Was ist Israel wiklich und wie es dazu kam
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 01.09.06 11:53 | ||||
Eröffnet am: | 25.07.06 15:54 | von: marco1972 | Anzahl Beiträge: | 22 |
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1. Der geographisch-historische Hintergrund
Die Vorkriegsjahre
In den Jahren 1918-1924 wurden, zum ersten Mal in der Neuzeit, politische Grenzen für das westliche „Land Israel“ (Eretz Israel) gezogen. Diese Grenzmarkierung ergab sich aus der Erneuerung der politischen Landschaft des Mittleren Ostens nach dem Ersten Weltkrieg, die auf den Ruinen des ottomanischen Imperiums aufgebaut worden sind. Dieser Vorgang macht aus dem historischen und geographisch unklaren Ausdruck „Eretz Israel“ einen politischen Begriff. (Abb. 1 – Die Grenzen des britischen Mandats). In der Balfour Deklaration (1917) wurde für die „Nationale Heimstätte“ der Juden keine geographischen Grenzen festgelegt, es wurde nur der Ausdruck „Eretz Israel“ betont. Nachdem die britischen Behörden in der Region ihre Arbeit aufgenommen hatten, begannen sie die geographischen Grenzen der „Nationalen Heimstätte“ zu entwerfen. Es wurden dazu regionale, politische Abwägungen eingebracht, wie auch wirtschaftliche und demographische Überlegungen.
Abb. 1 – die Grenzen des britischen Mandats
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Die Jahre 1936-1939 werden als die „Zeit der Unruhen“ bezeichnet. Im Lande fand eine arabische Revolte statt, deren Ziel es war, das zionistische Unternehmen zu liquidieren. Teile dieses Aufstandes waren ein Generalstreik, ein Steuerstreik, Anschläge auf britische Interessen und Anschläge auf die zionistische Gesellschaft. Die Briten beriefen zur Beurteilung des Eretz Israel-Problems eine königliche Kommission – die Peel Kommission. Diese kam nach einer extensiven Untersuchung zum Schluss, dass Araber und Juden nicht fähig seien, zusammen in „Eretz Israel“ leben zu können. Deshalb schlug die Peel Kommission vor, das Land in zwei Staaten zu teilen – einen kleinen jüdischen Staat und einen arabischen auf dem grösseren Teil der Landesfläche von „Eretz Israel“. Die heiligen Stätten sollten internationaler Aufsicht unterstellt werden (Abb. 2). Eigentlich ist die Grundlage dieses Teilungsplans von 1937, der Teilung „Eretz Israels“ in zwei Staaten – einen jüdischen und einen arabischen – der zentralste und wichtigste Punkt der Beziehungen zwischen Israel und seinen Nachbarn geworden, ein Punkt, den auch die Meinung der israelischen Bevölkerung bis heute teilt.
Abb. 2: Teilungsplan gemäss Peel Kommission 1937
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Staatsgründung und Unabhängigkeitskrieg
1947 wandten sich die Briten an die Vereinigten Nationen mit der Bitte, das Mandat in „Eretz Israel“ abschliessen zu können. Die Briten ernannten eine Untersuchungskommission zur Untersuchung der dortigen Probleme. Nach Abschluss der Kommissionsarbeiten unterbreitete das Gremium den „Teilungsplan für Eretz Israel“. Der wichtigste Punkt dieses Plans war die Teilung des Landes in zwei Teile – einen jüdischen und einen arabischen, sowie der Vorschlag Jerusalem einer internationalen Aufsicht zu unterstellen. Dieser Teilungsplan wurde in einer Abstimmung von der Generalversammlung der UNO in New York am 29. November 1947 angenommen. Dieser Teilungsplan enthielt eine Landkarte mit der Aufteilung des Landes zwischen Arabern und Juden, die sich hauptsächlich auf die Konzentration der beiden Bevölkerungsgruppen im Jahre 1947 abstützte (Abb. 3)
Abb. 3: Teilungsplan der UNO 1947
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Die jüdische Bevölkerung akzeptierte den Teilungsplan von „Eretz Israel“, nicht so die arabischen Staaten und deren Bevölkerung in diesen Gebieten. Aus diesem Grund marschiertendie Armeen verschiedener arabischer Staaten in Israel ein und entfachten den israelischen Unabhängigkeitskrieg (1948).
Als Resultat dieses Krieges wurden die für die Errichtung eines palästinensischen Staates vorgesehenen Gebiete von Israel erobert. Der Gazastreifen wurde von Ägypten besetzt, das dort eine Militärregierung errichtete, auf der Westbank wurden die heiligen Orte von der Arabischen Legion Jordaniens besetzt, die die gesamte Westbank für Jordanien annektierte und den Einwohnern die jordanische Staatsbürgerschaft gab. Galiläa wurde von Israel erobert, die dortigen Einwohner erhielten die israelische Staatsbürgerschaft. In diesem Krieg flüchteten etwa 600'000 Araber aus Gebieten des heutigen Staates Israel. Heute ist diese Zahl der Bevölkerung in den Flüchtlingslagern auf etwa drei Millionen angewachsen und sind verantwortlich für das heutige „regionale Flüchtlingsproblem“.
Nach dem Krieg, im Jahre 1949, wurde zwischen Israel und seinen Nachbarn ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. In diesem Abkommen wurden neue temp oräre Grenzen festgelegt, wobei das Gebiet Israels grösser ausfiel, als es nach dem Teilungsplan der UNO vorgesehen war. Jerusalem wurde in zwei Teile geteilt – eine jüdische und eine jordanische Stadt. Zwischen den zwei Teilen wurde eine geschlossene Grenze errichtet. Die neue Situation ist in Abb. 4 ersichtlich.
Abb. 4: Grenzen gemäss Waffenstillstandsabkommen im Vergleich zum UNO-Teilungsplan
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Die im Waffenstillstandsabkommen von 1949 festgelegten Grenzen werden auch „Grenzen der grünen Linie“ genannt. Sie waren für 18 Jahre die offizielle Grenze zwischen Israel und seinen Nachbarn, bis zum Sechstagekrieg in 1967.
2. Die strategische Wichtigkeit der Grenzen von 1967
Sechstagekrieg bringt neue Grenzen
Der Sechstagekrieg (Juni 1967) änderte die Grenzsituation völlig. Nach Kriegsschluss fand sich Israel mit einem stark erweiterten Staatsgebiet wieder. Die Golanhöhen (1'150 km2), die Westbank (Judäa und Samaria - 5'878 km2), der Gazastreifen (363 km2) und die Halbinsel Sinai (61'198 km2) waren dazugekommen, wie auch die zwei Teile Jerusalems vereinigt worden sind.
