die Menschheit zerstört sich gerade selbst...
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Eröffnet am: | 09.12.05 09:01 | von: börsenfüxlein | Anzahl Beiträge: | 210 |
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Der zunehmende Raubbau an der Natur macht nach Warnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) immer mehr Menschen krank.
Eine weitere Schädigung des globalen Ökosystems könnte bereits innerhalb der nächsten 50 Jahre dramatische Konsequenzen für die menschliche Gesundheit haben, heißt es nun in einer Studie, die am Donnerstag in Bangkok präsentiert wurde. Sie trägt den Titel "Ökosysteme und menschliches Wohlbefinden" (Ecosystems and Human Wellbeing).
Immer weniger sauberes Wasser
Bereits heute, so die Bilanz der WHO-Experten, seien bis zu 60 Prozent der natürlichen Ressourcen an Trinkwasser und Luft nachhaltig verschmutzt.
Mehr als eine Milliarde Menschen hätten keinen Zugang zu sauberem Wasser mehr - damit zusammenhängende Krankheiten kosteten jährlich über drei Millionen Menschen das Leben.
Aktuelles Beispiel China
Wie ernst es um den Umgang mit Trinkwasser steht, führte erst kürzlich jene Chemiekatastrophe im Nordosten Chinas vor Augen, bei der rund 100 Tonnen hochgiftigen Benzols in den Fluss Songhua gelangten.
Erschreckende Bilanz
Die Millionenmetropole Harbin, die den Großteil ihres Trinkwasserbedarfs aus dem Songhua bezieht, war tagelang ohne Wasserversorgung. Anlässlich des Unglücks zogen Experten Bilanz: Nach ihren Schätzungen trinken heute 980.000 der insgesamt 1,3 Mrd. Chinesen zum Teil verseuchtes Wasser - mehr oder minder regelmäßig.
Rund 70 Prozent der Gewässer im wirtschaftlich enorm aufstrebenden Reich der Mitte gelten als hochgradig verschmutzt.
Abholzung und Schadstoffemissionen
Nicht minder akut sei der Handlungsbedarf gegen die zunehmende Luftverschmutzung: Nicht nur Schadstoffe aus Industrie und Verkehr schlagen sich hier negativ nieder, sondern auch die Nutzung fester Brennstoffe.
Diese trägt gleichzeitig zur weltweiten Abholzung der Wälder bei, die als natürlicher Filter gegen das Treibhausgas CO2 wirken - der Teufelskreis ist perfekt.
Wohlstand hinterlässt Spuren
"In den vergangenen 50 Jahren haben die Menschen das natürliche Ökosystem schneller und grundlegender verändert als in jeder anderen vergleichbaren Zeit in der Geschichte der Menschheit", betonte WHO-Generaldirektor Jong Wook Lee.
Das habe zwar auch zu gewissen Verbesserungen der Lebensumstände für manche Menschen geführt, etwa bei der Gesundheit und der Wirtschaft.
Ärmere Länder stärker gefährdet
"Aber nicht alle Regionen und Gruppierungen haben von diesem Prozess gleichermaßen profitiert." Im Gegenteil würden wiederum vor allem ärmere Länder unter den Negativfolgen leiden, heißt es in dem Bericht.
Die Länder Schwarzafrikas, Zentralasiens und Teile Lateinamerikas sowie Süd- und Südostasiens seien besonders von den Eingriffen in die Ökosysteme betroffen, heißt es in der Analyse.
Sie ist Teil einer umfassenden Gesundheitsstudie, an der mehr als 1.300 Wissenschaftler mitgearbeitet haben
Sie maßen die vom Wasser ausgehende Infrarotstrahlung. Experten des Meeresüberwachungsprogramms „Medspiration“ der europäischen Raumfahrtagentur ESA komponierten daraus Falschfarbenbilder, die den Temperaturanstieg sichtbar machen. Seine Ursache war die Hitzewelle, die im Juli Europa und Nordamerika überzog.
Die Folgen bekamen Touristen wie Einheimische unmittelbar zu spüren. Das nun um sechs Grad wärmere Wasser bot ideale Vermehrungsbedingungen für Quallen. Die Zahl der Nesseltiere nahm explosionsartig zu, bald waberten Heerscharen von ihnen vor den Küsten. Vor allem die Leuchtqualle Pelagia noctiluca tauchte in Massen auf, mancherorts zählte man bis zu 100 der Glibbertiere pro Quadratmeter Wasseroberfläche. In Spanien, Italien und Kroatien mussten zahlreiche Strände gesperrt werden.
Quallen- und Algenpest
Begünstigt wird die Massenvermehrung durch das Fehlen von Fressfeinden der Quallen, wie Schildkröten, Meeresschnecken und größeren Fischen, die in den geplünderten Ozeanen immer seltener werden. Im Nordatlantik vor Großbritanniens Küsten entwickelte sich ebenfalls eine Quallenpest. Ebenso in Gewässern vor Japan, wo sie das Kühlsystem eines Kernkraftwerks blockierten. Auch in der Ostsee mussten Urlauber vielerorts auf Badefreuden verzichten. Dort führten wuchernde Bestände von Blau- und Fadenalgen zu Badeverboten. Wiederum löste die sommerliche Tropenhitze die Massenvermehrung aus.
Schweinedrückerfisch und Barracuda vor Italien
Quallen- und Algenpest sind indes nur sichtbare Zeichen der Veränderung. Eher dramatischer noch ist der Wandel, der sich – angetrieben von der globalen Erwärmung — unter Wasser vollzieht. So staunen Taucher vor Sizilien oder im Golf von Ligurien immer wieder: In diesen Gewässern tummeln sich Arten wie Hammer- und Tigerhaie, schwarze Marline und Kugelfische, die vielfach aus tropischen Meeresgebieten stammen.
„Wir kennen das Phänomen schon seit rund zehn Jahren“, sagt Franco Andaloro vom italienischen Meeresforschungsinstitut ICRAM. „Grund für die Ausbreitung der Exoten in den heimischen Gewässern sind die steigenden Wassertemperaturen des Mittelmeeres.“ Die meisten der neuen Arten wurden vermutlich im Ballastwasser von Schiffen aus dem Pazifik und der Karibik eingeschleppt. Aufgrund der höheren Wassertemperatur konnten sie sich in der neuen Umgebung aber halten.
Weitere eingewanderte Exoten sind Schweinedrückerfische aus der Karibik, Riffbarsche aus dem Indopazifik, Große Barracudas aus dem Roten Meer, tropische Riesenkrebse oder Zackenbarsche aus der Andamanensee. Leidtragende der Invasion sind einheimische Fische wie Doraden, Sardinen und Tunfische: Die neuen Arten machen ihnen die Ressourcen streitig. „Hier fanden sie einen perfekten Lebensraum vor“, erklärt der ICRAM-Geologe Sergio Silenzi. „Außerdem überfischen wir unsere Meere und schwächen damit die heimischen Arten. Dies begünstigt die Verbreitung eingewanderter Spezies zusätzlich.“
Der weiße Hai erobert neue Jagdgründe
Seit kurzem verursacht ein spezieller Zuwanderer an Mittelmeer-Gestaden besonderes Aufsehen: der Weiße Hai. Zwar tauchten der Meeresräuber schon früher hin und wieder im Mittelmeer auf. In dem nun wärmeren Gewässer findet er jetzt offenbar die zur Fortpflanzung geeigneten Bedingungen. Nach Erkenntnissen von Meeresbiologen entsteht um die zwischen Italien und Nordafrika gelegenen Pelagischen Inseln eine Brutpopulation Weißer Haie. Erst vor wenigen Wochen haben Biologen bei einer Kontrollfahrt vor Lampedusa ein 1,50 Meter langes Jungtier gesichtet.
Ähnliches ereignet sich nach Beobachtungen von Fischern auch vor Großbritanniens Küsten. Zwar glauben nicht alle Meeresbiologen, dass Carcharodon carcharias so weit nördlich überleben kann. Doch Funde verstümmelter Seehund-Kadaver – der hauptsächlichen Beute der Weißen Haie – an walisischen Stränden nähren den Verdacht, dass der gefürchtete Räuber nun auch im Nordatlantik heimisch wird. Ende Juli sichteten britische Meeresforscher überdies vor der Küste Cornwalls einen Schwarm tropischer Mondfische. Sie waren durch das außergewöhnlich warme Wasser in den nördlichen Atlantik gelockt worden – und von den Heeren von Quallen, durch die sie sich dort fraßen.
Ein immergrüner Regenwald, gern apostrophiert als die „grüne Lunge der Welt“ – so kennen wir die Amazonas-Region in Südamerika. Von diesem Bild müssen wir uns wohl verabschieden. Erst im vergangenen Herbst fiel der wasserreichste Strom der Welt streckenweise trocken, die Bäume verdorrten großflächig. Jetzt zeichnet sich im größten Regenwald unseres Planeten erneut eine Dürre ab. Wiederholt sich die Trockenheit in drei oder vier Jahren nacheinander, wird der Wald irreparabel geschädigt – Amazonien droht zu versteppen.
Trockenheit bedroht Mensch und Tier
Im Normalfall fällt der Pegel des Amazonas und seiner größeren Nebenflüsse während der Trockenzeit um neun bis zwölf Meter, doch 2005 waren es vielerorts vier oder fünf Meter mehr. Millionen Fische starben in den zu Rinnsalen verkümmerten Gewässern. Betroffen waren auch im Wasser lebende große Säuger wie Flussdelfine, Seekühe und Wasserschweine. Von den ohnehin schon bedrohten Seekühen starben 120, wie lokale Umweltverbände berichteten.
Dem Wald setzten die zahlreichen Brände zu, die zugleich aufflammten; Satelliten registrierten 73 000 Brandstellen. Viele nur mit Booten erreichbare Dörfer waren von der Außenwelt abgeschnitten, was die Versorgung der dort lebenden Menschen erschwerte. Die rund 20 Millionen Ureinwohner, die vom Wald, vom Fluss und von seinen Fischen leben, waren existenziell bedroht.
