Saddam: Mal Freund mal Feind oder ein Irrläufer?


Seite 1 von 1
Neuester Beitrag: 31.01.03 07:07
Eröffnet am:31.01.03 07:07von: BoersiatorAnzahl Beiträge:1
Neuester Beitrag:31.01.03 07:07von: BoersiatorLeser gesamt:299
Forum:Talk Leser heute:1
Bewertet mit:


 

9095 Postings, 8560 Tage BoersiatorSaddam: Mal Freund mal Feind oder ein Irrläufer?

 
  
    #1
31.01.03 07:07
Saddam: Mal Freund mal Feind  

Das amerikanische Verhältnis zum Irak ist ein Zick-Zack-Kurs in der Geschichte. Der Irak ist erst Feind, dann Freund, dann wieder Feind.

Und bereits im Ersten Golfkrieg, 1980-1988, in dem sich Irak und Iran in acht Jahre dauernden und blutigen Stellungskämpfen bekriegen, spielen die Amerikaner eine bedeutsame Rolle. Es ist die Zeit des Kalten Krieges. Die beiden Länder Irak und Iran werden jeweils von den beiden Supermächten Amerika und der Sowjetunion unterstützt.

Amerika setzt auf den Iran

Der Irak wird zunächst von 1969 bis 1980 massiv aufgerüstet - vor allem durch den Gegner Amerikas: die UdSSR und die osteuropäischen Verbündeten der UdSSR.

Der Iran dagegen erhält Waffen aus den USA und von den europäischen Verbündeten Amerikas und wird ab den 70er Jahren zu einer regionalen Vormacht am Golf aufgebaut. Der Iran soll aus Sicht des Westens das Machtvakuum am Golf füllen, das der Abzug der Briten zwischen 1967 und 1971 verursacht hat. Die Amerikaner pumpen Finanzmittel in die iranische Rüstung. Ab 1970 gilt dann die iranische Armee als qualitativ und quantitativ stärkste des Nahen Ostens.

Amerika wechselt die Seiten

Mit dem Sturz des proamerikanischen Schahs Reza Pahlewi durch den Fundamentalisten Ayatollah Khomeini im Jahr 1979 verändert sich die Lage grundlegend. Der Iran wird für Amerika zur Bedrohung.

Ayatollah Khomeinis Machtübernahme, seine radikal-islamistischen Reden von einem "Evolutionsexport" und die monatelange Besetzung der US-Botschaft in Teheran 1979 wenden das Blatt auch für Saddam: Die Amerikaner halten nach neuen Partnern am Golf Ausschau und wollen die Vormacht des Irans brechen. Zugleich lockert die irakische Baath-Partei ihre Bindung zur Sowjetunion.

Das Image des Irak wandelt sich: Er wird nun als Bollwerk gegen die Ausbreitung eines radikalen Islam gesehen. Das Land gilt nun als prowestlich und als das geringere Übel im Vergleich zum islamistischen Iran. Bereits seit 1972 - Saddam paktiert noch mit den Sowjets - führt der Diktator immerhin eine erfolgreiche Kampagne gegen den Analphabetismus durch, räumt Frauen Berufsrechte ein und lässt eine Privatwirtschaft entstehen.

Erster Golfkrieg

1980 kündigt der Irak das Grenzabkommen von 1975 mit dem Nachbarstaat, irakische Soldaten marschieren in den Südiran ein. Die UdSSR stellt ihre Waffenlieferungen an den Irak ein, dieser ist damit auf andere Lieferanten angewiesen. Amerika verhängt zugleich ein Embargo gegen den Iran. Durch die "Operation Stau " versuchten die USA, den Iran am Erwerb von Panzern, Flugzeugen, Raketen, Radargeräten und jeglicher Ausrüstung zu hindern, die dazu beitragen konnten, die hochtechnologischen amerikanischen Waffensysteme im iranischen Arsenal zu reaktivieren.

Ziel ist es, den Krieg soll schnell wie möglich zu beenden, um die Sicherheit der westlichen Ölversorgung sicherzustellen. Saddam erkennt den Stimmungswechsel des Westens: Der Irak, der seine Waffen jetzt ganz offiziell beziehen kann, rüstet massiv mit westlicher Waffentechnologie auf.

Massive Rüstungsfinanzierung

1982 wird der Irak schließlich von der US-Liste der Terrorfinanziers gestrichen - umfangreiche Handelsbeziehungen folgen. 1983 liefern die USA 72 "Bell-" und "Hughes"-Hubschrauber nach Irak - "für zivile Zwecke". Ein Teil dieser Hubschrauber soll für den Giftgas-Angriff auf die kurdische Stadt Halabdscha im März 1988 eingesetzt worden sein, bei dem 5.000 Menschen getötet wurden.

Am 26.11.1984 nimmt der Westen offiziell - erstmals seit 1967 - wieder die Gespräche mit dem Irak auf.

Auch die Westmächte schieben jetzt eine massive Rüstungshilfe für den Irak an. Das Land kann im Konflikt mit Iran militärisch mithalten und den Krieg ab 1984 aus der Luft fortsetzen.

C-Waffen aus Amerika

Aus offiziellen US-Dokumenten geht hervor, dass zwischen 1985 und 1989 größere Mengen Giftstoffe, Krankheitserreger und andere gefährliche Materialien legal aus den USA nach Irak exportiert werden, die sich für die Produktion von biologischen und chemischen Waffen eignen. Zu den gelieferten Stoffen gehören Botulinum-Gift, Anthrax-Sporen, e.Coli-Bakerien und Westnil-Viren.

Bis 1990 belaufen sich amerikanische Kredite an den Irak auf drei Milliarden Dollar. Der Irak ist eine Militärmacht, liegt jedoch wirtschaftlich am Boden. Das Interesse Husseins an den Ölquellen Kuwaits wächst.

"Unser Schurke"

1984 wird erstmals publik, dass Saddam Senfgas gegen iranische Soldaten einsetzt. Dennoch bietet Donald Rumsfeld – heutiger US-Verteidigungsminister und damals US-Sondergesandter für den Nahen Osten - nach einem Bericht des Magazins "Newsweek" weitere Unterstützung im Kampf gegen den Iran an. Er könne sich an eine solche Mission nicht erinnern, sagte Rumsfeld im vergangenen Jahr.

Unlängst veröffentlichte die "New York Times" Berichte aus Geheimdienstkreisen, aus denen hervorgeht, dass die Amerikaner Hussein mit detaillierten Angaben über die iranischen Aufmarschpläne versorgten. Und dies, obwohl die Amerikaner wussten, dass Saddam Giftgas einsetzt. Das Pentagon sei vom irakischen Giftgaseinsatz "nicht so entsetzt" gewesen, zitierte die Zeitung einen Veteran des US-Militärgeheimdienstes CIA. "Es war lediglich eine andere Methode, Menschen zu töten - ob mit einer Kugel oder Phosgen, machte keinen Unterschied".

"Wir waren nicht naiv", meint später Geoffrey Kemp, Mittelostexperte der Regierung Reagan. "Wir wussten, dass Saddam ein Schurke war, aber er war unser Schurke."
 

   Antwort einfügen - nach oben