Abb. 5: Grenzen nach dem Sechstagekrieg
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Die Vorteile strategischer Tiefe
Im Gegensatz zu den Grenzen von 1949, gaben die Grenzen von 1967 Israel strategische Tiefe, deren früheres Fehlen von arabischen Staaten ausgenützt worden war. (Abb. 6)
Abb. 6: Die „schmalen Hüften“ Israels
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Dieses Fehlen strategischer Tiefe war besonders an der östlichen Grenze ausgeprägt. Dort im Gebiet der Küstenebene, wo die Mehrheit der israelischen Einwohner wohnt, ist das Gebiet etwa 15 bis 25 km schmal (eine viertelstündige Autofahrt). Überraschungsangriffe arabischer Armeen an dieser Grenze würde den Staat Israel entzwei schneiden und in eine existenzielle Gefahr bringen, die kein Staat überstehen würde. Abbildung 7 zeigt die Empfindlichkeit Israels gegenüber Artilleriebeschuss aus dem Gebiet Judäa und Samaria. Die Abbildung zeigt auch wie der israelische Flughafen und die wichtigen Ballungszentren sich im Bereich eines allfälligen Artilleriebeschusses befinden.
Abb. 7: Israels Empfindlichkeit gegenüber Artillerieangriffen aus Judäa und Samaria
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Die Grenze, die Israels Hauptstadt Jerusalem in zwei Teile schnitt, gefährdete die Stadt, ein Tatsache, die öfters zu Zwischenfällen mit Jordanien geführte hatte.
Von den Golanhöhen, die strategisch den Norden Israels beherrschen, war es möglich, die Dörfer im Jordantal zu beschiessen, die Wasserquellen zu treffen, den Tiberiassee, einziger Süsswassersee des Landes, zu kontrollieren und schlussendlich sogar, den ganzen „Finger Galiläas“, dem nördlichsten Teil Israels, vom Staat abzutrennen.
Abb. 8: Die strategische Wichtigkeit der Golanhöhe
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An der israelisch-ägyptischen Grenze mit Ägypten konnten das ägyptische Militär grosse Armeeverbände zusammenziehen, die nur eine schnelle Fahrtstunde von Beer Schewa und Tel Aviv oder gar nur eine Viertelstunde von Eilat entfernt waren. Ebenso war es Ägypten mit Leichtigkeit möglich die Meerenge von Tiran zu schliessen (was sie auch taten) und auf diese Art Israels einzige Verbindung zu Afrika und dem Fernen Osten abzuschneiden.
Die heutigen neuen Grenzen Israels offerieren dem Staate eindeutige strategische Vorteile zum Überleben. Die Grösse des Staates wuchs um fast das Vierfache, fast alle israelischen Städte und Dörfer befinden sich ausserhalb Artillerieschussweite arabischer Staaten, die Vorwarnzeit, vor allem bei Luftangriffen, ist gewachsen. Die Eroberung der Golanhöhen schenkte den Städten, Dörfern und Kibbutzim im „Finger Galiläas“ Sicherheit. Quellen des Jordans befinden sich heute unter israelischer Kontrolle, was die arabische Drohung Wasser umzuleiten, damit Israel daran nicht teilhaben kann (was in den Jahren 1962-1964 versucht worden ist) etwas entschärft. Auch die „schmalen Hüften“ des Staates zwischen Judäa/Samaria und dem Mittelmeer, die ein extrem hohes strategisches Risiko darstellten, sind verschwunden und die Orte im mittleren Teil des Landes sind nicht mehr an der Landesgrenze. Die Grenze mit Jordanien bildet der Jordan, der strategisch als Kanal gelten darf und gegen Tankangriffe aus dem Osten (Jordanien und Irak) schützt. Weitere strategische Vorteile wurden durch die Stationierung von Radar- und anderen Früherkennungsanlagen auf den Hügeln der Westbank erzielt. Diese Anlagen vergrössern die Warnzeit bei Luftangriffen, die in der Vergangenheit in Sekunden und heute in Minuten gezählt wird (siehe Abb. 9)
Abb. 9: Strategische Vorteile der Berge Judäas und Samarias
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Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass in den im Jahre 1967 besetzten Gebieten eine grosse arabische Bevölkerung lebt. Dies stellt Israel vor ein demographisches Problem, das von der grossen Zahl und der unterschiedlichen kulturellen Zusammensetzung dieser Bevölkerung bestimmt wird. In 1967 wohnten in Judäa und Samaria 585'000 Menschen, im Gazastreifen 380'000, im Sinai und den Golanhöhen waren es nur einige Zehntausende. Im ganzen Land leben nun 970'000 Araber unter israelischer Kontrolle. Bis 2002 ist diese Zahl auf über drei Millionen angestiegen. Damit ist ein entscheidendes demographisches Problem entstanden, das über den jüdischen Charakter Israels bestimmt, darüber ob er ein jüdisch-demokratischer Staat bleiben wird. Diese seit dem Sechstagekrieg bewachsene Problematik hat auf die politischen, wirtschaftlichen, sicherheitspolitischen, strategischen Vorgänge und auf die Besiedlungspolitik der Westbank bis heute entscheidenden Einfluss.
3. Das strategische Verständnis über die besetzten Gebiete in den Jahren 1967-1974
Der Allon-Plan
Im Juli 1967, ein Monat nach Kriegsschluss, wurde der israelischen Regierung der „Allon Plan“ vorgestellt, der eine umfassende Siedlungspolitik in einem Teil der besetzten Gebiete vorschlug. Gemäss Yigal Allons Meinung (Allon war Oberbefehlshaber des Palmach bis zur Entstehung des Staates Israel, dann General der israelischen Armee und eine führende Persönlichkeit der Arbeiterbewegung) habe Israel aus folgenden Gründen sofort über die Zukunft der besetzten Gebiete weitreichende Entscheide zu fällen:
Falls Israel nicht selbst Entscheidungen trifft, würden es andere tun.
Israels Unterlassung zukunftsgerichtete Entscheidungen zu fällen, wird unter den Arabern den Verdacht aufkommen lassen, dass es alle von ihm besetzten Gebiete annektieren wolle.
Dies wird internationalen Druck auf Israel auslösen und, falls es diesem Druck nicht nachgibt, wird dies die Grundlage eines weiteren Krieges gegen Israel sein.
Durch den Schock, in dem sich die arabischen Staaten und die Bewohner der besetzten Gebiete als Folge des verlorenen Krieges befinden, wird es möglich sein bessere Bedingungen auszuhandeln, als später, nachdem sie sich von diesem Schock wieder erholt haben werden.
Die Grundlagen des Allon-Planes: Nutzen des militärischen Sieges zum Erreichen eines gerechten Friedens, denn ein gerechter Friede ist ein Friede durch Kompromisse. Die vier zentralen Punkte des Allon-Plans waren die folgenden:
Die historischen Rechte des jüdischen Volkes auf sein Land.