Ökologen schlagen Alarm
Vor wenigen Wochen begann die Trockenzeit, die bis Dezember anhält, erneut. Doch schon jetzt kündigt sich eine Wiederholung des Desasters an. Einem Bericht der britischen Zeitung „Independent“ zufolge, die sich auf brasilianische Ökologen beruft, sinkt der Wasserspiegel der Amazonas-Ströme viel schneller als üblich. In Brasiliens Bundesstaat Acre, der im Westen des Riesenlandes an der Grenze zu Peru und Bolivien liegt, habe es schon seit Mitte Juni nicht mehr geregnet.
Während des Winters und Frühlings auf der Nordhalbkugel steigt warme Luft über dem Amazonasbecken auf und zieht feuchte Luftmassen aus dem tropischen Nordatlantik an – die Passatwinde entstehen. Beim Aufsteigen kühlt sich die feuchte Luft ab. Mächtige Wolken bilden sich, die ihre Regenfracht
über den Wäldern abladen. Weiter nördlich über dem Atlantik, sinkt die Luft hingegen ab. Erwärmt sich die Meeresoberfläche zum Sommer hin, kehrt sich der Prozess um: Die Luft steigt nun über dem warmen Meer auf, dafür sinken trockene Luftmassen über dem Amazonasbecken ab. Von Juni bis November herrschen dort überwiegend Hochdruckgebiete, in denen keine Wolken entstehen können.
Tropenmeere schon 0,5 Grad wärmer
Je mehr sich der tropische Nordatlantik erwärmt, desto stärker verläuft dieser Prozess. Die Trockenperiode beginnt früher und hält länger an. Genau dies beobachten die Meteorologen schon seit längerem. Seit 1970 hat sich die Oberflächentemperatur der Tropenmeere um durchschnittlich 0,5 Grad erhöht. Im tropischen Atlantik stiegen die Sommertemperaturen
seit 2004 sogar auf 28 bis 30 Grad. Damit ist klar: Der letztendliche Auslöser der Dürre am Amazonas ist die globale Erwärmung, die der Mensch durch den Ausstoß riesiger Mengen an Treibhausgasen verursacht.
Urwald fällt Schweinefutter zum Opfer
Meist fehlen große, alte Bäume, die den Boden vor dem Austrocknen schützen. Der Urwald fällt, um Platz für den Anbau von Soja für Europas Hühner und Schweine zu schaffen. Künftig dürften in gleichem Maß noch Plantagen für Energiepflanzen angelegt werden, aus deren Biomasse Sprit für unsere Autos erzeugt wird.
Insgesamt verloren so fast 50 Prozent der Wälder ihre Funktion. Viele Forscher halten dies für einen Schwellenwert. Schrumpft der Wald weiter, beginnt ein Teufelskreis: Die atlantische Zirkulation wird schwächer, weniger Regen fällt. Dadurch verdorrt der Wald, was die Zirkulation weiter abschwächt. Am Ende wird Amazonien zur Steppe oder Wüste.
Dies zeigte eine neue Studie des Geografie-Professors James Elsner von der Florida State University in Tallahassee. Damit beendet er einen alten Streit unter den Klimatologen. Manche glaubten, die Badewannen-Temperaturen in diesem Meeresgebiet entstünden durch einen natürlichen Klimazyklus, nämlich die „Nordatlantische Multidekadische Oszillation“ (NMO). Sie beruht auf Veränderungen tiefer Meeresströmungen und führt dazu, dass sich der Ozean innerhalb einiger Jahrzehnte periodisch erwärmt und wieder abkühlt. Ein Maximum der NMO sei für die derzeitige Warmphase verantwortlich, die in der Karibik Monsterstürme wie „Rita“ und „Katrina“ hervorbrachte.
Erwärmung mit fatalen Folgen
Diese Theorie konnte Elsner nun eindrucksvoll widerlegen. Wäre die NMO Ursache der Erwärmung, müsste zuerst die Temperatur des Oberflächenwassers steigen und dann die der darüber liegenden Luft. Anhand der Analyse von Klimadaten der vergangenen 135 Jahre konnte der US-Forscher nun zeigen, dass es sich genau umgekehrt verhält: Die Wassertemperatur folgt der Erwärmung der Atmosphäre. „Das ist der erste
direkte Beleg für den Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und der Hurrikan-Aktivität “, schreibt er in seinem in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters“ veröffentlichten Report. „Die globale Erwärmung kann die Zerstörungskraft der Stürme noch steigern.“
Neue Katastrophen vorprogrammiert
Entsprechend müssen sich die Menschen in der Karibik und an der US-Ostküste auf neue Katastrophen einstellen: Die Hurrikane könnten künftig noch häufiger und stärker werden, weil der wärmere Ozean und höhere Verdunstungsraten mehr Energie in die Sturmsysteme pumpen. Eine weitere Studie des National Center for Atmospheric Research (NCAR) in
Boulder kommt zu ähnlichen Ergebnissen.
Klimaflüchtlinge kehren nicht zurück
Eine der Folgen der mörderischen Stürme erscheint wie eine Ironie des Schicksals. Ausgerechnet in den USA, die ein Viertel der weltweit erzeugten Treibhausgase emittieren und damit als die ärgsten Klimasünder gelten, kam es zum ersten massenhaften Exodus von
Klimaflüchtlingen. Laut einem Bericht des in Washington ansässigen „Earth Policy Institute“ (EPI) kehrten mindestens 250 000 Menschen, die 2005 vor dem Hurrikan „Katrina“ geflohen waren, nicht in ihre Heimat zurück.
Klimaforscher prophezeien solche Flüchtlingsströme schon lange, erwarteten sie aber eher in Tropenländern oder als Auswanderungswelle von überfluteten Südseeinseln. „Es ist interessant“, kommentiert EPI-Direktor Lester Brown, „dass nun dasjenige Land die größte Hurrikan-Zerstörung erlitten hat, das in erster Linie für die Erderwärmung verantwortlich ist.“
Auch die Titelgeschichte der aktuellen FOCUS-Ausgabe rief einige Skeptiker auf den Plan. Darin wurden die neusten Erkenntnisse der Klimaforscher vorgestellt, die unter anderem noch heißere Sommer prognostizieren. Dies aber, argumentierten manche der Zweifler, liege angesichts des kühlen Augusts doch völlig daneben. „Wahrscheinlich hat sich FOCUS auf die Vorhersagen des japanischen ,Earth Simulators´ verlassen. Dessen Betreiber verkündete Anfang August (es wurde gerade kälter) noch: ´Die Hitzewelle in Europa wird bis weit in den August hinein andauern´, schrieb etwa der Journalist Dirk Maxeiner im Internetportal „Die Achse des Guten“ (http://www.achgut.de).
Zwischen Wetter und Klima unterscheiden
Nein, liebe Öko-Optimisten, das haben wir nicht. Wir können nämlich zwischen Wetter und Klima unterscheiden und wissen, dass es auch in einer Treibhauswelt noch Kälteperioden geben wird, und kühle, regnerische Sommer. So erklärt es auch unser FOCUS-Beitrag. Maxeiner (früher war er einmal Chefredakteur der Umweltzeitschrift „natur“) vergleicht also, indem er ein vorübergehendes Wetterereignis gegen die langfristige Klimaentwicklung ins Feld führte, Äpfel mit Birnen. Unter Klimaskeptikern hat das Methode: Weil es an wissenschaftlich fundierten Einwänden gegen den anthropogenen Treibhauseffekt fehlt, konstruieren sie sich eben welche.
Fieberkurve der Erde steigt
So jubelten sie auch, als im Frühjahr der australische Forscher Bob Carter in einem Zeitungsartikel (nicht etwa in einer begutachteten Studie) feststellte, die Welt sei nach dem Hitze-Rekordjahr 1998 wieder kühler geworden. Carter ist Geologe. Als Klimatologe hätte er vielleicht nicht zur Feder gegriffen. 1998 wurde so heiß, weil im Pazifik zusätzlich zur fortschreitenden globalen Erwärmung ein „El Nino“ herrschte. Das Wetterphänomen führt zu einer Erwärmung der oberflächennahen Wasserschichten im äquatorialen Pazifik. Als es endete, kühlte sich die Erde zunächst wieder ab. Der allein durch den Treibhauseffekt bedingte Temperaturanstieg setzte sich jedoch fort, bis 2005. Dieses Jahr wurde noch wärmer als 1998, und zwar ohne El Nino. Ohne den Ausreißer von 1998 wäre die Fieberkurve der Erde bis heute glatt nach oben verlaufen.
Im Juni schließlich fiel eine weitere Bastion der Skeptiker. Sie hatten sich auf die wegen ihrer Form so genannte Hockeyschläger-Kurve eingeschossen. Erstellt hat sie der US-Klimaforscher Michael Mann, sie zeigt den Temperaturverlauf der vergangenen 1000 Jahre. Zunächst verläuft sie relativ gleichmäßig waagerecht (der Stock des Schlägers), in den letzten Jahrzehnten jedoch steigt sie steil an (das Blatt). Vor einiger Zeit forderten kanadische Forscher, die Kurve zu korrigieren, denn sie beruhe auf unzulänglichen Daten und sei statistisch fehlerhaft. Deshalb gebe sie den Temperaturverlauf nicht korrekt wieder, in Wahrheit habe es größere natürliche Schwankungen gegeben, welche Manns Diagramm nicht wiedergebe. Dann aber rehabilitierte ein Gremium des nationalen Forschungsrats der USA den Angegriffenen und seine Kurve. „Seine Analysen sowie neuere Erkenntnisse machen es plausibel, dass die Nordhalbkugel während der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts wärmer war als während jeder vergleichbaren Periode in den letzten 1000 Jahren“, bescheinigte ihm das Komitee.
Globale Erwärmung ein ernstes Problem
Kurz danach verloren die Zweifler noch ihren mächtigsten Verbündeten: den US-Präsidenten George W. Bush. Eine Ende Juni veröffentlichter Bericht der National Academy of Sciences an den US-Kongreß kam zu dem Schluss, die jüngste Erwärmung sei beispiellos für die letzten 400 Jahre und womöglich gar für die letzten Jahrtausende. Entscheidend dafür seien die Eingriffe des Menschen in die Natur. Das brachte Bush in Zugzwang: Er habe „immer wieder gesagt, dass die globale Erwärmung ein ernstes Problem ist“, erklärte er vor Journalisten. Diese Aussagen muss er aber zuverlässig geheim gehalten haben, denn zuvor tat er sich als hartnäckiger Leugner des Treibhauseffekts hervor. Allerdings ließ Bush weiterhin offen, ob es sich um ein vom Menschen verursachtes oder natürliches Phänomen handle.
