, indem sie durch örtliche Obstbaumhaine und auf Dorfwegen gefahren sind). Der neue Kontrollpunkt wird in einem Engpass errichtet, in dem aller palästinensischer Verkehr vom Norden und Westen zusammenläuft.
Militärischen Quellen zufolge ist der Checkpoint dafür bestimmt, das augenblickliche System der Sicherheitskontrollen zu beschleunigen und Verkehrsstaus zu verhindern. Dasselbe wurde jedoch auch gesagt, als die Erweiterungsarbeiten am Qalandiya-Checkpoint begannen und bevor entschieden wurde, dass die Trennungsmauer direkt südlich von Qalandiya gebaut werden soll.
Aber kämpfen ist natürlich einfacher als arbeiten.
So ist das eben mit der einseitigen Denkweise.
ID's wie Johanna die fast ausschließlich nur beleidigen können
zähle ich nun mal dazu. Oder brauche ich dafür Deine Zustimmung/Erlaubnis?
Und genauso wenig muss ich mich rechtfertigen zu welchen Themen
ich mich äußere und zu welchen nicht.
muß man das ernst nehmen??
wohl eher nicht.
fakt ist auch, daß israel mehrere nachbarstaaten angegriffen hat und teile dieser länder bisheute besetzt hält.
in diesen teilen gibt es immer wieder terror, ist das verwunderlich??
wer meint, daß israel hier das arme opfer ist, sollte sich mal die zahl der toten auf israelischer und palästinensischer seite ansehen.
du bist außerdem schlecht informiert.
irgendsoein korruptipolitiker aus usa hat schon vor jahren gesagt:
"das öl ist zu wichtig, um es den arabern zu überlassen"
wie würdest du das denn interpretieren??
von Amira Hass
Ha'aretz / ZNet Deutschland 02.11.2005
Eine vor kurzem durchgeführte Studie platzierte die palästinensische Behörde (PA) auf einen fragwürdigen 107. Platz einer Liste von 159 Staaten, die zu den korruptesten gehören. Die von der NGO Transparency International (TI), Berlin, durchgeführten Studie analysierte die Ebene der Korruption nach dem Ausmaß, wie sehr ein öffentliches Amt für persönlichen Gewinn ausgenutzt wird. Das ist tatsächlich ein unerhörtes Versagen der palästinensischen Behörde, zu der so viel internationales Geld fließt und der sich so viele Berater, Instruktoren und Forscher der Weltbank und des Internationalen Währungsfond seit ihrer Gründung 1994 widmen.
Aber ein viel schwerwiegenderes Versagen der palästinensischen Behörde ist, dass eine so vernünftige und gut informierte Institution wie die TI es in Ordnung fand, die PA auf eine Liste von „Ländern“ zu setzen, die festgelegte Grenzen haben und deren Bewohner die Herrschaft über ihr eigenes Land. Die PA ist im Gegensatz zu Island oder Bangladesh weder ein Land noch ein Staat. Sie ist ein bürokratisch-politisches System mit begrenzter Verwaltungs- und Regierungsautorität über eine Bevölkerung von etwa 3,5 Millionen Menschen. Sie hat keine Autorität oder Kontrolle über zentrale Elemente, die die Herrschaft eines Volkes definieren: Land, Wasser, Bodenschätze, Grenzen, Bewegungsfreiheit, Entscheidungsfreiheit über Adressenänderung und das Wohnrecht von Nicht-Bürgern, Anerkennung der Staatsbürgerschaft und die Einreise von Touristen. Ein israelischer Soldat der IDF an einem unbedeutenden Kontrollpunkt hat in diesen Dingen mehr zu sagen als die PA. Ein Beispiel: am letzten Sonntag verweigerte ein Soldat am Kontrollpunkt von Beit Furik östlich von Nablus Palästinensern zwischen 16 und 30 bis auf weiteres die Durchfahrt, den Durchgang. Das sei ein Befehl, gab der Soldat zu verstehen. Unter denen, denen die Durchfahrt verboten war, waren Schulkinder, Studenten und Leute auf ihrem Weg zur Arbeit in Nablus – für die IDF sind Arbeit und Studien keine „humanitäre Notwendigkeit“, die den Soldaten einige Flexibilität beim Auslegen ihrer Order gibt.
