Die Vorschläge der Hartz-Kommision...
Seite 1 von 2 Neuester Beitrag: 26.04.04 18:14 | ||||
Eröffnet am: | 25.06.02 18:53 | von: SchwarzerLo. | Anzahl Beiträge: | 37 |
Neuester Beitrag: | 26.04.04 18:14 | von: Troll_Connec. | Leser gesamt: | 1.835 |
Forum: | Börse | Leser heute: | 2 | |
Bewertet mit: | ||||
Seite: < | 2 > |
Diese Nachricht wurde automatisch erzeugt. Der Thread wird nach jeder 3. vergebenen Stimme im Board nach oben geholt.
SPD und Riester loben Hartz-Vorschläge / Stoiber gegen Kürzen der Zahlungen
Von unseren Korrespondenten
Bundesregierung und SPD-Spitze haben die arbeitsmarktpolitischen Vorschläge der Hartz-Kommission grundsätzlich begrüßt, eine Bewertung im Detail aber vermieden. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering versicherte, es werde "keinen sozialen Kahlschlag" geben. Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber sprach von "vernünftigen Reformschritten", lehnte aber eine Kürzung des Arbeitslosengeldes ab.
hih/me/rb BERLIN/FRANKFURT A.M., 24. Juni. Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) hält die Reformpläne der von VW-Vorstand Peter Hartz geführten Experten-Kommission für geeignet, um die Arbeitslosenzahl in Deutschland innerhalb von drei Jahren zu halbieren. Dies halte er "bei entsprechenden Maßnahmen nicht für ausgeschlossen", sagte Riester.
In einer Stellungnahme seines Ministeriums heißt es weiter, dass soziale Gerechtigkeit für die Bundesregierung einen "sehr hohen Stellenwert" habe. Einzelne Punkte, wie etwa die Pauschalierung des Arbeitslosengeldes, die Einrichtung von Zeitarbeitsfirmen bei den Arbeitsämtern und die Verabschiedung von Arbeitslosen über 55 Jahre in den Vorruhestand dürften nicht übereilt einer "Detailkritik" unterzogen werden. Ähnlich äußerte sich SPD-Generalsekretär Franz Müntefering auf Grund kritischer Nachfragen aus der Parteispitze. Müntefering suchte die Sorgen des Gewerkschaftsflügels zu dämpfen. Es werde "keinen unsozialen Kahlschlag" geben, versicherte er. Nach wie vor gültig sei die kurzfristig ins SPD-Wahlprogramm aufgenommene Aussage, dass die Arbeitslosenhilfe nicht auf Sozialhilfe-Niveau abgesenkt werden solle. In der Sitzung des SPD-Präsidiums wurde verabredet, man wolle sich in der Diskussion möglichst nicht auf einzelne Ideen einlassen, sondern die Grundrichtung einer Reform des Sozialstaats "offensiv" vertreten.
Der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Edmund Stoiber, lehnte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa die von der Hartz-Kommission empfohlene Kürzung des Arbeitslosengeldes ab. Der Vorschlag sei sozial ungerecht und widerspreche elementar dem Versicherungsprinzip, sagte er. "Das ist ein Irrweg, den ich nicht mitmache." Das Konzept enthalte aber auch "vernünftige Reformschritte". Der FDP-Wirtschaftspolitiker Rainer Brüderle forderte, die Reformen müssten "schnellsten umgesetzt" werden. Er warne davor, sie zu zerreden.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte der FR: "Die Vorschläge gehen in die richtige Richtung." Allerdings müsse man die endgültige Vorlage des Konzepts im August abwarten. Auch DGB-Chef Michael Sommer meinte am Montag: "Die Richtung stimmt." Am Wochenende hatte er sich noch ablehnend geäußert. Sommer bezweifelte aber weiterhin, dass die Einführung von Zeitarbeitsagenturen beim Arbeitsamt oder die Pauschalierung von Arbeitslosengeld sinnvoll wäre. Der DGB-Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy sagte der FR, es komme darauf an, dass die geplanten Personalagenturen, die Erwerbslose an Betriebe vermitteln sollen, nicht das Arbeitsrecht aushöhlten.
