Was ist Neoliberalismus?
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Eröffnet am: | 09.05.05 18:10 | von: hjw2 | Anzahl Beiträge: | 8 |
Neuester Beitrag: | 11.05.05 08:37 | von: Apfelbaumpf. | Leser gesamt: | 7.151 |
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ein Artikel von Gabriele Michalitsch
http://www.attac.at/663.html
Einleitung
„Glaube an die ökonomische Vernunft“ bestimmt die neue „Weltreligion“ (Senf 2001, 8), die mit missionarischem Eifer verkündete neoliberale Heilslehre. Unaufhörlich predigen deren Hohepriester ihr Credo: der Markt als Institution sei dem Staat, Konkurrenz als Organisations- und Entwicklungsmethode sei der Politik, bewußter Kooperation als Ausdruck von kollektivem Interesse, überlegen.
Neoliberalismus bedeutet Unterordnung weiter gesellschaftlicher Bereiche unter die Dominanz des Marktes und enge Begrenzung staatlicher Aufgaben. Der Staat hat sich den Marktkräften zu unterwerfen und lediglich deren Rahmenbedingungen zu sichern. Vor allem der Schutz des Privateigentums und vertraglicher Rechte stehen hierbei im Vordergrund. Doch darüber hinaus impliziert Neoliberalismus einen umfassenden, auf ökonomischer Selbstregulierung durch den Markt basierenden gesellschaftlichen Ordnungs- und Entwicklungsentwurf, demgemäß Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gleichermaßen restrukturiert sowie das Verhältnis von Staat und Ökonomie, Nationalem und Internationalem, Privatem und Öffentlichem neu definiert – und diese Kategorien selbst reinterpretiert – werden.
Im folgenden werden zunächst der Prozeß der Formierung neoliberalen Denkens und – vor allem wirtschaftstheoretische – Wurzeln neoliberaler Ideologie skizziert. Verknüpfungen der Genese von Neoliberalismus und der Entwicklung ökonomischer Theorien werden aufgezeigt und zentrale Elemente dieser Theorien erläutert, um den oft diffusen Terminus Neoliberalismus näher zu bestimmen, neoliberale Referenzpunkte vorzustellen und vielfach verdeckte Dimensionen neoliberaler Ideologie offenzulegen. Dem folgt eine Analyse jener politökonomischen Transformationsprozesse seit den siebziger Jahren, die der Durchsetzung neoliberalen Denkens Vorschub leisteten. Die Zusammenführung politökonomischer Veränderungen und diskursiv-ideologischer Verschiebungen soll den Prozeß der Hegemonialisierung von Neoliberalismus verständlich machen, aber auch den politischen Charakter wissenschaftlicher Theoriebildung decouvrieren. Ein resümierendes Plädoyer für eine neue politische Ökonomie bildet den Abschluß dieses Beitrags.
1. Die Formierung des neoliberalen Projekts
Die Reformulierung liberaler Gesellschaftsentwürfe und die Formierung des politökonomischen Projekts Neoliberalismus läßt sich – nach der Krise und dem Niedergang des klassischen Liberalismus im ausgehenden 19. und ersten Drittel des 20. Jahrhunderts – auf die dreißiger Jahre zurückführen, als sich die „internationale Avantgarde des militanten Wirtschaftsliberalismus“, von Walter Lippmanns The Good Society motiviert, 1938 in Paris zusammenfand, ehe mit der Gründung der Mont-Pèlerin Society 1947 der „Kreuzzug gegen den marxistischen und keynesianischen Totalitarismus“ institutionalisiert wurde, um „den Markt zu vermarkten“ (Kreisky 2001).
In weiterer Folge wurde ein internationales Netzwerk von Stiftungen, Instituten, Forschungszentren, Publikationsorganen, Wissenschaftlern, Schriftstellern und Public-Relations-Agenten etabliert, das sich der Förderung neoliberalen Denkens widmete. Nach dem „erfolgreichen“ neoliberalen Experiment der in Chile praktizierten „libertad económica“ im Anschluß an den Sturz Allendes 1973 sorgte in England vor allem das Adam-Smith-Institut für die wissenschaftliche Absicherung der Thatcher-Politik, während sich in den USA die Heritage-Stiftung als Denkfabrik der Reagan-Ära durchsetzte.
Der wissenschaftspolitische Durchbruch gelang mit einer Reihe von – gestiftet von der schwedischen Reichsbank und 1969 erstmals verliehen – Nobelpreisen für Wirtschaftswissenschaften. Als Preisträger wurde eine Vielzahl neoliberaler Ökonomen geehrt. So erhielten als prominenteste Beispiele nach Samuelson 1970, Hicks und Arrow 1972, Hayek 1974, Friedman 1976 und Becker 1992 die prestigeträchtige Auszeichnung. Dies zeugt jedoch weniger von „schicksalhafte(r) Ballung neoliberaler Genialität“ als von „klassische(r) männliche(r) Seilschaftskultur“ (Kreisky 2001). Die Mont-Pèlerin Society fungierte hierbei als tragendes Netzwerk, wurden zwischen 1974 und 1992 doch sieben ihrer Mitglieder ausgezeichnet. Als langjähriger Präsident des Nobelpreis-Komitees für Ökonomie amtierte der Vertreter der schwedischen Reichsbank Erik Lundberg, der gleichfalls der Mont-Pèlerin Society angehörte. Mit dem im übrigen nur für die Naturwissenschaften Physik, Chemie und Medizin vergebenen Nobelpreis wurde der „naturwissenschaftliche“ Charakter der Ökonomie anerkannt, sie der Normativitätsfrage enthoben und nicht zuletzt zur Leitwissenschaft der Sozialwissenschaften erkoren.
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2. Die Fabrikation von Konsens
Die Durchsetzung des neoliberalen Projekts verdankt sich – begünstigt von ökonomischen und technologischen Veränderungen seit den siebziger Jahren (siehe Abschnitt 4.) – letztlich der erfolgreichen „Fabrikation von Konsens“ (Chomsky). Getragen von der Macht der Medien, selbst Wirtschaftsimperien, etablierte sich der herrschende neoliberale „Konsens ohne Zustimmung“. Das Prinzip „Konsens ohne Zustimmung“ bedeutet, daß Pläne der Regierenden gegen den Willen der Regierten durchgesetzt werden können, ohne gegen das demokratische Zustimmungsprinzip zu verstoßen, wenn die Regierten später zustimmen würden.
„Nachdrückliche Bewußtseinsbildung“ rückt hierbei in den Vordergrund. Neoliberalismus impliziert folglich verstärkten diskursiven Zugriff auf gesellschaftliche Bedeutungen und Denkformen. „Denkgifte“ (Gerlach 2001) von Spardebatten, Sozialmißbrauch oder Standortparolen sickern langsam ein, durchdringen das individuelle Bewußtsein und verallgemeinern sich.
An die Stelle wohlfahrtsstaatlicher Absicherung von Massenloyalität mit Sozialleistungen und Lohnerhöhungen tritt im Neoliberalismus zunehmend die ideologische Formierung des Einzelnen. Als negativ betrachtete gesellschaftliche Erscheinungen etwa werden nicht länger verleugnet, sondern als unvermeidbar oder wünschenswert dargestellt. Thatchers berühmtes Diktum „There is no alternative“ markiert nicht nur die Zwangsläufigkeit neoliberaler Restrukturierung, sondern – mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus – auch den illusionären Charakter von Systemalternativen.