Unter denen, die auch nicht durchgelassen wurden, waren vier oder fünf Frauen mit kleinen Kindern auf dem Weg zum Arzt, auch ein junges Ehepaar mit ihrem Baby. Der Vater mit dem Baby durfte passieren – er war über 30, das Baby ein paar Monate alt. Aber die stillende Mutter durfte nicht passieren – sie war unter 30.
Man sollte vermuten, dass es in Nablus einige hochrangige PA-Beamte gibt, die seit Jahren persönlichen Profit aus ihrer Position ziehen. Ein wesentliches Element dieses Profits ist, dass viele unter ihnen in Nablus genau so wie in Gaza oder Hebron - besonders auf der hochrangigen Ebene „Diskont“ von der israelischen Besatzungsmacht erhalten und von den schweren Reiseeinschränkungen, die Israel auf ihr Volk legt, befreit sind. Man kann vermuten, dass dieser Standard des „persönlichen Gewinnes“ – freie Passage am Hawara oder Beit Furik Kontrollpunkt - beim TI-Standard nicht eingeschlossen war. Auch nicht die Tatsache, dass ranghohe palästinensische Beamte, die direkte Verbindungskanäle zu israelischen Beamten haben, in der Lage sind, freie Durchfahrten für ihre Kollegen zu arrangieren. Wenn diese Maßnahmen der Korruption eingeschlossen worden wären, hätten die Autoren der Studie berücksichtigen müssen, dass die PA eine Organisation ist, die von der Bürokratie der Besatzung und des israelischen Kolonialsystems nicht getrennt werden kann. Dies ist ein Fall von zwei in einander greifenden korrupten Systemen, durch die offensichtlich Israel unter die Nummer 28 der selben Liste fallen würde, die es jetzt besetzt. Und das nicht nur wegen der ranghohen israelischen Minister und Beamten, die in den Siedlungen wohnen, also nicht auf ihrem eigenen Land, sondern weil sie ihre eigenen Positionen und ihre politische und persönliche Karriere Bestechungsgeldern verdanken, die sie vor Jahren der israelischen Öffentlichkeit ausgeteilt haben – in Form von Land und Wasser, das sie den Palästinensern geraubt haben.
Selbst wenn die TI-Studie entschieden hätte, nur „Regierungen“ mit einander zu vergleichen, hätte die PA auch versagt. Auch wenn sie sich selbst als Regierung betrachtet mit all dem äußerlichen Drum und Dran einer solchen, vergisst sie und lässt andere vergessen, dass sie nur ein besetztes und kein souveränes Volk führt. Mahmoud Abbas hat weder die Autorität noch die Macht, dafür zu sorgen, dass Studenten aus Gaza oder Ost-Jerusalem zu ihren Studienkursen in Nablus oder Tulkarem gehen können. Er kann die Enteignung des Landes für Straßen „nur für Juden“ in der Westbank nicht verhindern. Aber die Welt erwartet von ihm, dass er verantwortlich für das Benehmen verschiedener Militanter ist, die ihn dafür verachten, dass er nicht in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass eine stillende Mutter zum Arzt gehen kann.
Als verantwortliche Führung eines besetzten Volkes wird die PA nicht von der Rechtschaffenheit befreit. Im Gegenteil, die moralische Forderung, dass die Kinder ihrer ranghohen Angestellten nicht dank der Position ihrer Eltern reich werden, ist sogar noch höher. Die PA aber sollte in eine völlig andere Art von Liste aufgenommen werden – in die der nationalen Befreiungsorganisationen. Und deren Bewertung sollte die Frage berücksichtigen, in wie weit ihre Taktiken und ihre Strategie sie vom Joch der Besatzung weg und in die Befreiung bringt. Als Führung eines besetzten Volkes hat die PA das Recht und die moralische Verpflichtung, das wilde Benehmen bewaffneter Gangs zu stoppen, die – ohne Rücksicht auf die Folgen - mit einander darum wetteifern, wer die größten Waffen besitzt. Aber ihre Fähigkeit, dies zu tun, ist dadurch beeinträchtigt worden, dass sie der Welt gegenüber vorgibt, eine gewöhnliche normale „Regierung“ zu sein, und ihrem Volk gegenüber, erscheint sie bestenfalls als korrupte und versagende Organisation und schlimmstenfalls als ein Subunternehmer der Besatzungsbürokratie.