Darauf könnte ihm das Internationale Gremium für Klimawandel (IPCC) antworten. In seinem neuesten Bericht, der im Februar 2007 veröffentlicht werden soll, heißt es, es könne keinen begründeten Zweifel mehr daran geben, dass der Mensch den Klimawandel verursache. Vor allem den beliebten Einwand, nur eine erhöhte Sonnenaktivität treibe die Fieberkurve in die Höhe, zerpflückt es: Die vom Menschen in die Atmosphäre geblasenen Treibhausgase, so der Report, beeinflussen das Klima 13-mal bis 16-mal stärker als die Sonne.
Zweifler wechseln das Lager
Für viele Klimazweifler sind solche Forschungsergebnisse lächerlich. Ihnen gilt das IPCC als interessengeleitete Kungelrunde, der es nur um Forschungsgelder geht. Sie übersehen, dass sich Tausende unabhängiger Wissenschaftler der Verschwörung anschließen müssten – ein Ding der Unmöglichkeit. Dabei manövrieren sie sich zunehmend selbst ins Abseits. Hinzu kommt, dass in jüngerer Zeit einige der letzten in ihren Reihen verbliebenen Experten das Lager wechselten. So sagte sich jüngst der Physiker Armin Bunde von der Universität Gießen von den Zweiflern los – ausgerechnet mit einer Studie, die seine zuvor gepflegte Meinung widerlegte. Zuvor hatte er geglaubt, die Welt erwärme sich im Rahmen eines Klimazyklus, den die in den Ozeanen gespeicherte Wärme steuere. Demnach sollte sich unser Planet nach der gegenwärtigen Phase zügiger Erwärmung von selbst wieder abkühlen. Seine neue Analyse historischer Klimadaten brachte ihn aber zu der Überzeugung, dass nur die vom Menschen in die Luft geblasenen Treibhausgase den Temperaturverlauf erklären können. „Mitte der 80er-Jahre erreichten die Temperaturen ein Niveau, das sich kaum mit einer natürlichen Schwankung erklären lässt“, erklärte Bunde gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“.
Verschmutzung oder Leben?
Hartgesottene Skeptiker ficht dies alles nicht an. Sie sind insbesondere in den USA zu Hause und vielfach angehörige der Energielobby. Diese versuchte kürzlich in einer Werbekampagne im Fernsehen, die Treibhausgas-Emissionen zu bagatellisieren. Die Streifen, die das Hohelied des CO2 singen, richten sich gegen den neuen Film „Eine unbequeme Wahrheit“ des Ex-Vizepräsidenten der USA, Al Gore. „Die nennen es Verschmutzung, wir nennen es Leben“, heißt es darin. Dies grenzt an Volksverdummung. Offenbar bedarf es noch einiger heißer Sommer, die sich ganz ohne Supercomputer einstellen, heftiger Hurrikane und weiterer Extremereignisse, wie sie sich schon seit Jahren häufen, um auch noch den letzten Skeptiker von der Realität des Klimawandels zu überzeugen.
Die USA entdecken ihr grünes Gewissen
Von Markus Becker
Der Wirbelsturm "Katrina" hat New Orleans versinken lassen, Hunderte von Menschen getötet - und tiefe Spuren im Umweltbewusstsein der US-Bürger hinterlassen. Grün ist plötzlich in - sogar bei konservativen Politikern und der religiösen Rechten.
Vier Worte sind nicht viel in der Klimadebatte in den USA, aber sie illustrieren den aktuellen Wandel wie kaum ein anderer Satz. "What would Jesus drive?" - was würde der Heiland fahren, wollte er heute auf Erden fahren statt wandeln? Die Kampagne ist eine Idee des Evangelical Environmental Network, das sich selbst als "Umweltorganisation biblisch-orthodoxer Christen" bezeichnet. Das Ziel: "Neue Wege finden, seinen Nachbarn zu lieben, während wir gemeinsam danach streben, den Spritverbrauch und die Umweltverschmutzung durch unsere Autos, Lkw und Geländewagen zu reduzieren".
Das mag putzig klingen, doch die US-Regierung dürfte solche Kampagnen mit wachsender Sorge registrieren. Denn der plötzliche Öko-Eifer der christlichen Rechten, der im Februar in der öffentlichen Forderung nach schärferen Umweltgesetzen gipfelte, ist nur eine der vielen Anzeichen für das erwachende grüne Bewusstsein der USA.
Beobachter machen in erster Line die katastrophale Hurrikan-Saison des vergangenen Jahres verantwortlich, die in Gestalt der Wirbelstürme "Katrina" und "Rita" Tod und Zerstörung über New Orleans und die US-Ostküste brachte. Der Westen der USA hatte derweil mit Dürren und einem dramatischen Anstieg der Waldbrände zu kämpfen.
Medien suchen Schuld beim Klimawandel
Die diversen Naturkatastrophen wurden, anders als früher, von den großen US-Medien schnell mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Nach anfänglicher Skepsis sind inzwischen auch immer mehr Wissenschaftler davon überzeugt, dass es den Zusammenhang tatsächlich gibt.
In den USA hat offenbar ein Bewusstseinswandel eingesetzt, was die lange geleugnete Verantwortung des Menschen für die globale Erwärmung betrifft. "Die Art, wie man inzwischen über Wetterereignisse redet, ist von einer grundsätzlichen Akzeptanz des Klimawandels gefärbt", sagt Deborah Blum, Professorin für Journalismus und Massenkommunikation an der University of Wisconsin-Madison.
Der bemerkenswerteste Wandel habe sich in den Medien vollzogen, meint die Journalistin, die 1992 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde. Noch vor kurzem hätten Zeitungen und TV-Sender im Bemühen um Objektivität auch Klimaskeptiker ausführlich zu Wort kommen lassen - obwohl sie inzwischen eine kleine Minderheit unter den Wissenschaftlern stellten. Jetzt nicht mehr: "Die Medien haben in der Berichterstattung über Katrina bewusst die globale Erwärmung als Faktor genannt, ohne sich lange mit der Suche nach Gegenstimmen aufzuhalten", sagt Blum im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.
Ähnlich äußert sich der selbsternannte Profi-Skeptiker Michael Shermer, Herausgeber der Zeitschrift "Skeptic" und Gründer der "Skeptic Society". "Artikel, Essays, Kommentare, Bücher, TV-Sendungen und Dokumentationen haben die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Klimaproblem gelenkt", sagte Shermer zu SPIEGEL ONLINE. Dazu habe nicht zuletzt "Katrina" beigetragen: "Der Sturm hat nicht nur die Welt auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam gemacht, sondern auch den Ort, der das am meisten gebraucht hat: Amerika."
"Dramatischer Wandel"
Shermer spricht inzwischen von einem "dramatischen Wandel", der kurioserweise vor allem die politische Rechte erfasst habe: Konservative und Religiöse überträfen sich gegenseitig in ihren Beteuerungen, sie hätten die Bedrohung durch den Klimawandel erkannt. Insbesondere die Christen argumentierten plötzlich, "dass Gottes Schöpfung angebetet und gepflegt werden sollte". Und das beinhalte nun einmal die Umwelt.
Shermer, der den Warnungen vor der Klimakatastrophe zunächst skeptisch gegenüberstand, hat jüngst öffentlich seinen Zweifeln abgeschworen. "Wegen der Komplexität des Problems war der Umwelt-Skeptizismus einst haltbar", schrieb der Wissenschaftshistoriker im US-Magazin "Scientific American". Das aber sei nicht länger möglich. "Es ist Zeit, vom Skeptizismus zum Aktivismus überzugehen."
Umfragen scheinen zu belegen, dass die Mehrheit der Amerikaner ähnlich denkt. Bei einer Erhebung des Gallup-Instituts im Frühjahr antworteten 77 Prozent der Befragten, sich machten sich "große" oder "ziemlich große" Sorgen um den Zustand der Umwelt - ein Anstieg von 15 Prozentpunkten innerhalb von zwei Jahren.
Al Gores fulminantes Comeback
Neue Katastrophen könnten den Trend weiter verstärken. Das nicht eben für Klima-Alarmismus bekannte Wirtschaftsblatt "The Economist" barmt bereits den Hurrikans der kommenden Wochen entgegen. US-Politiker redeten bisher zwar vor allem aus Gründen der Wirtschaftsförderung über die Gefahren der Umweltverschmutzung, schrieb das Blatt jüngst. "Doch einige schwere Hurrikane könnten diese Gleichgültigkeit verändern. Eine weitere 'Katrina' könnte den Leuten den Rest geben."
Der Klimawandel dürfte so zu einem der Top-Themen des kommenden Präsidentschaftswahlkampfs 2008 werden. Die aussichtsreichen Kandidaten Senator John McCain von den Republikanern und die Demokratin Hillary Clinton haben sich bereits mit eindeutigen Aussagen in der Riege der Klimaschützer positioniert. Mehrere Republikaner haben sich in Sachen Umweltschutz von ihrem Parteifreund George W. Bush abgesetzt - darunter Bürgermeister und Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger, der mit immer schärferen Öko-Gesetzen auf sich aufmerksam macht.
Al Gore, Ex-Vizepräsident und gescheiterter Präsidentschaftskandidat der Demokraten, feierte mit seinem Film "An Inconvenient Truth" ("Eine unbequeme Wahrheit") ein fulminantes Comeback auf die politische Bühne. Der 95-Minuten-Streifen schaffte es zur völligen Überraschung der Kritiker auf Anhieb in die Top Ten der amerikanischen Kinocharts.
