Frühjahrsputz per Aktienrückkauf


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Neuester Beitrag: 02.07.01 12:16
Eröffnet am:27.05.01 10:00von: schneeAnzahl Beiträge:2
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1015 Postings, 8607 Tage schneeFrühjahrsputz per Aktienrückkauf

 
  
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27.05.01 10:00
Frühjahrsputz per Aktienrückkauf

Von Frank Stocker

Hamburg - Zehn Milliarden Euro - so viel gaben deutsche Unternehmen in den vergangenen drei Jahren aus, um etwas ganz Besonderes zu erwerben: sich selbst. Sie nutzten freie liquide Mittel und kauften damit an der Börse ihre eigenen Aktien zurück.
In den USA sind Aktienrückkäufe schon seit Jahrzehnten gängige Praxis, in Deutschland dagegen sind sie erst seit Mai 1998 erlaubt. Daher gab es bislang auch noch keine verlässlichen Untersuchungen darüber, wie deutsche Unternehmen von diesem Instrument Gebrauch machen und wie sich das auf den Aktienkurs auswirkt.

Nun steht erstmals eine Studie dazu kurz vor ihrer Veröffentlichung. Der Autor, Ralf Schremper, hat für eine Dissertation an der Universität Bochum das Zahlenmaterial akribisch zusammengeführt und ausgewertet. Im Oktober soll die Arbeit präsentiert werden, schon jetzt stehen einige überraschende Ergebnisse fest.

So sind die real aufgekauften zehn Milliarden Euro weit weniger als man bisher annehmen konnte. Die Hauptversammlungen der deutschen Unternehmen hatten ihre Vorstände dazu ermächtigt, insgesamt bis zu 30 Milliarden Euro an Aktienkapital zurückzukaufen. "Doch offenbar nutzen die Unternehmenschefs diesen Rahmen nur selten aus", kommentiert Schremper die Zahlen.

Zudem geht es bei den meisten Aktienrückkaufprogrammen nur um kleinere Summen. "Oft handelt es sich um fünf bis 15 Millionen Euro, die dafür aufgewandt werden", sagt Schremper. Nur einige wenige Dax-Unternehmen greifen dafür tiefer in die Tasche. So hat Eon in den vergangenen Monaten rund 6,5 Prozent seiner Aktien aufgekauft und dafür fast drei Milliarden Euro ausgegeben.

Die Aktien können - wie bei Eon - eingezogen werden. Sie können aber beispielsweise auch als Akquisitionswährung oder für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme eingesetzt werden und damit später wieder an den Kapitalmarkt kommen.

In jedem Fall verringert sich zunächst die Zahl der umlaufenden Aktien. Schremper hat daher auch untersucht, wie sich der Rückkauf eigener Aktien auf den Kurs auswirkt. Interessant ist, dass schon bei der Ankündigung des Schrittes die Kurse nach oben gehen. "Im Schnitt konnten wir hier eine Kursreaktion von drei bis vier Prozent beobachten", sagt er. Diese Zahl wird auch von einer anderen Studie bestätigt. Peter Dombeck von der Berenberg Bank hat darin für die ersten sieben Tage nach der Ankündigung eines Aktienrückkaufs eine Überrendite von 3,3 Prozent errechnet. "Bei marktengen Werten ist die Reaktion aber meist noch weit größer", ergänzt Schremper.

Und genau dies machen sich in den letzten Wochen immer mehr Unternehmen am Neuen Markt zu Nutze. Sie haben Aktienrückkäufe als das neue Heilmittel für ihre geschundenen Kurse entdeckt. MWG Biotech, Net AG, Web.de, SER Systeme, Internolix, Bäurer - fast täglich kündigen Unternehmen an, dass sie Aktien zurückkaufen werden oder sich auf der anstehenden Hauptversammlung dazu ermächtigen lassen wollen. Und regelmäßig springt der Kurs dann in die Höhe.

"Wir halten unsere Aktie für unterbewertet", so heißt es fast unisono in den Vorstandsetagen der betroffenen Unternehmen zur Begründung für den Schritt. Mit dem Rückkauf der Aktien wollen sie ein Signal setzen und den Kurs nach oben treiben.