von Gideon Levy
Ha'aretz / ZNet Deutschland 06.11.2005
Dieses Wort gibt es im hebräischen Wörterbuch nicht, aber eine alt-neue Waffe aus dem raffinierten Waffenarsenal, die gegen die Palästinenser gerichtet wird, ist plötzlich wieder aufgetaucht. Auch wenn sie nicht tödlich ist, so ist sie teuflisch: die Schallmauer durchbrechenden Knallbomben.
Die beste Luftwaffe der Welt macht sich einen Spaß daraus, Angst und Hilflosigkeit in einer (zu Tode) erschrockenen Zivilbevölkerung zu verursachen. 29 solche Knallbomben explodierten während vier Tagen im September und vor kurzem wiederholte sich dies, wie die Ärzte für Menschenrechte und das Gaza Community Health Program-Zentrum mitteilte. Sie haben gemeinsam wegen dieser Angelegenheit eine Petition beim Obersten Gerichtshof eingereicht. Wenn es so etwas wie einen eindeutigen Fall von kollektiver Strafe gibt, dann ist es dies hier. Eltern in Gaza sprachen über die Ängste ihrer Kinder, unter denen sie in den vergangenen Wochen gelitten haben, über die Alpträume, das Bettnässen. Ehemänner berichteten von den erlebten panischen Angstzuständen ihrer schwangeren Ehefrauen. Fensterscheiben gingen nach einander zu Bruch. Hier eine sensationelle Meldung: Palästinenser können auch ?traumatisierte Opfer? sein. Diese die Schallmauer durchbrechenden Explosionen, deren einziger Zweck es ist, unter unschuldigen Zivilisten Angst hervorzurufen, kamen zu den Artilleriegranaten, die den Gazastreifen bombardierten, und dem täglichen Sperrfeuer der Raketen, die willkürlich bewaffnete Militante und unschuldige Leute töten. Die Tatsache, dass die Luftwaffe diese Waffe vor allem während der Nacht oder am frühen Morgen benützt, wenn Massen von Schülern auf dem Schulweg sind, macht ihre Boshaftigkeit noch sichtbarer. Israel mag sich aus dem Gazastreifen zurückgezogen haben ? aber noch nicht von seinem Himmel.