Der neoliberale Diskurs zielt letztlich auf trotz fehlender materieller Zugeständnisse „freiwillige“ Unterstellung unter herrschende, als alternativlos wahrgenommene Bedingungen. Der Zugriff auf das Individuum erfolgt auf kognitiver, emotionaler und sozialer Ebene. Auf kognitiver Ebene produziert Neoliberalismus Einheitsdenken. Gestützt auf euphemistische Sprachformen und Tabuisierung von Begriffen wie Klassenkampf, Profit, Machtverhältnis oder Kapital wird Denken zunehmend entdifferenziert, reale Widersprüche und gesellschaftliche Konflikte werden ausgeblendet. Damit wird Konkurrenz legitimiert und Handlungs- und Konfliktverzicht bestärkt. Die Akzeptanz gesellschaftlicher Polarisierung, die Anerkennung der „normativen Kraft des Faktischen“, der „Natürlichkeit“ und Unabänderlichkeit gesellschaftlicher Verhältnisse gehen damit einher und erzeugen soziale Inkompetenz. Die globale Vereinheitlichung der sozialen Welt manifestiert sich auch als Vereinheitlichung des Denkens: „Weltweit gleiche Fabriken, gleiche Waren, gleiche Diskurse“ (Gerlach 2001, 171).
In emotionaler Hinsicht können Zusammenhänge von negativer Befindlichkeit und gesellschaftlichen Verhältnissen nicht hergestellt werden. Verunsicherung, Zukunftsangst, Gleichgültigkeit und Resignation sind die Folge und führen zur Rücknahme von Emotionen oder verstärkter Aggressivität, die sich im Sozialen als Ausgrenzung, Konkurrenz und Entsolidarisierung manifestieren.
Selbstentfremdende Identifikationen, Entpolitisierung und Privatisierung individueller Existenz, Resignation, Gleichgültigkeit – insbesondere gegenüber Demokratie –, Entwirklichung der als unbeeinflußbar wahrgenommenen Lebensrealität und Enthistorisierung gesellschaftlichen und individuellen Bewußtseins sind die Folge. Zukunftsängste, Veränderungswünsche und gleichzeitige Konflikt- und Handlungsverbote bilden Angelpunkte angstkonservativen Massenbewußtseins und führen zu Resignation und emotionaler Gleichgültigkeit. Von Planungs- und Entscheidungsprozessen ausgeschlossen werden Lebensentwürfe auf Privatleben reduziert, Möglichkeiten aktiver Gestaltung auf den Reproduktionsbereich beschränkt. Die produktive Seite menschlicher Existenz tritt gegenüber der konsumtiven in den Hintergrund.
Gestützt auf wirtschaftswissenschaftliche Entwicklungen wurde so – entgegen der von oligopolistischen Marktstrukturen und der Herrschaft von Konzernen geprägten ökonomischen Realität – der Mythos von „freiem Markt“ und rationalem, effizientem und fairem Wettbewerb ohne Rücksicht auf dessen soziale Konsequenzen scheinbar widerstandslos popularisiert.
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3. Ökonomie und Staat: Wirtschaftstheoretische Ausgangspunkte
Als zentrale theoretische Fundamente stützt sich Neoliberalismus auf die Theorie der Neoklassik, Schumpeters Unternehmer-Modell und die monetaristische Chicagoer Schule. Die Synthese wesentlicher Elemente dieser Ansätze werden mit der Angebotsökonomie zum wirtschaftspolitischen Programm neoliberaler Politik geformt. Entsprechend widmet sich dieser Abschnitt den Grundzügen der Angebotsökonomie und ihrer neoklassischen, schumpeterianischen und monetaristischen Bezugspunkte.
Vor allem im deutschsprachigen Raum wird oft auch – zu Unrecht – auf den Ordoliberalismus als theoretische Quelle von Neoliberalismus verwiesen. Der von den Ökonomen und Juristen der „Freiburger Schule“ – insbesondere Wilhelm Röpke, Walter Eucken, Franz Böhm, Alexander Rüstow, Alfred Müller-Armack – und ihrem Umfeld formulierte, in der Zeitschrift Ordo publizierte und als Ordoliberalismus titulierte liberale Entwurf der „Sozialen Marktwirtschaft“ bestimmte die Nachkriegsjahre der Bundesrepublik Deutschland. Zentrale Bedeutung kommt im ordoliberalen Modell der Ordnung des Wettbewerbs zu. Obgleich Ordoliberalismus Staatsinterventionen ablehnt, weil diese den Staat in wirtschaftliche Interessenkonflikte verstricken, bedarf es der ordoliberalen Konzeption zufolge eines starken und unparteiischen Staates, der für Wettbewerb sorgt. Erst Wettbewerb gewährleistet unternehmerische Privatinitiative und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Auch Privateigentum, Voraussetzung der Wettbewerbsordnung, ist letztlich nur dann gerechtfertigt, wenn Unternehmer im Wettbewerb gezwungen werden, sich in „den Dienst der Allgemeinheit“ zu stellen.
Trotz mancher Ähnlichkeit in wirtschaftspolitischen Forderungen unterscheidet sich Ordoliberalismus von gegenwärtigem Neoliberalismus vor allem in seinem Staatsverständnis: Der Staat bleibt ein mächtiger Faktor, dem die Ökonomie untergeordnet ist. Der Markt wird durch staatliche Intervention konstituiert und erhalten. Vollkommene Konkurrenz entspricht einem Ideal, dem es durch kontinuierliche Intervention nahezukommen gilt. Staat und Markt bedingen einander, ihre strikte Trennung wird damit unmöglich. Die Geschichte des Kapitalismus wird im Ordoliberalismus folglich als ökonomisch-institutionelle Reziprozität interpretiert. Nicht die Kapitallogik bestimmt die kapitalistische Entwicklung, sondern Veränderungen des ökonomisch-institutionellen Ensembles. Als (Wirtschafts-)Ordnung konzipiert, impliziert es die Möglichkeit der Gestaltung durch soziale und politische Intervention und läßt ihren Konstruktionscharakter deutlich werden. Der Staat bleibt im Ordoliberalismus – ganz im Gegensatz zum Neoliberalismus – folglich eine übergeordnete Instanz, die die Gestaltung sozialer Beziehungen reguliert. Es sind demnach nur einzelne Elemente der heterogenen ordoliberalen Konzeption, die im Neoliberalismus vorrangig kontinentaleuropäischer Prägung aufgegriffen werden – etwa die Betonung der Wettbewerbsordnung von seiten der Europäischen Kommission. Als wesentlich grundlegender für die globale Hegemonie des Neoliberalismus sind die US-amerikanischen Entwicklungen ökonomischen Denkens zu verstehen.
3. 1. Die Angebotsökonomie
Die zunächst im chilenischen Experiment nach 1973 „bewährte“, ab 1979 in Großbritannien unter Thatcher praktizierte und schließlich unter dem Titel „Reaganomics“ während der Präsidentschaft Reagans zum wirtschaftspolitischen Programm der USA avancierte Angebotsökonomie formuliert die Grundzüge neoliberaler (Wirtschafts-)Politik. Erst aufgrund seiner politischen Bedeutung wird die Angebotsökonomie in weiterer Folge in den Wirtschaftswissenschaften rezipiert.
Die Angebotsökonomie geht davon aus, daß sich jedes Angebot seine Nachfrage schafft, da Ausweitung der Produktion mit zusätzlichen Einkommen verbunden ist, die deren Empfänger zur Güternachfrage verwenden. Vor allem durch Erhöhung individueller Leistungsbereitschaft soll schließlich mehr Produktion, mehr Beschäftigung und mehr Wachstum erreicht werden. Neben der Senkung der Inflation durch restriktive Geldpolitik im Sinne des Monetarismus kommt der Einschränkung des öffentlichen Sektors zugunsten privater Initiative programmatische Priorität zu. Diesem Ziel sollen der Abbau von Steuern und Abgaben (insbesondere für Unternehmen) sowie von als leistungshemmend betrachteten Sozialleistungen, die allgemeine Senkung der Staatsausgaben (mit Ausnahme des Verteidigungsressorts) und die Verringerung des Staatsdefizits dienen, zumal die Finanzierung des Staatsdefizits als Belastung der Kapitalmärkte betrachtet wird. Entsprechende Einsparungen sind vor allem über die Ausgabenseite zu erreichen.