Umdenken bei der Industrie
Zwar dementierte Gore vehement, sein Klimawandel-Film sei eine Bewerbung für eine erneute Präsidentschaftskandidatur. Dennoch wird er von Parteifreunden und liberalen Medien auf den Schild gehoben. "Der Film ist ein kraftvolles Argument dafür, dass Gore die Art von Person ist, die dieses Land führen sollte", schrieb etwa "New York Times"-Kommentator Paul Krugman.
Auch die Industrie scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben - und schwenkt vorsichtig auf die Linie der Naturfreunde um. Der Riesenkonzern General Electric (GE) etwa, der außer Haushaltsgeräten auch Atomkraftwerksteile und Kampfjets herstellt, stellt für Entwicklungen im Bereich der umweltfreundlichen Technologien inzwischen 1,5 Milliarden Dollar jährlich bereit - doppelt so viel wie zuvor.
Das Motto von GE-Geschäftsführer Jeffrey Immelt lautet: "Grün ist grün" - eine Anspielung auf die Farbe der Dollarscheine, denn mit Umweltschutz ist mittlerweile viel Geld zu verdienen. Risikokapitalgesellschaften investieren Milliarden in Öko-Technologien, und die Produkte finden besten Absatz. Mit allen möglichen PR-Tricks versuchen Unternehmen, sich einen umweltfreundlichen Anstrich zu geben - wohl mit dem Hintergedanken, dass ein schlechtes Öko-Image Umsatzeinbußen nach sich ziehen könnte.
"Bis New York, Boston und Florida unter Wasser stehen"
Die US-Ölindustrie macht zwar hin und wieder immer noch mit Desinformationskampagnen wie der des Lobbyverbands Competitive Enterprise Institute auf sich aufmerksam. Auf der anderen Seite aber führt sie zunehmend freiwillige Programme zur Senkung der CO2-Emissionen ein. Die "New York Times" sieht bereits einen "fundamentalen Wandel in der Ölindustrie", der ein "Hoffnungsschimmer für die Zukunft" sei. "Die Debatte über Kohlendioxid verändert sich", sagte Shell-Geschäftsführer Jeroen van der Veer der Zeitung. "Man kann das entweder bekämpfen - was sinnlos ist - oder es als geschäftliche Chance begreifen."
Auch Profi-Skeptiker Shermer glaubt, dass der Markt die Klimakatastrophe am ehesten verhindern könnte. Denn der sei bei weitem wendiger als die Politik. "Beim Gesetzgeber geht der Wandel fast immer sehr langsam voran", meint Shermer. Die Politik werde sich nicht rühren, "bis New York, Boston und Florida unter Wasser stehen".
Der Markt dagegen löse die Probleme "fast immer besser, schneller und effizienter". "Wenn man den Leuten zeigt, wie sie mit der Reinigung der Umwelt Geld verdienen können, verändern sich die Dinge viel schneller, als wenn man mit gesetzlichen Strafen droht." Zuckerbrot statt Peitsche laute die Devise.
"Zum Glück haben wir noch genug Zeit, um dem Markt zu erlauben, zu funktionieren", sagt der Wissenschaftshistoriker. Dem allerdings dürften manche Klimaexperten widersprechen.
Ein Drittel des Landes von saurem Regen betroffen
Ein Drittel der Fläche Chinas ist nach einem offiziellen Bericht von saurem Regen betroffen. Die Fabriken des Landes stießen im vergangenen Jahr 25,5 Millionen Tonnen Schwefeldioxid aus, erklärte Sheng Huaren, der stellvertretende Vorsitzende eines Parlamentsausschusses, nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Das sei ein Anstieg von 27Prozent gegenüber dem Jahr 2000 und stelle eine ernste Bedrohung für die Böden und die Lebensmittelsicherheit dar, hieß es. Nicht nur der Schwefeldioxid-Ausstoß der Fabriken ist ein Problem, in China gelangen auch immer wieder Chemikalien in Flüsse, Kanäle und Seen. Im vergangenen November war nach einem Chemieunfall am Fluss Songhua die Wasserversorgung von mehreren Millionen Menschen in China und Russland gefährdet.
1000 Eiszeiten für die Präzision
Von Franziska Badenschier
Ein Grad, neun Grad? Wie stark wird sich die Atmosphäre wirklich erwärmen, wenn der Kohlendioxidgehalt verdoppelt wird? Für eine Antwort haben deutsche Forscher tausend Varianten der letzten Eiszeiten simuliert. Das Ergebnis: Auf bis zu vier Grad plus muss die Menschheit sich einstellen.
Kohlendioxid gilt als der Übeltäter schlechthin, wenn über die Klimaerwärmung diskutiert wird - denn je mehr von dem Treibhausgas CO2 sich in der Atmosphäre ansammelt, desto höher steigt die globale Durchschnittstemperatur. Uneinig sind sich Klimaforscher jedoch darüber, in welchem Maß das geschieht. Setzt man eine Verdopplung des Kohlendioxid-Gehalts voraus, so reichen die Prognosen von 1,2 bis neun Grad.
Eisschmelze in Grönland: Uneinheitliche Prognosen präzisiert, erwartetes Mittel bestätigt
Das war Thomas Schneider von Deimling und seinen Kollegen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zu ungenau. "Wir wollten Unsicherheiten einschränken und so präzisere Prognosen möglich machen", sagt Schneider. Also haben er und sein Team einen neuen Ansatz entwickelt - mit dem Ergebnis, dass die Verdoppelung des CO2-Gehalts einen globalen Temperaturanstieg um 1,2 bis 4,3 Grad bewirkt, wie die Forscher in der Fachzeitschrift "Climate Dynamics" berichten.
Möglich machte das ein einzigartiger Eiszeit-Test, bei dem die Forscher zwei Herangehensweisen kombinierten. In einem ersten Schritt errechneten sie auf Basis eines PIK-Klimamodells den Verlauf des Eiszeit-Klimas in 1000 verschiedenen Variationen. Dazu veränderten sie jeweils Parameter wie Wolken- und Eisbildung sowie Ozeanströmungen leicht.
Für jede Version sei dann durchgespielt worden, wie sich bei Verdoppelung des Kohlendioxidgehalts das Klima erwärme; Experten nennen diesen Wert die Klimasensitivität. Die Erwärmungsszenarien sind unterschiedlich ausgefallen - das war zu erwarten, denn verschiedene Klimamodelle anderer Forschergruppen kommen ebenfalls auf uneinheitliche Ergebnisse.
"Realistische Szenarien von unrealistischen trennen"
"Deswegen haben wir in einem zweiten Schritt den Satz mit den realistischen Daten herausgefiltert", sagte Studienleiter Schneider zu SPIEGEL ONLINE. "Wenn eine Version zum Beispiel zu empfindlich auf die veränderte CO2-Konzentration reagierte, dann fiel das simulierte Eiszeit-Klima kälter aus als es nach bekannten Daten war", erläuterte der Klimaforscher.
Die Potsdamer Klimaexperten stellten bei ihrem Massentest fest: Bei weniger als 1,2 Grad und bei mehr als 4,3 Grad ließ sich die Klimasensitivität nicht mit den vorhandenen Daten der letzten großen Eiszeit vereinen. Eisbohrkerne verraten den Wissenschaftlern die Kohlendioxid-Konzentration, andere Logbücher der Natur die Temperaturen, die damals herrschten.
"Eine extrem hohe Klimasensitivität von sechs, sieben Grad oder sogar noch mehr können wir so gut wie ausschließen - Zahlenwerte, die andere Wissenschaftler als durchaus plausibel einstufen", sagte Schneider. Die Forscher geben somit eine kleinere Spannweite für die Klimasensitivität an (in der Abbildung: dunkel- und hellblau) als andere Studien.
Thomas Schneider von Deimling/PIK
Klimasensitivität: Verschiedene Studien prophezeien ein Plus zwischen 1,2 und rund neun Grad - am wahrscheinlichsten ist bei allen drei Grad (blau: die PIK-Studie)
Was die Abbildung aus ihrer Publikation indes nicht zeigt: Wie bisherige Studien ergibt auch der neue Massentest als wahrscheinlichsten Wert für eine Temperaturerhöhung etwa drei Grad Celsius. Damit konnten die Potsdamer Klimaexperten bisherige Schätzungen bestätigen und konkretisieren. Ihre Arbeit verringert indes die Bandbreite der Prophezeiungen.
Die Klimaforscher wollten zudem sichergehen, dass ihre Berechnungen nicht durch jüngste Ereignisse verfälscht werden. "Mit Beginn der Industrialisierung Ende des 18. Jahrhunderts hat der Mensch die Entwicklung des Kohlenstoff-Gehalts in der Luft beeinflusst", erklärt Schneider. Bisherige Studien, in denen die Klimasensitivität untersucht wurde, hätten sich nur auf die letzten 100 Jahre bezogen - weswegen in ihren Modellen viele Unsicherheiten und Unwägbarkeiten vorhanden seien. Beispielsweise wüssten Experten noch nicht genau, inwieweit die Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte den CO2-Abbau in der Atmosphäre behindere.
Die Potsdamer haben daher den geringsten Kohlendioxid-Gehalt während der letzten großen Eiszeit, also vor 21.000 Jahren, mit dem vorindustriellen Niveau an Kohlendioxid von der Mitte des vorletzten Jahrhunderts verglichen.
"Klimaerwärmung hängt nicht nur vom CO2 ab"
Wie sich das Klima in den nächsten Jahren entwickeln wird, können die PIK-Wissenschaftler aber auch nicht genau vorhersagen. "Die Klimasensitivität ist unabhängig von der Zeit und gibt die zu erwartende Klimaerwärmung ja nur für den Fall an, dass sich das CO2 in der Atmosphäre verdoppelt", warnt Schneider vor voreiligen Schlüssen. "Die globale Klimaerwärmung hängt aber noch von vielen anderen Faktoren ab, zum Beispiel davon, wie viel CO2 weiterhin ausgestoßen wird und wie sich der Emissionshandel entwickelt."
Vor der Industrialisierung waren in der Atmosphäre 280 von einer Million Teilchen (280 parts per million, kurz ppm) Kohlendioxid. Heute sind es 380 ppm. Die Frage ist also: Wann haben wir 560 ppm CO2 in der Atmosphäre? "Wenn es so weitergeht wie bisher: in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts. Bei drastischem Umweltschutz erst im nächsten Jahrhundert", schätzt der Klimaforscher.