Israels Sicherheit.
Der jüdische Charakter und ein demokratisches Regierungssystem Israels.
Politischer Realismus.
Das Sicherheitsproblem: Der Jordanfluss wird die natürliche Grenze Israels sein. Der Fluss mit seinen Windungen und steilen Ufern bietet sich als Antitankgraben an, das Jordantal mit seiner schwierigen Topographie und die Berge im Westen ergeben einen strategischen Vorteil zusammen mit Beobachtungsposten und einer beschränkten Zahl Strassensperren. Um dieses Ziel zu erreichen, schlug Allon vor auf zwei Achsen landwirtschaftlicher Siedlungen entlang dieser neuen Grenze aufzubauen. Die erste Achse im mittleren Teil des Jordantals und die zweite Achse auf den östlichen Abhängen der judäischen und samaritanischen Berge. Diese zwei Achsen wären als Verteidigungslinie gegen allfällige jordanische/irakische Angriffe gedacht. Dazu schlug Allon vor, im Jordanland einen Streifen von zehn bis fünfzehn Kilometer Breite zu annektieren, von Beit Scha'an bis zum Toten Meer. Dieser Streifen würde wenig arabische Bevölkerungsteile enthalten.
Das zweite Problem: Allon sah das demographische Problem, das Israel durch die Ballung der arabischen Bevölkerung in Judäa und Samaria erwachsen würde, insbesondere in den höheren Berglagen der Gebiete. „Es ist eine historische Tatsache, dass immer eine grosse arabische Minderheit mit uns leben wird und Israel von arabischen Staaten eingekreist ist.“ Allon wollte nicht, dass diese Gebiete innerhalb der zukünftigen Grenzen Israels sein sollten, er wollte einen bi-nationalen Staat vermeiden. Allon's Plan war, die Berggebiete völlig als arabisches Gebiet zu belassen. Nach seinem Verständnis könnte im Laufe der Zeit ein autonomes arabisches Gebiet entstehen, mit Regierungsverbindungen zu Jordanien. In diesen Gebieten wäre der Bau jüdischer Siedlungen untersagt, um den Arabern eine eigene Autonomie zu ermöglichen.
Allon verlangte von der israelischen Regierung in eigener Initiative einen Plan zur Lösung der Flüchtlingsfrage zu erstellen, in Zusammenarbeit mit internationalen und regionalen Gremien. Es müsse, so Allon, der Versuch unternommen werden, die Flüchtlinge zu rehabilitieren oder versuchsmässig diesen einen eigenen Lebensraum einzurichten. Obwohl Israel dafür keine Verantwortung trägt, sei es seinem eigenen, nicht weniger als im arabischen Interesse das Flüchtlingsproblem zu lösen.
Für die Golanhöhen verlangte der Allon-Plan, dass diese aus Gründen der Sicherheit und der Wirtschaft unter israelischer Oberhoheit bleiben müssen. (Abb. 10)
Abb. 10 – der Allon-Plan
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Die israelische Regierung hat den Allon Plan nie akzeptiert. Der Plan wurde von der Regierung nie offiziell diskutiert, obwohl der Plan zu einem integralen Teil der Besiedlungspolitik der damaligen Politik der Arbeitspartei war. Auf Grund des Allon-Plans wurden im Jordantal dreissig landwirtschaftliche Siedlungen erstellt.
Der Allon-Plan blieb bedeutsam bis zum politischen Umsturz in 1977, doch wird er noch immer (mit leichten Änderungen und Anpassungen) diskutiert und ist Teil der heutigen regionalen geopolitischen Diskussion.
4. Die Auswirkungen des Jom Kippur Krieges auf Israels Grenzen
Die Siedler in den besetzten Gebieten
Die Bewegung „Gusch Emunim“ wurde 1974 gegründet, mit dem Ziel die Besiedlung von ganz „Eretz Israel“ voranzutreiben, ganz besonders in Gebieten, über die in Israel kein nationaler Konsensus herrschte.
Gusch Emunim entwickelte sich aus der Jugendbewegung „Bnei Akiva“. Diese Bewegung erzog ihre Jugendlichen zu Selbstverwirklichung und Pioniergeist im Rahmen der religiösen Kibbutzbewegung. Gusch Emunim war ein Resultat des Traumas des Jom Kippurkrieges. Dieser Krieg war der Auslöser der Siedlungsideologie und derer Verwirklichung.
Die Talmudhochschule „Jeschiwat Ha Raw“, die von Rabbiner Zwi Jehuda Kook geleitet wurde, war zu dieser Zeit fast die einzige Jeschiwa zionistischen Charakters. Zu ihr fanden die Leute der „gehäckelten Käppchen“, ehemalige Bnei Akiva Mitglieder, die ihren Militärdienst abgeschlossen hatten. In dieser Jeschiwa wurde die Tradition vermittelt, die unter anderem den Einbezug von Juden, die keine religiösen Gebote ausübten, doch ihren Kindern die Besiedlung von Eretz Israel näherbrachten. Es war vor allem der Fanatismus für „Eretz Israel“, für das exklusive Recht Israels auf ganz Eretz Israel, der auf Gusch Emunim aufmerksam machte. Sein Grundsatz war, dass kein Teil von Eretz Israel unter Fremdherrschaft sein dürfe und das Land deswegen besiedelt werden müsse, auch wenn es gegen die politischen Interessen des Landes und der Regierung verstosse. Gusch Emunim verlangte ganz Jehuda und Samaria zu besiedeln, besonders in Gegenden mit arabischer Mehrheit, um damit eine jüdische Präsenz in der ganzen Gegend zu markieren.
Die damalige Regierung der Arbeitspartei lehnte dies ab. Als Antwort darauf begann Gusch Emunim mit dem Errichten von illegalen jüdischen Siedlungen in der Westbank und behaupteten, dass keine israelische Regierung das Recht hätte, Juden das Siedeln im Herzen des historischen jüdischen Staates zu verbieten. Als erster Schritt versuchte Gusch Emunim jüdische Siedlungen ausserhalb des im Allon-Plan und der Regierungspolitik vorgesehenen Landes zu errichten. Die Regierung liess diese durch die Armee abrechen und es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Siedlern. Mit dem politischen Umsturz in 1977 kam die politische Rechte an die Macht. Unter Menachem Begin, der die Siedler ermutigte änderte die Regierung ihre Richtlinien in bezug auf die Besiedlung über der „Grünen Linie“. Gusch Emunim konnte nun in völliger Harmonie mit der Regierung und der zionistischen Bewegung seine Pläne realisieren. Zwar lehnte die Bewegung den Autonomieplan und die Rückgabe der Sinaihalbinsel an Ägypten im Rahmen des Friedensvertrages mit Ägypten, beide 1978 in Camp David unterschrieben, ab. Beide Abkommen führten zu Spannungen zwischen dem Gusch Emunim und Begins Rechtsregierung.