Doch Robert Suckel von SES Research steht Aktienrückkäufen durch Neue-Markt-Unternehmen grundsätzlich kritisch gegenüber. "Die meisten haben erst vor kurzem durch den Börsengang eine Menge Geld eingenommen", sagt der Neue-Markt-Experte. Dieses Kapital sollte eigentlich für die weitere Expansion eingesetzt werden. Doch nun dient es zum Rückkauf eigener Aktien. "Das bedeutet doch letztlich, dass das Management nicht fähig ist, das zur Verfügung gestellte Kapital sinnvoll einzusetzen", so Suckel.

Allerdings muss man differenzieren. Wenn Rückkäufe Hand in Hand gehen mit durchgreifenden Veränderungen in einem angeschlagenen Unternehmen, kann die Wirkung nachhaltig sein. So wurde bei MWG Biotech gleichzeitig der Finanzvorstand entlassen und eine strategische Neuausrichtung beschlossen. Ein anderes Beispiel ist SER Systeme. "Das Unternehmen hat einen positiven Cash-Flow, eine hohe Liquidität und ist deutlich unterbewertet", sagt Analyst Suckel. Durch den Aktienrückkauf könne die Volatilität aus der Aktie genommen werden. "Und das ist auch im Sinne der Anleger", so Suckel.

Anders ist es hingegen bei Web.de. Hier hat Suckel überhaupt kein Verständnis für den Schritt. "Ich verstehe nicht, wie man bei negativem Cash-Flow überhaupt auf die Idee kommen kann, eigene Aktien zurückzukaufen", kommentiert er das Vorhaben des Vorstands. Seine Folgerung: Die Bewertung beim Börsengang war viel zu hoch und die hochfliegenden Pläne können nicht verwirklicht werden. Das brachliegende Kapital wird nun eingesetzt, um Kurskosmetik zu betreiben. "Augenwischerei", nennt Suckel das. Denn fundamental ändert sich nichts. Das Unternehmen macht weiter enorme Verluste, und die Aussichten auf eine Wende sind dürftig.

Für den Anleger am Neuen Markt heißt das: genau hinschauen, was ein Vorstand außer dem Rückkauf sonst noch vorhat. Nur wenn sich etwas Grundlegendes im Unternehmen ändert, kann ein Aktienrückkauf auch langfristig die Kurse wieder nach oben bringen. In allen anderen Fällen ist das Vorhaben dagegen nur eine Bankrotterklärung des Managements.

 

1015 Postings, 8607 Tage schneehier noch ein inter. Artikel zu Aktienrückkäufen

 
  
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02.07.01 12:16
Rechtfertigen Aktienrückkäufe höhere KGV?

Das KGV erscheint uns in den meisten Fällen zu hoch. Doch es gibt Argumente, dass es heute tatsächlich höher sein darf als früher. Die Rede ist diesmal nicht von niedriger Inflation oder vielleicht besserem Trendwachstum.

Es geht um den Unterschied zwischen Dividenden und Aktienrückkaufprogrammen. Wenn ein - schon gereiftes - Unternehmen jährlich um durchschnittlich fünf Prozent wächst und 50 Prozent seiner Gewinne als Dividenden ausschüttet, ist es bei einem Diskontsatz von acht Prozent theoretisch (fair) mit einem KGV von 16,67 zu bewerten. Der Diskontsatz ist die erwartete Aktienrendite und setzt sich zusammen aus einem risikolosen Zins und einer Risikoprämie für Aktien. Als risikolosen Zins kann man zum Beispiel die Rendite auf zehnjährige Bundesanleihen nehmen, die im Moment bei rund fünf Prozent steht. Wenn man bei Aktien mit einem Diskontsatz von acht Prozent rechnet, bedeutet das dann, dass man von ihnen im Vergleich zu Bundesanleihen eine um drei Prozent höhere Rendite erwartet. Die Aktienrisikoprämie beträgt also drei Prozent.