Allerdings: Selbst dann wäre das prophezeite Temperatur-Plus von etwa drei Grad in der Luft nicht gänzlich messbar. "Ein Großteil der Wärme geht in die Ozeane", sagt Schneider.
Klimawandel erreicht Nordsee
Der Klimawandel hat die Nordsee erreicht: Mit 1,7Grad über den Durchschnittswerten sei die Nordsee rekordverdächtig aufgeheizt, erklärte Gerd Becker vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie nach Rückkehr von einer Forschungsfahrt in Hamburg. Der Beginn des Klimawandels sei nicht mehr von der Hand zu weisen, hieß es. Entlang der Küsten in der Deutschen Bucht lägen die Temperaturen derzeit sogar drei Grad über den für diese für Jahreszeit üblichen Durchschnittswerten von 17 Grad.
Historisches Abkommen"
Schwarzenegger begrenzt Ausstoß von Treibhausgasen.Kalifornien wird als erster US-Staat den Ausstoß schädlicher Treibhausgase begrenzen.
Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat sich am Mittwoch mit den Abgeordneten in der Landeshauptstadt Sacramento darauf geeinigt, eine Reduzierung der Treibhausemission gesetzlich festzulegen.
Minus 25 Prozent bis 2020
Demnach soll der Ausstoß der Schadstoffe bis 2020 um 25 Prozent gesenkt und damit auf das Niveau von 1990 zurückgefahren werden.
Um das zu erreichen, sollen in den kommenden Jahren konkrete Grenzwerte festgelegt und Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen eingeführt werden.
Weltweite Führungsrolle angestrebt
Kalifornien strebt laut Schwarzenegger beim Klimaschutz eine weltweite Führungsrolle an und will die strengsten Gesetze des Landes zur Reduzierung von Treibhausgasen auf den Weg bringen.
Die in der nächsten Woche anstehende Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes im Parlament gilt dabei bereits als sicher.
Bei Verstößen drohen Strafen
Bei Verstößen drohen betroffenen Firmen Strafen. Ab 2008 soll ein Gremium zudem über die größten Luftverschmutzer Bericht erstatten.
Um die Auswirkungen für die Wirtschaft gering zu halten, soll den Firmen unter anderem der Handel mit Emissionszertifikaten ermöglicht werden. In der EU wird ein solcher Emissionshandel bereits betrieben.
Wochenlange Verhandlungen
"Der Erfolg unseres Systems wird anderen Staaten und Nationen ein Beispiel zum Nachahmen sein und zeigen, dass der Kampf gegen den Klimawandel weitergeht", erklärte Schwarzenegger.
Der von Schwarzenegger als "historisches Abkommen" zwischen Republikanern und Demokraten bezeichneten Einigung vom Mittwoch gingen wochenlange Verhandlungen voraus.
Kritik von Republikanern
Von den Republikanern wurde vor allem kritisiert, dass derartige Fragen der Umweltpolitik auf nationaler Ebene und nicht in einem einzelnen Staat geregelt werden sollen. Zudem verabschiedet sich Kalifornien mit diesem Schritt nun auch von der Politik von US-Präsident George W. Bush, der gesetzliche Beschränkungen ablehnt.
Auch bei der Wirtschaft traf das Abkommen bereits auf heftigen Widerstand.
Umweltschützer hoffen dagegen, dass der kalifornische Vorstoß im ganzen Land Schule machen könnte. "Dadurch wird es wahrscheinlicher, dass Washington handelt", sagte Fred Krupp, Vorsitzender der Umweltschutzgruppe Environmental Defense.
USA weltgrößter Verursacher von Treibhausgasen
Kalifornien ist weltweit die achtgrößte Volkswirtschaft und der zwölftgrößte Produzent von Treibhausgasen. Diese sind Wissenschaftlern zufolge für die globale Erwärmung und extreme Wetterphänomene verantwortlich.
Der weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen sind die USA.
Trotzdem verweigert Bush - ein Parteifreund Schwarzeneggers - die Annahme des Kyoto-Protokolls, eines von 160 Ländern beschlossenen Abkommens zur Reduzierung von Treibhausgasen. Bush begründete das unter anderem mit negativen Folgen für die Wirtschaft.
zurückEin Leck in einem Abwasserbecken eines Chemiewerkes in Zentralchina hat das Trinkwasser für mindestens 80 000 Menschen mit Arsen vergiftet.
Die Bevölkerung von Yueyang in der Provinz Hunan wurde nachdrücklich davor gewarnt, Leitungswasser zu trinken, wie die staatliche Umweltbehörde EPA nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua heute berichtete. Feuerwehrwagen wurden entsandt, um die Menschen mit Wasser zu versorgen.
Notfallplan umgesetzt
Bei routinemäßigen Untersuchungen des Wassers im Xinqiang Fluss seien am Freitag Arsenwerte entdeckt worden, die um ein Zehnfaches über dem zulässigen Wert gelägen hätten.
Die Behörden hätten Alarm geschlagen und einen Notfallplan umgesetzt. Das Tieshan Reservoir weiter flussaufwärts lasse seit Samstag mehr Wasser ab, um das Gift zu verdünnen und die Fließgeschwindigkeit des Flusses zu erhöhen. Die Behörden hätten auch die zusätzliche Nutzung von Grundwasser erlaubt.
Serie von Chemieunfällen
Verursacher der schweren Wasserverschmutzung sei 50 Kilometer flussaufwärts ein Chemiewerk in Linxiang gewesen, das nach dem Leck geschlossen wurde. Die Staatsagentur warnte die Bevölkerung, Arsen sei hochgiftig, löse Umwohlsein, Erbrechen, Magenschmerzen sowie Muskelkrämpfe aus und könne bei schlimmen Vergiftungen zum Koma oder Tod führen.
Die langfristige Aufnahme von Arsen führe zu Leberschäden, Nieren-, Lungen- oder Hautkrebs.Das Chemieleck setzt die Serie von Chemieunfällen in China fort, die immer wieder Flüsse und die Trinkwasserversorgung großer Städte bedrohen.
Seit der zunächst vertuschten Katastrophe auf dem Songhua-Strom in Nordostchina im vergangenen Herbst, als fast vier Millionen Einwohner der Metropole Harbin vier Tage ohne Wasser waren, machen chinesische Umweltbehörden solche Unfälle heute eher bekannt, weil ihnen sonst auch Konsequenzen drohen.
Wieder verseuchen Chemiewerke in China das Trinkwasser von Zehntausenden.Die Serie von Chemieunfällen in China, die die Trinkwasserversorgung großer Städte bedrohen, nimmt kein Ende. Sowohl im äußersten Nordosten des Landes als auch in Zentralchina sind die Flüsse erneut schwer belastet.
Bilanz am Songhua-Fluss
Alleine entlang des Flusses Songhua in der Provinz Heliongjiang haben sich in den vergangenen elf Monaten mehr als 130 Chemieunfälle ereignet. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete vergangene Woche unter Berufung auf die Umweltbehörde, zu solchen Unfällen komme es alle paar Tage.
Der stellvertretende Leiter der Behörden, Pan Yue, erklärte, in der Umgebung des Flusses seien zahlreiche industrielle Anlagen angesiedelt. Insgesamt seien 20.000 Chemiefabriken entlang der großen Flüsse zu finden.
Die Katastrophe im November
Im vergangenen November verschmutzten nach einem Chemieunfall mehrere Tonnen Gift den Songhua und kontaminierten so die Wasserversorgung für Millionen Menschen in China und Russland.
Arsen im Trinkwasser in Hunan
In der zentralchinesischen Provinz Hunan wiederum wurde - wegen eines Lecks, hieß es zunächst - in einem Abwasserbecken eines Chemiewerkes das Trinkwasser für mindestens 80.000 Menschen mit Arsen vergiftet.
Die Bevölkerung von Yueyang in der Provinz Hunan wurde nachdrücklich davor gewarnt, Leitungswasser zu trinken. Feuerwehrwagen wurden entsandt, um die Menschen mit Wasser zu versorgen.
"Systematisches Ablassen von Chemikalien"
Auf Grund der Verunreinigungen wurden die Manager von zwei Chemiewerken festgenommen. Die Betriebe wurden stillgelegt. Nicht ein Leck in einem Abwasserbecken habe die Arsenverschmutzung des Xinqiang in der Provinz Hunan ausgelöst, sondern das systematische Ablassen giftiger Chemikalien, korrigierte die Umweltbehörde SEPA laut amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua vom Dienstag frühere Angaben.
Es habe nicht einmal Anlagen zur Abwasserreinigung gegeben. "Über lange Zeit" hätten beide Werke in Linxiang große Mengen Abwasser mit Arsenwerten abgelassen, die tausendfach über den zulässigen Grenzwerten lagen, schrieb Xinhua.
Minister kündigt strenge Strafen an
Vizeumweltminister Pan Yue sagte, die Unternehmen würden streng bestraft und die Manager vor Gericht gestellt. Das Haoyuan-Chemiewerk habe monatlich 50.000 Tonnen Abwasser unbehandelt in den Fluss gelassen.
Die Gefahr für den zweitgrößten Frischwassersee Chinas, in den der Fluss mündet, scheint aber gebannt. Die Arsenwerte an der Mündung in den Dongting-See lägen unter den zulässigen Standards. Flussaufwärts am Wasserwerk des Xinqiang-Flusses seien sie aber noch zwei bis vier Mal höher.
Warnung der Staatsagentur
Die Staatsagentur warnte die Bevölkerung, Arsen sei hochgiftig, löse Unwohlsein, Erbrechen, Magenschmerzen sowie Muskelkrämpfe aus und könne bei schlimmen Vergiftungen zum Koma oder Tod führen. Die langfristige Aufnahme von Arsen führe zu Leberschäden, Nieren-, Lungen- und Hautkrebs.
Seit der zunächst vertuschten Katastrophe auf dem Songhua machen chinesische Umweltbehörden solche Unfälle heute eher bekannt, weil ihnen sonst auch Konsequenzen drohen.