Zur Förderung von Investitionstätigkeit gilt es laut Angebotsökonomie, unternehmerische Spielräume zu erhöhen, indem Behinderungen durch Arbeitnehmervertretungen und staatliche Interventionen minimiert werden. Die Schwächung der Gewerkschaften ermöglicht auch – Preisstabilität begünstigende – „Mäßigung“ der Lohnpolitik und erleichtert den Abbau von staatlichen Investitionshemmnissen, wie sie der Angebotsökonomie folgend in Bestimmungen zu Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit oder Umweltverträglichkeit bestehen. Vor allem tritt die Bedeutung unternehmerischer Tätigkeit und die Förderung von „Unternehmergeist“ in den Vordergrund.
In Europa wurde die Angebotsökonomie zunächst von Ökonomen rezipiert. Vor allem der deutsche Sachverständigenrat rückte in seinen Jahresgutachten schon ab 1977/78 die Angebotsseite als Ursache der Beschäftigungskrise in den Vordergrund. Die Konzentration auf die Angebotsseite sei notwendig, „wenn Investitionsrisiken, Anpassungshemmnisse im Strukturwandel und hohe Produktionskosten das Ertragskalkül so stark belasten, daß zu viele darauf verzichten, ihre Produktionsanlagen zu erweitern und zusätzliche zu schaffen. Neue Güter werden am Markt nicht angeboten, neue Unternehmen nicht gegründet und aus all diesen Gründen kann der Strukturwandel nicht bewältigt werden.“ (Sachverständigenrat, Jahresgutachten 1978) Zur Lösung ökonomischer Probleme propagierte man nun auch in Europa, Hemmnisse für wirtschaftliche Aktivitäten, insbesondere für Investitionen, abzubauen, neue Optionen für Prozeß- und Produktinnovationen zu eröffnen, Risikobereitschaft am Markt zu belohnen und Leistungsbereitschaft zu fördern. Auch Europa folgte nun verstärkt einem aus neoklassischen, schumpeterianischen und monetaristischen Elementen synthetisierten wirtschaftspolitischen Programm.
3. 2. Neoklassisches Kalkül
Die „marginalistische Revolution” der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts veränderte die ökonomische Perspektive grundlegend. Im Gegensatz zur Klassik bestimmten nun nicht mehr die Produktionskosten den Wert eines Gutes, sondern die subjektiven Nutzenvorstellungen der Haushalte. Damit verschob die Neoklassik die ökonomische Perspektive von der Angebots- auf die Nachfrageseite und von der Makro- auf die Mikroebene. Die ökonomische Analyse reduzierte sich „auf die Oberfläche des wirtschaftlichen Geschehens“ “ (Senf 2001), vor allem auf die Preisbildung auf einzelnen Märkten unter verschiedensten Bedingungen. Widmete sich die Klassik des 18. bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als politische Ökonomie den Verflechtungen von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, die noch keine getrennten Wissensbereiche markierten, so trennte die Neoklassik nun die Ökonomie vom Staat und enthob sie ihrem gesellschaftlichen Kontext. Fragen nach staatlichen Interventionen, nach langfristigen ökonomischen Entwicklungen, Konjunkturzyklen und Krisen des Kapitalismus wurden ebenso weitgehend ausgeklammert wie die nach der als gegeben vorausgesetzten Verteilung von Produktionsfaktoren. Makroökonomische Zusammenhänge von Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Verteilung, Preisentwicklung oder Entlohnung wurden nun über die Mikroanalyse erschlossen, ökonomische „Gesetze“ von der einzelnen ökonomischen Einheit – Haushalt, Unternehmen, Individuum – ausgehend abgeleitet. Das individuelle Nutzenkalkül stieg zum Maß aller Wirtschaft empor, die Ökonomie wurde ihres politisch-gesellschaftlichen Kontexts beraubt.
Im Zentrum der neoklassischen Theorie stehen der einzelne wirtschaftliche Akteur und seine Entscheidungen, die – annahmegemäß – darauf zielen, rational, d. h. Kosten und Nutzen kalkulierend, seinen Nutzen zu maximieren, seine Situation also zu optimieren. Die Entscheidungen der Einzelnen werden nun bei vollkommener Konkurrenz über den Marktmechanismus so koordiniert, daß der für jeden Einzelnen – und somit für die Gesellschaft – höchste mögliche Nutzen erreicht wird. Staatliche Intervention kann hierbei nur als optimale Allokation beeinträchtigende Störung marktgesteuerter Anpassungsprozesse interpretiert werden.
Eine Reihe weiterer Annahmen liegt dem neoklassischen Modell vollkommener Märkte zugrunde. Vorausgesetzt wird eine atomistische Marktstruktur mit einer Vielzahl von Anbietern und Nachfragern, für die die Marktpreise gegebene Größen darstellen. Dies bedeutet, daß die Marktpreise von einzelnen Marktteilnehmern nicht beeinflußt werden können, Marktanpassungen erfolgen über die jeweils angebotene/nachgefragte Menge. Dies impliziert letztlich auch, daß keine Vorteile aus Massenproduktion lukriert werden können. Das Fehlen von Marktbarrieren, uneingeschränkte Markttransparenz und unbegrenzte Reaktionsgeschwindigkeit der Marktteilnehmer zählen ebenso zu den Voraussetzungen idealer Märkte wie Homogenität der Güter.
Bei flexiblen Preisen gibt es folglich keine unbeschäftigten Produktionsfaktoren, Arbeitslosigkeit wird daher stets als Folge zu hoher Löhne oder als freiwillige gedeutet. Indem jeder der Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden entsprechend seiner (Grenz-)Produktivität entlohnt wird, setzt das neoklassische Modell darüber hinaus die Produktionsfaktoren einander gleich und legitimiert die Einkommensverteilung: Die augenfällige Rationalität der Verteilung des Produkts auf die Produktionsfaktoren verschleiert die willkürliche Verteilung der Produktionsfaktoren.
Insbesondere das Konzept der mit vollkommenem Wettbewerb verknüpften allokativen Effizienz schließt Umverteilung aus. Das auf Vilfredo Pareto zurückgehende Effizienz-Kriterium besagt, daß kein Marktteilnehmer besser gestellt werden kann, ohne einen anderen schlechter zu stellen. Da interpersonelle Nutzenvergleiche als unzulässig gelten, wird Wohlfahrtsverbesserung durch Reallokation von Ressourcen ausgeschlossen – und damit die Thematisierung von Verteilungsfragen.
Die Neoklassik stellt ein Referenzsystem ohne empirische Geltung dar. Selbst führende Vertreter der Neoklassik bezeichnen sie als Modell einer „idealen Welt“ (Arrow/Hahn 1971). Sie erhebt jedoch den Anspruch, eine allgemeine Logik wirtschaftlichen Handelns zu beschreiben, ohne den Anwendungsbereich der Theorie ausschließlich auf die kapitalistische Marktwirtschaft zu beschränken. Darüber hinaus führte sie zu einer hochgradigen Formalisierung der Volkswirtschaftslehre, die deren wissenschaftliche Immunisierungstendenzen gegenüber dem öffentlichen Diskurs nachhaltig verstärkte.
Die Neoklassik entwickelt das theoretische Fundament für eine neoliberale Konzeption des „Nachtwächterstaates“, mit der der Antagonismus zwischen Ökonomie und individuelle Freiheit bedrohendem Staatsinterventionismus erneuert und der Laissez-faire-Liberalismus des 19. Jahrhunderts revitalisiert wurde. Entsprach die Neoklassik zunächst einem Gegenmodell zur Marxschen Theorie, so wurde die Keynessche Theorie im Gefolge des 2. Weltkriegs mit der „neoklasssischen Synthese“ in Form von „Spezialfällen“ in den neoklassischen Rahmen integriert. Die neoklassische Analyse der Wirtschaft entwickelte sich damit zum herrschenden Paradigma, das sich mit der Hegemonie des Neoliberalismus verfestigte und gegenwärtig nicht nur den wissenschaftlichen Diskurs, sondern auch das Alltagsverständnis von Ökonomie dominiert, nicht zuletzt bildet die Neoklassik die Grundlage universitärer Volkswirtschaftslehre.