Für die IG Metall seien vor allem drei Punkte nicht akzeptabel, sagte ihr Vorstand Horst Schmitthenner der FR. Das gelte für eine Verschärfung der Zumutbarkeits-Kriterien für Jobsuchende nach dem Motto "Arbeit um jeden Preis" sowie Leistungskürzungen auf Sozialhilfe-Niveau. Und eine Vermittlung von Arbeitslosen durch Leiharbeitsagenturen sei nur unter Zwang möglich. Die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen kritisierte: "Mit Leistungskürzungen, schärferen Zumutbarkeitsregeln und Abschieben älterer Arbeitsloser kann man die Statistik schönen, aber nicht Arbeitslosigkeit abschaffen."
[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
Dokument erstellt am 24.06.2002 um 21:03:31 Uhr
Erscheinungsdatum 25.06.2002
Wahrheiten möchten die Verbände (Gewerkschaften, BDI, Kammern, Kirchen, Sozialversicherungen...) nicht hören und schon gar nicht wollen sie die INTERESSEN ihrer MITGLIEDER (!) wahrnehmen. Denn Verbände - und Deutschland ist nunmal sehr stark von denen geprägt - neigen dazu (und besonders mit 50 jähriger BRD Vergangenheit) ein gewisses Eigenleben aufzubauen: Machtbereich vergrößern, mehr Zuständigkeiten, Tochterfirmen, Leute unterbringen, Mitglieder werben - aber nicht: Lösungen herbeiführen.
So sind auch diese Vorschläge fast schon langweilig, weil man weiß:
- das hätte nie soweit kommen dürfen
- der Kanzler interessiert sich genau bis zum 22 September dafür
- die Träger der Bundesanstalt Gewerkschaften und Arbeitgeberverband sind mit im Beratungsboot gewesen und werden so für ihre Eigeninteressen gesorgt haben.
Wer erwartet eigentlich noch eine Lösung?
Erungenschaft.
Nun steht er da der ehemalige Bandarbeiter (ungelernt) und soll erklären warum
sein Arbeitsplatz wegrationalisiert wurde.
Als Leiharbeiter darf er dann zum Sozialhilfesatz am Bau Steine schleppen.
Den Mindestlohn hat dann das Sozialamt..oder hab ich was verkehrt verstanden?
Und noch schlimmer ist die geplante Pauschalierung des Arbeitslosengeldes. Schließlich werden unterschiedliche Beiträge gezahlt, somit würde hier bei einer einheitlichen Auszahlung gravierend gegen Gesetze verstoßen.
Alles in allem ist hier ein großes Versagen der Politik feststellbar. Wenn Arbeitslose bislang noch überwiegend SPD wählten, so wird diese Wählerschicht mit diesem Plan quasi auf 0 einbrechen. Viel Spaß meine (korrupten) Herren!
sonder auch andere "Gesellschaftsschichten" an den Kosten beteiligt werden.
Höre noch nichts davon, auch nichts von Subventionsabbau.
Keiner unserer Politfreaks gesteht öffentlich ein, dass wir bald
mit viel mehr "Arbeitslosen " leben müssen, da eine moderne Industriegesellschaft keine Verwendung mehr für die "Bandsklaven" hat.
Nehmen wir mal an, dass eine Vollbeschäftigung möglich wäre, dann wäre das ein Weg
zurück in Richtung Manufaktur. Alle in Lohn und Brot und die Sozialabgaben wieder finanzierbar...
Entweder ertschiessen wir die Arbeitslosen oder exportieren sie nach
Thailand, die Rentner gleich mit..
oder machen uns mal vernünftige Gedanken über deren Finanzierung.
Nach jetztigen Informationsstand zu der Studie, kann ich nur sagen
Bankrotterklärung für Staat und Gesellschaft.
gruss
hjw
Partei reagiert auf Vorbehalte gegen Hartz-Vorschläge
Von Richard Meng und Eva Roth
Unter dem Eindruck kritischer Stimmen aus dem Gewerkschaftslager bemüht sich die SPD-Spitze jetzt, Vorbehalten gegen die Ideen der Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarkts entgegenzutreten. Die Höhe des Einkommens Arbeitsloser solle nicht generell angetastet und mehr Leiharbeit nicht bundesweit propagiert werden, sagte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering am Montag in Berlin.
BERLIN / FRANKFURT A. M., 1. Juli. Nach einer SPD-Präsidiumssitzung erklärte Müntefering, die Idee der Pauschalierung des Arbeitslosengeldes solle hauptsächlich der Entlastung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) und nicht der Leistungssenkung dienen. Denkbar seien "mehrere Stufen und Kategorien" von Zahlungen an Arbeitslose, die dann nicht mehr für jeden Einzelnen aufwändig errechnet werden müssten, in der Summe aber doch "ziemlich genau die Höhe des bisherigen Einkommens" treffen sollten.
