Sigmar Gabriel vor Roland Koch


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Neuester Beitrag: 28.01.03 08:12
Eröffnet am:27.01.03 16:28von: Happy EndAnzahl Beiträge:13
Neuester Beitrag:28.01.03 08:12von: SahneLeser gesamt:1.151
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95441 Postings, 8538 Tage Happy EndSigmar Gabriel vor Roland Koch

 
  
    #1
27.01.03 16:28
Der gemeinsame TV-Auftritt der Ministerpräsidenten Roland Koch und Sigmar Gabriel war mehr als nur ein Kampf der Worte - er war auch ein Duell der Gesten. Der Psychotherapeut und Unternehmensberater Ulrich Sollmann analysiert im Interview mit SPIEGEL ONLINE das Verhalten der beiden Wahlkämpfer.

 
SPIEGEL ONLINE: Wer konnte seine Chancen im Landtagswahlkampf verbessern - Koch oder Gabriel?

Sollmann: Ein Urteil nach Punkten ist äußerst schwierig.

SPIEGEL ONLINE: Versuchen Sie es doch einfach.

Sollmann: Gabriel hat im ersten Drittel der Debatte viele Punkte verspielt, indem er zu verhalten agierte. Seine Stimme war belegt, er war unsicher und zurückhaltend, während Koch überraschend viel lachte. Allerdings gefror sein Gesicht nach einem Lacher oft zur Maske. Man spürte seine Anspannung. Zudem büßte Koch in der Schlussphase der Debatte an Vorsprung ein, indem er zunehmend Bestätigung durch das Publikum suchte, anstatt sich um den Kampf Mann gegen Mann zu kümmern.

SPIEGEL ONLINE: Wo liegen die Stärken der beiden Kandidaten?

Sollmann: Gabriels Stärke ist der Kontakt zu Gesprächspartnern. Er blickt sein Gegenüber an, wirkt souverän und kraftvoll und kann mitunter die Wucht einer Dampframme entfalten. Wenn er lauter wird, macht er den Eindruck, als könne er einen mit voller Breitseite von der Platte putzen.

SPIEGEL ONLINE: Und das kann Koch nicht?

Sollmann: Koch besitzt eine schneidende, klare Stimme, die Klarheit und Kompetenz signalisiert. Wenn er lauter wird, wirkt sein Tonfall schnell militärisch. Bei konservativ-biederen Menschen, die das Hierarchische gewohnt sind, kann das einen Vorteil bedeuten, bei anderen nicht. Kochs große Schwäche ist der fehlende Blickkontakt. Er redete mit Gabriel, blickte aber auf den Boden. Die Menschen merken in solchen Situationen sofort: Da stimmt etwas nicht. So etwas schafft Distanz.

SPIEGEL ONLINE: Wie gut sind die beiden Kontrahenten auf Moderatorin Sabine Christiansen eingegangen?

Sollmann: Hier gab es einen klaren Unterschied. Gabriel hat das sehr geschickt gemacht: Wenn er von Sabine Christiansen unterbrochen wurde, ging er auf sie ein, um danach seine Linie fortzusetzen. Koch dagegen redet in solchen Situationen einfach weiter und zieht seinen Streifen durch.

SPIEGEL ONLINE: Hat er sich auf Gabriel eingelassen?

Sollmann: Generell zeigt er Schwierigkeiten, Kritik anzunehmen. Er fühlt sich sehr schnell persönlich beleidigt und kann dann sogar zickig reagieren. Gabriel pflegt dagegen eine offensivere Art der Aggressivität. Er geht in Kontakt, Koch bleibt auf Distanz.

SPIEGEL ONLINE: Welche Schlüsse ziehen die Menschen aus diesen unterschiedlichen Verhaltensweisen?

Sollmann: Gabriel wirkt wie der große Bruder oder ein junger Vertrauenslehrer, der sich um die Menschen kümmert. Wenn ich Probleme hätte, wüsste ich: Der hört mir zu. So etwas verspricht im Grunde mehr Vorteile in Krisensituationen, in denen die Menschen Halt suchen. Koch wirkt dagegen oft abschätzig und ein wenig arrogant. Manchmal wird anhand seiner Körpersprache deutlich, dass er sich schämt.

SPIEGEL ONLINE: Psychologisieren Sie jetzt nicht ein wenig zu stark?

Sollmann: Körpersprache ist immer auch Ausdruck von Lebenserfahrung. Viele von Kochs Verhaltensweisen haben wahrscheinlich Wurzeln in seiner frühen Jugend: Während andere in die Disco gingen, machte Koch Politik. Und er wusste genau, worauf er verzichtet. Auf der anderen Seite strahlt er eine große sachliche Kompetenz aus. Koch ist der Stratege, Gabriel dagegen eher der operative Manager. Das macht Koch zum Krisengewinnler. Das passt auch zu den Ergebnissen eines neuartigen Umfrageprojekts, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa am vergangenen Freitag vorstellte.