3. 3. Das Unternehmer-Modell
Schumpeters 1911 in der Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung konzipierte Idee des innovativen Pionierunternehmers weist dem Unternehmer, der nicht nur die Nachfrage befriedigt, sondern neue Produkte schafft und damit neue Märkte erobert, eine aktive Rolle im Wirtschaftsprozeß zu. In Schumpeters Konzeption entscheiden nicht die Erfindungen oder Ideen, sondern deren Durchsetzung im Konkurrenzkampf. Eine Innovation kann in der Produktion und im Verkauf eines neuen Gutes oder einer neuen Qualität desselben, in der Einführung neuer Produktionsverfahren, der Erschließung neuer Märkte, eines neuen Angebots an Produktionsfaktoren oder der Reorganisation eines/mehrerer Industriezweige bestehen (etwa durch Monopolisierung). Die Innovationen durchsetzenden Unternehmer, nicht die „statischen Wirte“, die Bekanntes mit bekannten Methoden produzieren, treiben die wirtschaftliche Entwicklung voran. Motiviert werden sie von der Aussicht auf Pioniergewinne, denn der Innovator erringt eine vorübergehende Monopolstellung, ihm fallen entsprechende Monopolgewinne zu, bis Konkurrenten die Neuerung imitieren und die Monopolstellung verloren geht. Der dynamische Unternehmer beginnt von neuem seine Suche nach Innovation. In diesem Prozeß „schöpferischer Zerstörung“ liegt Schumpeter zufolge das wesentliche Charakteristikum des Kapitalismus.
Schumpeter charakterisiert den Unternehmer als „Revolutionär der Wirtschaft“, traditions- und beziehungslos, ein Fremder, in der Schicht, aus der er kommt, ebenso wie ein Außenseiter in dem Milieu, in das er aufsteigt, als typischer Emporkömmling oft unsicher, angepaßt, ängstlich – „alles andere als ein Führer außerhalb seines Büros“ (Schumpeter). Dennoch sind Innovationen für Schumpeter „immer mit dem Aufsteigen neuer Männer zur Führerschaft verbunden“, diese Führerschaft aber beschränkt sich auf den wirtschaftlichen Bereich. Unternehmer ist derjenige, der eine Innovation durchführt, Unternehmertum kein Beruf und in der Regel kein Dauerzustand. Kapital bildet Schumpeter zufolge keine Voraussetzung unternehmerischer Tätigkeit, denn die Risikoübernahme bildet keinen Bestandteil der unternehmerischen Funktion, sie fällt vielmehr dem Kapitalisten zu. Folglich ist Unternehmertum nicht an Klassenzugehörigkeit gekoppelt. Mit dieser Differenzierung von unternehmerischem Risiko und unternehmerischer Funktion trennt Schumpeter Kapitalismus und Unternehmertum. Im Gegensatz zum Kapitalisten beschwert den Unternehmer folglich „kein Marxsches Schuldgefühl“ (Galbraith 1987, 219). In dieser Differenzierung liegt „das entscheidende Verdienst von Schumpeter“, das ihm letztlich jene Sonderstellung eintrug, „die er mit nicht geringem Nimbus bis heute innehat“ (Galbraith 1987, 219). Schumpeter räumt zwar ein, daß erfolgreiches Unternehmertum gewöhnlich zu einer kapitalistischen Stellung führt, doch die Spaltung von Kapitalisten und Unternehmern ermöglicht eine ahistorische Universalisierung des Unternehmermodells. Die Unternehmerfunktion bleibt für Schumpeter demnach nicht auf die kapitalistische Gesellschaft beschränkt, sondern findet sich in allen Gesellschaftsformen, selbst in sozialistischen.
Schumpeter ist keiner ökonomischen Schule zuzurechnen, in der Geschichte der ökonomischen Theorie kommt ihm ein Sonderstatus zu. Seine Distanz zur Neoklassik zeigt sich an seiner Betonung makroökonomischer Fragen und gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse. Im Gegensatz zur statischen Analyse der Neoklassik rückt er die Dynamik des Marktes in den Vordergrund. Sein Interesse gilt der Verknüpfung von Sozialem, Psychologischem und Ökonomischem. Ökonomische Theorie versteht er folglich auch als Gesellschaftstheorien.
3. 4. Die Chicagoer Schule
Als Chicagoer Schule wird hier die vorrangig von der Universität Chicago ausgehende, um Friedrich August von Hayek, Milton Friedman und Gary S. Becker zentrierte Ökonomik tituliert, die das Soziale als Form des Ökonomischen redefiniert und damit die Ökonomie universalisiert. Obgleich Monetarismus den Kern ihres wirtschaftstheoretischen und -politischen Programms bildet, geht sie doch – insbesondere bei Becker – weit darüber hinaus.
Das Ökonomische umfaßt für die Chicagoer Schule die Gesamtheit menschlichen Handelns und Verhaltens, das durch die Allokation knapper Ressourcen bei konkurrierenden Zielen charakterisiert wird. Das Kalkül, das die Mittel einem bestimmten Ziel zuweist, rückt ins Zentrum. Die Chicagoer Schule betreibt demnach die Generalisierung der ökonomischen Form. Nicht-Ökonomisches wird mit ökonomischen Kategorien untersucht, individuelles Verhalten und soziale Beziehungen der ökonomischen Perspektive unterworfen. Darüber hinaus wird das Ökonomische auch zum Programm, das es erlaubt, Regierungspraktiken anhand von Marktbegriffen zu bewerten.
Gesellschaft bedeutet für die Chicagoer Schule im Anschluß an die Neoklassik lediglich eine Summe von Individuen. Hayek versteht Gesellschaft als „spontane Ordnung“, die wohl aus menschlichem Handeln hervorgeht, jedoch keinem Entwurf folgt. Sie bildet sich aus der Tätigkeit von Individuen „ohne Absicht“ (Hayek). So entwickelte sich Hayek zufolge die Sprache, das Recht, aber auch der Markt. Diese spontane Ordnung resultiert aus den gesonderten Reaktionen der einzelnen Elemente, sie beruht auf einer Vielzahl nicht bewußter Informationen, folglich entbehrt gesellschaftliche Ordnung der rationalen Überschaubarkeit, sie kann nicht geplant werden. „Regeln, die die einzelnen in die Lage setzen sollen, selbst ihren Platz in einer spontanen Ordnung zu finden, müssen allgemein sein, dürfen nicht bestimmten Individuen einen Platz zuweisen, sondern müssen es dem einzelnen überlassen, sich seine Position zu schaffen.“ (Hayek 1969, 41f.)
Den Menschen leiten Hayek zufolge Verhaltensregeln, die sich ihres gesellschaftlichen Erfolges wegen über Imitation durchsetzen. Zu diesen zählt der Respekt von Eigentum und die Verbindlichkeit von Verträgen. Die Funktion des Staates besteht in der Absicherung dieser „natürlichen Ordnung“, der gegenüber eine unbeschränkte Machtsetzungsautorität der Volksvertretung – insbesondere die Macht der Mehrheit – anzuerkennen, einen „konstruktivistischen Irrtum“ (Hayek) darstelle. Als quasi-naturgesetzliche Ordnung kann der Markt letztlich keine ungerechten Ergebnisse hervorbringen. Gerechtigkeit wird entsprechend nicht als soziale Kategorie gefaßt, sondern lediglich als Fairneß auf individuelles Verhalten bezogen. In der Verhütung von Gewalt und Betrug, Schutz des Eigentums, Sicherung der Einhaltung von Verträgen, Anerkennung gleicher Rechte für alle Individuen, in beliebiger Menge zu produzieren und zu verkaufen, liegen für Hayek die Aufgaben des Staates, dem insofern ein Monopol der Zwangsausübung zugestanden wird. Staatliche Dienstleistungen sind jedoch nur zu befürworten, soweit sie geeignet sind, günstige Rahmenbedingungen für individuelle Entscheidungen zu schaffen. Einwirkungen auf die Einkommensverteilung hingegen sind unzulässig, da sie zur Zerstörung persönlicher Freiheit führen und darüber hinaus kein allgemeiner Konsens über den Stellenwert einzelner Ziele staatlicher Politik insbesondere hinsichtlich Verteilungsfragen bestehen könne.
