Schönbohm ein Opfer der Political Correctness
Von Frank Pergande
Manchen kam es gerade recht, daß Jörg Schönbohm das Herz auf der Zunge getragen hat. Die Proletarisierung in der DDR in einen Zusammenhang mit der Tötung von Säuglingen zu stellen - das kann nur mit einem Gefühlsausbruch des Familienmenschen Schönbohm erklärt werden. Aber es ist passiert, und die Ost-Seele hat endlich wieder Grund, sich über die Westdeutschen, kurz Wessis genannt, im allgemeinen und über Schönbohm im besonderen zu erregen. Die geschundene Ost-Seele braucht das; sie hatte es schon lange nicht mehr.
So wird, wenn auch indirekt, der Nachweis erbracht, daß Schönbohm einen bemerkenswerten Gedanken vorgetragen hat. Manche Verhaltensweisen in Ostdeutschland, auf den ersten Blick unerklärlich, lassen sich bei genauerer Betrachtung nämlich schon erklären mit den späten Nachwirkungen einer proletarischen Gesellschaft. Die DDR sollte ein Staat der Arbeiter und Bauern sein. Die alles entscheidende Partei war die Partei der Arbeiterklasse. Die DDR errichtete sogar eine Art künstliche Großindustrie, um sich selbst eine Arbeiterklasse zu schaffen. Die bürgerliche Gesellschaft wurde vernichtet. Mit ihr gingen bürgerliche Werte, Lebensweise, Stil, Bildung verloren, verschwanden Freiheit, Individualität und nicht zuletzt demokratisches und marktwirtschaftliches Denken.
Wie das Bürgertum traf es auch die freien Bauern. Auf dem Land regierte die Arbeiterklasse in zwei Formen. Zum einen wurde die Kollektivierung, die Bildung der LPG, über die sogenannten Maschinen-Traktoren-Stationen als Zentren der Arbeiterklasse auf dem Land gesteuert. Andererseits gab es die volkseigenen Güter (VEG), in denen der Arbeiter auch der Bauer war. Ein äußeres Zeichen dafür sind noch heute einzelne Mehrfamilienhäuser, die in vielen Dörfern wie dahingewürfelt stehen und auf Anweisung Ulbrichts gebaut wurden, um Arbeiter in den Dörfern anzusiedeln.
Die Proletarisierung hatte die seit dem Ende der DDR bekannten politischen und wirtschaftlichen Folgen. Sie hatte aber auch kulturelle Folgen. Proletarisierung bedeutet Gleichmacherei im umfassenden Sinn, bedeutet Entmündigung, Verantwortungslosigkeit, Verwahrlosung der Sitten und Hoffnungslosigkeit, an den Verhältnissen irgend etwas ändern zu können. Mehr noch als die politische Unterdrückung und die ökonomische Erfolglosigkeit war in der DDR als Folge der Proletarisierung der kulturelle Zerfall bedrückend. Die DDR war schlimm, und sie war auch häßlich. An ihrem Ende waren die Stadtzentren zerstört und die Dörfer verwahrlost. Man kennt die öden Plattenbausiedlungen, das ewige Grau, den Braunkohlegestank und vielleicht auch noch den Kürbis im Schaufenster, über dem mit unbeabsichtigter Komik zu einer Parteitagslosung stand: "Großes ist vollbracht".
Die Proletarisierung war auch der Grund dafür, daß jedes ästhetische Aufbegehren gegen die DDR-Norm zur politischen Tat wurde. Die ersten Bürgerbewegungen entstanden dort, wo die Menschen sich für ein denkmalgeschütztes Haus einsetzten, das abgerissen werden sollte, oder für ihr Wohnviertel.
Das politische System ist seit fünfzehn Jahren Geschichte. Aber die Massenarbeitslosigkeit, die auch eine Folge der DDR-Industrialisierung ist, die gesundes Wachstum nicht zuließ, ist nur schwer zu überwinden. Über die kulturelle Seite jedoch wird, wie Schönbohm richtig sagte, wenig gesprochen. Dabei ist die DDR-Lebensweise noch immer gegenwärtig. Gleichmacherei gilt als Tugend, eigene Ansprüche sind suspekt. Das Kollektiv mit seinen gemeinsam zu verbringenden Frühstückspausen lebt, als wäre die DDR nicht untergegangen. Noch immer gelten DDR-Maßstäbe: Wer das größte Auto hat, ist der am meisten Bewunderte. Unvermindert gibt es die alte Nachbarschaftshilfe, die der Not geschuldet war, heute aber auf ihren Kern reduziert ist: Schwarzarbeit. Gelesen wird die ostseelenvolle "Super Illu". Im Fernsehen schaut man die Serie "Hinter Gittern". Ansonsten wird alle Verantwortung an den Staat abgegeben. Im Osten gilt es als Erfolg, daß die Arbeitsförderungsmaßnahmen auch nach Hartz IV wieder etwa den Stand haben wie in den vergangenen Jahren. Aber nicht wenige kleine Handwerksbetriebe haben Schwarzarbeit und Arbeitsförderung die Existenz gekostet, auch solche, die mit Mühe die DDR überlebt hatten.
