Vor sieben Monaten kam es im rheinland-pfälzischen Betzdorf bei der Essensausgabe in der örtlichen Christophorus-Grundschule zu einer folgenschweren Verwechslung: Eine Lehrerin hatte an muslimische Schüler versehentlich Schweineschnitzel verteilt, die diese aus religiösen Gründen nicht hätten essen dürfen. Der Vorfall sorgte für rund zwei Wochen für etwas Aufregung in der 10.000-Einwohner-Stadt, dann war lange Ruhe.
So lange, bis eine tobende Integrations-Debatte den richtigen Hintergrund bot, die Geschichte medial noch einmal so richtig hoch zu kochen: Diese Woche berichteten dann RTL und "Bild" über den Fall und erklärten, die Lehrerin, die seit dem Vorfall krank geschrieben ist, sei wahlweise "gefeuert", "suspendiert" oder "beurteilt" worden (BILDblog berichtete).
Und während sich regionale Medien wie die "Siegener Zeitung" und die "Rhein-Zeitung" um eine angemessene Darstellung der Geschichte bemühen, wird sie im deutschsprachigen Ausland munter weiter gedreht:
Der Schweizer "Blick" glaubt etwa zu wissen:
Jetzt musste die 59-jährige die Christophorus-Gesamtschule im deutschen Betzdorf verlassen.
Mal davon ab, dass es sich bei der Christophorus-Schule um eine Grundschule handelt, "musste" die Lehrerin die Schule mitnichten verlassen: Der Schulleiter hatte ihr nach der ersten Aufregung lediglich geraten, nach Hause zu gehen, um sich zu erholen — seitdem ist sie krank.
Nicht einmal den vollständigen "Bild"-Artikel, auf den sie sich berufen, haben die "Blick"-Autoren gelesen, wenn sie behaupten:
An der Schule wurde Schweinefleisch daraufhin komplett abgeschafft.
Ja, vorübergehend. Seit Schuljahresbeginn wird den Schülern auch wieder Schweinefleisch zum Mittag angeboten, wenn sie es denn wollen.
Eine ähnliche Ahnungslosigkeit stellt die österreichische Boulevardzeitung "Heute" unter Beweis, die erklärt:
Die Kündigung einer deutschen Lehrerin in Rheinland-Pfalz sorgt bei unseren Nachbarn für Riesenaufregung. Die türkischen Eltern hatten den Rauswurf der Pädagogin verlangt, der Schulleiter gab den Protesten nach.
Und weiter:
Ein paar Tage später standen die erbosten Eltern der Kinder in der Schule, verlangten vom Direktor die Kündigung von Ursula E. (59). Dieser gab den Protesten nach. Mehr noch: Er verhängte an der Schule (von 302 Kindern sind 45 muslimisch) ein Schweinefleischverbot.
Dass bei einer derart gezielten Falschinformation die Leserkommentare besonders derb ausfallen, ist natürlich klar.
Aber auch in Deutschland sind die Medien an den Fakten des Falls nicht interessiert: Zu Beginn seiner gestrigen ZDF-Talkshow berichtete Markus Lanz im Plauderton, die Lehrerin sei "suspendiert" worden.