Auch der Monetarismus, der vor allem als Gegenentwurf zum Keynesianismus eine eigene makroökonomische Theorie auf neoklassischer Grundlage darstellt, hält im Gefolge Hayeks an der Selbststeuerungfähigkeit der Marktwirtschaft fest, Staatseinfluß auf den privaten Sektor wird als schädlich betrachtet. Unsicherheiten des ökonomischen Prozesses werden auf staatliche Eingriffe zurückgeführt, im besonderen auf Steuer- und Ausgabenprogramme. Maßnahmen der Geld-, Kredit- und Fiskalpolitik stellen exogene Schocks dar, denen die Instabilität der Ökonomie zugeschrieben wird. Aufgrund von Wirkungsverzögerungen führen insbesondere Versuche antizyklischer Geld- und Fiskalpolitik, wie sie dem keynesianischen Programm entsprechen, zu destabilisierenden Effekten. Um diese zu vermeiden, fordert der Monetarismus eine Reduktion der Wirtschaftspolitik auf eine konstante und verstetigte Geldmengenpolitik. Friedmans Geldmengenregel sieht konstantes jährliches Wachstum der Geldmenge um zwei bis fünf Prozent vor, das nicht länger der Entscheidung der Zentralbank obliegen dürfe, sondern gesetzlich festgelegt werden müsse. Die grundsätzliche Stabilität des privatwirtschaftlichen Sektors erübrigt staatliche Intervention, Friedman billigt dem Staat lediglich in drei Fällen das Recht auf Eingriffe zu: externe Effekte, „paternalistische Sorge“ und technische Monopole.
Externe Effekte liegen dann vor, wenn die ökonomische Lage eines Wirtschaftssubjekts durch die Aktivität eines anderen ohne Gegenleistung positiv oder negativ beeinflußt wird. So stellen beispielsweise die Abwässer einer Fabrik, die den Fischbestand eines Flusses schädigen, einen negativen externen Effekt für die Flußfischerei dar. In diesem Fall negativer Externalitäten gehen gesellschaftliche Kosten der Produktion nicht in die Unternehmenskalkulation ein, sondern werden auf Dritte abgewälzt. Bei positiven externen Effekten hingegen übersteigt der gesamtgesellschaftliche Nutzen einer Handlung den individuellen Nutzen ihres Urhebers.
Im Falle negativer externer Effekte solle der Staat dann eingreifen, wenn die Betroffenen selbst keine Möglichkeit zum Ausgleich haben, während bei positiven Externalitäten – etwa im Bereich des Erziehungswesens – staatliche Eingriffe Vorteile für die Gesellschaft zu sichern haben. Dem Staat kommt darüber hinaus die Aufgabe paternalistischer Sorge für all jene zu, die – wie Kinder und geistig Behinderte – nicht als verantwortungsfähig gelten können. Schließlich bedürfen technische Monopole etwa im Bereich der Wasser-, Gas- oder Elektrizitätsversorgung staatlicher Regulation. Hier empfiehlt Friedman jedoch ein „maßvolles Privatmonopol“ als „kleinstes Übel“. Auch Becker zieht Nachteile von Monopolen jenen von politischer Monopolkontrolle vor. Nicht nur seiner strikten Ablehnung staatlicher Regulation wegen, sondern vor allem aufgrund seiner Universalisierung des Ökonomischen muß insbesondere Beckers Ökonomie-Verständnis als paradigmatisch für den Neoliberalismus verstanden werden.
Becker begrenzt das Ökonomische nicht auf den Marktbereich, sondern definiert Ökonomie über die Art des Problems, das es zu lösen gilt. Die Fragen von Knappheit und Wahl stellen sich in privaten Haushalten, politischen Institutionen oder Gewerkschaften ebenso wie in Unternehmen. Becker unterwirft folglich sämtliche Lebensbereiche der Logik ökonomischer Optimierung und entsprechender individueller Nutzenmaximierung. Das rationale Kosten-Nutzen-Kalkül wird damit zur universellen Grundlage menschlichen Verhaltens. Die „Entscheidungseinheiten“ müssen jedoch nicht notwendigerweise bewußt kalkulieren, entsprechend seien auch starke Emotionen keineswegs ausgeschlossen. Auf Selbst-Interesse beruhende individuelle Nutzenmaximierung steht auch altruistischem Verhalten nicht entgegen. Altruismus wird ebenso auf individuelle Rationalität zurückgeführt, weil er letztlich ermögliche, individuellen Nutzen zu maximieren.
Familie, Ehe, Kinderzahl ebenso wie Kriminalität und Politik werden Gegenstand der ökonomischen Analyse. Die ideale Demokratie würde Beckers Modell zufolge einem effizienten System freier Unternehmen gleichen, in dem politische Entscheidungen von den Wünschen der Wähler bestimmt würden. Die Ehe hingegen definiert Becker als Zwei-Personen-Firma zur Produktion von Kindern. So konkurrieren auf dem Heiratsmarkt Männer und Frauen um PartnerInnen, um durch Heirat ihr individuelles Nutzenniveau zu erhöhen. Aber auch die Quantität und Qualität von Kindern wird über deren Schattenpreis ökonomisch verhandelbar.
Ökonomisches Kalkül gilt Becker folgend jedoch nicht nur in Beziehungen zu anderen, sondern mit der Humankapitaltheorie auch für das Verhältnis des Subjekts zu sich selbst. Neben schulischer Ausbildung und On-the-Job-Training wird Humankapital auch durch Verbesserungen von „emotionaler und physischer Gesundheit“ gebildet, Humankapital wird also sehr weit gefaßt und schließt etwa gesunde Lebensführung ein. Das Ausmaß der Investition in Humankapital hängt wie bei jeder Investition vorrangig von deren erwarteter Rentabilität ab, dem – monetären und psychischen – return on investment. Menschen werden als Unternehmen betrachtet, die Einkommensmacht produzieren. Daher investieren Menschen mit besseren Fähigkeiten – und folglich besseren Marktchancen – auch mehr in ihr Humankapital. Zumindest drei Fünftel des persönlichen Einkommens werden Becker zufolge über Humankapital und individuelle Fähigkeiten bestimmt.
Die Bildung von Humankapital aber läßt sich nicht vom Prozeß der Selbst-Konstituierung trennen. Das Wirtschaftssubjekt wird damit nicht nur als Konsumfaktor oder Arbeitskraft, sondern in seiner Entität zur ökonomischen Einheit, die menschliche Existenz in ihrer Gesamtheit auf die Ökonomie gerichtet. Becker betrachtet die Organisation der Wirtschaft folgerichtig auch unter dem Aspekt der Selbst-Formierung: „Wirtschaftsordnungen, die auf Privatinitiative und Wettbewerbsmärkte setzen, sind effizienter als solche, die auf umfangreiche staatliche Kontrolle setzen. Langfristig gesehen sind jedoch die Auswirkungen einer marktwirtschaftlichen Ordnung auf die Selbstverantwortung, die Initiative und andere Tugenden vielleicht sogar von noch größerer Bedeutung.“ (Becker/Becker 1998, 117)
Die Differenz zwischen Ökonomie und Sozialem wird eliminiert, denn kein gesellschaftlicher Bereich bleibt von ökonomischer Analyse ausgeschlossen. Darüber hinaus aber siedelt die Humankapitaltheorie das Ökonomische im Individuum selbst an, indem sie Selbst-Formierung an Verwertbarkeit auf dem Markt koppelt. Das Individuum wird damit zum Unternehmer seiner selbst, die Marktlogik dem Individuum eingeschrieben.