Sauberes Trinkwasser ist für Hunderte Millionen Menschen in China ein ferner Traum.In China mangelt es 340 Millionen Menschen an Zugang zu sauberem Trinkwasser. China erlebt "alle zwei bis drei Tage" die nachhaltige Verschmutzung eines Flusses. Das wurde beim Internationalen Weltwasserkongress (IWA), der gerade in Peking stattfindet, eingestanden.
Minister berichtet von Umweltkatastrophen
Während sich in Peking rund 3.000 Teilnehmer zum Weltwasserkongress versammelten, berichtete Vizeumweltminister Pan Yue auf einem Unternehmerforum, in den elf Monaten seit der Umweltkatastrophe auf dem Songhua-Fluss in Nordostchina habe es 130 Wasserverschmutzungen gegeben. Umweltgefährliche Industriebetriebe seien "irrational" im Lande verteilt.
Zur Eröffnung des Weltwasserkongresses versprach Vizepremier Zeng Peiyan einen besseren Schutz der geringen Wasserressourcen Chinas. Er hieß ausländische Investitionen willkommen.
Die 3.000 Wissenschaftler, Beamten und Unternehmensvertreter berieten bis Donnerstag voriger Woche über die Herausforderungen durch den globalen Wasserbedarf und beschäftigten sich dabei besonders mit dem Gastgeberland.
China produziert auch für den Westen gefragte Chemikalien - fern jeglicher Umweltstandards.China zahlt für sein Wirtschaftswunder und die knapp zweistelligen Wachstumsraten einen hohen Preis: Die Zerstörung der Umwelt nimmt immer drastischere Ausmaße an, wie nun langsam auch die Regierung in Peking eingestehen muss.
China stehe knapp vor einer ökologischen Katastrophe, räumte etwa der stellvertretende Umweltminister des Landes, Pan Yue, schon vor einigen Monaten ein.
"Dürfen uns nichts vormachen"
"China steckt in der Umweltkrise, wir dürfen uns da nichts vormachen", so der Minister. Nach offiziellen Angaben sind 70 Prozent aller chinesischen Flüsse verschmutzt, weil die Industrie ihre Abfälle ungefiltert in Gewässer leitet. 980.000 der rund 1,3 Mrd. Chinesen trinken nach Schätzung von Experten schon heute zum Teil verseuchtes Wasser.
Veraltete Industrie als Zeitbombe
"Wassermangel und Wasserverschmutzung bedrohen die Wirtschaftsentwicklung, die Stabilität der Gesellschaft und die Gesundheit der Menschen", erklärt Pan.
Die Gefahr von Umweltkatastrophen steige stetig, da in vielen Unternehmen veraltete und nur schlecht gewartete Maschinen im Einsatz seien, so Pan.
Zahlreiche Fabriken produzieren wegen der steigenden Nachfrage im "Reich der Mitte" außerdem am oder über dem Limit, was oft auf Kosten von Umwelt- und Sicherheitsstandards geschieht.
Chemieindustrie wächst rasant
Eine dieser Sparten ist etwa die chemische Industrie: Ihr Produktionsvolumen stieg im ersten Halbjahr 2005 gegenüber dem Vergleichszeitraum ein Jahr zuvor um 27 Prozent. Neue Chemiefabriken wurden in den vergangenen Jahren aus dem Boden gestampft.
Chemikalien, die andere nicht wollen
Produziert wird dort nicht nur für die Großnachfrage auf dem eigenen Markt, sondern vorwiegend auch für andere Industriestaaten, in denen gefährliche Chemiefabriken nicht willkommen sind, wie Greenpeace China anlässlich der Umweltkatastrophe am Fluss Songhua Ende des Vorjahres erklärte.
Damals waren 100 Tonnen hochgiftigen Benzols aus einer Fabrik ausgetreten und in den Fluss gelangt.
Zu wenig Kontrolle
Die chinesische Regierung hat zwar viele Gesetze gegen die Umweltverschmutzung erlassen. Allerdings werden diese in vielen Regionen und von vielen Unternehmen nicht beachtet.
Der Umweltschutz ist in der Verfassung der Volksrepublik seit 1982 festgeschrieben - allein auf der Suche nach Investoren wird auch gern einmal ein Auge zugedrückt, wenn es um das Aushandeln von Umwelt- und Sicherheitsstandards geht.
UhrNeuer UN-Expertenbericht zum Klimawandel
Wissenschaftler haben im Auftrag der Vereinten Nationen (UN) einen neuen Klimabericht erstellt, der den Regierungen nach Informationen der WELT am SONNTAG als „streng vertraulicher“ Entwurf vorliegt. Die Studie kommt nach Informationen der Zeitung zu Ergebnissen, die zum Teil weit über die des UN-Klimaberichts von 2001 hinausgehen. Die Studie sei die Grundlage für den vierten UN-Klimabericht, der im kommenden Jahr verabschiedet werden solle. Das Umweltministerium erwartet nach Informationen der Zeitung auf der Basis dieser Daten bis 2100 weltweit eine mittlere Erwärmung um drei Grad Celsius. Deutschland werde laut Studie unter bisher unbekannten Hitzewellen und Dürreperioden leiden. Im Sommer könnten die Höchsttemperaturen in den kommenden Jahrzehnten immer wieder deutlich über 40 Grad steigen, hieß es. Mit den Prognosen verbinden die Wissenschaftler unter anderem schwerwiegende Folgen für die Landwirtschaft.
Mitteleuropa muss mit Temperaturen von über 40 Grad im Sommer rechnen.Ein vertraulicher Entwurf für eine neue UNO-Klimastudie prophezeit der Welt dramatische Veränderungen durch den Klimawandel. Gerade auch für Mitteleuropa sollen die Konsequenzen verheerend sein, geht aus einem Bericht der deutschen "Welt am Sonntag" ("WamS") hervor.
In ihrem Bericht beruft sich die "WamS" auf die Einschätzung von deutschen Wissenschaftlern. Sie wurden demnach von der deutschen Regierung um ihre Einschätzung des noch geheimen UNO-Entwurfs gebeten und zeichnen nun das düstere Bild für Mitteleuropas Zukunft.
Grundlage für UNO-Klimabericht
Die Studie sei die Grundlage für den vierten UNO-Klimabericht, der 2007 verabschiedet werden soll. Sie verschärfe fast alle Aussagen des UNO-Klimaberichts von 2001, hieß es. Auf deutscher Seite habe das Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie mitgearbeitet.
Die von Hunderten Forschern weltweit erstellte Studie kommt dem Blatt zufolge zu dem Ergebnis, dass der Klimawandel nicht mehr aufzuhalten ist. Allenfalls das Ausmaß der Erwärmung sei noch beeinflussbar - und auch das nur mit drastischen Mitteln.
40 Grad und mehr in Mitteleuropa
Das Klima wird sich nach Einschätzung von Wissenschaftlern bis zum Jahr 2100 um drei Grad Celsius erwärmen, wenn der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen nicht drastisch reduziert werden kann. Die Arktis werde im Sommer eisfrei sein.
Mitteleuropa werde demnach unter bisher unbekannten Hitzewellen und Dürreperioden leiden. Im Sommer könnten die Temperaturen immer wieder deutlich über 40 Grad steigen, auch werde es viel häufiger Nächte mit Temperaturen über 20 Grad geben, hieß es.
Alpenraum besonders betroffen
Nach Einschätzung der Wissenschaftler sind auch die Auswirkungen auf die Alpen groß. "Kleine Gletscher werden verschwinden, während größere Gletscher um bis zu 70 Prozent abschmelzen, allein bis zum Jahr 2050", zitiert die Zeitung aus dem UNO-Bericht.
Damit bestätigt sich, dass die Klimaerwärmung den Alpenraum besonders stark trifft. In Bayern wurden im August Zahlen präsentiert, wonach die Gletscher dort bereits um 70 Prozent geschrumpft seien. In spätestens 20 Jahren soll es in Bayern keinen Gletscher mehr geben.
"Alarmierend"
Deutschlands Umweltstaatssekretär Michael Müller bezeichnete den Bericht als "alarmierend". Das Papier beschreibe "einen qualitativen Sprung in der Erderwärmung zu Beginn des neuen Jahrtausends". Es sei eindeutig, dass sich Prozesse, die zur Klimaerwärmung beitragen, beschleunigten.
Europas Seen werden bis in die tiefen Schichten hinab immer wärmer. Das ist eines der Ergebnisse des EU-Projekts CLIME ("Climate and Lake Impacts in Europe"), an dem auch das Institut für Limnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Mondsee beteiligt war.
Die Entwicklung habe zudem weit reichende Konsequenzen auf das Ökosystem See: Die Algen nehmen zu, die Wasserqualität sinkt.
Temperaturanstieg: Ein Grad in 100 Jahren
Forscher untersuchten den Einfluss klimatischer Veränderungen auf die Temperaturen in tiefen Schichten europäischer Seen. Im Schnitt stellten die Wissenschafter in den vergangenen zwei bis fünf Jahrzehnten einen Temperaturanstieg von 0,1 bis 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt fest.
Hochgerechnet auf 100 Jahre würde das einem Anstieg von einem Grad Celsius entsprechen, so Martin Dokulil vom ÖAW-Institut für Limnologie, der mit seinem Team Langzeitdaten - unter anderem vom Mondsee im Salzkammergut analysierte.
Sauerstoffgehalt verändert
Höhere Temperaturen können mittelfristig die Sauerstoffverhältnisse im Tiefenwasser verschlechtern sowie die Mischungsvorgänge verändern. Beides hätte nachteilige Folgen für die Biologie der Seen, vor allem für die Fische. Untersucht wurden stehende Gewässer im Flachland und in alpinen Regionen.
Der Mondsee reagiere auf eine Veränderung der Umweltbedingungen sehr sensibel und eigne sich daher besonders zum Monitoring von Klimaveränderungen.
Die Forscher gehen davon aus, dass der Temperaturanstieg in den tiefen Schichten erst in den vergangenen Jahrzehnten begonnen haben dürfte: Daten vom Mondsee und anderen österreichischen Bergseen - wie etwa dem Hallstättersee - weisen auf keine signifikanten Temperaturänderungen vor den 1940er-Jahren hin, erläuterte Dokulil am Freitag in einer Aussendung.
