Vor 1980 geboren? - weiter lesen
meine Mutti hat mich auch nicht zum Sport gefahren, da mußte ich selbst hinkommen, im Winter mußte ich mit dem Fahrrad zur Schule fahren, wir sind in der dritten Klasse schon alleine 20km an einen Badesee mit den Fahräder gefahren heute können die ja nicht merh alleine über die Straße
Gruß vom Jahrgang 58.
@Pinot.. ja, und für Tennis etc. wird mit dem auto durch die Gegend gefahren als ob das Benzin nix kostet, die Umwelt nicht geschädigt wird
:-)
Sie behauptet, heute sei alles anders als damals.
Das ist doch totale Einbildung, oder nicht ?
Als Kinder wurden wir auf dem Gepäckträger des Fahrrads unseres Opas zum Kindergarten transportiert, zu Schulzeiten war es dann immerhin schon der Gepäckträger eines NSU-Quickly’s - einige kleine Krösusse saßen auch schon in Autos ohne Sicherheitsgurte und ohne Airbags auf dem Vordersitz, weil Kinder nun einmal verdammt neugierig sind.
Unsere Bettchen waren angemalt mit Farben voller Blei und Cadmium. Die Fläschchen aus der Apotheke konnten wir ohne Schwierigkeiten öffnen, genauso wie die Flasche mit Bleichmittel. Türen und Schränke waren eine ständige Bedrohung für unsere Fingerchen und auf dem Fahrrad trugen wir nie einen Helm. Wir tranken Wasser aus Wasserhähnen (in ganz jungen Jahren auch Pfützen und Bächen), meist mit dem Hals dran, und nicht aus Flaschen. Wir bauten Wagen aus Seifenkisten und entdeckten während der ersten Fahrt den Hang hinunter, dass wir die Bremsen vergessen hatten. Damit kamen wir nach einigen Unfällen klar.
Wenn wir nicht zuhause bei der Feldarbeit helfen mussten, verließen wir morgens das Haus zum Spielen. Wir blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Straßenlaternen angingen. Niemand wusste, wo wir waren und wir hatten nicht mal ein Handy dabei! Wir haben uns geschnitten, brachen Knochen und Zähne und niemand wurde deswegen verklagt. Es waren eben Unfälle. Niemand hatte Schuld außer wir selbst. Keiner fragte nach "Aufsichtspflicht". Kannst du dich noch an "Unfälle" erinnern? Wir kämpften und schlugen einander manchmal grün und blau. Damit mussten wir leben, denn es interessierte die Erwachsenen nicht besonders.
Wir aßen Kekse, Brot mit dick Butter, tranken sehr viel und wurden trotzdem nicht zu dick. Wir tranken mit unseren Freunden aus einer Flasche und niemand starb an den Folgen. Wir hatten nicht: Playstation, Nintendo 64, X-Box, Videospiele, 64 Fernsehkanäle, Filme auf Video, Surround Sound, eigene Fernseher, Computer,Internet-Chat-Rooms. Wir hatten Freunde! Wir gingen einfach raus und trafen sie auf der Straße. Oder wir marschierten einfach zu deren Heim und klingelten. Meist brauchten wir gar nicht klingeln und gingen einfach hinein, denn es gab keine zugeschlossene Tür und eine Klingel eh nicht. Ohne Termin und ohne Wissen unserer gegenseitigen Eltern. Keiner brachte uns und keiner holte uns... Wie war das nur möglich?
Wir dachten uns Spiele aus mit Holzstöcken und Tennisbällen. Außerdem aßen wir Würmer – Regenwürmer allerdings nur im Rahmen ertragreicher Wetten. Und die Prophezeiungen trafen nicht ein: Die Würmer lebten nicht in unseren Mägen für immer weiter und mit den Stöcken stachen wir auch nicht besonders viele Augen aus. Beim Straßenfußball durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer nicht gut war, musste lernen, mit Enttäuschungen klarzukommen oder zunächst mit den Mädchen spielen – meines Erachtens war Ballack war einfach schon zu früh in einem Ganztages- Hort.
Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere. Sie rasselten durch Prüfungen und wiederholten Klassen. Das führte damals nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zur Änderung der Leistungsbewertung. Unsere Taten hatten manchmal Konsequenzen. Das war klar und keiner konnte sich verstecken. Wenn einer von uns gegen das Gesetz verstoßen hat, war klar, dass die Eltern ihn nicht automatisch aus dem Schlamassel heraushauen. Im
Gegenteil: Sie waren oft der gleichen Meinung wie die Polizei! So etwas! Allerdings wehrten sich die Polizisten, wenn sie dazu aufgefordert wurden, dem „Sünder“ noch zusätzlich eine kräftige Ohrfeige zu verpassen, denn sie meinten, das sei nicht ihre Sache. Und dann gab es eben schon einmal vom Jugendrichter verordnete Zwangsarbeit an drei Wochenenden im Krankenhaus und auch die Führscheinprüfung verschob sich etwas, weil man zuvor in den Graben gefahren war und diesen gewissen Schein dem Polizisten noch nicht zeigen konnte.
Unsere Generation hat eine Fülle von innovativen Problemlösern und Erfindern mit Risikobereitschaft hervorgebracht, aber auch Lahmärsche und Pantoffelhelden, die der Marsch durch Generationen zu Warmduschern gemacht hat. Wir hatten Freiheit, Misserfolg, Erfolge und Verantwortung, aus der wir uns auch manchmal stahlen – denn um zu überleben, gehört auch das dazu.