Schönbohm wird nun vorgeworfen, er habe dem CDU-Wahlkampf geschadet. Aber auch ohne seine Einlassung hätte die CDU nicht die Stimmen dieser Klientel bekommen. Das "Ostige" hat sich lange Zeit an die SPD gehalten und wird sich, unbelehrbar, nunmehr an die Versprechungen der Linkspartei halten. Die Debatte über die Wahlprogramme war dabei entlarvend. Wer fünfzehn Jahre nach der deutschen Einheit den Osten in Wahlprogrammen besonders berücksichtigen will, der meint nur eines: noch mehr Geld für den Osten, noch größere Heilserwartungen gegen alle Vernunft. Dabei steht der Aufbau Ost auf dem festen Grund des Solidarpakts II und der fortlaufenden EU-Förderung, er ist unabhängig von jedem Wahlergebnis. Der Rest aber sind gesamtdeutsche Probleme und sollte endlich so behandelt werden.
Heute scheint es tatsächlich so zu sein, daß vierzig Jahre DDR nur in weiteren vierzig Jahren überwunden werden könnten. Man möchte verzweifeln, gäbe es da nicht die anderen Ostdeutschen, denen am Ende der DDR klar war, daß sich alles ändern würde, und die sich darauf eingestellt haben. Frau Merkel gehört dazu, und gerade deshalb muß sie sich hüten, mit ostdeutscher Identität Ost-Wahlkampf zu machen.
Wer den Weg in den Westen gegangen ist, im übertragenen wie im Wortsinn, der darf es sich jetzt auch mal herausnehmen, mit den Erfahrungen einer untergegangenen DDR einen kritischen Blick auf die rundum versorgende, sozialstaatliche Bundesrepublik zu werfen.
Dabei läßt sich von der Proletarisierung und ihren Folgen sogar noch etwas lernen.
Text: F.A.Z., 08.08.2005, Nr. 182 / Seite 1
MfG
kiiwii
straßenkinder sind im gesamten ostblock überrepräsentiert? wieso? man erkläre das nicht mit den wirtschaftlichen verhältnissen. es gibt gegenden in südeuropa, da ist die wirtschaftliche situation nicht besser aber die der kinder.
mit dem fall der mauer haben sich viele familienhäupter (väter, mütter, beide) in den westen aufgemacht und ihre kleinkinder einfach in der wohnung zurückgelassen, ohne benachrichtigung, einfach so. es waren nicht wenige. waren das die neuen sozialistischen menschen, die die emanzipation vom spießbürger geschafft hatten?
aber lenke doch nicht ab und erklär uns die weiter oben angesprochene kinderverlassung nach dem mauerfall.
(so wirft man mir es immer vor -- natürlich nicht in so 'poetischen' Worten;-))
Deshalb heute mal 'nüchterne' Grüße an P. 30.
MfG
kiiwii
2. Dass hier Leute rumspekulieren, die von Sozialpsychologie keine Ahnung haben.
3. Dass wüst verallgemeinert wird - typsch deutsche Tradition, die schon schlimme Folgen hatte.
Eines der wichtigsten Gebote-Du sollst nicht töten-Das steht in der
Bibel-Und mir ist nichts in Erinnerung,dass da Interpretationsmöglichkeiten
sind.
Desweiteren-was für Werte vermittelt die Kirche?
Du sollst nicht stehlen
Hm Hm - Schwarzgeld-bestiehlt man dem Staat oder?
Was du dem Geringsten getan hast,das hast du mir getan,so spricht der Herr
Wen meint er wohl damit?
Das soziale Netz oder?
Drum nur kurz:
a. Danke Schwarzer Llord
b. Lob an Kicky , die sich als politisch unabhängig bewiesen hat.
c. Lob an Alle, die hier ehrlich zu Werke gingen.
d. Politiker machen das Meiste aus Berechnung. Offenbar berechneten sie das der Pöbel genauso reagiert und hatten Recht damit!
e. Traurig für unser Land, wieder mal nicht tabulos ehrlich mit einem tiefgreifenden Problem umgehen zu können.