Der Vorschlag von mehr "sozial gesicherter Leiharbeit" unter der Regie der BA oder privater Agenturen sei nur dort sinnvoll, "wo die Arbeitslosigkeit nicht allzu hoch ist". Bei Arbeitslosenquoten zwischen sechs und zehn Prozent könne es zweckmäßig sein, den Unternehmen Leiharbeiter anzubieten, sagte Müntefering. Bei höherer Arbeitslosigkeit werde das "weniger bringen". Für Regionen mit Arbeitslosenquoten von über 20 Prozent müsse im Regierungsprogramm "noch etwas nachgelegt werden", sagte der Ministerpräsident Brandenburgs, Matthias Platzeck.
In einer Sitzung des SPD-Parteirats - das formal wichtigste Gremium zwischen den Parteitagen - mahnte der Staatssekretär im Arbeitsministerium, Gerd Andres, zu mehr Gelassenheit. Kommissions-Chef Peter Hartz wolle schließlich der rot-grünen Regierung "nicht schaden" und werde deshalb mit Kanzler Gerhard Schröder abstimmen, was genau er vorschlägt. Die Kommission habe noch nicht einmal die Gelegenheit gehabt, über die Vorschläge im Zusammenhang zu beraten. Das Modell einer "Ich-AG" etwa, über die sich Arbeitslose quasi selbstständig machen könnten, werde wahrscheinlich ohnehin "so nicht funktionieren", sagte Andres nach FR-Informationen. Müntefering meinte, er habe vor Debatten mit den Gewerkschaften "keine Sorge". Diese seien "sehr konstruktiv".
Die IG Metall bewertete am Montag zentrale Ideen der Hartz-Kommission grundsätzlich positiv. Den Vorschlag, Jobsuchenden weniger Geld zu gewähren, lehnte IG-Metall-Chef Klaus Zwickel jedoch - wie zuvor der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske - strikt ab: "Wir können nicht von Arbeitslosen mehr Flexibilität fordern und diese Flexibilität dann mit Leistungskürzungen bestrafen", sagte er in Frankfurt. Auch in der zuständigen Projektgruppe der Hartz-Kommission sei man sich am Wochenende einig gewesen, dass Leistungen an Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger nicht gekürzt werden sollten, sagte eine Verdi-Sprecherin.
Die FDP-Führung begrüßte nach Agenturangaben die Hartz-Vorschläge in einer Präsidiumssitzung einstimmig.
Quelle: http://www.frankfurter-rundschau.de/
Kanzlerkandidat der Union präsentiert längst bekannte Konzepte für den Arbeitsmarkt
»Es geht bei dieser Bundestagswahl nicht darum, einfach nur Parteien und Personen auszuwechseln. Es geht um einen grundlegenden politischen Richtungswechsel«, meinten zumindest Edmund Stoiber, Kanzlerkandidat der CSU/CDU, und sein »designierter Wirtschafts- und Arbeitsminister« Lothar Späth (CDU) am Freitag bei der Vorstellung ihres Papiers »Offensive 2002 - Aufschwung für Arbeit« in Berlin. Worin allerdings der Richtungswechsel bestehen soll, blieb ihr Geheimnis. Späth hatte sich Anfang der Neunziger durch den Abbau von 20000 Arbeitsplätzen bei Jenoptik als Arbeitsmarktpolitiker profiliert.