SPIEGEL ONLINE: Dort wurde erstmals eine Umfrage mit Bildern von Politikern bestückt.

Sollmann: Das Ziel war, emotionalere und tiefer gehende Antworten zu erhalten. Die klassische Meinungsforschung wurde weitgehend bestätigt, doch es kamen auch überraschende Ergebnisse heraus.

SPIEGEL ONLINE: Und die wären?

Sollmann: Jeweils 36 Prozent der 5000 Befragten sehen Gabriel als Gewinner bzw. Verlierer der Landtagswahl in Niedersachsen. 58 Prozent aber erwarten einen Wahlsieg Kochs und nur 14 Prozent eine Niederlage.

SPIEGEL ONLINE: Dieses Ergebnis dürfte kaum jemanden überraschen.

Sollmann: Moment. Das wirklich erstaunliche Resultat brachte die Frage, wie im Jahr 2006 eine Bundestagswahl zwischen zwei Kanzlerkandidaten namens Roland Koch und Sigmar Gabriel ausgehen würde. 36 Prozent glaubten an einen Sieg Gabriels, nur 25 Prozent an einen Erfolg Kochs. Auch würden 36 Prozent Gabriel für den besseren Kanzler halten, Koch dagegen nur 24 Prozent...  

13475 Postings, 9088 Tage SchwarzerLordIch würde gerne mal mit dem reden.

 
  
    #2
27.01.03 16:31
Entweder hat er das SPD-Parteibuch oder die falsche Sendung gesehen. Gabriel wirkte von Anfang mutlose, wie ein Verlierer, ohne Argumente (wie immer), mit hohler Stimme. Koch überzeugend, siegesicher, argumentativ stark. Das Interview oben eignet sich max. als Klopapier.  

1645 Postings, 8758 Tage NewletterWann kommt denn die Auswertung des 18.Spieltages?? o. T.

 
  
    #3
27.01.03 16:43

95441 Postings, 8538 Tage Happy End@SL

 
  
    #4
27.01.03 16:48
Gut, dass Deine Analyse objektiv ist *lol*  

1059 Postings, 8716 Tage mikelandauKoch ist mir auch nicht unbedingt sympatisch..

 
  
    #5
27.01.03 16:53
aber wenn Gabriel Kanzler wird, ist es höchste Zeit auszuwandern...  

2709 Postings, 8491 Tage brudini@Happy End

 
  
    #6
27.01.03 16:56

Objektive Meinungen sind immer gern gesehen.
Hat es jemals bei ariva was anderes gegeben?

 

3286 Postings, 8184 Tage PRAWDASympathie, Antipathie. Die Frage sollte doch sein:

 
  
    #7
27.01.03 17:00
Wer bringt Deutschland mit einer sachorientierten,
entschlossenen Politik endlich einmal weiter?  

12104 Postings, 8098 Tage bernsteingabriel wirkte doch ziemlich..

 
  
    #8
27.01.03 17:30
hilflos.er ritt immer nur darauf was die cdu vor der wahl" versprochen "hatte.
der kommt mir vor wie eine kanalratte.da mal bischen beißen und da mal bischen
kratzen aber am ende den schwanz einziehen.
mit schröder haben wir ja schon den hauptgewinn aber kanzler sigmar,hilfe!!!
mikelandau,nimmste mich dann mit?  

6506 Postings, 8321 Tage Bankerslastdie Konzeptionslosigkeit von Gabriel

 
  
    #9
27.01.03 17:35
setzte sich im TV-Duell fort. Konfus. Er hat versucht zu erklären, was er erklären will.
Erschreckend.  

1059 Postings, 8716 Tage mikelandau@bernstein

 
  
    #10
27.01.03 17:36
na klar..laß uns wieder nach marbella...da scheint wenigstens die sonne...auch wirtschaftlich...lol  

12104 Postings, 8098 Tage bernsteinjaaa wir wählen sigmar und dann ab..

 
  
    #11
27.01.03 17:42
nach marabellaaaaaa.;-)  

1274 Postings, 8610 Tage roumataFrüh morgens

 
  
    #12
27.01.03 17:48
Ich habe auch morgens früh beim Frühstück so allerlei Gedanken und Vorstellungen, die ich Abends wieder vergessen habe. Aber das sollten Politiker lieber lassen.
Sie sind unsere Diener, unerhört, was die Diener sich alles erlauben.
ENTLASSEN!!  

8215 Postings, 8421 Tage SahneLeiser Abschied eines Alphatiers

 
  
    #13
28.01.03 08:12

Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel verspielt die letzte Chance zur Aufholjagd. Im "TV-Duell der Kronprinzen" mit Roland Koch (CDU) wirkt der ehemalige SPD-Hoffnungsträger müde und verbraucht. Sein Gegner hat für ihn nur Spott übrig.