Die Vertreter des Gusch Emunim versuchen zwischen ihrer Besiedlung der Westbank und der zionistischen Erneuerung zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts eine direkte Verbindung herzustellen. Damit wollen sie die Legitimität der Besiedlung in den besetzten Gebieten herstellen. Das Schicksal der Siedlungen wird das Schicksal des zionistischen Unternehmens grundsätzlich beeinflussen. Die Gerechtigkeit der jüdischen Siedlungen inmitten der arabischen Bevölkerung (Abb. 11) steht in Analogie mit den Siedlungen den Pionieren der ersten Einwanderungswelle (Erste Alia) von 1882 –1905. Die Bewegung sieht das als Wiederbelebung der zionistischen Werte und versucht die Besiedlung der Westbank in den Mittelpunkt der israelischen Gesellschaft zu stellen. Trotz allen Bemühungen wird jedoch Gusch Emunim vorläufig als Abweichung aus der Politik Israels verstanden, als ideologische Alternative vor allem für den religiösen Zionismus im Staat.
Inzwischen hat die massive Besiedlung durch die Mitglieder des Gusch Emunim in Judäa und Samaria eine Änderung der strategischen Situation herbeigeführt, die Zeit läuft gegen die Palästinenser. Sie hat die Reibungsfläche zwischen Juden und Arabern wie auch die gegenseitige Feindschaft zwischen den beiden Bevölkerungsteilen erhöht.
Abb. 11: Die jüdische Besiedlung von Judäa und Samaria
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5. Die wechselnden Grenzen Jerusalems
Laut UNO-Beschluss aus dem Jahre 1947 hätte Jerusalem einen demilitarisierten und neutralen Status unter internationaler Kontrolle durch die UNO erhalten müssen, doch schon am Tage nach dieser Abstimmung über die Teilung Eretz Israels in einen jüdischen und einen arabischen Staat, begann der Befreiungskrieg, ausgelöst durch die Weigerung der Araber den Teilungsplan zu akzeptieren. In diesem Krieg eroberte Jordanien das Gebiet der Westbank, darunter auch das jüdische Quartier in der Jerusalemer Altstadt. Nach Kriegsschluss blieb Jerusalem eine geteilte Stadt, getrennt durch Mauern und Zäune, die Israel und Jordanien trennten. Die Stadt blieb bis zum Sechstageskrieg geteilt.
Am 1. Dezember 1947 entschied die jordanische Regierung die Westbank und Jerusalem zu annektieren und dem jordanischen Königreich hinzuzufügen. Die arabische Liga war mit diesem Entscheid nicht einverstanden. Als Kompromiss wurde die Teilung nur als zeitweilige Lösung betrachtet, bis das palästinensische Problem gelöst sei. Die Annektierung der Westbank und Jerusalems durch das Königreich Jordanien wurde weltweit nur von Pakistan und Grossbritannien anerkannt.
Aus diesem Grund wurde Jerusalem zu einer Stadt, die durch eine Grenze in zwei Teile geschnitten worden war. Viele jüdische und arabische Einwohner verliessen die Stadt während dem Krieg und in der Zeit danach. Die Stadt wurde im Krieg wirtschaftlich zerstört und verlor ihren Status als Wirtschaftszentrum. Sie war ohne internationale Verkehrsverbindungen, ohne wirtschaftliches Rückgrat und ohne industrielle und finanzielle Infrastruktur. Jerusalem war kein Zentrum mehr, sondern hatte seine frühere Wichtigkeit verloren.
Trotz den schwierigen Bedingungen, gab die israelische Regierung am 13. Dezember 1949 offiziell bekannt, dass Jerusalem, auf Grund seiner religiösen, nationalen und symbolischen Wichtigkeit für das jüdische Volk, die Hauptstadt des Staates Israel sei. Die Welt sträubte sich, aus politischen und religiösen Gründen, dies anzuerkennen, stand aber vor vollendeten Tatsachen.
Der Zusammenschluss Jerusalems im Jahre 1967 – ein Zusammenschluss, der in der jüdischen Bevölkerung nationale und zum Teil religiöse Gefühlsausbrüche hervorrief – schuf geopolitisch eine neue Situation. Zum ersten Mal hatte es Israel in den Händen den geopolitischen Status Jerusalems zu ändern. Israel wünschte die trennenden Mauern abzureissen und die Einheit der Stadt wieder herzustellen. In Israel entwickelte sich ein nationaler Konsensus für ein grosses vereinigtes Jerusalem mit einer jüdischen Mehrheit.
Aus diesem Grund, einige Tage nach Abschluss des Sechstagekrieges, am 27. Juni 1967, erliess die Knesset (das Parlament) ein Gesetz zur Annektierung des bisher jordanischen Ostteils Jerusalems – eine einzige Stadt sollte es sein, die kein zweites Mal wieder getrennt werden sollte. Die politischen Grenzen Jerusalems wuchsen um das Dreifache – von 37'000 Dunam auf 108’000 Dunam. (Abb. 12)
Abb. 12: Grenzen Jerusalems vor und nach 1967
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Aus der Abwägung, unter Berücksichtigung demographischer, strategischer und topographischer Aspekte, geographisch eine vereinigte Stadt zu schaffen, resultierten die heutigen Stadtgrenzen. Die Hauptsache war es innerhalb dieser Grenzen ein Maximum an Land mit einem Minimum arabischer Bevölkerung zu gewinnen. Es entstand eine Stadt mit 267'000 Einwohner, davon 74% Juden und 26% Arabern. Die neuen Grenzen Jerusalems versuchte Israel durch eine enorme Bautätigung und Erstellung grosser neuer Wohnquartiere zu sichern (Abb. 13). Die neue Stadtplanung wurde auch mit der Absicht vorgenommen, eine erneute Teilung aus Gründen der neuen demographischen Situation zu verunmöglichen.
Abb. 13: Neue Wohnquartiere in Jerusalem
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Die Vereinigung Jerusalem bedeutete für die Stadt einen neuen Charakter – aus einer idyllischen Stadt wurde eine kosmopolitische Metropole, aus der mittelgrossen jüdischen Stadt wurde eine multikulturelle Grossstadt.
Am 30. Juli 1980 erliess das israelische Parlament ein neues Grundgesetz: das vereinigte Jerusalem wurde zur Hauptstadt Israel erklärt. Dies führte dazu, dass die UNO mit ihrer Resolution 478 diesen israelischen Parlamentsentscheid rügte und ihn gemäss internationalem Recht als ungültig erklärte. Die UNO empfahl ihren Mitgliedstaaten keine diplomatischen Vertretungen nach Jerusalem zu verlegen, sondern diese in Tel Aviv zu belassen.
