Lehrerhasser anwesend?
Seite 1 von 2 Neuester Beitrag: 27.02.06 11:12 | ||||
Eröffnet am: | 23.02.06 13:00 | von: Sahne | Anzahl Beiträge: | 27 |
Neuester Beitrag: | 27.02.06 11:12 | von: gurkenfred | Leser gesamt: | 1.986 |
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Lehrerhasser-Polemik
Guten Morgen, liebe Sorgen
Von Gerlinde Unverzagt
Das Lehrerschicksal kann hart sein. Mitunter soll eine Lehrerin gar in die Nachbarschule umgetopft werden und ihren gewohnten Weg zur Arbeit ändern. Tränenblind fordert sie dann Solidarität von Kindern wie Eltern: Ein Wutbrief ans fiese Schulamt muss her, gern auch ein Sitzstreik oder eine Lichterkette.
"Frau Greiner ist so furchtbar traurig", erzählt mir eine Zweitklässlerin, "die weint im Unterricht immer, dann trösten wir sie." Ihr Mann sei nämlich ausgezogen, weil er sie nicht mehr liebe, und dann habe sie auch noch Krebs bekommen. Es folgen eine haargenaue Beschreibung der Teile, die aus Frau Greiners Bauch herausoperiert wurden, und wissende Bemerkungen über jene bösen Verfehlungen, deren sich Frau Greiners Mann schuldig gemacht habe. Die Kleine ist ehrlich bekümmert: "Ich muss der mal einen Brief schreiben, damit sie auch abends was hat, wenn wir nicht da sind."
DPAGrundschüler: Die Kleinsten geben den ersten Lehrern großen Kredit |
Erst recht kommt die allwaltende Liebesbedürftigkeit der Grundschullehrer unverhohlen zum Vorschein, wenn sie tränenblind elterliche Solidarität einfordert, sobald ihr Dienstherr den Wechsel des Arbeitsplatzes anordnet. Denn das Umtopfen mag die Grundschullehrerin nicht. Kinder hingegen mögen ihre Lehrerin und stehen ihr bei.
Deshalb finden sie es augenblicklich total gemein, wenn ein fieses Schulamt eine Lehrerin an eine andere Schule versetzt - sofern die Lehrerin ihnen langsam und deutlich vorsagt, wie gemein das ist, gerade jetzt, wo sie doch die Kinder so lieb gewonnen hat. Andernfalls würden die Kinder den Lehrerwechsel wohl gelassen hinnehmen. Schließlich sind die meisten in einem Alter, in dem man weiß, dass sich hin und wieder etwas ändert. Großeltern sterben, Elternteile ziehen aus oder verlieren ihre Jobs, Haustiere nehmen Reißaus, Lieblingsspielzeug bricht entzwei, einer von zwei Socken geht immer in der Waschmaschine verloren, Freundschaften enden einfach. Und wer in die dritte oder vierte Klasse geht, ist wahrscheinlich auch schon mindestens einmal umgezogen.
Ein Abschiedsbild als Instant-Trost
Neun- oder Zehnjährige wissen schon ganz gut, dass nicht immer alles bleibt, wie es ist. Wäre es nicht klug, sie dazu anzuregen, nicht zu klammern, zu zagen und zu zaudern, wenn uns das Leben in eine neue Wende führt? Sie zu bestärken, sich neuen Herausforderungen zu stellen und die eigenen Grenzen mutig zu überschreiten?
<!-- Vignette StoryServer 5.0 Tue Feb 14 12:37:02 2006 -->
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Manchmal kommt es tatsächlich zum Äußersten. Dann verlangt man von einer erwachsenen Frau, ihren gewohnten Weg zur Arbeit zu ändern. Und einfach so an der Nachbarschule arbeiten zu gehen - im gleichen Job übrigens, fürs gleiche Geld und mit den gleichen Annehmlichkeiten, mit denen der Beamtenstatus so viel Flexibilität und Leistungswillen belohnt. Zugeben kann das keine, darum werden die Kinder vorgeschoben. Angeblich erschüttert sie der Verlust der Klassenlehrerin bis in die Grundfesten ihrer jungen Persönlichkeit, setzt Tränenströme frei, begründet Alpträume, sogar mit Leistungseinbrüchen muss man rechnen. So wichtig ist die Dame! Beginnen ob der vom bösen Schulamt zugefügten Seelenpein jene die biographischen Brüche, die schnurstracks auf die schiefe Bahn führen und aus zarten Kinderseelen Kiffer, Schulschwänzer, magersüchtige, motzende oder rechtsradikale Teenager machen?
Beiläufig erzählt mir meine Tochter, dass Frau Seyerlein an eine andere Schule gehen müsse. Wo sie sich doch gerade erst an ihre Klasse gewöhnt habe! So viel ehrlich empfundenes Mitgefühl eines zehnjährigen Kindes mit einer armen Lehrerin, die schon seit zwei Jahren in der Klasse unterrichtet. Charlotte plant als ersten Sofort-Trost, ihrer Lehrerin gleich mal ein Abschiedsbild zu malen.