Modelle entwickelt
Im Zuge von CLIME wurden direkte und indirekte Einflüsse von Wetterveränderungen auf europäische Seen bewertet. Eines der Hauptziele von CLIME war die Entwicklung mathematischer Modelle zur Simulation der Auswirkungen von Wetteränderungen sowohl für die Zukunft als auch die Vergangenheit.
Diese Modelle basieren auf Langzeitbeobachtungen an einer Vielzahl von Gewässern in Europa und sollen der Vorhersage des Einflusses künftiger Wetterstörungen dienen.
Die Zukunft wird heiß: 40 Grad im Schatten, immer wieder Nächte über 20 Grad Celsius und lange Dürreperioden – so sehen künftig die Sommer in Deutschland aus. Das geht aus einem einen neuen Klimabericht hervor, den Wissenschaftler im Auftrag der Vereinten Nationen (UN) erstellt haben. Er soll laut Medienberichten den Regierungen bereits als „streng vertraulicher“ Entwurf vorliegen. Die Studie kommt nach Informationen der „Welt am Sonntag“ zu Ergebnissen, die zum Teil weit über die des UN- Klimaberichts von 2001 hinausgehen. Die Studie sei die Grundlage für den vierten UN-Klimabericht, der im kommenden Jahr verabschiedet werden solle.
Gletscher schmelzen ab
Danach rechnen Experten auf der Basis dieser Daten bis 2100 weltweit eine mittlere Erwärmung um drei Grad Celsius. Für Deutschland bedeutet dies immer mehr Rekordsommer mit Temperaturen über 40 Grad. Die Arktis bleibt in der warmen Jahreszeit eisfrei. Die Folgen für die Landwirtschaft seien gravierend, so die Wissenschaftler.
Auch die Auswirkungen auf die Alpen seien groß. „Kleine Gletscher werden verschwinden, während größere Gletscher um bis zu 70 Prozent abschmelzen, allein bis zum Jahr 2050“, zitiert die Zeitung aus dem UN-Bericht. Dass die Klimaerwärmung Süddeutschland und den Alpenraum besonders stark trifft, ist jedoch nicht neu. Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) stellte bereits Anfang August eine Initiative für einen Aktionsplan für den gesamten Gebirgsraum vor. Die bayerischen Gletscher seien bereits um 70 Prozent geschrumpft, hieß es. In spätestens 20 Jahren werde es nach Angaben des Ministers im Freistaat keinen Gletscher mehr geben.
Zahlen sind alarmierend
Der Parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium, Michael Müller (SPD), bezeichnete den Bericht als „alarmierend“. Das Papier beschreibe „einen qualitativen Sprung in der Erderwärmung zu Beginn des neuen Jahrtausends“. Es sei eindeutig, dass sich Prozesse, die zur Klimaerwärmung beitragen, beschleunigten. Auf deutscher Seite habe das Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie an der UN-Studie mitgearbeitet, hieß es.
Leser würden sich angesichts der Berichte machtlos fühlen, so die Studie.Ein britisches Forschungsinstitut übt schwere Kritik daran, wie in den Medien über den Klimawandel berichtet wird: Ökologische Themen würden häufig nur so dargestellt, dass die Leser es zwar spannend finden, gleichzeitig würde eine solche Berichterstattung aber die praktischen Bemühungen, die Probleme in Angriff zu nehmen, untergraben.
Die Darstellung von Katastrophenszenarien sei in Medien häufig kommerziell intendiert und würde bei den Lesern und Sehern ein Gefühl der Hilflosigkeit zurücklassen, so das britische Institute for Public Policy Research (IPPR).
Artikel und Spots analysiert
In der Studie mit dem Titel "Warm Words" analysierte das Institut 600 Artikel, 90 Fernsehspots und TV-Beiträge sowie Websites von Umweltschützern und britischen Regierungsinitiativen.
Es sei klar gewesen, dass die Berichterstattung über den Klimawandel in den vergangenen Jahren enorm angewachsen ist, so Simon Retallack, Leiter der zuständigen Abteilung des IPPR. In welche Richtung diese ginge und welchen Effekt sie beim Publikum hätten, sei aber bisher nicht untersucht worden.
Panikmache nicht nur im Boulevard
Dabei kommt das Institut zum Schluss, die Botschaft an das Publikum sei, dass der Klimawandel vollkommen "verworren, widersprüchlich und chaotisch" ist: Niemand würde genau wissen, was eigentlich vorgeht.
Der vorherrschende Ton in den Berichten sei der der Panikmache, und das würde sich nicht nur auf Boulevardblätter beschränken.
"Es ist wie in einem Kanu, das stromabwärts treibt, und man bemerkt zu spät, dass man auf einen Wasserfall zusteuert", zitiert die Studie etwa aus einem Bericht der angesehenen "Financial Times".
Der Einzelne machtlos?
Eine solche Effekthascherei erzeuge eher eine Distanz zum Thema, heißt es in dem Bericht.
All diese Berichte hätten in der Bevölkerung die Politik der kleinen Schritte, wie etwa im Haushalt Strom zu sparen, in Frage gestellt.
Die Leute würden sich angesichts des beinahe epischen Ausmaßes des Klimawandels fragen, ob es überhaupt noch Sinn ergibt, selbst Maßnahmen zu treffen.
Wie Katastrophenfilme
Man könne tatsächlich bei einigen Berichten von "Klima-Porno" sprechen, ähneln die Berichte doch eher Katastrophenfilmen oder Science- Fiction, so Retallack gegenüber BBC-Online.
Schließlich würden sich Zeitungen anscheinend besser verkaufen, wenn am Titelblatt ein Angst einflößendes Bild prangt als wenn über Lösungsmöglichkeiten berichtet wird.
Ermunterung zu ökologischem Handeln
Die Regierung wie auch Kampagnenplaner werden aufgefordert, keine Panik zu verbreiten, sondern ökologisches Handeln des Einzelnen zu bewerben. Retallack meint, dass heute die Kommunikation vor allem darauf abstellt, die Leser oder Zuseher in Schrecken zu versetzen und dabei versagt, ihnen das Gefühl zu geben auch selbst etwas verändern zu können.
Genau darauf müsse aber das Hauptaugenmerk gelegt werden, und da können die Menschen auch "große" Taten setzen, wie auf ein Hybrid-Auto zu wechseln, Windkraft-Generation einzusetzen oder eine ökologische Wärmedämmung für das Haus zu installieren.
Ministerium verteidigt Vorgehen
Ein Sprecher des ebenso kritisierten britischen Umweltministeriums meinte, die Studie habe schon Recht, verteidigte aber auch die lancierten Kampagnen.
Dabei stünden praktische Maßnahmen im Vordergrund. Statt Verzweiflung zu verbreiten, setzt man ganz bewusst auf den Versuch das Verhalten der Bevölkerung zu ändern - doch das sei auch ein ganzes Stück Arbeit.
"Klimathemen eben wichtig"
Auch Ian Birrell von der Zeitung "Independent" versteht die Kritik zwar, verteidigt aber dennoch das Vorgehen seiner Zeitung: "Auf die Titelseite kommt das, was wir als wichtig erachten und wovon angenommen wird, dass es auch wichtig für die Leser sei." Und seine Zeitung würde Klimathemen eben hohe Bedeutung zumessen.
"Wenn unsere Leser den Eindruck hätten, wir bringen den Klimawandel auf unserer Titelseite aus demselben Grund wie Pornomagazine nackte Frauen, würden sie aufhören uns zu lesen", so Birrell.
Die Sorge bei den Forschern um das Meer wächst zunehmend.Die Zahl "toter Zonen" in den Weltmeeren hat sich nach Angaben der Vereinten Nationen auf ungefähr 200 erhöht. Das sei um etwa ein Drittel mehr als noch vor zwei Jahren.
"Diese Bereiche werden schnell zu einer großen Bedrohung für die Fischbestände und damit für die Menschen, die von der Fischerei leben", sagte der Geschäftsführer des UNO-Umweltprogramms (UNEP), Achim Steiner, am Donnerstag.
Tödlicher Algenwuchs
"Tote Zonen" entstehen, wenn durch die Verschmutzung des Wassers der Algenwuchs zunimmt und dem Meer dadurch Sauerstoff entzogen wird.
Wie es dazu kommt
Düngemittel, Abwässer, die Verbrennung fossiler Kraftstoffe und andere Verschmutzungen haben in jedem Jahrzehnt seit 1960 zu einer Verdoppelung der unzureichend mit Sauerstoff versorgten Küstengebiete geführt.
Die "Hot Spots"
"Tote Zonen" wurden zunächst in den nördlichen Breiten an der US-Ostküste und in den skandinavischen Fjorden entdeckt.
Heutzutage ist wegen der Verschmutzung durch den Fluss Mississippi der Golf von Mexiko die bekannteste "tote Zone". Sie sind auch vor Südamerika, Portugal, Großbritannien, Ghana, China, Japan, Australien und Neuseeland zu finden.
Liste wird noch ausgearbeitet
Die Liste mit allen "toten Zonen" der Erde soll zu Beginn des kommenden Jahres veröffentlicht werden.
Auf einer internationalen Konferenz zur Verschmutzung der Meere in Chinas Hauptstadt Peking wurden am Donnerstag allerdings bereits vorläufige Ergebnisse vorgestellt.
Korallenriffe erholen sich
Die Teilnehmer aus über 100 Staaten bekamen aber auch gute Nachrichten von den Wissenschaftlern zu hören. Demnach hätten sich die Ende der 90er Jahre durch hohe Wassertemperaturen geschädigten Korallenriffe zumeist gut erholt.
Schnelles Handeln gefordert
Dennoch erforderten der Klimawandel und der zu erwartende Temperaturanstieg ein schnelles Handeln, sagte Steiner.
Nordpol besonders gefährdet
Besonders das Eis auf den Polen ist gefährdet. Das Dauereis des Arktischen Ozeans rings um den Nordpol ist zwischen 2004 und 2005 plötzlich und rapide um 14 Prozent geschrumpft.