Die in 1982 in Marokko stattgefundene arabische Gipfelkonferenz adoptierte eine Erklärung zur Errichtung eines palästinensischen Staates, mit Jerusalem als Hauptstadt. Eine ähnliche Erklärung wurde auch 1988 in Algier veröffentlicht, in der ein palästinensischer Staat mit Jerusalem als Hauptstadt gefordert wurde.
Im Jahre 1991, an der Madrider Konferenz erklärten die USA den Palästinensern, dass sie die Annektierung Ost-Jerusalems durch Israel und die Grenzerweiterungen der Stadt nicht anerkenne. Die USA erklärte, dass die Einwohner Ost-Jerusalems an palästinensischen Wahlen für den zu errichtenden palästinensischen Staat teilnehmen könnten. Seither erklärt Jasser Arafat wiederholt, dass schlussendlich ein palästinensischer Staat entstehen werde, dessen Hauptstadt nur Jerusalem sein könne.
Der Status Jerusalems soll in den Friedensverhandlungen mit den letzten noch zu lösenden Problemen zwischen Israel und den Palästinensern diskutiert und gelöst werden. Verhandlungen, sollten, wie man weiss, zu Kompromissen führen. Doch die israelischen Regierungen schworen, sich über den Status von Jerusalem auf keinerlei Kompromisse einzulassen. Tatsächlich war das gesamte politische Establishment, die Regierungskoalitionen und die Opposition immer einig, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels sei und nie wieder geteilt werden solle. Aber trotz diesen politischen Erklärungen, wurde 1993, nach 26 Jahren, in denen immer wieder erklärt worden war, dass über Jerusalem nicht verhandelt werden könne, der Staat die präzedenzlose Verpflichtung übernahm, mit den Palästinensern auch über eine Teilung Jerusalems zu reden. Zur Blüte kamen dies bei den Friedensgesprächen der Regierung Barak mit den Palästinensern im Juli 2000 zu Sprache, in denen den Palästinensern eine Reihe territorialer Verzichte auf Grund demographischer Fakten vorgeschlagen wurden, die zu einer völligen Teilung der Stadt geführt hätten. Die Stadt hätte sich von seinen seit 34 Jahren bestehenden Grundlagen städtischer Entwicklung vollkommen befreien müssen. Der Fall der Regierung Barak (zu einem guten Teil auch auf seine Bereitschaft über eine Teilung Jerusalems zu reden) brachte in Israel eine rechtsnationale Regierung an die Macht, die sich weigert, über eine Teilung Jerusalems auch nur zu sprechen.
Trotz allen Anstrengungen, die von den israelischen Regierungen zur Entwicklung der Stadt, zur Errichtung neuer Quartiere für die jüdische Bevölkerung vorgenommen worden sind, wuchs auch die arabische Bevölkerung Jerusalems weiter und stellt inzwischen 31% der Bevölkerung der Stadt dar, was die demographischen Probleme der Stadt und das Problem einer zukünftigen Teilung noch weiter verschärft.
Rund um Jerusalem sind neue jüdische Städte im Bau, mit denen die allfällige Übergabe Ost-Jerusalems, ähnlich wie früher an Jordanien und in der Zukunft an einen palästinensischen Staat verhindert werden soll (Abb. 14).
Abb. 14: Jerusalems Einzugsgebiet
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6. Nach dem Übergangsabkommen mit den Palästinensern von Oslo – September 1993
Nach zwanzig Jahren israelischer Herrschaft über die Gebiete Judäa, Samaria und den Gezastreifen, in denen eine grosse palästinensische Bevölkerung in Unterdrückung lebte, begannen die Palästinenser für einen Abzug der israelischen Armee aus diesen Gebieten und für die eigene Unabhängigkeit zu kämpfen. Die vom Volk getragene Intifada begann als „Krieg der Steine“, entwickelte sich jedoch zu reinem Terror. Die palästinensischen Terroraktionen erweckten bei vielen Israelis das Gefühl, dass die besetzten Gebiete auf die Länge nicht gehalten werden könnten, sondern dass eine für beide Seiten akzeptable Lösung gefunden werden müsse.
Parallel zur palästinensischen Intifada in den besetzten Gebieten, entwickelten sich innerhalb der PLO Änderungen ihrer Politik, die andeuteten, dass sie sich auf Verhandlungen mit Israel einlassen werde, mit dem Ziel eine mögliche politische Lösung zu finden. Von der absoluten Verweigerung des Existenzrechts Israels, durch die Doktrin der „schrittweisen“ Zerstörung bis zur Anerkennung dessen Existenz unter Beibehaltung der palästinensischen Konvention, die den Juden jegliches Recht zu einem eigenen Staat aberkennt. Nach vier Jahren palästinensischer Intifada wurde die Madrid-Konferenz der im arabisch-jüdischen Konflikt beteiligten Staaten einberufen. Israel, unter der Führung seines Ministerpräsidenten Itzchak Schamir, erklärte sich zu Gesprächen mit den Palästinensern bereit, mit dem Ziel auf diplomatischem Weg eine faire Lösung für beide Völker zu finden. Wirkliche Bestrebungen in diesem Sinn begannen allerdings erst nach der Wahl Itzchak Rabins zum Ministerpräsidenten in 1992.
Das Oslo Abkommen A
Am 13. September 1993, nach Jahrzehnten der Feindschaft und der Kriege kam der historische Augenblick: Auf dem Rasen des Weissen Hauses drückten sich der israelische Ministerpräsident und der Vorsitzende der PLO die Hände. In Oslo, der Hauptstadt Norwegens, wurden die Prinzipien des Abkommens zwischen Israel und der PLO erarbeitet, in denen das beidseitige Verhältnis und die Errichtung eines palästinensischen autonomen Staates vorgesehen waren. In diesem Abkommen erklärten beide Seiten auf Gewalt zu verzichten, unter gegenseitiger Anerkennung der legitimen und politischen Rechte der zwei Parteien und sich für eine Koexistenz des Friedens einzusetzen. Im Abkommen war vorgesehen als Zwischenlösung „eine palästinensische Behörde zur Eigenverwaltung“ zu errichten, bis die endgültige Lösung zwischen Israel und den Palästinensern gefunden werde, die auf Grundlage der Resolution 242 und 338 des UNO-Sicherheitsrates beruhen solle. Arafat verpflichtete sich in diesem Abkommen den Paragraphen 26 der palästinensischen Konvention, der zur Vernichtung Israels aufruft, zu widerrufen, die Anerkennung Israels durch die PLO und den Willen zu bekräftigen, den gegenseitigen Streit friedlich beizulegen. Israel verpflichtete.