Natürlich ist das Liquidieren und Beschießen viel schlimmer. Aber der Gedanke hinter der Anwendung dieser Explosionsbomben ist nicht weniger abschreckend. Israel hat an seiner alten und miesen Politik festgehalten, die glaubt, dass das ?Einbrennen ins Bewusstsein? der ganzen Bevölkerung hilft, dass sie Täter daran hindert, Terrorakte zu begehen. Das Ergebnis ist natürlich das Gegenteil; die grausamen Mittel der Kollektivstrafe dienen eher der Ermutigung zum Terror statt ihn zu verhindern. Aber die Unwirksamkeit dieser Methode ist nicht der einzige Nachteil. Eine Luftwaffe, die ihren Piloten befiehlt, unerträglichen Lärm zu verursachen, um Angst unter Zivilisten zu säen, ist eine Luftwaffe mit einem moralischen Makel. Während ein Pilot, der eine Granate auf eine belebte Straße abfeuert oder eine Bombe auf einen Wohnblock fallen lässt, gerade noch eine zweifelhafte Rechtfertigung für seine Aktion finden kann, was mag dann einem jungen Piloten durch den Kopf gehen, der die Aufgabe erhält, die ganze Bevölkerung einzuschüchtern ist? Denkt er an die Kinder, die wegen ihm nachts vor Schrecken aufwachen? Denkt er an die Alpträume, die sie plagen? Kann er sich seinen kleinen Bruder vorstellen, wie er durch solch entsetzlichen Lärm aufgeschreckt. mitten in der Nacht aufwacht. Erinnert er sich an die Panik, die letzte Woche viele Häuser in der Sharon-Ebene durch eine Reihe mysteriöser Explosionen aufschreckte? Weiß er, dass der Kommandeur der Luftwaffe 2001 eine ausdrückliche Order gab, bei Flügen über bevölkertem Gebiet in Israel die Schallgrenze nicht zu durchbrechen, da ? dies Phänomen Unruhe unter der Bevölkerung hervorruft?, wie in der Nummer 139 des Luftwaffenjournals berichtet wurde? Ein vollständiges Geschwader wurde wegen einer Reihe von solchen die Schallmauer durch brechenden Lärmexplosionen zum Landen geholt. Der Luftwaffenkommandeur, der seinen Soldaten diese Knallgeräusche verboten hat, ist heute der Generalstabschef und befahl ihnen, diese Explosionen über dem Gazastreifen auszuführen.
Die Palästinenser sind nicht die ersten Opfer dieser fiesen Methode. 1969 wurden zwei Phantome in den Himmel über Kairo geschickt, um dort Angst zu verbreiten. Ein Jahr später tat dies die Patishim- ( Hammer) Schwadron über Damaskus. So zeigt ein Bulle seine Stärke. Nach Jahren wandten wir diese Methode auch im Himmel über dem Libanon an. Aber unsere Feinde haben niemals das massenhafte Donnern und Dröhnen der die Schallmauer durchbrechenden Knallerei kennen gelernt wie jetzt der Gazastreifen . Jemand, der niemals in einem Haus voll kleiner und größerer Kinder bei diesen Explosionsgeräuschen aufgewacht ist, kann nicht verstehen, wie erschreckend dies ist. Ich hörte einmal solch ein knallenden Lärm über dem Jenin-Flüchtlingslager ? ich war einen Augenblick lang nicht in der Lage zu atmen. Und es ist in Zeiten der Spannung besonders erschreckend: wenn täglich auf die Straßen von Gaza Raketen geschossen werden, liegen jedenfalls die Nerven blank da.
So sieht das Leben im ?befreiten? Gaza aus: die Bedingungen der Einkerkerung sind noch schwerwiegender als vor dem Abzug. Es besteht tatsächlich eine vollkommene Blockade, die die Kranken, Studenten, Arbeiter, ja, jeden betrifft; und da gibt es die täglichen Liquidationen und Lärmbomben. Natürlich sind die Kassemraketen auch sehr erschreckend ? aber rechtfertigt eine grausame Methode die andere? Verhindern die lärmenden Knallbomben die Kassems? Oder sind sie nur dafür da, die Bevölkerung zu provozieren und zu strafen, die zum größten Teil gegen die Kassems ist.
Der Oberste Gerichtshof hat nun eine neue Möglichkeit, seine Ansicht über das System der Kollektivstrafe zum Ausdruck zu bringen, die Israel gegen die Palästinenser anwendet. Man fürchtet, dass die Richter sich noch einmal davor drücken, ihre Verantwortung zu übernehmen. Seit Jahren zerbrechen sie sich die Köpfe, ob die gezielten Tötungen legal sind.