One big family:
MfG bauwi
Ein Satz bliebe mir in Erinnerung.
Was würde er wohl heute erleben,der arbeitslose,wohnungslose,Gammler aus Nazareth,
der einen christlichen Sozialismus predigt.
Was würden wohl Kiwi-Konsorten über sooooooo einen sagen
Also, nur für Dich:
Es gibt das Alte Testament, das die Moses auf Steintafeln übergebenen 10 Gebote enthält. Das Fünfte besagt: "Du sollst nicht töten".
Ebenso steht im Alten Testament der Grundsatz: "Auge um Auge, Zahn um Zahn".
Wer also gegen das 5. Gebot verstößt, d.h., wer vorsätzlich tötet, hat demnach sein eigenes Leben verwirkt.
Meine Position ist (und war, wie Du in früheren Postings nachlesen kannst) eine alt-testamentarische.
Ober-Moralisierer, Gesellschaftspsychologe und Makro-General-Ökonom karlchen möge ungestört seinen Käse hier verbreiten; denn von Käse versteht er genug.
Das stört mich nicht.
MfG
kiiwii
Das Wort von den „Pennern“
Schröder flehte, litt, reckte die Faust empor und griff rhetorisch in die Vollen. „Das ist doch Groteske, wenn man die Penner von gestern den Aufbruch von morgen gestalten lassen will“, rief der Kanzler unter dem jubelnden Johlen seiner Parteifreunde. Die Union habe keine Konzepte für die Zukunft und habe das Land unter der Regierung Kohl in die Erstarrung geführt. „Die ranzulassen, das hieße nun wirklich, den Bock zum Gärtner zu machen.“
Der -die Pfarrer gingen bei uns ein und aus.
Ich habe auch einige Abhandlungen für das Dekanat geschrieben also
ist mir die christliche Lehre der EV-Kirche sehr wohl bekannt.
Ich sprach vom 5. Gebot! Und von Verstößen dagegen. Und wie die geahndet werden - nach den Vorgaben des AT.
MfG
kiiwii
Was würde man im Westen über einen Politiker denken, der die Westdeutschen als Gesamtheit dafür verantwortlich macht, nur weil ein West-Assi seine Familie beseitigt hat ?
1. Antwort: Altersdemenz des Politikers
2. Antwort: IM- der Schröder SPD, um der CDU Stimmen abzuwerben.
Eine andere Antwort sehe ich hier nicht.
Wo sollten da die Werte sein?
Die meisten Kriegsverbrecher-nach dem WK2 ,die entkamen
schafften es mit Hilfe des Vatikan.
Die Rattenlinie-kannst ja danach mal googeln.
Da sehe ich werden Moral noch Werte.
Und kein Auge um Auge
Im AT und in den 10 Geboten kommt weder die Katholische noch die Evangelische Kirche vor;-)))
Dafür war einfach nicht genügend Platz auf den beiden Steintafeln; die wären sonst viel zu schwer geworden....
MfG
kiiwii
auch im westen ist z.b. die gewaltbereitschaft gegen fremde und die furcht vor fremden im ländlichem raum größer als in den städten. in bayern waren z.b. noch in der ersten hälfte des 19. jahrhundert totschlag und messerstechereien auf jedem volksfest üblich.
diese frage im zusammenhang mit dieser mehrfachmörderin auf den tisch zu bringen war sicherlich falsch. jeder fall bedarf einer einzelnen bewertung und die ursachen lagen bei diesem fall sicherlich nicht allein in den oben erwähnten phänomenen. die gewalt, die durch die verwahrlosung von menschlichen werten ensteht, kann man primär nur statistisch erfassen. gewalt gab es immer und überall und wird es immer geben. taktisch unklug aber ehrlich war es, diese fragen in wahlkampfzeiten aufzuwerfen - trotz allen weinerlichen reaktionen von ostdeutschen. bei einem derartigen aufschrei muß die aussage ein fünkchen wahrheit enthalten.
Würde ein Grüner oder Linker sagen die CDU- War ein Sammelbecken ehemaliger
Nazis-Wie gross wäre dann der Aufschrei?
Wäre dann ein Funken Wahrheit dran?
Ergo - ist ein Fünkchen Wahrheit dran!
Aber auch so, denn wenn man mal ganz nüchtern und sachlich nachliest, was er gesagt hat, ist es als Einladung zu verstehen , sich mit dem Thema einfach mal einzulassen.
Die Statistiken sind jedenfalls klar und unbestechlich.
One big family:
MfG bauwi