Die Reaktionen in Israel zu diesem Abkommen waren gemischt. Im Gegensatz zur demonstrativen Unterstützung durch die politische Linke, ging die Rechte zu Zehntausenden aus Protest auf die Strasse. Am 4. September 1995 standen 40'000 Menschen auf dem Kikar Malkei Israel in Tel Aviv um das Abkommen zu unterstützen, zwei Tage später gingen 50'000 in Jerusalem auf die Strasse um dagegen zu protestieren und griffen die 2500 Polizisten an, die als Ordnungshüter abkommandiert worden waren. Dutzende wurden verhaftet, weil sie gewaltsam in die Regierungsämter eindringen wollten. Auch auf der palästinensischen Seite wurde versucht, das Abkommen zu torpedieren, Mitglieder der Hamas und des Islamischen Dschihad führten zahlreiche Terroranschläge aus, mit dem Ziel, das ihren eigenen Interessen widersprechende Abkommen zu verhindern.
Im 1994 in Kairo unterschriebenen Abkommen wurden die von der israelischen Armee freizugebenden Gebiete in Gaza und der Stadt Jericho bestimmt, wie auch vereinbart die Macht in diesen Gebieten den palästinensischen Behörden zu übergeben (Abb. 16: Oslo Abkommen). 27 Jahre israelischer Herrschaft in diesen Gebieten waren vorbei. Das Abkommen wurde in der Knesset mit der Mehrheit von 61 Stimmen angenommen. Die politische Rechte und die Siedler wiedersetzten sich heftig. 1994 wurde Rabin, Peres und Arafat der Friedensnobelpreis verliehen.
Abb. 15: Das Oslo Friedensabkommen
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Das Oslo-Abkommen B – September 1995
Die Fortsetzung des Oslo-Abkommens A wurde mit der Unterschrift des Oslo-Abkommens B, dem vorübergehenden israelisch-palästinensischen Abkommen, erweitert. Es wurde im 28. September 1995 in Washington durch Itzchak Rabin, israelischer Ministerpräsident und Jasser Arafat, Vorsitzender der PLO unterzeichnet. Das Ziel dieses Abkommens war, die palästinensische Autonomie in der Westbank durch demokratisch gewählte Behörden zu stärken – dem „palästinensischen Rat“ – und damit die Zusammenarbeit und das friedliche Zusammenleben, basierend auf gemeinsamen Interessen und gegenseitiger Achtung und unter Wahrung der grundlegenden Interessen des Staates Israel zu fördern.
In diesem Abkommen wurde der Zeitplan des israelischen Armeeabzugs und die Einteilung der Westbank in drei Kategorien festgelegt. (Abb. 17):
Gebiet A – beinhaltend die sechs grossen palästinensischen Städte der Westbank, in denen die palästinensischen Behörden volle Verantwortung für die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung und zivile Angelegenheiten tragen würden.
Gebiet B – beinhaltend palästinensische Kleinstädte und Dörfer (70% der gesamten palästinensischen Bevölkerung der Westbank). In diesen Gebieten übernehmen die palästinensischen Behörden die Verantwortung für die öffentliche Ordnung, während Israel die oberste Verantwortung für die Sicherheit trägt, um die Bevölkerung zu schützen und den Terror zu bekämpfen.
Gebiet C – beinhaltet auch unbewohnte Gebiete, Gebiete mit israelischen Siedlungen, Orte strategischer Bedeutung für Israel. In diesen Gebieten behält Israel die volle Verantwortung.
Abb. 16 – Oslo B Abkommen
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Am 4. November 1995 wurde Ministerpräsident Itzchak Rabin ermordet, anlässlich einer Massendemonstration unter dem Motto „Für Frieden und gegen Gewalt“. Der jüdische Attentäter hoffte mit dieser Tat den Friedensprozess aufzuhalten. Rabins Ermordung änderte den Friedensablauf und führte zur Nichteinhaltung des Zeitplanes. Mörderische palästinensische Anschläge in dieser Periode zogen die bisherigen Abmachungen in Zweifel. Im Juni 1996 führten Wahlen zu einer politischen Revolution. Benjamin Nethanjahu wurde zum Ministerpräsidenten gewählt und verkündete, dass seine Regierung die Verträge seiner Vorgänger einhalten werde, allerdings auf andere Art, „ohne Hast und mehr auf Sicherheit bedacht“. Im Januar 1997 unterschrieb der damalige Ministerpräsident Nethanjahu das Wye-Abkommen (in der Wye Plantage in den USA), welches die Oslo Abkommen weiterführen sollte.
Ehud Barak, 1999 zum Ministerpräsidenten gewählt, stellte sich selbst die Aufgabe den Friedensprozess weiterzuführen, mit den Palästinensern wie auch mit Syrien und dem Libanon. Anfangs Oktober 2000 musste sich seine Regierung mit einer neuen Realität messen – die Intifada El-Aksa brach aus und führte zu Kämpfen und Schiessereien in Judäa, Samaria, Gaza und Jerusalem. Die Palästinenser beschuldigten Ariel Scharon, dass sein Besuch des Tempelberges der Grund zum Ausbruch der Gewalttätigkeiten sei. Tatsächlich aber hatten die Spannungen schon in den diesem Besuch vorangehenden Monaten begonnen, die Begründung war nichts als eine vorgeschobene Ausrede. Diese Wellen der Gewalt waren ein klarer Bruch des Oslo-Abkommens, in dem sich die palästinensischen Behörden verpflichteten jede Gewalt in den unter ihrer Herrschaft stehenden Gebieten zu verhindern. Im Januar 2001, nur wenige Wochen bevor er eine Vertrauensabstimmung in der Knesset verlor, präsentierte Barak den Palästinensern einen neuen Friedensplan, in dem 10% der Westbank für Israel beansprucht wurde, in denen „Siedlungsblöcke“ bestehen bleiben würden, mit 70% der Siedlungen und 85% der Siedler. 90% des Gebietes würde dem unabhängigen palästinensischen Staat unterstellt (Abb. 19). Ebenfalls sah dieser Plan die Teilung Jerusalems vor. Dieser Plan war der umfassendste und grosszügigste, der je den Palästinensern vorgeschlagen worden war, doch diese sahen darin nur eine weitere Grundlage zu Verhandlungen mit Israel. Der Fall der Regierung Barak in den Wahlen, die Übernahme der Regierung durch die politische Rechte unter Ariel Scharon und die Fortsetzung der Intifada brachte die Verhandlungen zwischen den zwei Parteien zum Zusammenbruch und führte im israelischen und im palästinensischen Friedenslager zu Pessimismus im Hinblick auf die gemeinsame Zukunft.
Abb. 17: Baraks Vorschläge in 2001 für einen palästinensischen Staat.