von Amira Hass
Ha'aretz / ZNet Deutschland 04.11.2005
Für die Palästinenser wird Yitzhak Rabin zunächst als jemand erinnert, der den Soldaten die Instruktion gegeben hat, ihnen Arme und Beine zu brechen, als sie 1987 mit dem Volksaufstand gegen die israelische Besatzung begannen. Bevor sie sich an das Handschütteln auf dem Rasen des Weißen Hauses, an die Verleihung des Friedensnobelpreises, und an den Mord erinnern, denken Palästinenser ? wenn sie über Rabin gefragt werden ? zunächst an ihre Hände, die beim Schlagen durch Soldaten verunstaltet wurden; ein anderer denkt an seinen Freund, der 12 Tage im Krankenhaus zwischen Leben und Tod schwebte, weil ihn Soldaten während der Ausgangssperre beim Grafitti-malen eines Slogans erwischten und zusammengeschlagen hatten. Ein anderer erinnert sich an das al-Amari-Flüchtlingslager: während der 1. Intifada liefen alle seine jungen Männer mit Krücken oder hatten Gliedmaßen in Gips, weil sie Steine gegen die Soldaten geworfen hatten, die dann hinter ihnen her jagten und Rabins Befehl ausführten.
Jamal, Bilal, Nadim und Said: alle sind jetzt in ihren 40 ern und alle waren verschieden lang für ihre öffentlichen Aktivitäten während der ersten Intifada im Gefängnis. Sie sind vom Gazastreifen und von der Westbank. Sie sind jetzt alle Akademiker: zwei sind Doktoranten in Mathematik und in Geschichte, während der dritte seinen Magister in Politischen Wissenschaften abschließt und der vierte ein Künstler ist ... Sie sind in keiner Organisation Aktivisten und sie geben auch nicht vor, irgendeine Gruppe zu vertreten, nur um die Frage zu beantworten: ?Was bedeutet Rabin für dich??. Die Frage überrascht sie, weil sie nicht viel über ihn nachdenken, und sie erinnern sich auch nicht, dass er vor 10 Jahren ermordet wurde.
Bilal, der aus einem Dorf der nördlichen Westbank stammt und in Ramallah lebt, sagt: ?Es liegt mir nicht, politische Analysen zu machen; aber ich war nie von Arafats Kommentaren überzeugt, dass Yitzhak Rabin ein wahrer Partner für den Frieden war, und ich kann auch die These nicht akzeptieren: wenn er nicht ermordet worden wäre, dann hätten wir längst Frieden.? Er denkt, dass die Änderung in Rabins Haltung ein kluges Manöver gewesen war, nicht eine grundsätzliche Veränderung. ? In den zwei Jahren zwischen der Unterzeichnung der Grundsatzerklärungen ( von Oslo) und dem Mord, spürten wir in unserm Leben keine wirkliche Veränderung ,? sagte Bilal. ?Ich sah im Fernsehen Treffen, Gespräche am Runden Tisch, Lächeln, aber vor Ort blieben wir unter israelischer Besatzung, und Rabin blieb für uns weiterhin der Vertreter der Besatzung: die Siedlungen und Landenteignung und eine Zivile Verwaltung, die uns einmal einen Passierschein gab, ein andermal nicht.? Rabins Mord war für Bilal keine große Überraschung. ?Politiker sind immer derartigem ausgesetzt. Und ich dachte immer, dass die israelische Gesellschaft nicht viel anders als andere Gesellschaften ist, dass die Israelis wie wir sind.?