Später, beim Gutenachtkuss, fällt ihr erneut ein, dass Frau Seyerlein gar nicht zu den anderen Kindern gehen wolle, sondern lieber bei ihnen bleiben würde. Warum dieser Schulrat einfach so über Frau Seyerlein bestimmen dürfte?
"Da müssen wir uns doch wehren"
Ich habe ihr gesagt, dass die Lehrer dem Staat schwören müssen, in die Schule zu gehen, in die der Schulrat sie schickt, denn da werden sie gebraucht. Wenn es in der einen Schule viele Lehrer gibt und wenige Kinder, dann müssen eben ein paar Lehrer an eine andere Schule gehen, wo es viele Kinder und wenige Lehrer gibt. Charlotte leuchtet das ein, sie finden es sogar gerecht und fragt sich nun, warum Frau Seyerlein das nicht gesagt hat.
Dafür kriegen Lehrer etwas mehr Geld als zum Beispiel Kanalarbeiter oder Verkäuferinnen, erkläre ich ihr, und der Staat verspricht ihnen, dass sie immer Geld kriegen - auch wenn sie krank sind oder vielleicht gar keine guten Lehrer, weil sie es nicht schaffen, den Kindern etwas beizubringen. Und dass Frau Seyerlein deshalb die Schule wechseln muss, wenn ihr Arbeitgeber das für nötig hält. Denn so hat sie es einmal versprochen und sogar geschworen. "Ach so", tippt sich Charlotte mit der Hand an die Stirn, "das ist die Regel. Das verstehe ich jetzt."
Sie nimmt's gelassen. Der Fall scheint erledigt. Bis zu diesem Anruf.
Der Vater wirkt ein wenig atemlos, als er die Folgen des Lehrerwechsels in düsteren Farben ausmalt. Meinen zaghaften Einwand, das gehöre zu den Katastrophen, die Kinder manchmal überleben, will er nicht gelten lassen. "Konsens ist, dass wir uns da wehren müssen", klärt er mich auf - auch Frau Seyerlein habe geäußert, dass sie sich diese Unverschämtheit nicht bieten lasse. Und jetzt sei ich eben dran, den nächsten in der Telefonkette anzurufen. Er könne sich doch auf mich verlassen? Vor Jahren sei so etwas schon einmal vorgekommen, damals hätten die Eltern Erfolg gehabt, die Lehrerin habe bleiben dürfen.
Ach ja, ich erinnere mich gut. Damals war es Frau Pappenheimer, die hinterrücks eingefangen und an einer anderen als der Lieblingsschule wieder ausgesetzt werden sollte. Das machte an der Schule sofort die Runde. Der eiligst per Telefonkette einberufene Elternabend gab einen ziemlich realistischen Eindruck davon, was im Hühnerstall los ist, wenn der Fuchs mal kurz vorbeigeschaut hat. Frau Pappenheimers Leid konnte sich kein fühlender Mensch verschließen: Schließlich habe sie sich an der Schule so gut eingelebt, zu den Kollegen ein nettes Verhältnis aufgebaut, was ja auch den Kindern stets zugute komme. Überdies wohne ihr Freund im selben Bezirk, und die Nachricht vom Schulwechsel habe sie derart schockiert, dass sie gar nicht mehr schlafen könne.
<!-- Vignette StoryServer 5.0 Fri Feb 17 13:19:44 2006 -->
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Die Internationale haben wir an diesem Abend nicht mehr gesungen. Aber für die Bequemlichkeit von Frau Pappenheimer, ihren Freund und ihre netten Kollegen haben wir dann ja auch echt viel erreicht. Sie durfte bleiben. Und alles blieb, wie es war.
Und Frau Seyerlein? Die wollte eigentlich nur auf den Arm.
das sind häufig typen, die aus ihrer gewohnten umgebung (=schule bis zum abi, dann studium, dann wieder schule) nicht so richtig rauswollen.
diese leute sind für die anreize, die der lehrerberuf bietet (sicherheit, narrenfreiheit, annehmbare entlohnung, relativ flexible arbeitszeit,...) besonders empfänglich, wissen aber eigentlich garnix vom leben außerhalb des deutschen bildungsbetriebs. woher auch? und die bereiten dann unseren nachwuchs auf das "richtige" leben vor....hauhauhaua. das KANN NICHT funktionieren.
mfg
GF
Erst heute hat sie einen Flaschenzug in der Sporthalle aufbaunen lassen, den natürlich die Schule selbst nicht besitzt, um zu zeigen, dass man sich aus eigener Kraft nach oben ziehen kann. Glaubte ja keiner. Selbst der Direktor war begeistert, s.d. bis nächste Woche ein eigener Flaschenzug für die Schule angeschafft werden soll.