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7. Der Streit über das ganze (vollständige) Eretz Israel vom Sechstagekrieg bis heute
Der Sieg der IDF (Israeli Defence Forces) im Sechstagekrieg im Juni 1967 – die Eroberung der Golanhöhen, die Sinaihalbinsel, Judäa, Samaria und der Gazastreifen, ist ein Punkt der Diskussionen über die gewünschten Grenzen Israels. Zum ersten Mal in der neueren Geschichte, liegt es in der Hand der Juden (so sieht es wenigstens aus) die gewünschten Staatsgrenzen selbst zu bestimmen. Doch, da eine allgemeine nationaleEinigkeit über die Zukunft der Gebiete und ihrer Bewohner fehlt, kam man überein, den „Entscheid zu verschieben“. Damit drückt sich Israel vor einer ideologisch umfassenden Abklärung dieser Themen und damit vor einer klaren Regierungspolitik.
Die Polemik über die wünschbaren Grenzen brach gleich nach Ausbruch des Sechstagekrieges aus. Heute, fünfunddreissig Jahre nach diesem Krieg, ist das Problem nicht nur nicht gelöst, sondern verschärft und spaltet das israelische Volk in gefährlicher Weise.
Die Diskussion kann in zwei Betrachtungsweisen geteilt werden, die beide grosse Unterstützung aus dem Volk geniessen, sowie zwei Ansichten extremer Art, die wenig Beifall aus der Öffentlichkeit erhalten. Das ist die messianistische, religiöse Auffassung, dass die Grenzen von Eretz Israel innerhalb „biblischer Grenzen“ (auch Gross-Israel auf beiden Seiten des Jordanflusses) identisch sind. Demgegenüber besteht die Auffassung, vollständig zu die Grenzen von 1967 zurückzukehren und auf der Westbank einen palästinensischen Staat zu errichten, was auf den Abbruch der Siedlungen und die Überführung von etwa 200'000 Siedlern innerhalb der Grünen Grenze und der erneuten Teilung Jerusalems herauslaufen würde. Wie gesagt, diese zwei Ansichten haben am wenigsten öffentliche Unterstützung.
Jede Meinung, die einen Verzicht auf Teile von Judäa und Samaria enthält, ist pragmatisch, da sie zu territorialen Zugeständnissen bereit ist, – sei es wegen des „demographischen Gespensts“ und dessen Auswirkungen auf den Staat Israel, ein jüdischer und demokratischer Staat zu bleiben – oder aber auch, um massive internationale Kritik zu vermeiden und aus ethischen und humanen Gründen.
Die Zahl der Vertreter dieser Lösung, seit 1967 bis heute, ist gross. Dazu gehören seit dem Allon-Plan aus 1967, der zum Vater der weiterer Pläne wurde, alle Vorhaben dieser Art hin bis zum Oslo Abkommen (es sollte erwähnt sein, dass keiner dieser pragmatischen Pläne den Abzug Israels aus den Golanhöhen erwähnt).
Der hauptsächliche Unterschied der verschiedenen pragmatischen Lösungen zwischen dem Rechtsblock und den Linksparteien, liegt heute vor allem in der Frage, "wie gross das den Palästinenser zu übergebende Gebiet sein soll" Anstelle, dass die Frage gestellt wird „ob ein palästinensischer Staat“ entstehen soll und "wie gross die Zahl der zu schliessenden Siedlungen sein muss", statt „ob Siedlungen überhaupt aufgehoben werden sollen“. Nur über die zukünftige Wiederteilung Jerusalems bestehen zwischen „Tauben“ und „Falken“ noch tiefere Unterschiede.
Nach 35 Jahren jüdischer Besiedlung der Westbank, zeigt es sich, dass der Staat Israel das demographische Potenzial gar nicht besitzt, um sich über die mehr als eine Million ansässiger Palästinensern durchzusetzen. Deshalb stellte es sich heraus, dass die verstreute Anzahl kleiner israelischer Siedlungen sich weder physisch noch demographisch in den von vielen zehntausenden Palästinensern bewohnten Ballungszentren mit acht grossen Städten und den diesen naheliegenden vielen Dörfern, behaupten können. Die geographische Realität der palästinensischen Ortschaften in Judäa und Samaria ist so dominant, dass sämtliche israelische Siedlungsanstrengungen der letzten Jahrzehnte diese nicht schwächen konnte.
Auf der Landkarte der Annektierung von Judäa und Samaria, war das zentrale Anliegen die Annektierung der grossen Siedlungsblöcke entlang der Grünen Grenze und der Blöcke, die sich nahe Jerusalem befinden. Der damalige Ministerpräsident, Ehud Barak, bestimmte, dass etwa 80% der Siedler, in den von Israel zu annektierenden Gebieten bleiben würden. Es wurden dafür fünf bis sechs Prozent des Gebietes waren vorgesehen. Diese minimale Forderung der Regierung Barak zu Gebietsannektierungen, ist der völlige Gegensatz zur „Gross-Israel“ Ideologie. Zusätzlich brachen auch weitere bisherige Auffassungen über die Siedlungen und deren sicherheitspolitischen Wert zusammen, mit denen die Besiedlung von Territorien im allgemeinen und in Judäa und Samaria im besonderen bisher begründet worden waren. In 128 Siedlungen der Region, lebten im Jahre 2000 191’000 Bewohner. Nur eine kleine Zahl dieser Siedlungen wurde in diese Annektierungslandkarte aufgenommen. Im Hintergrund der Siedlungen stand das nationale Verlangen zu einer Rückkehr zu den historischen Orten, doch die Mehrheit der Siedler wählte die „Besiedlung der Bequemlichkeit“, nahe der Grünen Grenze und Jerusalem. Aus diesem Grunde war der effektive territoriale Erfolg der Siedlungen vor allem auf gewisse Grenzkorrekturen beschränkt, entlang der Grünen Grenze, in der näheren Umgebung Jerusalems, ausserhalb dessen politischen Grenzen und noch einige weiter Blöcke, die zusammen fünf bis sechs Prozent der Westbank ausmachten, etwa 300 km2. Die Siedlungen erzeugten ein Territorialproblem in der Bestimmung der Grenzen des zukünftigen Palästinenserstaates, da sie diesen in weiten Teilen in einzelne Blöcke teilten. Obwohl eine endgültige Bestimmung der Standort der verbleibenden Siedlungen nicht vorliegt, werden zur Zeit weitere Wohneinheiten dazugebaut und sind sogar in den letzten paar Jahren in den Hügeln der Region erstellt worden. Ebenso sind weitere für die Zukunft als Pioniersiedlungen vorgesehen.
Nach Abschluss der gegenwärtigen gewalttätigen Auseinandersetzungen, die inzwischen zu Hunderten von Toten, Tausenden von Verletzten und materiellen Schäden von unzähligen Milliarden Dollars führten, ist das Scheitern der Politik der Eroberung durch Besiedlung offensichtlich geworden.