Zuletzt konnte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Debatte um den Arbeitsmarkt mit Hilfe der Hartz-Kommission und der tatkräftigen Unterstützung der Gewerkschaftsspitzen für deren Vorschläge bestimmen. Nun versucht die Union den Konter mit ihrem »Stoiber-Späth-Plan«. Der enthält allerdings nicht viel Neues. Nach ausführlicher Beschreibung der »dramatischen Situation Deutschlands« werden hauptsächlich bereits im Wahlprogramm der Union vorgestellte Positionen wiederholt. »Eine Kompakte Offensive für Deutschland« wollen Stoiber und Späth in den ersten Monaten ihrer etwaigen Regierungsverantwortung starten. Heilsbringer soll wie so oft der Mittelstand - »die eine treibende Kraft für Arbeitsplätze« (Späth) - sein. Stoibers Rechnung: 0,1 Prozent mehr mittelständische Betriebe brächten so etwa 100000 neue Arbeitsplätze. Bei einem Prozent wären das schon eine Million, bei zwei Prozent zwei Millionen und so weiter. Auf eine konkrete Arbeitslosenzahl wollte er sich dennoch nicht festlegen. Eine solche »Kaffeesatzleserei« nicht zu betreiben sei »ein Gebot der Ehrlichkeit«, sagte der Unionskandidat. Und überhaupt: »Wir haben schließlich keine Staatswirtschaft. Die Politik kann nur den Rahmen setzen.«
Dem Mittelstand möchten Stoiber und sein »ehemaliger Mittelstands-Ministerpräsident« Späth durch verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten auf die Beine helfen. Existenzgründer sollen die erste Steuererklärung für Ertragssteuern erst nach zwei Jahren abgeben müssen. Bei Neugründungen müßten Unternehmen künftig zehn statt einen Prozent ihrer Investitionen von der Steuer absetzen können.
Das »Scheinselbständigkeitsgesetz« soll aufgehoben und der Niedriglohnbereich gefördert werden. Aber: »Wer arbeitet, muß mehr verdienen als der, der nicht arbeitet«, so Stoiber. Folglich sollen, um mehr Leute in Billigarbeit zu zwingen, »die Zumutbarkeitsregeln für Arbeitslose verschärft und die Beweislast umgekehrt« werden. Die Arbeitslosenhilfe müsse »weitgehend auf das Niveau der Sozialhilfe« abgesenkt werden.
Sehr am Herzen liegt dem Bayern neuerdings der Osten Deutschlands. Jeweils eine Milliarde Euro will er dort für kommunale Investitionen und ein Sonderförderprogramm bereitstellen. Für »Existenzgründer« im Osten soll dem Konzept zufolge die Befristung von Arbeitsverhältnissen auf vier Jahre ermöglicht werden. Überhaupt seien noch viele »Verkrustungen am Arbeitsmarkt« zu beseitigen. So sollen die Befristungsmöglichkeiten für Arbeitsverhältnisse sowie Leiharbeit generell erleichtert, »betriebliche Bündnisse für Arbeit« zur Aushebelung der Flächentarifverträge ermöglicht und »die kostentreibenden Teile des Betriebsverfassungsgesetzes« zurückgenommen werden.
Die Debatte über Flexibilisierung und Teilzeitarbeit führt in die Irre
Es gibt nur noch ein Thema im diesjährigen Vor-Sommerloch-Wahlkampf: Wie man Menschen in Arbeit bringt, die es gar nicht gibt. Viele betreiben diese Diskussion richtig ernsthaft. Einige begreifen den Denkfehler und drängen darauf, erst diejenigen Arbeitsplätze zu schaffen, in die dann Erwerbslose vermittelt oder gezwungen werden sollen. Hierbei gibt es mehrere Varianten, abhängig von der jeweiligen Religionszugehörigkeit der Angebots- oder Nachfrageorientierungsfetischisten. Sie reichen von der Behauptung, die Wirtschaft hätte Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen, wenn sie nur billig und schnell kündbar seien, bis hin zur Hoffnung, durch staatliche Anreize das Wachstum in arbeitsplatzrelevante Höhen zu treiben. Die einen sind schlicht naiv und die anderen ignorant gegenüber jahrzehntelangen wachstumskritischen Diskussionen – und von jobless growth haben sie wohl noch nichts gehört.
Längst ist erkannt, daß der Gesellschaft keinesfalls die Arbeit ausgeht. Die Möglichkeiten zur auch nur existenzsichernden Erwerbsarbeit werden allerdings weniger, und auch das ist nicht neu. Doch muß dies wirklich eine Katastrophe bedeuten?
Einer der wichtigsten Faktoren für die Arbeitslosigkeit ist die kontinuierlich steigende Arbeitsproduktivität - die Arbeitenden beseitigen sich durch ihren Fleiß selbst oder: wir arbeiten immer intelligenter, damit wir weniger arbeiten müssen. Das ist im Prinzip gut so, denn es ermöglicht die einzige und einfache Lösung des Problems Erwerbslosigkeit: Radikale Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich.