Im ersten Augenblick freute ich mich Nadim, der Student der Geschichte, gibt zu, dass er zunächst glücklich war, als er von Rabins Mord gehört hatte: ?Im ersten Augenblick, als ich hörte, er sei ermordet worden, fühlte ich Freude,? sagt Nadim. ? Ein Mensch, der befiehlt, Knochen zu brechen ? wie sollte ich anderes für ihn empfinden?? Er sagt, dass nicht viele Leute über Rabin nachdenken. ?Doch jetzt, wo Sie nachfragen, erinnere ich mich, dass er sich nicht an das Abkommen gehalten , einige der Klauseln zurückgewiesen, und dass es für ihn keine ?heilige Daten? gegeben hat..? Als jemand aus Gaza erinnert sich Nadim, dass er vor Oslo, als er 1991 das erste Mal aus dem Gefängnis entlassen wurde, in Israel arbeitete. ?Aber nach Oslo sperrte Israel uns immer mehr ab, und ich saß in Gaza wie in einer Falle, ohne Hoffnung wie die meisten Leute.? Said, der Student der Politischen Wissenschaften aus Nablus, sieht Rabin als einen starken Führer, der einen ?politischen Prozess? eingeleitet hat , der aber weiterhin an den Siedlungen festhielt. ?Rabin ist eine Person, der die Stärke und Entschlossenheit hatte, von einer öffentlichen Direktive ? brecht den Palästinensern Hände and Beine ? zu einem politischen Prozess weiterzugehen, als er das Gefühl hatte, die internationale Stimmung habe sich verändert,? sagte Said. ?Ich rede nicht von ?Friedensprozess?, weil es kein ?Friedensprozess? war . Er hatte die Stärke, in der israelischen Gesellschaft Tabus zu brechen, als er sich damit einverstanden erklärte, mit der PLO zu reden und sie sogar anzuerkennen. Gleichzeitig wusste er, die kolonialen Errungenschaften Israels zu bewahren . Er räumte nicht eine einzige Siedlung. Er war ein guter Vertreter einer Generation von Israelis, die wünschte, dem Image Israels als Besatzungsstaat ein Ende zu setzen und gleichzeitig einen Weg suchte, Israels territoriale Ausdehnung abzusichern.
?Wenn wir nur einen Führer wie Rabin hätten!?
Said ist im Gegensatz zu Nadim davon überzeugt, dass die Palästinenser sich an Rabin erinnern. Manche verfluchen Rabin, weil er die ?Tunisleute hierher gebracht hat? und meint damit Arafat und die anderen PLO-Führer, die dort im Exil lebten. ?Und einige sind davon überzeugt, wenn Rabin nicht ermordet worden wäre , dann wären wir jetzt nicht in einer so miserablen Situation.? Said sagt auch, Rabin habe verstanden, dass die palästinensische Gesellschaft am Ende der Intifada sehr geschwächt war. ?Wir waren in einer ähnlichen Situation wie heute: politischer Chaos, Hooligans, die die Straße beherrschen , Apathie. Er verstand, dass dies der richtige Zeitpunkt für einen Deal wäre. Darum sagen einige unter uns: ?Wenn wir nur einen Führer wie Rabin hätten. ?Außer dem Befehl Rabins ?die Knochen zu brechen?, der mir sofort in Erinnerung kam, als Sie den Namen Rabin nannten,? erinnerte ich Said noch an den Widerwillen, mit dem Rabin Arafats Hand schüttelte. ? er verbreitete im Fernsehen das Gefühl der Überlegenheit - eine übliche Schwäche der Israelis, von der sich die Israelis noch nicht erholt haben.?
Jamal, der an seiner Doktorarbeit in Mathematik sitzt, ist von dem Kontrast betroffen zwischen dem flegelhaften, rassistischen und faschistischen Befehl, die Knochen zu brechen, und Rabins Fähigkeit, gegen den Strom zu schwimmen und eine mutige Entscheidung zu treffen: mit der PLO ein Abkommen zu unterschreiben.?
Jamal aus Gaza ist einer von denen, die in Ramallah ?gefangen? sitzen. Seit dem Unterzeichnen der Oslo-Abkommen hat Israel nicht vielen aus Gaza erlaubt, in der Westbank zu leben und ihre Adresse zu ändern. Sie werden als Illegale in der Westbank betrachtet. Jamal verlässt Ramallah nicht, wo er seit 1987 lebt, weil er nicht erwischt und nach Gaza geschickt werden will. Als er über Rabin befragt wurde, erwähnte er nicht, dass er in Ramallah ?gefangen? sitzt, sondern eher wie sein Freund über die unterzeichneten Oslo-Abkommen: ?Wir wollen nichts anderes außer dem Gazastreifen, der Westbank und Ost-Jerusalem?. In andern Worten : die Menschen waren voller Hoffnung. Seit der 1. Intifada war eine Hoffnung aufgekommen, ein Geist der Hoffnung, die Leute glaubten wirklich, Rabin hätte sich verändert, sagte er. ?Ich kann ihn keine Taube nennen, doch hatte er einen Prozess der Befreiung von früheren Mustern durchlaufen,? sagte Jamal. ?Der von ihm gegebene Befehl machte die israelischen Soldaten wahnsinnig. Aber die Entscheidung, einen Dialog zu beginnen, weckte in der israelischen Gesellschaft positive Gefühle und auch unter uns waren positive Gefühle aufgekommen. Und zwar derart, das Yigal Amir gewonnen hat. Der Mord hat die Chancen einer beginnenden ( positiven) Bewegung gestoppt.?