Es darf gesagt werden, dass seit der Balfour-Erklärung, die Araber inzwischen verstanden haben, dass die Juden nach Eretz Israel gekommen sind, um ein nationales Heim aufzubauen und weigern sich deshalb starrsinnig, irgend einen Kompromiss über die Teilung des Landes einzugehen. Alle Vorschläge zur Teilung seit dem Peel-Plan von 1937 und bis zum Clinton-Plan in 2002, wurden immer und immer wieder zurückgewiesen.
Sämtliche Ideen zur staatlichen Abgrenzung zwischen Israel und den Palästinensern wurden von letzteren abgeschlagen. Die Änderung der palästinensischen Nationalcharta, zu der sie sich im Osloabkommen 1993 verpflichtet hatten, wurde nicht durchgeführt. In diesen zu ändernden Grundsätzen, wird das Existenzrecht Israels explizit und implizit und jede friedliche Lösung des israelisch-arabischen Problems abgelehnt. Beispiele: Paragraph 19, der sagt: „Die Teilung Palästinas im Jahr 1947 und die Schaffung des Staates Israel sind völlig illegal, ohne Rücksicht auf den inzwischen erfolgten Zeitablauf [bis zur Vernichtung Israel],“. Paragraph 22 sagt, dass: „.... die Befreiung Palästinas die zionistischen und imperialistische Präsenz zerstören und Schaffung des Friedens in Nahost beitragen wird ......“. Die palästinensische Nationalcharta leugnet die Existenz des jüdischen Volkes und dessen Verbindung zu Eretz Israel (Paragraph 20) ab und sagt, dass der bewaffnete Kampf der einzige Weg zur Befreiung Palästinas sei, der deswegen eine Strategie und keine Taktik ist (Abschnitt 9).
Entgegen ihren Verpflichtungen haben die Palästinenser ihre Terroraktivitäten gegen den Staat Israel nicht abgebrochen, genau so wenig wie ihr „Recht auf Rückkehr“, mit dem sie 3,5 Millionen Flüchtlinge dem Staat Israel einschleusen wollen, sie kamen nicht von der erneuten Teilung Jerusalems ab und verzichteten ebenso wenig auf den totalen Abzug Israels hinter die Grüne Grenze.
All die verschiedenen Vorschläge zur Teilung Eretz Israels in zwei Staaten lehnen die Palästinenser ab. Es stellt sich heraus, dass Palästinenser die regionale Geographie ebenso gut verstehen wie Israelis und deshalb nicht bereit sind, sich mit einer geographischen Trennung einverstanden zu erklären, die ihnen nicht vollste Souveränität gibt. Die Palästinenser streben einen eigenen Staat innerhalb des grössten Teils von Judäa und Samaria an und sind mit Abschrankungen, die dieses Gebiet aufteilen würden, nicht einverstanden. Die Palästinenser sind nicht bereit, sich von den hauptsächlichen Verkehrswegen abtrennen zu lassen¸ die durch ihr Territorium führen, auch nicht auf Anschlussverkehrswege nach Osten und Westen, sie lehnen grundsätzlich jede territoriale Unterteilung ihres eigenen Staates ab. Nachdem die israelische Armee, gemäss Oslo-Abkommen, sich aus den A-Gebieten zurückgezogen hatte, waren die Palästinenser nicht mit mehr bereit auf Teile der B-Gebiete zu verzichten, in denen sie schon eine Teilautonomie erreicht hatten. Sie werden nicht auf C-Gebiete verzichten, in den die meisten Siedlungen und unbewohnte Gebiete enthalten sind und werden alles unternehmen, diese im Westen gelegenen Gebiete zu bekommen.
Die palästinensische Verweigerung zu einer politischen Lösung des Konfliktes führte, in Hinblick auf eine solche politische Lösung in der nahen Zukunft, zu einem Vertrauensverlust unter den Israelis. Die grosse Zahl israelischer Opfer palästinensischen Terrors innerhalb der Grünen Linie, führten zu massivem öffentlichem Druck, der aus allen traditionellen politischen Lagern Israels kommt und der von der israelischen Regierung verlangt, bilateral einen Trennungszaun zu errichten, der die israelische von der palästinensischen Bevölkerung trennt. Dieser Sicherheitszaun soll dem Schutz vor palästinensischem Terror dienen, die bisherigen illegalen Grenzübertritte von Fahrzeugen und Menschen aus Gebieten unter palästinensischer Kontrolle ins israelische Kernland verhindert. Auf Abb. 19 ist der Plan für diesen Trennungszaun zu sehen, mit leichten Grenzkorrekturen nahe an der Grünen Grenze vorbeiführend. Diese Grenzkorrekturen sind hauptsächlich zum Schutz einiger nahe der Grenze gebauter Siedlungen vorgenommen worden, die nun innerhalb der israelischen Staatsgrenze liegen. Trotz Beteuerungen der israelischen Regierung, dieser Zaun diene ausschliesslich der Sicherheit, scheint es, dass langfristig diesem Zaun die Bedeutung einer nationalen Grenze zukommen wird.
Der Zaun wurde von der Opposition rechtgerichteter Israelis und Siedler abgelehnt, da dieser die Grüne Line als ungefähre endgültige Grenze „definieren“ würde, und die meisten Siedlungen ausserhalb dieser Grenze zu liegen kämen. Die palästinensische Regierung (PNA) lehnt diesen Zaun ebenfalls ab.
Im Mai 2002, als die Zahl der Selbstmordterrorangriffe zunahm, entschied die israelische Regierung den Bau des Trennungszaunes teilweise in Angriff zu nehmen. Ein ähnlicher Zaun hat seit Jahren erfolgreich das Eindringen aus dem viel kleineren Gazastreifen verhindert. Abb. 19 zeigt den Originalplan, der aus bereits existierenden und neuen Teilen besteht. Die erste Phase des Zauns, dessen Bau am 16. Juni 2002 begonnen hatte, führt vom im Norden der Westbank liegenden Salem Richtung Süden bis zu Kafr Kassem. Ein weiterer Teil des Zauns ist für die Gegend um Jerusalem geplant. Der gesamte Trennungszaun wird etwa 115 Kilometer lang sein und rund eine Million Dollar pro Kilometer kosten.
Abb. 18 – Trennungszaun entlang der Grünen Linie
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Das war aus heutiger Sicht wohl eine Fehlentscheidung...
Aber es gibt ja genügend Revanchisten und Neowuzis hier im Board, die solange "Weltpolitik" machen wollen, bis der Judenstaat von der Bildfläche verschwunden ist, weitere demokratisch gewählte radikal-islamistische Regimes unter massiver Beteiligung von Terrorgruppen installiert sind und die Welt auch für uns deutlich sicherer geworden ist.
Warum zeigst du viele Abbildungen und manche fehlen?
Sowas vollständig und sauber reinzukopieren ist eine Riesenarbeit.
Ein link hilft da viel. Nicht nur wegen copyright.