Statt dessen hat sich gleichzeitig mit steigenden Arbeitslosenzahlen die faktische Arbeitszeit durch tariffreie Zonen und massive, oft unbezahlte Überstunden längst wieder verlängert, oftmals hinter den Stand der tariflichen Regelungen der 60er Jahre. Wer einen Job hat, schuftet bis zum Umfallen, und wer keinen hat, ist oft zu jedem Zugeständnis bereit. Dennoch drängen die Unternehmensverbände auf weitere Ausweitung der tariflichen Arbeitszeit oder weitere Öffnungsklauseln. Dieser praktizierten Entgrenzung der Arbeitszeit bei Hochqualifizierten und totalen Flexibilität bei Niedrigqualifizierten kann nur im Verbund tariflicher und gesetzlicher Arbeitszeitbegrenzung begegnet werden.
Dennoch sind ernstgemeinte Vorstöße der Gewerkschaften zur tariflichen Arbeitszeitverkürzung und/oder Änderung des Arbeitszeitgesetzes nicht in Sicht. Zwar gibt es entsprechende Verlautbarungen und Beschlußlagen, doch auf die 1998 von der IG Metall angekündigte Kampagne für die 32-Stunden-Woche warten wir heute noch. Beim diesjährigen DGB-Kongreß setzte der Bundesvorstand auf offensiven Beschäftigungszuwachs – nicht durch Umverteilung der Arbeit, sondern durch Nutzung flexibler Arbeitszeiten, »Employability« sowie auf Wachstum ausgerichtete Geldpolitik. Von Arbeitszeitverkürzung keine Spur! Dies wird deutlich, wenn Umfrageergebnisse zugunsten einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden als ein Ruf nach mehr Teilzeitarbeitsplätzen interpretiert werden, anstatt den Sechs-Stunden-Tag als Normalfall anzustreben.
Es sei nicht die Zeit für kollektive Arbeitszeitregelungen, sondern für individuelle Lösungen, heißt es dann oft. Das verkennt aber, daß die wünschenswerten individuellen Spielräume nur dann durchsetzbar sind, wenn sie auf einer kollektiven und einklagbaren Grundlage bestehen. Es tut natürlich not, die Verfügungsgewalt der Unternehmen über die Lage und Dauer der Arbeitszeit zu beschneiden, denn die schlechten Erfahrungen mit der Flexibilisierung haben der Arbeitszeitverkürzung ihren schlechten Ruf bei den Beschäftigten eingebracht. Versprochener Gewinn an Lebenszeit und Zeitsouveränität wurde verkehrt in Entstandardisierung, Verzicht auf Mehrarbeitszuschläge und Arbeit auf Abruf als eine Variable bei Auftragsschwankungen, die den Abbau von Kernbelegschaften begünstigte. Gerade die zusammen mit der Arbeitszeitverkürzung eingegangene Verbetrieblichung und Individualisierung der Arbeitszeitregelungen hat zur Entgrenzung der Arbeitszeiten für alle beigetragen. Wird also die Arbeitszeitverkürzung keinesfalls als Erhöhung der Lebensqualität erlebt, darf nicht verwundern, wenn den meisten Gewerkschaftsmitgliedern Geld wichtiger ist.
Daran ändern aktuelle Kampagnen nichts. Die »Initiative Neue Qualität der Arbeit« des Bundesarbeitsministeriums will die Interessen von Betrieben und Beschäftigten in Einklang zu bringen, um wettbewerbsfähige Arbeitsplätze mit hochmotivierten, zufriedenen Beschäftigten zu besetzen. Nicht wenige Gewerkschafter beklagen zudem, daß die Unternehmen ihrer Wettbewerbsfähigkeit schaden, weil sie Wohlbefinden und Gesundheit der Beschäftigten als Mittel zum Zweck guter Betriebsergebnisse unterbewerten.
Wer statt Humanisierung zu fordern empfiehlt, Fehlzeitenkosten zu sparen, hat nicht begriffen, daß im Kapitalismus Verbesserungen in Lebens- und Arbeitsbedingungen nur möglich sind, wenn wir sie als Selbstzweck machtvoll fordern. Nach neuesten Studien haben 60 Prozent der Bundesbürger das Gefühl, wegen zu hoher Arbeitsbelastung Partner, Familie und Freunde zu vernachlässigen. An diesen Bedürfnissen muß angeknüpft werden.