Wenn eine mit dem 16,67fachen des Gewinns bewertete Firma 50 Prozent ausschüttet, liegt die Dividendenrendite bei genau drei Prozent. Bei einer persönlichen Steuerquote von einem Drittel ist die Nachsteuer-Rendite des Anlegers zwei Prozent. Dazu kommen Kursgewinne, die bei konstantem KGV so hoch ausfallen wie das Gewinnwachstum, im Beispiel also fünf Prozent. Wer die Aktie lang genug hält und insofern keine Steuern auf Kursgewinne bezahlen muss, kann also insgesamt mit einer Nachsteuer-Rendite von sieben Prozent rechnen.


Schüttet das Unternehmen die Hälfte des Gewinns statt als Dividenden durch Aktienrückkäufe aus, steigt der Kurs der Aktie dadurch für sich genommen jährlich um drei Prozent. Dazu kommen wieder fünf Prozent durch Gewinnsteigerungen. Eine genügend lange Haltefrist vorausgesetzt, und die Nachsteuerrendite liegt um ein Prozent höher als bei der Dividendenausschüttung.


Dem privaten Anleger sind Rückkäufe daher prinzipiell lieber. Wenn es dabei bleibt, dass das Dividenden zahlende Unternehmen mit dem 16,67fachen des Gewinns bewertet wird, wird er für die Kapital rückkaufende Firma entsprechend mehr zahlen. Rechnet er bei letzterer mit einem Diskontsatz von sieben statt acht Prozent, wird er bereit sein, genau das 25fache des Gewinns zu bezahlen. Das ähnelt auffällig dem Unterschied zwischen der früheren Aktienbewertung und der heutigen. Tatsächlich haben Aktienrückkaufprogramme in den USA seit 1997 einen höheren Wert als Dividenden.


Allerdings ist das alles sehr theoretisch. Viele Unternehmen zahlen noch Dividenden. Nicht alle Anleger bezahlen Steuern. Rückkäufe wurden in den USA oft über neue Schulden finanziert. Konterkariert wird der Effekt von Aktienrückkäufen zudem durch die vielen Mitarbeiter-Optionsprogramme. Alles in allem liegt die Ausschüttung nicht bei drei, sondern bei zwei Prozent. Schließlich wird oft nur versucht, mit Rückkäufen negative Meldungen zu kaschieren.


Daher rechtfertigen Rückkäufe nur dann ein höheres KGV als Dividenden, wenn alle diese Einschränkungen im Einzelfall nicht zutreffen. Doch die Politiker müssen sich fragen, ob ihr Steuerrecht stimmt.



Südzucker


Südzucker besinnt sich auf seine Wurzeln. Das Unternehmen will sich von seiner notorisch margenschwachen Eiskrem-Tochter Schöller trennen und kauft dafür mit Saint Louis Sucre (SLS) lieber im Kerngeschäft zu. Der Preis für die Franzosen ist hoch. Inklusive der Schulden kostet SLS rund 1,6 Mrd. Euro, etwa den 1,6fachen Vorjahresumsatz. Südzucker selbst ist für den halben Umsatz zu haben. Einsparungen wird es zwar geben. Doch der eigentliche Charme liegt darin, mehr Zucker für den Export zu produzieren.


In der EU wächst der Zuckermarkt kaum und ist zumindest bis 2006 gegen Importe weitgehend abgeschirmt. Die Produktion wird über Quoten reguliert. Mit der Quotenmenge sind die Erzeugerkapazitäten aber nicht ausgelastet. Die Zuckerhersteller produzieren daher mehr als die zulässigen Mengen und verkaufen den Überschuss auf dem Weltmarkt. Zurzeit ist das attraktiv. Die International Sugar Organization (ISO) schätzt, dass dieses Jahr weltweit 132,6 Mio. Tonnen Zucker nachgefragt, aber nur 129,1 Mio. Tonnen erzeugt werden. Dagegen werde 2002 weltweit wieder Zuckerüberschuss herrschen. Der Preis für raffinierten Zucker an der Londoner Börse ist seit Anfang April rund 25 Prozent gestiegen. Schuld sind schlechte Ernten in Brasilien und Australien.


Südzucker kostet das Zwölffache des laufenden Gewinns. Das ist bei einem erwarteten Wachstum von sieben bis acht Prozent im Jahr nicht zu teuer. Wenn die Nachfrage in Importländern wie Russland oder China nicht so schnell steigt wie erhofft, dürfte den Anlegern die Lust auf Süßes vergehen.

Quelle: FTD
 

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