von Amira Hass
Eine Straße zu teeren, eine erhöhte Verkehrsinsel zwischen Fahrspuren zu bauen, ein Areal einzuebnen und zu reinigen, sollte keine Zeile in der Zeitung wert sein. Eine Straße zu teeren, bedeutet allgemein, das Geld der Steuerzahler zu ihren Gunsten zu verwenden. Es ist ein selbstverständlicher Dienst, der ein Teil des Vertrages zwischen Bürgern und Behörden ist.
Aber wenn dieses Teeren auf einer Straße nördlich von Bir Zeit passiert und die ausführenden Kräfte das israelische Militär (IDF) sind, die gleichzeitig nach einer GOC-Order Dutzende von Dunum Land wegnehmen, das mehreren palästinensischen Familien gehört, und das Haus einer gerade abwesenden Familie beschlagnahmen, dann haben wir es mit einer anderen Vertragsart zu tun. Es ist ein Vertrag zwischen den staatlichen isr. Behörden und den jüdischen Bürgern Israels, der ihnen erlaubt, palästinensisches Land und Besitz zum Schaden des palästinensischen Volkes zu nutzen.
Das Teeren geschieht jetzt ? und es verdient mehr als eine Zeile in der Zeitung. Doch das Problem ist, dass selbst 50 Zeilen ? selbst wenn sie auf der Titelseite erscheinen würden ? diesem schlimmen Raub kein Ende setzen würde.
Wenn die Behörden eine Verkehrsinsel in Kvar Saba bauen und Fahrspuren kennzeichnen, dann tun sie dies für die Allgemeinheit und für deren Sicherheit. Wenn dasselbe am Ende einer Straße gemacht wird wie der bei der Bir-Zeit/ Atara-Kreuzung hat dies einen anderen Zweck: einen weiteren ständigen Kontrollpunkt, (= ?Überwachungsareal? euphemistischer Ausdruck der IDF) anstelle eines provisorischen Checkpoints, der während der letzten fünf Jahre nur hin und wieder operierte. Ein ständiger Kontrollpunkt bedeutet noch eine Verletzung in der unendlichen Reihe von Verletzungen palästinensischer Bewegungsfreiheit.
Das bedeutet auch noch einen, fast endgültigen Schritt beim Fertig-stellen der Umzingelung der Ramallah-Region durch Siedler und Militär. Mit anderen Worten: noch eine Maßnahme, um die Ramallah-Provinz vom Rest der abgeschnittenen palästinensischen Enklaven in der Westbank abzutrennen. Wenn diese Information die Zeitung erreicht, klingt sie wie viele andere: es ist immer dasselbe: eine geteerte Straße für einen Kontrollpunkt, Isolierung, Enklave, Strangulierung. Aber genau das ist es, was die IDF tagein, tagaus mit beispielhaftem Fleiß tut, sichtbar, nicht geheim. Ein gewaltiger Kontrollpunkt an der Zaatara/ Tapuach-Kreuzung, der die nördliche Westbank von ihrem Zentrum entfernt; ein Kontrollpunkt und eine Trennungsmauer bei Abu Dis, die das Westbankzentrum von ihrem Süden trennt und die durchleuchtet, die hier durchgehen und Checkpoints und Siedlungen ( nach Konsens) rund um Bethlehem, das längst zu einer abgewürgten, isolierten Stadt gemacht wurde. Und Hebron ? so scheint es denen, die im Norden der Westbank leben ? ist weiter weg als Saudi Arabien.