In dieser Zeit sei das Ganzjahreseis um 730.000 Quadratkilometer geschrumpft. Das teilten die US-Raumfahrtbehörde NASA und der US-Verband für Geophysik Ende September mit.
Dramatische Auswirkungen erwartet
Langfristig könne sich diese Entwicklung dramatisch auf die Umwelt und die Schifffahrt auswirken, hieß es. Für eine genaue Abschätzung bedürfe es jedoch weiterer Untersuchungen.
Arktis aus dem Gleichgewicht
Auf den Rückgang stießen Wissenschaftler bei der Auswertung von Daten eines NASA-Satelliten. Ergebnis: Im Winter blieb das Eis im Arktischen Meer insgesamt stabil. Allerdings habe sich die Verteilung von saisonalen und ganzjährigen Eismassen deutlich verschoben.
Dauereis bis zur Hälfte verschwunden
Im Arktischen Ozean nördlich von Europa und Asien sei das Dauereis gar bis zur Hälfte verschwunden, weil es sich westwärts Richtung Nordamerika bewegt habe.
Ursache für die Riesenlöcher in der Eisdecke könnten Winde sein, die das Eis von Osten nach Westen schoben, ergänzten Wissenschaftler des US-Zentrums für Umweltvorhersagen in Boulder, Colorado.
Riesige eisfreie Zone befürchtet
"Die jüngsten Veränderungen im Arktischen Meer sind rapide und dramatisch", sagte Son Nghiem, der Leiter der Arbeitsgruppe bei der NASA im kalifornischen Pasadena.
"Sollte auch das saisonale Eis durch die Sommerschmelze verschwinden, entstünde eine riesige eisfreie Zone."
Kein Ausweg aus dem Teufelskreis?
Dauerhaft könnte das in einen Teufelskreis münden: Umliegende Ozeane könnten sich erwärmen. Das könnte zur Folge haben, dass im Sommer mehr Eis schmilzt und sich das Zufrieren im Herbst verzögert.
Das schmelzende Eis der Arktis trägt unterdessen nicht zur Erhöhung des Meeresspiegels bei, weil schwimmendes Eis genau das Volumen verdrängt, das es in geschmolzenem Zustand einnimmt.
Die Eisschmelze heizt aber den Treibhauseffekt zusätzlich an, denn Eis reflektiert Sonnenstrahlen stärker als die dunklere Meeresoberfläche.
Ein durchaus drastisches Szenario des Klimawandels hat die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb bei den Österreichischen Sicherheitstagen in Leogang im Pinzgau gezeichnet: Bis 2100 werde etwa der Meeresspiegel um bis zu vier Meter steigen. Für Österreich prognostiziert Kromp-Kolb im selben Zeitraum ein Ansteigen der Durchschnittstemperatur um vier Grad.
Zum Vergleich: Bereits ein Anstieg von einem Meter würde beispielsweise zur Überflutung von Städten wie Alexandria und Port Said im Nildelta führen.
"Neue Völkerwanderung"
Die Folge: Die Migration werde noch wesentlich zunehmen, wenn die Menschen in betroffenen Gebieten ihre Siedlungen aufgeben müssen, sagte die Forscherin. Es werde zu einer "Völkerwanderung" kommen. Zudem werde der Klimawandel dafür sorgen, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufgeht.
Der Kampf um Ressourcen wie beispielsweise Wasser wird härter, es wird zu bewaffneten Konflikten kommen. Von Trockenheit werde auch Europa betroffen sein, in manchen Gegenden des Südens herrscht jetzt bereits akuter Wassermangel.
Österreich: Gletscher könnten völlig verschwinden
Österreich ist keine Insel der Seligen: Neben einer Zunahme von Extremereignissen wird auch im Alpenraum das Wasser knapper werden, prognostizierte Kromp-Kolb. Ursache ist das Abschmelzen der Gletscher, deren dramatischer Rückgang bereits jetzt zu beobachten sei.
Ein völliges Verschwinden des "ewigen Eises" sei durchaus wahrscheinlich. Nach einer vorübergehenden Erhöhung der Wasserspende werde auch im heimischen Gebirge das kühle Nass knapper werden.
Plus vier Grad bis 2100
Bis zum Jahr 2100 sagte Kromp-Kolb für Österreich einen Temperaturanstieg um vier Grad und mehr voraus. Zudem ist in allen Höhenlagen eine Zunahme der Hitzetage (solche mit mehr als 30 Grad Celsius) auf das Doppelte bis Dreifache zu erwarten.
Für die Menschen und die Landwirtschaft bedeutet das heißere und trockenere Sommer sowie Winter mit regional sogar mehr Niederschlägen als derzeit - allerdings in Form von Regen. All das wird auch für den Tourismus massive Auswirkungen haben.
"Auswirkungen mindern"
"Verhindern des Klimawandels geht nicht, wir sind mitten drin", meinte Kromp-Kolb bei ihrem Vortrag: Allenfalls ließen sich die Auswirkungen mindern. Das würde der Wissenschaftlerin zufolge bedeuten, dass der Temperaturanstieg global einen Wert von zwei Grad nicht übersteigt und pro Dekade nicht mehr als 0,2 Grad beträgt.
"Kultur des sichtbaren Engagements nötig"
Aber: "Die Reaktion der Menschheit steht in keinem Verhältnis zur Bedrohung", konstatierte Kromp-Kolb. Man verweigere sich dem Problem und produziere durch Wortschöpfungen wie "Wetterkapriolen" Euphemismen, indem man Extremereignisse - deren häufigeres Auftreten statistisch eindeutig mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen ist - als etwas Zufälliges darstellt.
Diese Tendenz zur Verweigerung müsse erkannt werden. "Information allein bewirkt keine Veränderung", so Kromp-Kolb. Es gehe vielmehr darum, emotionale Reaktionen zu fördern und eine "Kultur des sichtbaren und direkten Engagements zu entwickeln".
So viele Treibhausgase wie nie
Die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre hat im Jahr 2005 einer Studie zufolge neue Rekordhöhen erreicht. Es sei damit zu rechnen, dass es zu weiteren Zuwächsen komme, wenn der Ausstoß der Gase nicht drastisch verringert werde, teilte die Meteorologische Weltorganisation (WMO) am Freitag mit. Die neuen Zahlen der UN-Behörde dürften auch das kommende Woche in Nairobi stattfindenden Treffen zum globalen Klimawandel beschäftigen.
"Um die Konzentration von CO2 auf dem gleichen Niveau zu halten, brauchen wir noch viel drastischere Mittel als die des Kyoto-Protokolls", sagte UN-Wissenschaftler Geir Braathen. Der Studie zufolge stiegen sowohl die Kohlendioxid- als auch die Stickoxidkonzentration in der Atmosphäre auf ein neues Allzeithoch. Eine Verringerung sei in den nächsten Jahren nicht zu erwarten, sagte Braathen.
Vergangene Woche hatte eine britische Studie vor drastischen Folgen der globalen Erderwärmung gewarnt. Ein Anstieg der Temperatur um fünf Grad in den nächsten hundert Jahren werde schwere Überschwemmungen und Dürren nach sich ziehen und etwa 200 Millionen Menschen obdachlos machen, sagte der frühere Weltbank-Chefökonom Nicholas Stern voraus.
Treibhausgase entstehen durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Kohle, Öl und Gas. Ansammlungen der Gase absorbieren in der Atmosphäre die Sonnenstrahlen und verursachen so einen Anstieg der Temperaturen auf der Erdoberfläche. Diese Erwärmung führt zum Abschmelzen von Polkappen und Gletschern, extremen Wetterverhältnissen, Überschwemmungen und anderen Umweltveränderungen. Dies alles ist unstrittig; wirksame Maßnahmen gegen den weiteren Ausstoß von Treibhausgasen wurden bislang jedoch nicht beschlossen.
Die Auswirkungen der Erderwärmung stehen im Mittelpunkt des Weltklimagipfels, der am Montag in der kenianischen Hauptstadt Nairobi eröffnet wurde und zwei Wochen dauern wird.
Tausende Politiker, Wissenschaftler und Umweltschützer aus rund 190 Staaten beraten über ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll, das den Ausstoß an Treibhausgasen wie Kohlendioxid stoppen sollte. Das ist bisher nicht im gewünschten Umfang gelungen.
Skepsis gegenüber US-Position
Viele Delegierte hoffen dabei auch ein Zeichen aus den USA, die als größte Industrienation für rund 21 Prozent der Treibhausgase verantwortlich sind. Es gilt aber als sehr unwahrscheinlich, dass sich die Regierung von Präsident George W. Bush zu verpflichtenden Zielen bei der Reduzierung des Ausstoßes an Treibhausgasen bereit erklären könnte.
Die US-Regierung setzt hierbei auf freiwillige Verpflichtungen der Industrie. Treibhause entstehen vor allem bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Kohle oder Öl.
Zwei Wochen vertrauliche Sitzungen
"Wir sind hier heute Morgen im Auftrag der Menschheit zusammengekommen, weil wir erkennen müssen, dass der Klimawandel sehr schnell zu einer der größten Bedrohungen geworden ist, denen sich die Menschheit je stellen muss", erklärte der kenianische Vizepräsident Moody Awori zur Öffnung der Beratungen.
In den kommenden beiden Wochen werden die Delegierten in vertraulichen Sitzungen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel präsentiert bekommen. Sie sollen im kommenden Jahr in einem umfangreichen UN-Bericht veröffentlicht werden.
Alarmierende Studienergebnisse
Aber auch schon die zuletzt bekannt gewordenen Forschungsergebnisse geben Anlass zur Sorge:
- So ist die durchschnittliche Temperatur auf der Erde auf ein Niveau gestiegen, dass es zuletzt vor 12.000 Jahren gab. Besonders deutlich war der Anstieg dabei in den vergangenen 30 Jahren, wie US-Forscher im September berichteten.
- Die NASA berichtete im vergangenen Monat von einem "dramatischen" Abschmelzen der Eismassen in Grönland.
- Britische Klimaforscher meldeten im vergangenen Monat, dass rund ein Drittel der Erde von Dürren betroffen sein könnte, wenn die Klimaveränderung nicht gestoppt wird.