Grüße Max
sehr kompetenter Artikel
http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=20458&IDC=3
Der große Bluff
--------------------------------------------------
Schröder und Stoiber verschreiben Placebos für die Arbeitslosen
von Josef Joffe
Was ist der Unterschied zwischen Aktion und Aktionismus? Fonetisch sind's nur zwei Silben, politisch aber trennt die beiden Wörtchen eine Unendlichkeit. In der Spätphase Schröder, zwei Monate vor der Wahl, ist es der Unterschied zwischen "tun" und "tun, als ob", zwischen Agieren und Gestikulieren. Und dies, während die Wirtschaft siecht wie nie zuvor in der Ära Rot-Grün.
Der Zusammenbruch der Börsen, der freie Fall der T-Aktie, der Ron Sommer den Kopf kostete: Dafür kann die Regierung nichts, ebenso wenig wie für die wundersame Wiedergeburt des Euro. Aber wie sprach doch Gerhard Schröder anno 1998? Wenn es Rot-Grün nicht schaffe, die Zahl der Arbeitslosen auf 3,5 Millionen zu senken, "dann haben wir es nicht verdient, wieder gewählt zu werden". Tatsächlich wuchs das Heer der Arbeitslosen im Juni (saisonbereinigt) auf 4,1 Millionen. Mitten im Sommer stieg die Arbeitslosigkeit zuletzt vor neun Jahren. Im Osten ist sie auf dem höchsten Stand seit der Vereinigung.
Die Tagelöhner vom Arbeitsamt
Und was tut die Regierung? Sie ernennt wie eh und je, wenn Aktionismus die Aktion ersetzen muss, eine Kommission. Und damit es keine bösen Überraschungen gibt, wird sie dem Kanzlerfreund und VW-Vorstand Peter Hartz unterstellt. Die verkündet, obwohl es offiziell erst am 16. August geschehen soll, schon mal wahlkampfgerecht Sensationelles: Vertrauet uns, und wir werden das Heer der Arbeitslosen halbieren. Ist dies der "größte Bluff, den es gibt", wie Kandidat Stoiber ebenso wahlkampfgerecht zurückgibt?
Der "größte" nicht, aber ein halber. Hartz und Co. haben ein Konzept ausgeheckt, das die wirklichen Ursachen der deutschen Arbeitslosigkeit so ängstlich umschleicht wie der Schoßhund die Dänische Dogge. Die Kommission will, verkürzt, nur die Nachfrageseite der Misere bedienen, nicht aber das Angebot an Jobs vermehren. Sie will den Druck auf die Arbeitslosen verschärfen, um sie in den Arbeitsmarkt zu zwingen, aber fast nichts tun, damit die Aufgescheuchten einen Job auch finden. Sie will den Mangel effizienter verwalten. Stoibers Wirtschaftsguru Lothar Späth hat Recht: "Das Hauptproblem ist nicht die Vermittlung von Arbeitslosen, sondern der Mangel an Arbeitsplätzen."
Denn: Was nützen die Anreize, wenn die Arbeit fehlt? Es mag ja sein, dass der "Drückeberger" schneller in den Arbeitsmarkt zurückstrebt, wenn er bloß eine Pauschale statt einer akribisch ausgetüftelten Gegenleistung für bereits eingezahlte Beiträge erhält. Wenn er sich schon innerhalb der Kündigungsfrist beim Arbeitsamt melden muss. Wenn das Arbeitslosengeld nur befristet gezahlt und dann durch Sozialgeld ersetzt wird. Wenn's aber die passenden Jobs nicht gibt?
Der Angebotsseite, also den Tabus, die in Deutschland für die systematische Verknappung von Arbeit sorgen, nähern sich die Hartzianer wie der besagte Schoßhund, der allenfalls verklemmt knurrt, aber nicht beißt. Zum Beispiel beim stetig verfestigten Kündigungsschutz, der auch in besten Zeiten für Unterbeschäftigung sorgt, weil Entlassungen in schlechten Zeiten so schwierig wie teuer sind. Hier greift Hartz zum Hattrick: Die Arbeitsämter mögen sich zu staatlichen Leiharbeitsfirmen mausern, die Arbeitskräfte kostenlos auf Probe oder zu einem noch auszuhandelnden (niedrigen) Leihtarif andienen. Wunderbar! So sinken die Löhne, so fällt der Kündigungsschutz, weil die neuen Tagelöhner jederzeit ins Arbeitsamt (mittlerweile zur "Personal-Service-Agentur" geadelt) zurückspediert werden können. Eine Milchmädchenrechnung. Die Gewerkschaften, denen Schröder so viele Freundschaftsdienste erwiesen hat, werden einen Teufel tun und einen niedrigeren Leiharbeitstarif akzeptieren. Und wenn doch? Dann werden sich die Bosse an diesem subventionierten Trog hemmungslos laben und dabei "echte" Arbeitsplätze abbauen.