In den letzten beiden Jahren erlebte die Ramallah-Provinz verglichen mit den Enklaven in der übrigen Westbank eine relativ lockere Umzingelung. Allerdings sind drei der natürlichen fünf Zu/Ausgänge der Stadt teilweise oder ganz blockiert: Bitunia im Südwesten ist nur für Waren offen, die durch die spezielle Methode (?back to back?) am Kontrollpunkt in dort auf der andern Seite wartende LKWs umgeladen werden; Qalandia im Süden ist blockiert für palästinensische Fahrzeuge und die Fußgänger müssen eine ermüdende, ärgerliche und demütigende Kontrolle über sich ergehen lassen; und der östliche Ausgang ist nur für VIPs in ihren Fahrzeugen erlaubt. Aber die Bir-Zeit-Straße, nördlich von Ramallah, ist eine von nur zwei Straßen, auf denen es Palästinensern möglich ist, mehr oder weniger direkt von der Ramallah-Provinz in den Rest der Westbank zu fahren. Es ist eine ziemlich umständliche ?Direktheit?, da die beiden in Frage kommenden Straßen zweitrangige Straßen sind, die die Dörfer mit einander verbinden und eng und kurvig, lang und unsicher sind. Sie sind von all dem schweren Verkehr stark beansprucht, den Kontrollpunkte und Straßensperren daran hindern, die breiten Hauptstraßen in der Westbank zu erreichen.
So wird die Bir-Zeit-Straße eine besondere Straße für die nach Süden Reisenden; sie werden zunächst gezwungen, nach Norden zu fahren, um in den Süden zu kommen. Aber nun, wo die Kreuzung am nördlichen Rand von Bir Zeit zu einem ständigen Armeekontrollpunkt ausgebaut wird, wird auch die teilweise Illusion eines ?offenen Ramallah? zunichte gemacht.
In jedem Bereich der Westbank ist die Herrschaft der Bewegungsbeschränkungen durch mehrere militärische Order und noch andere Arten von Straßensperren gekennzeichnet. Die Einschränkungen wurden nicht alle auf einmal eingesetzt. Sicherheitsvorfälle machen es möglich, sie als vorübergehende ?ad hoc Reaktion? zu erklären, sie dienen aber einem äußerst konsequenten Zweck der Kolonisierung. Zwischen einer Verschlimmerung und der nächsten wird den Palästinensern die Möglichkeit gegeben, sich daran zu gewöhnen, eine Umgehungsstraße zu finden und zu glauben: ?es kann nicht schlimmer werden? . Aber dann kommt eine neue Einschränkung und es stellt sich heraus, dass es noch schlimmer werden kann.
Es geht nicht nur um die hohen Benzinkosten, die verlorene Zeit und die Autos, die auf den schlechten, unebenen, felsigen Wegen zusammenbrechen. Das von Israel durchgeführte Zerteilen des Landes, zerstört auch die normalen wirtschaftlichen Beziehungen, ohne die jedes Gespräch über Entwicklung reine Irreführung ist. Diese Teilung widerspricht allen internationalen Resolutionen, die die Errichtung eines lebensfähigen palästinensischen Staates betreffen, und macht jede Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung und politische Ruhe, wie sie von der Weltbank und Condolezza Rice ausgesprochen wird, nur zum Gegenstand des Spottes. In ihrer gesamten Auswirkung zwängt die Teilung des Landes die Palästinenser in ein eingeschränktes, demütigendes, unterdrücktes Leben in Enklaven mit Dritte-Welt-Charakter und in von einander getrennte Townships ? nur fünf Minuten entfernt von unserm Leben in Komfort und Bequemlichkeit.
Wer legt die Grenze fest? Einseitig die Israelis! Obwohl diese
Grenzen illegal sind.Und die Palästinenzer sollen da noch mithelfen?
Sie rauben das Land und isolieren systematisch die palästinensichen Städte.
So soll Frieden geschaffen werden? Lächerlich.
Aber dies ist auch nie Ziel Israels gewesen. Haben doch alles erreicht
was sie wollten...