Es war seine letzte Chance. Eine Woche vor der Wahl, die über seine politische Zukunft entscheidet, durfte sich Sigmar Gabriel am Sonntagabend noch einmal vor einem Millionenpublikum präsentieren. Einmal noch durfte er die Rolle spielen, die er so liebt und die ihm auf den fülligen Leib geschrieben schien: einen mächtigen Ministerpräsident mit Ambitionen, einen Kanzlerkandidaten der Zukunft. Eben einer wie Roland Koch, mit dem er sich zum "Duell der Kronprinzen" bei Sabine Christiansen traf. "Die jungen Alphatiere von CDU und SPD" - so hatte die ARD die beiden Studiogäste aus Hessen und Niedersachsen angekündigt. Das versprach, spannend zu werden.

Doch - um es kurz zu machen - Gabriel hat die Chance verpasst. Am Ende saß er müde und erschöpft in seinem Sessel, während Koch seinen Triumph genießen konnte. Von einem Aufbäumen gegen die schlechten Umfragewerte und die drohende Niederlage bei der Wahl am Sonntag war bei Gabriel nichts zu spüren. Er widersprach nicht einmal mehr, als der Hesse mehrmals gespottet hatte, "Sie gehören ja nicht zur SPD".

Damit spielte Koch geschickt auf das Dilemma an, in das sich Gabriel in seinem ganzen Wahlkampf hineinmanövriert hatte: gleichzeitig für und gegen die SPD, das funktioniert nicht.

Wie ein Oppositionspolitiker wetterte der Niedersachse auch bei Christiansen gegen die Politik der eigenen Partei und gegen "das, was da nach der Bundestagswahl an Wirrwarr entstanden ist". Gabriel ging sogar so weit, SPD-Finanzminister Hans Eichel vorzuwerfen, eine "Lebenslüge" zu verbreiten, wenn er in Krisenzeiten glauben mache, man könne gleichzeitig sparen und die Konjunktur ankurbeln.

Zu sehr hat Gabriel auf das Image eines mutigen Parteirebellen gesetzt, als dass er noch davon lassen könnte, obwohl es inzwischen eher hilflos wirkt. Zu oft war er mit seinen Vorschlägen gescheitert, zu deutlich hatte er immer wieder eine Abfuhr erhalten, wie bei seinem parteiinternen Kampf für die Vermögensteuer. Für Koch war es deshalb ein Leichtes, Gabriel als Papiertiger zu karikieren. Im sicheren Gefühl seines wahrscheinlichen Sieges entwickelte der Hesse dabei sogar ungewohnt humoristische Züge. "Sie blasen immer schöne rote Luftballons auf", spottete Koch. "Und dann kommt Ihr Bundeskanzler mit der Nadel und macht pliep, pliep, pliep - und alle Luftballons sind wieder geplatzt."

Wenn es darauf ankommt, wirkt ein CDU-Politiker, der gegen die SPD-Regierung schimpft, eben einfach überzeugender. Ernsthaft in Schwierigkeiten geriet Koch deshalb nur am Anfang, als es um den drohenden Irakkrieg ging. Da ist Gabriel auf einer Linie mit seiner Partei, da spielt er ebenso wie Schröder auf der Klaviatur der Emotionen. "Wir können doch nicht unsere jungen Leute für Öl in den Krieg schicken", rief Gabriel - und Koch fiel nicht mehr ein, als der SPD vorzuhalten, mit einem Thema Wahlkampf zu machen, das mit der Landespolitik doch nichts zu tun hat. Ein kurioser Vorwurf. Hätte er ihn ernst gemeint, hätte er gar nicht zu dieser Sendung kommen dürfen, sondern mit seinem hessischen Gegenkandidaten Bökel diskutieren müssen.

In Wirklichkeit will gerade Koch die Landtagswahlen zu einer Entscheidung über die Bundespolitik aufbauschen. "Wenn die Union in Hessen gewinnt", versprach er bei Christiansen, "dann gibt es die Liste der 48 Steuererhöhungen nicht." Und damit hatte er Gabriel wieder in der Falle. "Dieser Meinung bin ich auch", sagte der SPD-Politiker zu Kochs Kritik an neuen Steuern. "Ich glaube, dass das wachstumsschädlich ist."

An seinen eigenen Wahlsieg dagegen scheint Gabriel selbst nicht mehr zu glauben. Während Koch tönte, durch eine Wiederwahl werde er seinen "Einfluss in der Bundespartei behalten", hielt sich Gabriel zurück. "Sie werden wohl, egal wie die Wahl ausgeht, nach dem 2. mit mir rechnen müssen", sagte er nur. "Als Ministerpräsident oder nicht als Ministerpräsident." Als Christiansen aber fragte, in welcher Funktion er künftig arbeiten werde, war von dem einst so selbstbewussten Gabriel nur zu hören: "Das entscheiden doch dann hinterher andere Leute." Für ein Alphatier ganz schön bescheiden.

Quelle:

taz Nr. 6965 vom 28.1.2003, Seite 6, 139 Zeilen (TAZ-Bericht), LUKAS WALLRAFF

 

 

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