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4. Globale Neuordnung: Politökonomische Transformationen
Seit Mitte der siebziger Jahre durchläuft das dominante politökonomische Gefüge der Nachkriegszeit einen Prozeß grundlegender Veränderung. Die Transformation von Technologien, Märkten, Institutionen und sozialen Kräfteverhältnissen beschleunigte sich im Gefolge der Implosion der osteuropäischen realsozialistischen Planwirtschaften. Mit dem Eisernen Vorhang fiel eine mächtige Barriere des Weltmarktes. Ausgebaute Verkehrswege, niedrige Transportkosten, vor allem aber die neuen Kommunikationstechnologien ließen räumliche Distanzen schrumpfen. Längst hatten sich die Finanzmärkte zu einem Weltfinanzmarkt vernetzt. Die Wissens- und Kapitalintensität der Computer-technologie, Telekommunikation, Mikroelektronik und Gen- und Biotechnologien, der neuen Schlüsseltechnologien, fördern die Kooperation wirtschaftlicher, politischer und wissenschaftlicher Interessen-gruppen und beschleunigen Unternehmenskonzentrationen. Die weltweite Liberalisierung der Märkte, transnationale Unter-nehmensstrategien und regionale ökonomische Integration (EU, NAFTA, MERCOSUR) charakterisieren die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft, die in eine „Weltökonomie“ (Narr/Schubert 1994) mündete.
Der Übergang vom Fordismus zum Post-Fordismus begleitete diesen Prozeß. Noch in den siebziger Jahren schützten Zölle und Quoten nationale Märkte, die Produktionsweise folgte dem fordistischen Modell: Auf Massenkonsum gerichtete, angebotsseitig bestimmte Massenproduktion standardisierter Güter bei großen Lagerbeständen und entsprechend vertikal integrierte Produktionsstrukturen. Kostenvorteile aus der Kombination unterschiedlicher Produktlinien lösen solche aus Massenproduktion ab. In den längst angebrochenen Zeiten des Post-Fordismus hingegen bestimmt verstärkt die Nachfrage die Produktion. Differenzierte, kurzlebige Konsummuster führen zu flexibler, rasch auf schnell wechselnde Trends reagierender Produktion mit minimalen Lagerbeständen und Just-in-time-Fertigung, die die horizontale Integration der Produktion begünstigen.
Die mit der Hegemonie des neoliberalen Paradigmas verbundene globale Neuordnung impliziert Entstaatlichung und Deregulierung nationaler Wirtschaften, die wie die Verdichtung inter-nationaler Wirtschaftsverflechtungen die Aushöhlung des Nationalstaates vorantreiben, um eine neue integrale Struktur von Politik und Ökonomie zu formen. Im Zuge der politökonomischen Transformation verändern sich die ökonomischen Funktionen des Staates. Seine Aufgabe besteht nun vermehrt in der Förderung von innovativen Kapazitäten, technischer Kompetenz und Technologietransfer. Durch die zunehmende Öffnung nationaler Ökonomien verliert er an Autonomie, die vom keynesianischen Wohlfahrtsstaat favorisierten makroökonomischen Politikinstrumente büßen an Wirksamkeit ein. Der Nationalstaat verliert zunehmend an Souveränität, nationale wirtschaftspolitische Handlungsspielräume schwinden. An die Stelle keynesianischer Politikinstrumente der Nachfragesteuerung treten Flexibilisierung, Forschungs- und Innova-tionsförderung, Subventionen und Steuersenkungen für Unternehmen. Der schumpeterianische Leistungsstaat – jene dem Postfordismus entsprechende Staatsform, die Krisentendenzen des keynesianischen Wohlfahrtsstaates durch angebotsorientierte Intervention zur Unterstützung von Innovation und die Unterordnung von Sozialleistungen unter die Marktkräfte überwinden soll – greift auf solch angebotsseitige Intervention zurück, um die strukturelle Konkurrenzfähigkeit der nationalen Ökonomie im internationalen Wettbewerb zu erhöhen.
Mit dem Rückzug des Staates und der Reduktion des öffentlichen Sektors übernimmt der Markt mehr und mehr auch die Distribution der Einkommen, während Sozialpolitik, „Unternehmergeist“ einfordernd, verstärkt auf „individuelle Verantwortung“ zielt. Wachsende Marginalisierung und sozialer Ausschluß immer größerer Bevölkerungsgruppen sind die Folge. Der keynesianische Wohlfahrtsstaat, der die Wildwüchse des Marktes durch kollektive Aushandlung regulierend und umverteilend beschnitt, weicht zunehmend dem den Marktkräften sich unterordnenden schumpeterianischen Leistungsstaat, der für ein Minimum an sozialer Kohäsion und das Management politischer Konflikte sorgt.
Die neoliberale Ordnung bedeutet ein Entwicklungsstadium des Kapitalismus, in dem an die Stelle nationaler Monopole transnationale Konzerne als repräsentative Kraft der Wirtschaft treten. Das Interesse an Schutz gegen andere Nationalstaaten schwindet, offene Grenzen werden zur Voraussetzung der „Freiheit des Disponierens“ über Staatsgrenzen hinweg. Die Schwächung des Nationalstaates im Zuge solcher Machtverschiebung hin zu Global Players ist Voraussetzung und Folge. Freiheit meint denn „Freiheit dieser neuen ökonomischen Machtkonzentration“.
Gleichzeitig untergräbt die Rede von der Aushöhlung des Nationalstaats diesen selbst und verdeckt die politische Praxis dieser Aushöhlung. Nach dem Ende der Systemkonkurrenz 1989 wurde Entdemokratisierung mehr und mehr zu einem integralen Bestandteil des neoliberalen Staatsprojekts. Ökonomischer Raum und staatliche Territorialität klaffen zunehmend auseinander. Zugangskanäle zu demokratischen Entscheidungszentren werden verengt, die Exekutive gewinnt zulasten parlamentarischer Institutionen an Bedeutung. Wesentliche Teile des Staatsapparates, insbesondere die Zentralbanken, werden demokratischen Kontrollmechanismen enthoben.
Das politisch-institutionelle Regulationsgefüge erfährt einen Prozeß tiefgehender Restrukturierung, Gewichte innerhalb der Staatsapparate verschieben sich. Weltmarktorientierte Ministerien wie jene für Finanzen, Wirtschaft, Forschung und Technologie etwa definieren Prioritäten, während Ministerien mit innergesellschaftlicher Perspektive wie jene für Arbeit, Bildung, Soziales oder Kultur an Autonomie und Gestaltungskraft verlieren. Darüber hinaus nimmt die Bedeutung schwach legitimierter Apparate, etwa der Europäischen Zentralbank und der Medien, zu, sozial-integrative Organisationen wie Parlamente und Gewerkschaften hingegen werden geschwächt.
Veränderte Zugangsmöglichkeiten zu politischen Entscheidungszentren fördern den Abbau sozialstaatlich den Weg. Gerade das europäische Integrationsprojekt erweist sich diesbezüglich als Projekt der Entpolitisierung der Ökonomie und des Umbaus des Sozial- zum Wettbewerbsstaat. Wirtschaftliche und soziale Funktionen und Kompetenzen werden an den Markt und an vor politischem Druck geschützte internationale Institutionen abgetreten. Zunehmend supranationale Koordination oder Vergemeinschaftung von Politikfeldern und die Einbeziehung privatwirtschaftlicher Akteure geht mit neuen marktanalogen Regulationsmodi einher. Die Ausrichtung auf monetaristische Politik räumt Beschäftigungs- und Einkommensinteressen der AnbieterInnen von Arbeitskraft bei Beurteilung der nationalen Wirtschaftsleistungen kaum Relevanz ein. Die marktkonforme Ausrichtung staatlicher Intervention wird durch autoritär-repressive Regulationsweisen und entsolidarisierende Ideologien flankiert und abgesichert.