Ich sag nur Schnauze an alle die das Wort Lehrerhasser in den Mund nehmen. Schämt Euch.
brokeboy, es tut mir wirklich leid für dich, daß du die Schule schwänzen mußtest. Lehrer ohne Unterhaltungswert. Wann wird Schule endlich wie Kino gestaltet? Reinsetzen, Füße hoch, Cola und Popcorn satt! Weitere Reformen wären überflüssig. Die Bildungsmisere würde sich in Luft auflösen.
"In welchem anderen Beruf kann man derart stur, faul und ignorant auf dem einmal eingeschlagenen Weg voranschreiten?" Beispiele aus anderen Berufen gibt es sicher zur Genüge. Aber nicht jeder Lehrer wie oben beschrieben!
Von Lehrern darf man getrost Leistung erwarten, aber von den Schülern auch! Ich bin jedenfalls froh, nicht Lehrer geworden zu sein. Muß echt geil sein, vorne zu stehen, was vom Pferd zu erzählen und ein paar Leutchen hören zu und haben vielleicht sogar Interesse. Und manchem geht es nur darum, den dicken Max zu markieren und Lehrerinnen mit ner Piepsstimme zum Heulen zu bringen.
- einer der guten lehrer war stockautoritär, ein schulmeister alter garde, der die leute im griff hatte. zynisch, aber er schaffte es, über die stunde einen echten spannungsbogen aufzubauen.
auf den allerbesten traf ich dann erst nach dem abi in meiner berufsausbildung - ich bin heute noch sehr gut mit ihm befreundet und tausche mich regelmässig mit ihm aus. der mann bog an mir wieder gerade, was die schule, explizit der deutschunterricht versaut hatte - ich lernte das schreiben wieder ich fing an, alles an literatur zu verschlingen, was das 20. jhd. hervorgebracht hatte. der mann ist mit einer hauptschullehrerin verheiratet und beide hatten den schuldienst während 40 jahren recht gut beobachtet - ihr resumee ist fatal.
das frau schavan eher einem katholischen mädchenheim vorstehen sollte, als als ministerin die weichen der wichtigsten zukunftsentscheidungen stellen zu dürfen ist klar.
aber die 10% engagierte lehrer reißen den rest eben auch nicht raus. das hat auch nix mit "lehrerschelte" zu tun, aber was ich in p5 beschrieben habe ist EIN punkt, der unsere bildungsnisere ursächlich herbeigeführt hat. die anderen gründe waren hier nicht thema, wie z.B.:
- versagen der eltern wegen überforderung
- keine ausreichende materielle ausstattung der schulen
- profilierungssüchtige kultuspolitiker
- liste noch erweiterbar...
mfg
GF
bzgl. der kollegen, die hier die lehrer in schutz nehmen: ihr habt natürlich (auch) recht - wenn ich mir die kids heute ansehe und die geschichten von 13 - 16 jährigen hauptschülern anhöre, wünsche ich mir (ernsthaft) die prügelstrafe zurück. speziell mit den jungen herren spätaussiedlern und jungtürken hat man in unserer gegend einige seltsame dinge erlebt, gegen die anscheinend die waffen völlig stumpf geworden sind.
Gruß
Talisker
ich denke da gibt es gute und schlechte wie in allen Berufen. Ich hatte vor 30 JAhren auch Lieblingslehrer und andere, wobei ich bei den anderen sogar manchmal die besseren Noten hatte. Gehasst habe ich nur eine und das wegen ihrer politischen Einstellung (zu DDR-Zeiten). Aber Zensurenwillkür hab ich nicht erlebt. Ganz anders während des Studiums, da konnte man sich schon manchmal fragen, wo die Noten herkamen. Und das hat sich nach der Wende nicht geändert.(in meinem Fernstudium) Die Hochschuldozenten haben in meinen Augen meist keinerlei Ahnung von Methodik oder Didaktik und sind kleine Götter. Der Grund- oder Regelschullehrer ist doch nur der Prügelknabe der Nation. Bei dem Selbstbewusstsein heutiger Jugendlicher (meist gestärkt von ihren Erzeugern) kann das Fachliche nur auf der Strecke bleiben. Die Lehrer haben vollauf bei 30 Schülern in der Klasse mit Disziplinproblemen zu tun. Da kann nicht mehr bei rauskommen.
Gruß SK
ich bin aber mit sicherheit keiner von der "meine minigurke ist die schlauste"-fraktion, die alle schwächen auf den pauker schieben. ich erwarte aber bei solchen gelegenheiten ne sachliche auskunft über stärken und schwächen, die ich auch (möglichst) unbefangen checken werde. wenn das allerdings zu sehr von meinen beobachtungen abweichen sollte oder ich merke, daß die brut den ganzen tag nur lala und "wir haben uns alle lieb"-pädagogik aufgetischt bekommt, wirds eben unangenehm.
mfg
GF