Außerdem: Vater Staat als Arbeitgeber der letzten Instanz? Wie prächtig er dieses Metier beherrscht, zeigte Schröder in der Affäre Ron Sommer. Die T-Aktie ist um 90 Prozent gefallen? Dann weg mit ihm! Und drei Millionen wütender Kleinaktionäre in die Arme der SPD! Hat Schröder aber vergessen, dass er selbst dem Geschassten den Verkauf des Kabelnetzes verboten hatte, mit dem dieser 67 Milliarden an Schulden wenigstens teilweise verringern wollte? War ein Staatssekretär der beste Headhunter für Ron II.? Wie den Richtigen für den Job keilen, wenn der Nächste nicht dem Kapitalmarkt, sondern dem Kanzleramt gefallen muss? Dass Schröder dabei in die Populismusfalle von Stoiber gelaufen ist, macht den Aktionismus nicht besser. Ein Kanzler eignet sich nicht zum Vorstandschef der Nation. Weder bei Holzmann noch bei der Telekom.
Kann's der Stoiber-Edi, wie sie ihn in Bayern nennen, besser? Für seinen Kompetenzler Späth, der in seinem Herzen so manche Idee zur Flexibilisierung der Arbeitsmärkte herumträgt, gilt das Karl-Valentin-Wort: "Wollen tät' er schon, nur dürfen traut er sich nicht." Denn Stoiber ist Schröders Bruder im Geiste: ein Etatist, der dem Markt misstraut, der wähnt, dass der Staat just die Jobs schaffen kann, die dieser schon in Kohls Zeiten durch ein immer dichteres Geflecht von Hemmnissen vernichtet hat. Gebt mir zehn Milliarden Euro, lautet des Kandidaten Verheißung in dem Anti-Hartz-Papier Offensive 2002, und ich werde euch 900 000 oder gar 1,7 Millionen Stellen schenken. Doch auch er will keine "amerikanischen Verhältnisse", wie das probate Knüppelargument lautet. Und wie er die steigenden Lohnnebenkosten (derzeit 41,3 Prozent) ebenso wie den Höchststeuersatz auf 40 Prozent drücken will, das verrät er nicht.
Verbannung in die "Stütze"
Dabei kennen wir die Rezepte. "Arbeit ist in Deutschland zu teuer", lautet das lapidare Fazit des SPD-Mitglieds Florian Gerster, des Chefs der Bundesanstalt für Arbeit. Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts, macht diese Rechnung auf: "Die realen Lohnkosten im verarbeitenden Gewerbe sind in den letzten 20 Jahren in Westdeutschland um 40 Prozent gestiegen." In Holland um rund 20, in Amerika um 8 Prozent. Dagegen stehe die Zahl der Beschäftigtenstunden: In Amerika ein Plus von 40 Prozent, in Holland von 20 Prozent. Und in Westdeutschland? Ein Minus von 5 Prozent. Die OECD rügt die hohen Lohnnebenkosten: Deutschland befindet sich mit Dänemark und Belgien unter den Top drei. Die Folge? Dieses Trio zeigte 2001 die niedrigsten Wachstumsraten: 0,6, 0,9, 1,0 Prozent.
Die EU-Kommission drückt es so aus: Es sind "Lohnstrukturen zu schaffen, die Produktivitätsunterschiede getreulich abbilden". Auf Deutsch: Am Standort D ist der Preis der Arbeit just dort zu hoch, wo Niedrigqualifizierte zuhauf in die "Stütze" und Sozialhilfe verbannt werden. Aus dieser Falle kann sie auch Hartz mit seiner "Personal-Service-Agentur" nicht befreien. Ist das wirklich "soziale Gerechtigkeit"?