Als Folge dieser Verschiebungen werden für die gesamte Gesellschaft existenzielle Fragen zunehmend von Instanzen ohne Verantwortung gegenüber der Bevölkerung entschieden, nationale Legislativen geschwächt, Gestaltungs- und Einflußmöglichkeiten der Gewerkschaften, der Wohlfahrtsverbände und der Bevölkerung reduziert. Neoliberalismus treibt „antipolitische Versionen von Politik“ voran.
Entstaatlichung und Entpolitisierung stellen Strategien der Privatisierung dar, mit der Aufgabenbereiche oder Problemlagen der öffentlichen Verantwortung und Zuständigkeit entzogen werden. So wird nicht nur staatliche Regulation zugunsten des Wirkens der Marktkräfte reduziert, werden nicht nur öffentliche Unternehmen und Dienste privatisiert, sondern Bereiche öffentlicher Verantwortung privater Lösungskompetenz übertragen. Zunehmend wird aber auch öffentliche Verantwortung bestritten, sodaß gesellschaftliche Problemlagen als individuelle gedeutet werden und politisch nicht mehr thematisierbar sind.
Mit Entstaatlichung und Entpolitisierung geht eine Verschiebung der Grenze von Privatem und Öffentlichem einher, aber auch der Gehalt von Privatem und Öffentlichem wandelt sich. Unter dem ideellen Schirm persönlicher Freiheit und Autonomie wird das Private zum Primärort individueller Lebensentscheidungen und kulturell aufgewertet, während Teilbereiche des Privaten gleichzeitig zunehmend kommodifiziert und insofern entprivatisiert werden. Das Öffentliche hingegen erfährt eine entpolitisierende Aushöhlung, die seine kollektive Dimension unterläuft. Öffentlichkeit wird mehr und mehr zur Projektionsfläche persönlicher Sehnsüchte und Ängste – und solcherart privatisiert. In der Veröffentlichung des Intimen drückt sich gesellschaftliche Individualisierung aus, sie zeugt aber auch von einem fundamentalen Wandel der politischen Kultur, in der nicht nur Subjekte vereinzelt, sondern auch Diskurse, Verhandlungen, Kommunikation und politische Optionen privatisiert werden.
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5. Demokratisierung der Ökonomie
Theoriehistorische Rückblicke zeigen, daß lange vor dem Durchbruch neoliberaler Ideologie deren wirtschaftswissenschaftliche Grundlagen gelegt wurden. Ihre erfolgreiche Etablierung verdankt sich weit verzweigter, über Jahrzehnte aufgebauter Netzwerke, die auf wissenschaftlicher, politischer und medialer Ebene die Verbreitung und Popularisierung neoliberaler Ideen und Ziele betrieben. Im Zuge grundlegender politökonomischer Veränderungen und der Krise des Keynesianismus seit den siebziger Jahre setzte sich neoliberales Denken zunehmend durch und avancierte zu einem weitreichenden gesellschaftlichen Konsens.
Neoliberalismus repräsentiert nicht bloß einen ökonomischen, die Ära des Keynesianismus beendenden Paradigmenwechsel, sondern ist als Antwort auf eine in den siebziger Jahren einsetzende Krise von Akkumulation und fordistischer Regulation zu deuten. Das neoliberale Projekt entspricht keiner Rückkehr oder bloßen Wiederbelebung, sondern einer fundamentalen Weiterentwicklung des klassischen Liberalismus. Der Staat überwacht nicht länger, wie es der liberalen Konzeption entspricht, die Marktfreiheit, sondern der Markt selbst wird zum organisierenden und regulierenden Prinzip des Staates: Ein begrenzendes und äußerliches wird durch ein regulatorisches und inneres Prinzip ersetzt, der Markt wird zum Organisationsmodell von Staat und Gesellschaft. Aber auch dem Individuum wird, zu Humankapital transformiert, Marktlogik eingeschrieben.
Jede Suche nach Alternativen muß diese neoliberalen Grundlagen in Frage stellen, indem sie die „großen Erzählungen“ von freiem Markt, Effizienz, Konkurrenz oder Unternehmertum entmythologisiert. Ökonomische Gesetze und daraus abgeleitete Sachzwänge wären entsprechend als gesellschaftliche Konstruktionen, ökonomische Modelle als Gesellschaftsmodelle zu analysieren, um den politischen Gehalt herrschender Ökonomik deutlich zu machen. Einer neuen politischen Ökonomie käme es zu, Politik und Ökonomie analytisch zu reintegrieren und herrschende Grenzsetzungen zu überschreiten, während breite ökonomische Alphabetisierung darauf zielen muß, die weitreichende Immunisierung wirtschaftspolitischer Entscheidungen zu durchbrechen und diese einem breiteren öffentlichen Diskurs zugänglich zu machen, denn: „Die Ideen der Ökonomen und Philosophen, seien sie richtig oder falsch, sind mächtiger, als man im allgemeinen glaubt. Um die Wahrheit zu sagen, es gibt nichts anderes, das die Welt beherrscht.“ (Keynes)
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Literatur
Becker, Gary S. (1975): Human Capital. A Theoretical and Empirical Analysis, with Special Reference to Education, New York/London.
Becker, Gary S. (1976): The Economic Approach to Human Behaviour, Chicago/London.
Becker, Gary S./Becker, Guity Nashat (1998): Die Ökonomik des Alltags. Von Baseball über Gleichstellung zur Einwanderung: Was unser Leben wirklich bestimmt, Tübingen.
Friedman, Milton (1971): Kapitalismus und Freiheit, Stuttgart.
Galbraith, John K. (1987): Die Entmythologisierung der Wirtschaft. Grundvoraussetzungen ökonomischen Denkens, Wien/Darmstadt.
Gerlach, Thomas (2001): Denkgifte. Psychologischer Gehalt neoliberaler Wirtschaftstheorie und gesellschaftspolitischer Diskurse, Dissertation, Universität Bremen.
Goldschmidt, Werner/Klein, Dieter/Steinitz, Klaus (Hg.): Neoliberalismus. Hegemonie ohne Perspektive, Heilbronn.
Hayek, Friedrich August von (1991): Die Verfassung der Freiheit, Tübingen.
Kreisky, Eva (2001): Die maskuline Ethik des Neoliberalismus – Die neoliberale Dynamik des Maskulinismus, in: femina politica. Zeitschrift für feministische Politik-Wissenschaft 2/2001, 76-91.
Michalitsch, Gabriele (2004): Die neoliberale Domestizierung des Subjekts. Von den Leidenschaften zum Kalkül, Frankfurt/New York (im Erscheinen).
Narr, Wolf-Dieter/Schubert, Alexander (1994): Weltökonomie. Die Misere der Politik, Frankfurt/Main.
Schumpeter, Joseph A. (1987/1912): Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, Berlin.
Senf, Bernd (2002): Die blinden Flecken der Ökonomie. Wirtschaftstheorien in der Krise, München.
Mit dem so fortschrittlich klingenden Begriff "Neoliberalismus" wird viel Schindluder getrieben, weil nur wenige sich vorstellen können, was genau sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt, was im konkreten Einzelfall also gemeint ist.
In der Tat sind selbst die wissenschaftlichen Definitionen darüber nebulös und unklar. Es gibt viele wohlklingende und schmeichelhafte Erläuterungen, die mit dem tatsächlichen Verständnis wenig gemein haben.