Freilich wird weder Schröder noch Stoiber dem Wahlvolk die bittere Wahrheit sagen. So wie Deutschland sich unter Schwarz-Gelb und Rot-Grün verfasst hat -, und in einfacheren Zeiten auch sehr gut gefahren ist - gibt es nur zwei Hoffnungen. Die eine setzt auf das Ende einer mörderischen Rezession, die zum ersten Mal seit 1974 alle drei großen Wirtschaften, USA, EU, Japan, in den Klauen hält - nach der deutschen Faustregel: Erst bei zwei Prozent Wachstum schmilzt auch die Arbeitslosigkeit. Die zweite Hoffnung wäre die Ironie aller Ironien. Schröder oder Stoiber - um des Wahlsieges willen lügen sie beide. Ist aber der eine oder der andere erst Kanzler, folgen auf Hartz und Hattricks echte, schmerzhafte Reformen, weil es anders nicht mehr geht. Das wäre freilich mehr als die Wahrheit. Es wäre ein Wunder.
http://www.zeit.de/2002/30/Politik/200230_01__leit_1.html
Investigativer Journalismus ist also das Aufarbeiten von Artikeln anderer Zeitungen der letzten drei Jahre? Respeckt ... mit Speck.
Nach über 10 Jahren J.J.-Artikeln kann ich nur sagen: wenn der Mann was schreibt, analysiert oder denkt: es kommt das Gegenteil.
Die Hartz-Kommission gerät knapp einen Monat vor der Vorlage ihres Reformkonzeptes für den Arbeitsmarkt immer mehr unter Beschuss. Vor allem die Wirtschaft meldete am Wochenende Kritik an und warnte vor einer Verwässerung der Reformvorschläge. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wies dies zurück. "Jetzt über Einzelheiten zu reden, auf der Grundlage von Gerüchten und von lancierten Informationen, das ist doch unseriös", sagte er im ZDF. Zugleich drangen neue angebliche Pläne nach außen.
http://t-news.t-online.de/zone/news/inla/inne/ar/...n-diskussion.html
--------------------------------------------------
Hartz-Kommission ringt um Ergebnisse
hih BERLIN, 23. Juli. Auch drei Wochen vor der geplanten Präsentation ihres Abschlussberichtes ist die Regierungskommission zur Reform des Arbeitsmarktes noch nicht in der Lage, greifbare Ergebnisse ihrer Arbeit zu präsentieren. In zentralen Punkten wie etwa der Anhebung der Grenze für Billigjobs von 325 auf 500 Euro und bei angedachten Leistungskürzungen gab es bei einem Treffen am Dienstag in Berlin nach den Worten von Verdi-Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber "noch einigen Gesprächsbedarf". Aus diesem Grund sei für den 31. Juli eine Sondersitzung des Gremiums, das unter dem Vorsitz von VW-Manager Peter Hartz tagt, eingesetzt worden. Auch die für den 8. August geplante Abschlusssitzung wurde um einen Tag verlängert.
Trotz bestehender Meinungsverschiedenheiten meinte Kunkel-Weber, es sei zu früh, um Details wie etwa die Anhebung der Grenze für gering entlohnte Beschäftigte zu bewerten. Insgesamt nannte sie die Gesprächsatmosphäre "konstruktiv". Der Kommissionsvorsitzende Hartz sagte im Anschluss an die Sitzung, es gebe "Punkte, von denen wir eingesehen haben, dass sie nichts bringen". Insbesondere die geplante Neuregelung für gering entlohnte Jobs war in der Kommission und im Regierungslager kritisiert worden.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der an dem Treffen am Dienstag teilgenommen hatte, erwartet von dem Gremium am 16. August die Vorlage eines im Konsens erarbeiteten Abschlussberichtes. Damit, so Schröder, könne die Regierung eine "neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt schaffen". Vor Journalisten in Berlin sagte er, "die Richtung stimmt wirklich". Auf Details der Reformpläne wolle er nicht eingehen; er sei "sicher, dass wir die Zustimmung der Gremien von Partei und Fraktion erhalten werden". Die SPD will am 18. August über die Vorschläge diskutieren. Anschließend soll umgehend mit der Umsetzung begonnen werden.
Der Kanzlerkandidat der Union, Edmund Stoiber (CSU) nannte mit Blick auf die angedachte Förderung von Niedriglohnmodellen die bisher bekannt gewordenen Vorschläge von Hartz "eine radikale Absage an die Politik von vier Jahren Schröder". Weiterer Bericht Wirtschaft
[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
Dokument erstellt am 24.07.2002 um 09:10:42 Uhr
Erscheinungsdatum 24.07.2002