Es ist ähnlich wie beim Kommunismus, der in der Theorie die schönsten Hoffnungen weckt, an der realen Welt jedoch scheitert.
Wer heute den Neoliberalismus propagiert, will im Endeffekt die weitgehende Ausschaltung des Staates aus dem wirtschaftlichen Lenkungsprozess, will den Kräften des Marktes absoluten Vorrang einräumen.
Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Globalisierung (Abbau der Zollgrenzen) gelten z. B. als typische neoliberale Ansinnen.
Was die Neoliberalen wirklich wollen wird deutlich an ihrem oberstem Glaubensbekenntnis: "Die Weltprobleme werden dadurch gelöst, dass man der Wirtschaft die Führungsrolle vor der Politik überlässt".
Als gläubiger Christ kann ich da nur sagen: Halleluja!
Ich weiß auch keinen Namen irgendeines Mitgliedes dieses Vereins.
Neoliberalismus ist der moderne Teufel der Sozialstaatler.
Er ist eine Erfindung seiner Gegner; - ohne zu existieren.
Sowie die katholische Kirche die Hölle und seine Teufel erfunden hat, um ihre Glaubensidee zu verteidigen, so glauben heute die Sozialisten, die Gefahr des Neoliberalismus zu predigen, um ihr System zu verteidigen.
Und genauso wie der Teufel sich dagegen nicht wehren konnte, da es ihn gar nicht gab, verteidigt auch niemand den LN.
Sicher gibt es viele Bücher darüber - die gibt es auch über den Kath. Glauben und seinen Teufel - (Sensationen ernähren den Schriftsteller) - doch als Beweise dienen sie nicht. - Kritiker.
https://www.attac.de/wissensallmende/basistext/index.php
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Aus dem Inhalt
1. Einleitung
(Geistiges Eigentum als virtuelles Öl des 21. Jahrhunderts, Auseinandersetzungen in der Wissensgesellschaft)
2. Lizenz auf Leben
(Biotechnologische Revolution, Patente auf Leben, Medizinische Forschung und Medikamentenversorgung, Landwirtschaft und Saatgutzüchtung, Biopiraterie und die Aneignung genetischer Ressourcen)
3. Aufstieg und Fall des freien Internet
(Die traditionellen Massenmedien, Das Internet und die digitalen Medien, »Rip, Mix, Burn«, Peer-to-Peer, Freie Software, Freie Meinungsäußerung, »Überwachen und Strafen«, Softwarepatente, Digital Rights Management)
4. Internationale Übereinkommen zu geistigen Monopolrechten
(WIPO, WTO, TRIPS-Abkommmen, UPOV-Konvention, EPÜ und EPA)
5. Volkswirtschaftliche Betrachtung geistiger Monopolrechte
(Besonderheiten, Begründungen und Nachteile geistiger Monopolrechte)
6. Ökonomische Bedeutung der geistigen Monopolrechte
(Geistige Monopolrechte in der New Economy, Enteignungsökonomie, Die Unterhaltungsindustrie als Leitindustrie des 21. Jahrhunderts)
7. Unsere Alternativen
(Kulturflatrate, Kultursteuer, weitere Vorschläge zum Urheberrecht, Freie Software, Wissenschaft und Forschung, Alternativen im Bereich Agrar und Pharma, Aufgaben der sozialen Bewegungen)
Gruß BarCode
Lieber BarCode,
ich hoffe du hast es nicht an den Kopf bekommen,
das täte mir dann doch leid.
Viele Grüße
hjw
Europa nicht ohne Bürger:Volksentscheid über EU-Verfassung Unterschreiben Sie online!http://www.mehr-demokratie.de/412.html...ist ein optimales Beispiel für die Feststellung Kritikers.
Der "Neoliberalismus" ist zum Kampfbegriff der politischen Klasse gegen alle geworden, die einfach nicht verstehen wollen, wie man eine Wirtschaftsform mit mehr als 50% Staatsquote "Marktwirtschaft" nennen kann.
Sicher kannst du einen nennen, der obiges Zitat gesagt hat...
Es gab früher einmal "neoliberale", die sich selbst so nannten, aus deren Tradition ist Erhardt gekommen, die eben gerade den Staat in die klassisch-liberale Theorie wieder einbauen wollten.
"Wer heute den Neoliberalismus propagiert, will im Endeffekt die weitgehende Ausschaltung des Staates aus dem wirtschaftlichen Lenkungsprozess, will den Kräften des Marktes absoluten Vorrang einräumen.
Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Globalisierung (Abbau der Zollgrenzen) gelten z. B. als typische neoliberale Ansinnen."
Das ist allerdings richtig, allerdings nennt sich da kaum einer selbst "neoliberal".
Die Argumentation ist ganz einfach: Der Staat ist schädlich, wenn er meint die Wirtschaft lenken zu können. Bzw. die Wirtschaft ist nicht ohne Folgen lenkbar. Das ist zwar keine schöne Schlussfolgerung für die "Intellektuellen", die meinen alles machen zu können, aber ein kurzer Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass es wahr ist.
Wikipedia gibt einen guten und unvoreingenommen Überblick über den Begriff:
http://de.wikipedia.org/wiki/Neoliberalismus,
wobei dieser Satz ganz wichtig ist, damit man überhaupt weiss, worüber man sich strietet: "Der Begriff Neoliberalismus ist ursprünglich eine Selbstbezeichnung, wird aber heutzutage nahezu ausschliesslich von dessen Gegnern verwendet. Die Befürworter sprechen in der Regel von liberaler Wirtschaftspolitik."
und "...aber den Neoliberalismus als die eine Schule gibt es nicht"
Grüße
Apfelbaumpflanzer
"Neoliberalismus [grch.-lat.], eine erstmals 1939 für eine Konferenz in Genf dargelegte, vornehmlich von den Nationalökonomen W. RÖPKE, A. RÜSTOW, F.A. HAYEK, W. EUCKEN, F. BÖHM und L. MIKSCH vertretene wirtschaftspolit. und sozialphilosoph. Lehre, die als "dritter Weg" zwischen Kapitalismus und Kollektivismus im Dienst marktwirtschaftl. Ordnung und im Zeichen einer Erneuerung und Vertiefung liberaler Ideen eine Wettbewerbsordnung anstrebt. Die Wirtschaft soll nicht, wie auf Grund des "Laissez-faire"- Prinzips, völlig ungeordnet bleiben, sondern, durch Maßnahmen des Staates gestützt und garantiert, die fruchtbaren Kräfte des Wettbewerbs voll zur Entfaltung bringen. Der N. tritt dementsprechend für wirtschaftskonforme Eingriffe des Staates und eine auf das soziale Ganze ausgerichtete Gesellschaftspolitik ein. Er wendet sich gegen jede Art monopolistischer und gruppenegoistischer Machtentfaltung in der Wirtschaft, will der echten wirtschaftl. Leistung ihren Erfolg sichern und lehnt zentrale Wirtschaftslenkung ab. Einige Vertreter des N. befürworten eine kleinbetriebliche Struktur der Wirtschaft; sie wenden sich daher gegen Großbetriebe, Konzerne und Trusts. In der Ungleichmäßigkeit der Besitzverteilung wird ein Haupthindernis für die Verwirklichung des sozialen Ausgleichs der Startbedingungen im wirtschaftlichen Leistungswettbewerb erblickt. Die von W. Eucken begründete Freiburger Schule vertritt den N. in der Form des Ordo-Liberalismus, der sozialliberal unter Festhalten am Grundsatz des Privateigentums an Produktionsmitteln und an der Privatinitiative eine marktwirtschaftlich orientierte Sozialordnung des Wettbewerbs erstrebt. In der vollständigen Konkurrenz wird die diesen Zielen am besten dienende Marktform gesehen; das reine Leistungsprinzip gewährleiste die Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit mit Hilfe rechtsstaatlicher Maßnahmen."
Hervorhebungen von mir.
Grüße
Apfelbaumpflanzer